Darf ein Klient gegen seinen Willen geimpft werden?

4 Antworten

Das hängt von den konkreten Umständen sowie Art und dem Ausmaß der Behinderung ab, in den allermeisten Fällen lautet die Antwort aber nein.

Wenn der Klient in der Lage ist, seinen Wunsch betreffend der Impfung zu äußern, und davon auszugehen ist, dass er den Sinn und die Vor- und Nachteile der Impfung (bzw. der Nichtimpfung) in wesentlichen Punkten verstehen kann, dann ist eine Impfung ohne Zustimmung des Klienten keinesfalls zulässig, unabhängig davon, was der gesetzliche Betreuer wünscht.

Trifft das nicht zu, so muss auf jeden Fall einmal der gesetzliche Betreuer der Impfung zustimmen, und es sollte das Gespräch mit dem Klienten gesucht werden, um zu versuchen, ihn von den Vorteilen der Impfung zu überzeugen.
Wenn der Klient aber beharrlich und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er die Impfung nicht möchte, was ja in dem von dir geschilderten Fall mit Schreien und Gegenwehr eindeutig der Fall ist, ist eine zwangsweise Impfung, erst recht unter Anwendung von körperlicher Gewalt, im Regelfall dennoch unzulässig und wäre als Körperverletzung strafbar.
Eine Ausnahme käme hier allenfalls dann in Betracht, wenn die Impfung aufgrund einer besonders schwerwiegenden Gefährdung des Klienten aus medizinischer Sicht zwingend notwendig ist um eine Lebensgefahr abzuwenden (bei einem 93-jährigen mit unzähligen schweren Vorerkrankungen wäre das z.B. eventuell vorstellbar), auch dann muss jedoch zuvor eine betreuungsgerichtliche Genehmigung für die Anwendung von Zwangsmaßnahmen eingeholt werden, einfach so eigenmächtig dürft ihr das keinesfalls machen, ansonsten möchte ich nicht in eurer Haut stecken, wenn das beispielsweise ein Angehöriger eines Klienten zur Anzeige bringt.

BerndRoth 
Fragesteller
 15.11.2021, 16:13

Die gesetzlichen Betreuer haben der Impfung im Vorfeld per Unterschrift zugestimmt. Die Klienten können die vor und Nachteile der Impfung nicht einschätzen. Sie haben einfach Angst vor spritzen und äußern das klar.

Ganz sicher ob ich mich nun gegen meine Kollegen zur wehr setzten soll bin ich jetzt immermoch nicht. Eine Direkte notwendigkeit der Impfung aufgrund von Vorerkrankungen gibt es nicht.

Ich denke der entscheidende Punkt ist, dass wir die Menschen festhalten müssen damit die Nadel überhaupt treffen kann oder?

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daedag  15.11.2021, 17:39
@BerndRoth

Die Zustimmung des gesetzlichen Betreuers ist erforderlich, um eine Impfung bei einem einwilligungsunfähigen Klienten durchzuführen. Das heißt, ohne Zustimmung des Betreuers darf grundsätzlich nicht geimpft werden, der Klient alleine kann der Impfung nicht rechtswirksam zustimmen.

Der Umkehrschluss gilt hier jedoch nicht, bzw. nur soweit, dass eine Impfung mit Zustimmung des Betreuers zulässig ist, wenn der Klient diese stillschweigend duldet. Die Zustimmung des Betreuers rechtfertigt jedoch keinerlei Zwangsmaßnahmen! Wenn der Klient unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er mit der Impfung aus welchen Gründen auch immer nicht einverstanden ist, oder sich gar körperlich dagegen wehrt, ist die Impfung - außer in den bereits beschriebenen Ausnahmefällen und ausschließlich nach Genehmigung durch das Betreuungsgericht - unzulässig und kann strafrechtliche Konsequenzen haben.

Ich denke der entscheidende Punkt ist, dass wir die Menschen festhalten müssen damit die Nadel überhaupt treffen kann oder?

Der entscheidende Punkt ist, dass ihr die Menschen festhalten müsst, weil sie die Impfung nicht wollen und sich bewusst dagegen wehren, und das dürft ihr unter diesen Umständen nicht. Etwas anderes wäre es, wenn ihr beispielsweise einen Patienten, der aufgrund einer körperlichen Erkrankung oder Behinderung nicht in der Lage ist den Arm stillzuhalten, festhaltet.

Ein bisschen Literatur zu dem Thema:

https://www.bgt-ev.de/fileadmin/Mediendatenbank/Stellungnahmen/2018-2020/201221_Information_Corona-Impfung.pdf

https://www.aerzteblatt.de/archiv/217673/Coronaschutzimpfung-Das-ist-bei-Hochbetagten-zu-beachten

https://www.rechtsdepesche.de/grippeimpfung-ohne-einverstaendnis-des-betreuers/

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daedag  15.11.2021, 18:08
@BerndRoth

Gerne, freut mich wenn ich dir helfen konnte ;-)

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Es ist keine lebensbedrohliche Situation, der Patient wehrt sich.

Das ist Körperverletzung.

ErsterSchnee  15.11.2021, 13:45

Eine Impfung ist IMMER Körperverletzung...

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ArchEnema  15.11.2021, 13:50
@Artus01

Zugegebenermaßen ein bisschen pervers wird es eben, wenn jemand anders in deine Körperverletzung einwilligt... Dein Betreuer etwa.

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Artus01  15.11.2021, 13:54
@ArchEnema

Das Problem dabei ist das der "Andere" das sehr wahrscheinlich gar nicht darf. Betreuungen werden vom zuständigen Gericht meist in klare Zuständigkeiten gefasst, die sogenannte "Gesundheitsfürsorge" gehört in der Regel eben nicht dazu. Um impfunwillige Heimbewohner zwangsimpfen zu können muss ein richterlicher Beschluss eingeholt werden, den wird man für eine Gripeeschutzimpfung nicht bekommen, sehr wahrscheinlich nichtmal für eine Coronaimpfung.

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ArchEnema  15.11.2021, 13:55
@Neugierig1971

Prinzipiell ist er das. Zumindest ist es nicht pauschal ausgeschlossen.

Allerdings bedeutet das ja keineswegs, dass sich für eine Impfung aussprechen muss. Im Gegenteil, er muss sich eigentlich fragen: Würde ich, an Stelle meines Klienten, eine Impfung wollen. Und da muss nunmal nicht jeder Betreuer mit "ja" antworten...

Genau genommen darf dem Betreuer da gar keiner reinreden. Seine Vollmacht ist zweischneidig.

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ArchEnema  15.11.2021, 13:57
@superseegers

Dürfen ja, müssen eben nicht. Entscheiden musse er. Aber nicht pro Impfung.

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Neugierig1971  15.11.2021, 13:57
@ArchEnema

Auch, wenn der Betreute sich körperlich dagegen wehrt? Ich will Dir nicht widersprechen, weil ich mich wirklich nicht auskenne. Aber ich bin etwas bestürzt.

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ArchEnema  15.11.2021, 13:58
@Neugierig1971

Naja, wie ist es denn bei kleinen Kindern? Die gebärden sich mitunter auch beim Impfen. Und dann? Dann gibt's halt trotzdem die Spritze...

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BerndRoth 
Fragesteller
 15.11.2021, 16:24
@ArchEnema

Die Betreuer haben meiner Meinung nach aus die gesundheitsfürsorge für die Klienten. Ich kann mir nur schlecht vorstellen das man den Willen der Betreuer um jeden Preis durchsetzten muss. Insbesondere bei einer Optionalen Impfung. Wir müssen die Klienten ja Festhalten damit der Arzt überhaupt treffen kann. Das finde ich Fragwürdig

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ArchEnema  15.11.2021, 16:37
@BerndRoth

Verstehe ich. Dann muss der Betreuer wohl selber festhalten. Das auf Pfleger abzuwälzen ist natürlich bequem. Aber Pfleger sind nicht verpflichtet Dinge zu tun, die sie selbst für unmoralisch halten. Gut, das könnte Stunk vom Chef geben...

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BerndRoth 
Fragesteller
 15.11.2021, 16:43
@ArchEnema

Ich spreche meine Gruppenleiterin mal an. Denke aber fast das sie die genaue rechtliche Lage auch nicht kennt. Daher wollte ich mich hier erstmal informieren. Wie so oft sind sich nicht alle einig :D trotzdem danke

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Eine Impfung ist eine Körperverletzung, und hier muß meiner Meinung nach auf jeden Fall der gesetzliche Betreuer sein Einverständnis (oder nicht) gegeben haben.

Genauso wie unmündige Kinder haben betreute Erwachsene hier kein Mitspracherecht. Deswegen haben sie einen Betreuer.

Dennoch musst du dich nicht zum Handlanger eines Systems machen, dass du in dieser Form nicht unterstützen möchtest. Soll doch wer anders die sich wehrenden "Klienten" zwangsimpfen.

Artus01  15.11.2021, 13:56
Deswegen haben sie einen Betreuer.

Der das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht entscheiden darf.

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ArchEnema  15.11.2021, 13:58
@Artus01

Dann wäre er ein Idiot, wenn er sich dafür hergeben würde. Kann man nicht anders sagen.

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superseegers  15.11.2021, 13:58
@Artus01

Wenn derjenige schon über den Aufenthalt in einem Heim/betreuten Wohnen o.ä. entscheiden darf, dann vermutlich auch das. Es geht um den Part der Gesundsheitsfürsorge, das gibt es sehr wohl als Teil einer Betreuung.

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ArchEnema  15.11.2021, 14:00
@superseegers

Ob das im konkreten Fall des Fragestellers gegeben ist wissen wir allerdings nicht. Könne wir auch nicht wissen. Muss er mal abklären.

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Artus01  15.11.2021, 14:03
@superseegers
Wenn derjenige schon über den Aufenthalt in einem Heim/betreuten Wohnen o.ä. entscheiden darf

Woher weisst Du das er das darf? Es kann genausogut, wie in den meisten Fällen übrigens, eine Gerichtsentscheidung gewesen sein.

Es geht um den Part der Gesundsheitsfürsorge, das gibt es sehr wohl als Teil einer Betreuung.

Stimmt, wenn auch selten. Allerdings beinhaltet die Gesundheitsfürsorge der Betreuer keine medizinischen Zwangsmassnahmen. Dafür ist ein richterlicher Beschluss notwendig.

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Artus01  15.11.2021, 14:11
@superseegers

In der Regel nicht, da jeder mündige Bürger in eine Körperverletzung nach § 228 StGB in eine Körperverletzung einwilligen kann. Bei Betreuten kann der Betreuer darin einwilligen sofern seine Bestellung ihm die Verantwortung dafür überträgt, was in den meisten Fällen nicht der Fall ist. Ansonsten ist in der Tat ein richterlicher Beschluss, kein Gerichtsentscheid, notwendig, den man für eine Grippeschutzimpfung, je nach Zustand des Betreuten, nicht bekommen würde.

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superseegers  15.11.2021, 14:15
@Artus01

Sehr gut, ich dachte schon ich hätte seinerzeit rechtswidrig gehandelt.

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daedag  15.11.2021, 15:45
Genauso wie unmündige Kinder haben betreute Erwachsene hier kein Mitspracherecht

Diese Aussage ist definitiv falsch, für genauere Erläuterungen siehe meine Antwort

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ArchEnema  15.11.2021, 16:40
@daedag

Deine Aussage widerspricht der meinen in keinem Punkt.

Ich habe unpräziserweise alle Formen der Betreuung in einen Topf geworfen - das ist technisch inkorrekt. Dennoch: Wenn der Betreuer zur Gesundheitsfürsorge ermächtigt ist, dann ist es eben wirklich wie bei unmündigen Kindern.

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