Dyskalkulie? Oder....einfach nur unfähig? Rechenschwäche / Mathematik

3 Antworten

Hi AlmaGatita,

es gibt keinen Unterschied zwischen Dyskalkulie und Rechenschwäche. Es gibt auch keine Krankheit, die Matheprobleme verursachen würde. Allerdings gibt es einen generellen Grund, der Kinder, die Mathe lernen wollen, zu Matheversagern werden lässt: Der Auslesezweck der Schule! Anstatt sich um die individuellen Probleme jedes einzelnen Schülers zu kümmern, um ihm Mathe Schritt für Schritt beizubringen, nutzt die Schule von Anfang an die unterschiedlichen Ausgangslagen/Wissensstände der Kinder, um an den Schülern eine Sortierung in gute und schlechte Schüler vorzunehmen. Danach wird den Schülern einfach unterstellt sie wären eben so und man könne gar nicht wirklich eingreifen, weil die Schüler eben unterschiedlich intelligent seien. Damit erspart sich die Schule die Mühe, die Schüler dort abzuholen, wo sie in Mathe stehen. Es wird jahrelang an den Problemen vieler Schüler vorbeigelehrt.

Siehe auch: http://yacofred.wordpress.com/article/rechenschwache-informationen-und-35amgw828zuhn-1/

In dem Artikel wird auch beschrieben, wie man aus der Mathe-Misere herauskommen kann.

Gruß yacofred

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – 30 Jahre Berufserfahrung
Ichthys1009  19.09.2014, 18:49

Guter Beitrag, es liegt bei der schulischen Pädagogik tatsächlich einiges im Argen.

Doch, es gibt einen Unterschied zwischen Dyskalkulie und Rechenschwäche:

Rechenschwäche ist das Phänomen, auf das du dich beziehst, und das durch individuelles Training (statt bloßem Symptomkurieren in Nachhilfeinstituten) gut gehandhabt werden kann.

Dyskalkulie dagegen wird vererbt. Die Sinneswahrnehmungen werden anders verarbeitet, so dass es eine spezielle Didaktik für diskalkule Menschen braucht.

Diskalkule Menschen müssen einerseits lernen, ihre Aufmerksamkeit beim Rechnen bewusst zu fokussieren, damit sie keine Wahrnehmungsfehler mehr machen. Dann müssen sie lernen, ihre Sinneswahrnehmungsfunktionen wie optisches und akustisches Differenzieren, optisches und akustisches Gedächtnis, optische und akustische Serialität, Raum- und Körperwahrnehmung zu verbessern.

Das Symptomlernen ist erst der dritte Aspekt, und dort sollte viel mit dreidimensionalen Zahlen und Anschauungsgegenständen gearbeitet werden, da dyskalkule Menschen sehr gut durch das An-greifen be-greifen.

Ein Dyskalkulie-Training, das man sowohl autodidaktisch als auch mit Bekannten oder mit einer Spezialistin machen kann, ist sehr hilfreich.

0
yacofred  19.09.2014, 21:31
@Ichthys1009

Lieber Ichthys1009,

Das Phänomen Rechenschwäche kann überhaupt nicht durch Training gehandhabt werden. Wer nicht verstanden hat, was die mathematischen Grundbegriffe wie Zahl, Menge, Unterschied, Wert, Stelle, Bündelung, Vervielfachung, Teil oder Ganzes bedeuten, der kann durch Training auch nichts dazulernen. Im Gegenteil: Er wird sich immer mehr auf Abläufe, Regeln und Auswendiglernen versteifen, was jeglichen Neuanfang blockieren wird!

Und dann kommst Du auch noch mit Vererbung und Sinneswahrnehmung - was soll das? Leute wie z.B. die Therapeuten vom EÖDL oder vom DVLD reden von solchen Dingen, als würde es keiner weiteren Argumente bedürfen, außer dem Hinweis: "wissenschaftliche Studien haben bewiesen .....". Überhaupt niemand hat irgendetwas in dieser Richtung bewiesen, aber die Artikel darüber reißen nicht ab. So geht Volksverdummung ganz ohne Argumente. Selbst seriöse Elternverbände machen da mit, weil es so einfach ist, die Behauptungen der vermeintlichen Profis einfach nachzuplappern. In keinem dieser Artikel stehen wirkliche Argumente, die den Vererbungs- und Wahrnehmungsblödsinn beweisen würden. Aber alles kann irgendwie damit zu tun gehabt haben. Das leuchtet noch jedem irgendwie pädagogisch gebildeten Laien ein - leider! Liebe Leute benutzt doch mal Euren Verstand richtig, anstatt Euch jede Verplausibilisierung einfach einleuchten zu lassen!

Hier mal ein Argument gegen diesen Verplausibilisierungs-Wahnsinn (Zitat, ZDM/2000):

Die Logik des Mathematikversagens aus mathematischer Unfähigkeit, gleichgültig ob multi- oder monokausal gemeint, stützt sich auf ein seit Jahrhunderten gerne verwendetes (ideo-) logisches Verfahren:

Man koppelt „das Problem“ - z.B. die Lernschwierigkeiten von Kindern beim Erlernen von Zahl und Rechnen - inhaltlich von dem ab, worin es besteht - z.B. nämlich von dem konkreten mathematischen Denken und dem Wissensstand der sogenannten rechenschwachen Grundschulkinder. Das Problem erscheint in der so hergestellten theoretischen Ausgangslage dem Betrachter als grundlos bzw. unerklärlich. Dann aber „entdeckt“ man etliche plausible Gründe für Lernschwierigkeiten aller Art in diversen Voraussetzungen des Körpers, der Wahrnehmung, der Denkgewohnheiten, der sozialen Umwelt, der Vererbung, der Begabung und Neigungen, sowie der psychischen Konstitution der Kinder (vgl. Thiel 2001). Weitere Sphären der Begründung könnten ebenfalls zusätzlich plausibel gemacht werden, wenn jemand sich davon einen Nutzen oder auch nur eine „geistige Versöhnung mit der Wirklichkeit“ verspricht. Gründe und Zusammenhänge für die Existenz und Wirksamkeit angeblicher Festlegungen erscheinen als zwingend, aufgrund der Normabweichung, die durch schulische Auslese bereits manifestiert wurde. Die schulisch hergestellte „Abweichung“ wird damit zwar nicht geklärt, aber der logische Zirkel der zu verplausibilisierenden Notwendigkeit wird geschlossen. In frecher Ignoranz gegenüber den nicht verstandenen Lerninhalten schreibt man damit den Kindern eine angeblich an ihnen auffindbare „Mathe-Versagereigenschaft“ zu. Das alles macht denjenigen nicht stutzig, der sich geistig bereits vollkommen auf Konkurrenz und Auslese als schicksalhafte Karrierevoraussetzung und vermeintliches intellektuelles „Lebensmittel“ eingelassen hat.

aus dem Artikel: http://www.rechenschwaecheinstitut-volxheim.de/zdm.html

Gruß yacofred

0
Ichthys1009  21.09.2014, 19:30
@yacofred

"Wer nicht verstanden hat, was die mathematischen Grundbegriffe wie Zahl, Menge, Unterschied, Wert, Stelle, Bündelung, Vervielfachung, Teil oder Ganzes bedeuten, der kann durch Training auch nichts dazulernen."

Das Training setzt viel weiter vorne an, an keiner einzigen Stelle des Trainings wird mit etwas weitergearbeitet, das nicht verstanden wurde.

Bei der AFS-Methode bei den von dir erwähnten Instituten EÖDL und DVLD wird angefangen mit Aufmerksamkeitsfokussierung, dann geht es weiter mit Training der Sinneswahrnehmungen wie optische und akustische Differenzierung, optische und akustische Merkfähigkeit, optische und akustische Serialität sowie Training der Körper-und Raumwahrnehmung.

Erst an dritter Stelle wird überhaupt mit dem Symptomtraining begonnen. Dabei wird jeder kleinste Schritt anschaubar mit Materialien dargestellt. Der Trainer achtet sehr darauf, dass niemals ein Detail davon einfach nur geglaubt oder auswendig gelernt wird. Mir erscheint diese Methodik und Didaktik durchaus seriös zu sein.

0

Das kann man testen lassen.
Es gibt ganz bestimmte Kriterien, die dann zutreffen müssen. Das Fingerzählen kann auch ein Anzeichen sein.
Mathematik ist Logik..und für Leute mit Dyskalkulie eben total Abstrakt. Schau Dich in Deiner Stadt mal nach einer Anstalt für Dyskalulie um...mathematisches Zentrum oder wie auch immer es sich dort nennt.
Allerdings sind diese Gutachten nicht ganz billig, kosten um die 200-250€. Aber dann hast Du relativ sicher Gewissheit und man kann Dir auch helfen.
Es ist nicht so, dass diese Personen Mathe gar nicht lernen können...sie müssen es nur ganz anders erklärt bekommen. Bei ihnen darf man GAR NICHTS einfach voraussetzen.

Alles Gute!

Mathe habe ich nicht studiert, aber schon öfter unterrichtet, auch in Förderschulen, und an entsprechenden Aufbauseminaren teilgenommen. Ja, das würde ich Dyskalkulie nennen. Der Subtraktionsalgorithmus ist der schwerste, muss früh gelernt werden und du bist daran gescheitert. Du hättest in der Grundschule eine qualifizierte Förderung bekommen müssen, keine Nachhilfe.

Noch schöner wäre es, wenn wir schon in den Kindergärten Leute hätten, die solche grundlegenden Schwächen ausmachen können. Jetzt ist es egal. Ich empfehle dir ein Smartphone. Wer rechnet denn heute noch?

Ichthys1009  19.09.2014, 18:37

Guter Beitrag, aber:

"Jetzt ist es egal. Ich empfehle dir ein Smartphone. Wer rechnet denn heute noch?"

Dyskalkulie beeinträchtigt das Leben auch nach der Schulzeit noch. Dabei gibt es inzwischen sogar für Erwachsene wirksame Förderangebote. Dyskalkulie-Training, wie es in Büchern von Astrid Kopp-Duller beschrieben wird, ermöglicht es jedem, der es wirklich will, innerhalb von etwa zwei Jahren intensivem Training ausreichende Rechenfähigkeiten sich zu erarbeiten. Leider wissen das immer noch zu wenige Mathelehrer.

0