Dieselverbot-ja oder nein?

6 Antworten

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Das Fazit vorab, als normal denkender Mensch kann man nur dagegen sein.

Im Detail:

Sogenannte Umweltzonen gibt es schon. Damals ging es um Feinstaub. Autos stoßen Feinstaub aus, soweit ist das bekannt. Diesel mehr, Benziner weniger. Daher wurden vier Abstufungen eingeführt:

  • Keine Plakette: Darf in keine Umweltzone mehr. Betrifft besonders alte Diesel, die sehr stark rußen. Der Witz dabei: Diese Rußpartikel gelten sogar eher noch als ungefährlich, da sie so grob sind, dass man sie eigentlich wieder abhustet, atmet man zu viele davon ein.
  • Rote Plakette: Reduzierter Ruß, der aber feiner wird. Umweltzonen, in denen man noch mit roter Plakette fahren durfte, wurden als erstes abgeschafft, von einigen Städten garnicht eingeführt.
  • Gelbe Plakette: Noch weiter reduzierter Ruß. Diese Diesel gelten aber als besonders gefährlich, da der Ruß sehr fein ist und sich schon recht stark in feinen Lungengängen absetzt. Mittlerweile auch in allen Umweltzonen abgeschafft.
  • Grüne Plakette: Diesel mit Partikelfilter (nahezu kein Rußausstoß mehr), Benziner mit geregeltem Katalysator (ziemlicher Quatsch, da auch Benziner mit ungeregeltem oder ganz ohne Kat genauso stark oder schwach rußen, wie einer mit G-Kat). Nicht beachtet dabei: Die neue Generation der Benziner, die Benzindirekteinspritzer, rußen ebenfalls recht stark und der Ruß ist sogar noch feiner und gefährlicher als der von "gelben" Dieseln. Die dürfen aber rein.

Was hat es gebracht? Nichts. Der Feinstaubanteil mag zwar leicht runtergegangen sein, liegt aber immer noch bei einem Vielfachen des Grenzwertes. Autos produzieren auch Feinstaub durch Reifen- und Bremsabrieb und der Großteil kommt eh aus der Industrie.

Und weil schon die heutigen Umweltzonen nichts gebracht haben, glaubt man nun, dass die neuen Umweltzonen im Kampf gegen den neuen Erzfeind Stickoxyd hilfreicher sind.

Das Ergebnis: Die damals noch als so umweltfreundlich propagierten Diesel der Schadstoffklassen 4 und 5 mit Partikelfilter, die nahezu keine Rußpartikel mehr ausstoßen und beim Kampf gegen den damaligen Erzfeind CO2 als Allheilmittel galten, wurden schon mit lautem Nachdenken über die Fahrverbote nahezu unverkäuflich und somit wertlos. Ihr dürft euch freuen in Bulgarien, ihr bekommt vermutlich über Export-Händler unsere sauberen und sparsamen Euro 4 und 5 Diesel demnächst zum Schnäppchenpreis und eure Luft bleibt trotzdem sauber.

Auslöser war vornehmlich der VW-Abgasskandal. Man hat erkannt, dass Diesel mehr Stickoxyde, bei denen man ebenfalls Grenzwerte in den Innenstädten überschreitet, ausstoßen, als sie eigentlich dürften. Das Pikante dabei ist: Die meisten Euro 4 und 5 Diesel halten ihre Werte ein und dürfen demnächst nicht mehr in Umweltzonen, die VW Euro 6 Diesel, die ihre Werte auf dem Prüfstand aber nicht auf der Straße einhalten (daran dürften auch ein Softwareupdate und ein Sieb im Luftfilter nichts ändern) und mehr Schadstoffe ausstoßen als manche korrekt arbeitenden Euro 4 und 5 Diesel dürfen weiterhin rein.

Jetzt hat die Politik wieder ein neues Mittel um den Verkauf neuer Autos anzukurbeln, wie beim letzten Fahrverbot auch. Nur geht es dieses Mal nicht um alte Schüsseln, sondern um Fahrzeuge, die vor 2-3 Jahre noch neu verkauft wurden.

Das Mittel dazu ist recht perfide: Die Regierung weiß, dass die Fahrverbote auf breite Ablehnung stoßen. Also beschließt man sie nicht selbst. Stattdessen gibt man die Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht ab. Richter deutscher Bundesgerichte (Bundesverwaltungsgericht, Bundesverfassungsgericht...) haben Parteibücher der Regierungsparteien. Sie entscheiden also in einem Schauprozess, bei dem das von keinerlei Argumenten, Fakten und Vernunft getragene Urteil schon absehbar war, das, was die Regierung will: Lasst die Kommunen über Fahrverbote entscheiden, das ist okay. Die Kommunen wollen das Fahrverbot, weil sie sich so erhoffen, die Schadstoffwerte runter zu bekommen. Das Leben als Politiker kann so einfach sein, wenn man nur ganz naiv an der Oberfläche kratzt und sich nicht tiefer mit der Problematik beschäftigt.

Was wird es bringen? Wieder einmal garnichts. In Städten wo die Stickoxyd-Belastung 800% über den Grenzwert liegt, mag sie 2-3% runtergehen. Vielleicht geht sie sogar hoch, weil man real saubere Euro 4 und 5 Fahrzeuge aussperrt und nur auf dem Papier noch sauberere aber in der Realität dreckigere Euro 6 Fahrzeuge einlädt. Wie zuvor beim Feinstaub. Der Hauptanteil der Schadstoffe kommt halt weiterhin aus der Industrie oder aber auch bei Städten an Flüssen und Meeren der Schifffahrt. Zudem werden die Leute vermehrt auf Benziner wechseln, mit höherem Verbrauch und höherem CO2-Ausstoß womit der gerade erst mit Dieseln gesenkte CO2-Grenzwert wieder überschritten wird. Elektro ist halt noch nicht so weit. Die steigende Anzahl der Direkteinspritzer bei Benzinmotoren wird den Feinstaubanteil wieder hochtreiben.

Das Hauptproblem ist ein ganz Anderes:

  • Der ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) ist unattraktiv: Mit Bus und Bahn fährt man teilweise eine kleine Weltreise durch die Stadt, kreuz und quer, drei mal so weit wie Luftlinie und kleine Städte rundum die entsprechenden Großstädte sind schlecht angebunden. Da auch der innerstädtische ÖPNV oft mehr schlecht als recht ist, finden auch Park&Ride Möglichkeiten im Stadtrand wenig Akzeptanz. Zudem sind die Fahrkarten hoffnungslos überteuert. Die Leute fahren weiter mit den Autos in die Stadt, trotz Parkgebühren und Spritverbrauch billiger und trotz Staus schneller. Mit einer besseren Anbindung der Nachbargemeinden, günstigen Fahrkarten und einem funktionierenden innerstädtischen Netz würden mehr Leute das Auto zuhause lassen.
  • Es gibt zu viele Ampeln und die sind auch noch sinnlos geschaltet. Keine grüne Welle, lange Wartezeiten an Ampeln, Stop&Go (ein Auto verbraucht nunmal mehr und bläst mehr Abgase raus, wenn es anfährt - und in vielen Städten steht man alle 300 Meter an einer Ampel)... So treibt man halt Verbrauch und Abgasausstoß der Autofahrer in die Höhe
  • Zu wenig Grünflächen wo Bäume und Pflanzen die Schadstoffe auffangen und "verstoffwechseln" können
  • Manche Städte wie Stuttgart sind nunmal Talkessel wo die innerstädtisch verursachten Abgase drin bleiben und die umliegenden Industrieabgase regelrecht "reinfallen". Gerade hier nützt es aber nichts, über ein paar Prozente Stickoxyd durch Fahrverbot zu reden, da wird sich nichts ändern.

Würde man mehr Grünflächen anpflanzen, den Leuten einen realen Anreiz geben, ihr Auto zuhause zu lassen oder denen, die es nicht stehenlassen wollen oder können wenigstens freie Fahrt durch eine sinnvolle Verkehrsregelung zu gewähren, könnte man ein Vielfaches an Schadstoffen einsparen verglichen zu Fahrverboten. Aber das wäre für die Städte aufwendig und teuer. Fahrverbote kosten die Städte nichts außer ein paar Schildern, die Zeche zahlt der Bürger. Also: Bringt zwar nix, trotzdem machen weil man als Politiker ja handeln muss.

Agentpony  02.04.2018, 13:25

Ich stimme zwar im Großen und Ganzen zu, aber mit deinem Absatz zum Bundesverwaltungsgericht schießt Du grob an der Realität vorbei.

Die Kommunen konnten schon immer Fahrverbote erlassen. Der Streitpunkt war, ob sie das eben noch weiter dürfen sollten.

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Bringt meiner Meinung nach gar nichts. Allein schon weil viele Autofahrer sogar umwege fahren müssen. Und wenn zb alle vier Kerzen am Adventskrank brennen steigt der Anteil an Stickoxiden uns unermessliche. Schiffe und Flugzeuge verschmutzendie Luft noch mehr und sie bekommen ihren Sprit völlig steuerfrei. Und die Binnenschifffahrt entlässt die Abgase auch in den Innenstädten. Die ganzen Großen haben einfach eine bessere Lobby und immer wird die Umwelt als Grund vorgeschoben. Umweltschutz ist wichtig ja aber man kann den Sprit für Schiffe und FLugzeuge nicht völlig steuerfrei anbieten weil zu viel Geld dran hängt und dannn sagen Autofahrer müssen eine Umweltsteuer zahlen. Das ist nichts als Heuchlei bei der es um nichts als Geld geht. Wenn sollte man Autos und andere Fortbewegungsmittel noch effizienter und sparsamer machen..

Feinstaub durch Kerzen: Belastung höher als durch Industrie

Das ganze Gerede um Diesel ist totaler Blödsinn !!! Jedes Auto stößt schädliche Abgase aus, nicht nur der Diesel. Der Witz an der Sache ist, dass er gefördert wurde von der Politik, und nun ist der der Böse überhaupt ?
Jeder Benziner stößt auch Ruß aus, und überhaupt, die Schiffe auf den Meeren, die mit Schweröl fahren..... was ein Wahnsinn !! Diese Motoren haben oft einen Kolbendurchmesser von einem Meter, einen Hubraum im Hektoliterbereich und fressen Mengen an einem Tag, womit andere ihr ganzes Leben fahren würden.

Meiner Meinung nach alles Quatsch. Ich frage mich ebenso, warum mein Sohn damals OHNE Katalysator (der war hinten aus dem Auspuff herausgebröselt, und das Gehäuse leer) durch die AU kam !! Alle Werte im Normbereich.
Ist genau so ein Blödsinn....... Oder will mir jemand erzählen, so ein kleiner KAT unter dem Auto reinigt die Abgase so toll bei Vollgasfahrt ? Ist doch lachhaft !!

Das Thema ist auch in Deutschland stark umstritten, sowohl von Politik als auch vom Volk.

Meine Meinung dazu: Natürlich ist es erstrebenswert, die Luft, die wir atmen, möglichst sauber zu halten, besonders in Ballungsgebieten. Doch das ganze sollte nüchtern, wissenschaftlich fundiert und ohne ideologische Scheuklappen erfolgen.
Aufwand/Konsten und Nutzen müssen ausgewogen sein.

Hier ein paar Denkanstöße:
Vor einigen Jahren war der Bösewicht der Ruß im Dieselabgas, bzw. der "Feinstaub", und hier wurden die Grenzwerte stark herabgesetzt.
Frage: Wie hoch ist (bzw. war) der Anteil der Diesel-Rußpartikel im Feinstab-Gehalt der Lurt in einer Stadt am Gesamt-Feinstaub, der durch Verkehr erzeugt wurde (Aufgewirbelter Staub auf der Straße, Reifen- und Bremsenabrieb; Eisenbahn, Schiffs- Flugverkehr), und wie hoch ist der Verkehrs-Staubanteil an der Gesamt-Feinstaubbelastung der Luft (Energieerzeugung, Heizungen, Landwirtschaft, Industrie; natürlicher Feinstaub (Wind, Vulkanismus, Waldbrände).
Die Motorenbauer reagierten darauf mit Katalysatoren, die Grenzwerte wurden weiter herabgesetzt, jetzt hat man die Motoren so optimiert, daß der Diesel möglichst vollständig verbrennt, dadurch stieg aber zwangsläufig die Verbrennungstemperatur und damit der Stickoxidanteil im Abgas.
Auch hier wurden nun die Grenzwerte immer weiter herabgesetzt, so daß sich wiederumg die Frage nach Nutzen/Aufwand stellt. Insbesondere, wenn man wiederum die Grenzwerte von Verkehr mit den Grenzwerten am Arbeitsplatz, mit dem Stickoxidgehalt in einer Wohnung mit Gasherd oder Holzofen, und dem Anteil der Dieselabgase an weiteren Stickoxidquellen (natürlich, andere Verkehrsträger usw.) vergleicht und mit den Kosten zum Ersatz von Dieselmotoren vergleicht.

Bei der Erwägung weg vom Diesel hin zum Benziner muß wieder die Effizienz der Systeme Betrachtet werden (Verbrauch, CO2-Produktion, nicht nur Anteil der Schadstoffe im Abgas, sondern Gesamtmenge pro km).

Der derzeitig verehrte Heilsbringer Elektroauto kommt, wenn man das Gesamtsystem betrachtet, auch nicht gut weg: Die CO2- und Energiebilanz eines Elektroautos im Vergleich zum Verbrenner ist verheerend, einmal dadurch, daß Strom noch immer zu großen Teilen aus Fossilen Energieträgern stammt, zum anderen durch Aufwand zur Produktion der Batterien, hohes Gewicht der Batterien, Gesamtwirkungsgrad bis hin zum Entsorgungsproblem.

Und dann sollte man auch mal einen Blick die Organisationen werfen, welche den Diesel so verteufeln bzw. hinter den Kampagnen dazu stecken, z. B. die "Deutsche Umwelthilfe": Ein Verein mit gerade mal ein paar hundert Mitgliedern, mit Millionen (z. T. aus Steuermitteln!) ausgestattet, und wo kommen die her? Wer hat evtl. ein Interesse, das auzuschalten, was deutsche Autobauer mit am besten können, nämlich hocheffiziente und gleichzeitig robuste Dieselmotoren bauen?

Mir scheint es, in Deutschland wird mal wieder aus ideologischen Gründen ohne Maß und Ziel sich selbst geschadet, und befeuert wird das Ganze noch durch dubiose Lobbyorganisationen, auf deren Propagandazug sowohl Politik als auch Volk freudig und naiv aufspringen.

Ich bin absolut dagegen. Es dient nur dazu, damit sich die Leute mal wieder neue Autos kaufen weil die Aktionäre der Autoindustrie den Hals nicht voll bekommen. Ein Großteil des Feinstaubs entsteht durch Reifen- und Bremsabrieb. Dies ist bei allen Fahrzeugen im gleichen Umfang der fall. Dieser Aspekt wird bei der ganzen Diskussion nicht betrachtet.

grisu2101  02.04.2018, 10:57

Ganz genau ! Auch Benziner sind Dreckschleudern.... ist eben so, wenn man Mineralölerzeugnisse verbrennt.

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Agentpony  02.04.2018, 13:20

Die Logik des "Whataboutism" funktioniert so nicht.

Es existieren wenig bis keine praktikablen Alternativen zu traditionellen Reifen und Bremsen.

Für die Abgasqualität dagegen schon.

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