Dieses ganze Studier-Gehabe kotzt mich eigentlich an?
Morgen fängt mein Theologiestudium an. Und umso länger ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, wie sehr mich dieses ganze Gehabe eigentlich ankotzt. Tradition, Tradition, Tradition. Überall nur Tradition. In den Räumen hängen überall dunkle Ölgemälde aus Tradition. Die Professoren laufen alle in schwarzen Anzügen rum aus Tradition. Und dann noch diese fast anbetungsmäßige Demut, mit der man sich vor den Professoren auf den Boden schmeißen muss mit ihren "Prof.Dr.phil.theol.habil." - Titeln. Und dann noch diese ständige antiquierten, hochgestochenen Formulierungen. Das alles kotzt mich eigentlich an. "Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren."
Und dann noch dieses Getue mit der Studentenverbindung. Mit Füchsen und alten Herren und was weiß ich. Hauptsache Tradition, Tradition, Tradition.
Ich würde eigentlich viel lieber mit meinen Handwerker-Freunden irgendwo in einem Biergarten sitzen, als mit einem "Prof.Dr.phil.theol.habil." in einem dunklen Barock-Raum.
Dieses ganze Traditionsgehabe macht mir irgendwie Angst.
Aber ich MUSS halt studieren, wenn ich Gemeindereferent werden will. Ist bei mir purer Mittel zum Zweck. Aber in der Welt der Fakultät fühl ich mich total unwohl.
Irgendwie finde ich, dass studierte Leute immer so gekünstelt und verstellt wirken. Handwerker wirken da viel menschlicher.
Ich studiere jetzt halt, damit ich später als Gemeindereferent arbeiten kann und dort mit Menschen zu tun habe, die sich einsam fühlen; die Begleitung brauchen und Beistand. Aber mit dieser ganzen feingeistigen, reaktionären und studierten Parallelwelt will ich eigentlich nicht viel zu tun haben. Das klingt jetzt vielleicht kitschig, aber ich möchte ja Gemeindereferent werden, um anderen Menschen mehr Wärme zu geben. Und dafür muss ich mich durch die Kälte der Fakultät quälen.
Geht es euch ähnlich?
11 Antworten
Hallo Hessen,
meine Antwort wird Dir nicht gefallen. Aber darum geht es ja auch nicht😉.
In Deiner Frage-und Darstellung geht es diesmal nicht um Deine Bruder bzw. Dessen Freunde die an allem Schuld sind.
Diesmal hast Du die Universität gewählt. Die Menschen dort. Die Du - ohne das du diese kennst- verurteilst. Denen Du unterstellst das die Dich auf Linie bringen wollen.
Ja. Manche Deiner Ängste projezierst Du auf andere.
Und nein: Es hat Dich keiner (!) gezwungen das Studium zu beginnen. Und trotzdem hast Du Dich dafür entschieden. Aus gutem Grund.
Ist nicht Nächstenliebe und damit Respekt vor dem Anderen ein Grundpfeiler des katholischen Glaubens? Sei einfach offen auf das was auf Dich zukommt. Lass dich darauf ein - wenn dir wie Du schreibst- keine andere Wahl bleibt.
Du bist überzeugt von dem Berufsziel. Genau solche Menschen wie Dich braucht eine lebendige Gemeinde. Und dafür brauchst Du auch die Qualifikation. Um dann selbst zu entscheiden was aus Deiner Sicht wichtig sind richtig ist. Nur wenn Du es kennst, kannst Du entscheiden.
Wünsche Dir für Dein Studien-Beginn alles alles Gute! Das wird werden. Und "Verbindungen" sind ein kann. Kein Muss. Aber persönlich hatte ich daraus nur Vorteile für mich gefunden.
Es grüsse
s'Fjolnir
Stehst du überhaupt hinter dem, was du machen möchtest?
Ich würde darüber nachdenken. Hinterfrage dich und dein Leben und die Kirche. Willst du das? Oder willst du es nicht? Hast du dir vlt. eine Illusion aufgebaut und das anders gesehen, als es eigentlich ist? Oder wurde dir in deiner Heimatpfarrei vlt. etwas vorgespielt? Habe mal gelesen, du hattest dort ein FSJ gemacht.
Gebe aber nicht gleich klein bei, sondern versuche es einige Zeit lang "mitzuspielen". Wenn du in einigen Monaten noch derselben Meinung bist, dann kannst dich immer noch anders orientieren.
LG Vera
"gemeindereferent", hat das etwas mit kirche und/oder theologie zu tun?
wenn du dich für einen kirchlichen beruf entscheidest, aber hier so vehement gegen diese (gerade hier besonders stark) verwurzelten traditionen und ihre auswüchse anstinkst, dann solltst du grundsätzlich deine lebens-philosophie überdenken.
du wirst niemals in deinem beruf glücklich oder zufrieden sein, weil du auch später ständig mit solchen dingen konfrontiert wirst.
Das ist eben der riesige Unterschied zwischen Theorie und Praxis. In der Kirchengemeinde vor Ort geht es in aller erster Linie um den Dienst am Menschen. Ganz egal, was in irgendwelchen Dogmen steht, da geht es um den Menschen an sich, um seine Probleme und Sorgen und Bedürfnisse.
In der Fakultät wird man dann halt erstmal "auf Linie" gebracht. Aber man sieht ja was dabei herauskommt, wenn man kaltherzig irgendwelche Dogmen zitiert. Dann wenden sich die Leute ab. Man muss sich den Menschen zuwenden. Das habe ich in meinem freiwilligen Jahr in einer katholischen Pfarrgemeinde in der Praxis gelernt. Aber um als Gemeindereferent in der Kirche zu arbeiten und den Menschen vor Ort dienen zu können, muss ich mich durch die kaltherzige, theologische Theorie quälen.
Als du dich für Theologie entschieden hast, wußtest du doch, was dich erwartet. Und - Überraschung ! - Studentenverbindungen gibt es überall. Mein Bruder war Bauingenieur, und "trotzdem" in einer Studentenverbindung.
Du hast dich eindeutig für den falschen Beruf entschieden.
Da stellt sich doch schon die Frage, warum du über für eine ln Verein arbeiten willst, der "auf Linie" bringt. Das ist nunmal Kirche. Und die musst du in deinem Job dann auch vertreten.
Du solltest nochmal überlegen, ob Soziale Arbeit als Studium nicht sinnvoller wäre. Dann kannst Du immer noch bei einem kirchlichen Träger arbeiten.
Blöde Autokorrektur "warum du für einen Verein" soll das heißen.
Keon Mensch MUSS studieren - Du auch nicht.
Wähle halt einen anderen Beruf.
Der Beruf hat mit dem Studium nicht viel zu tun. Im Beruf als Gemeindereferent vor Ort in den Gemeinden geht es darum, den Menschen zu dienen. Jeden Menschen nach seinen Sorgen, Nöten und Bedürfnissen zu dienen. Da geht es dann nicht um irgendwelche Paragraphen oder Dogmen, sondern der Mensch steht im Mittelpunkt.
Um diese Aufgabe allerdings ausüben zu dürfen, muss ich mich durch 5 Jahre kaltherzige, theoretische Theologie quälen, wo wir mit Dogmen "auf Linie" gebracht werden sollen.