Christliche Endzeit?

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Ich kann dir meine Sichtweise darlegen, die zum Prätribulationismus gehört und den sogenannten Prätribulationismus betrifft.

Das hört sich kompliziert an, bedeutet aber nur, dass ich davon ausgehe, dass die Entrückung vor der Trübsal (= prä bedeutet vor und tribulationismus bezieht sich auf die Trübsalszeit) ausgehe.

Oder wie Amir Tsarfati von BeholdIsrael gesagt hat: "We are not waiting für die antichrist, we are waiting for Jesus Christ!"

Nur bei der Lehre der Vorentrückung ist es möglich, in der Naherwartung der Entrückung zu leben. Alle an deren Ansichten schließen dies aus und erwarten zunächst den Antichristen und Gerichte der Trübsal, die doch eigentlich mit der christlichen Gemeinde nichts zu tun haben und im Alten Testament als "Drangsal Jakobs" bezeichnet werden.

Es geht in der Zeit nach der Entrückung also vor allem um Israel und das Ziel ist - ganz im Gegensatz zu dem, was Luther falscherweise gesagt hat - um die Rettung Israels. Diese ist schon im Alten Testament vorhergesagt:

  • "Aber über das Haus David und über die Einwohner von Jerusalem will ich den Geist der Gnade und des Gebets ausgießen, und sie werden auf mich sehen, den sie durchstochen haben, ja, sie werden um ihn klagen, wie man klagt um den eingeborenen [Sohn], und sie werden bitterlich über ihn Leid tragen, wie man bitterlich Leid trägt über den Erstgeborenen" (Sacharja 12,10).

In diesem Vers spricht Gott (=Jesus) also über seine eigene Kreuzigung und davon, dass die Israeliten Ihn irgendwann (= am Ende der sogenannten Trübsalszeit) erkennen und im Glauben annehmen werden.

Das ist einer der spannendsten Verse aus dem Alten Testament!

Jetzt zu meiner Ansicht über die Entrückung (= Vorentrückung, Prätribulationismus):

1) Das nächste prophetische Ereignis, von dem die Bibel berichtet, ist die Entrückung der Gemeinde. Jesus kommt, um die Gemeinde zu sich zu holen. Die gestorbenen Christen stehen auf und werden gemeinsam mit dem lebenden Christen zu Jesus und in den "Himmel" entrückt. Das steht z.B. in 1. Thess. 4,16-17 und Offenbarung 3,10. Es gibt kein prophetisches Ereignis, das vorher geschehen muss. Die Entrückung kann zu jeder Zeit stattfinden (Naherwartung). In 1. Thess. 4,18 steht, dass die Christen sich mit diesen Worten ermuntern sollen (also mit der Vorfreude auf die Entrückung)!

2) Im Buch Daniel, anderen Propheten des Alten Testamtens, der Offenbarung und in anderen Büchern liest man über die Zeit nach der Entrückung. Zunächst scheint der Antichrist aufzutreten, der einen Bund mit Israel schließt. Nach 3,5 Jahren (1. Phase der Trübsal/Drangsal) bricht er diesen Bund und entweiht den 3. Tempel, der wieder in Jerusalem aufgebaut wurde. Danach kommt die 2. Phase der Trübsal/Drangsal (auch große Trübsal genannt), die auch 3,5 Jahre andauert.

Bibelstellen für den Ablauf der Trübsal Phase 1: - 3 ½ Jahre (Offb. 11) - Aufftreten der zwei Zeugen (Offb. 11) - Wiedererrichtung des Tempels und Einführung der Opfer (Offb.11) - Beginn der Mission der 144000 jüdischen Evangelisten (Offb. 7) - Friedensbund des Antichristen mit Israel (9,27) - Errichtung des Antichristlichen Weltreiches (Off.6+13) - Beginn der göttlichen Gerichte (Offb. 6ff.)

Bibelstellen für den Ablauf der großen Trübsal Phase 2: - Beginnt mit Auferstehung des Antichristen (Offb. 13,13) - Erklärt sich zu Gott (2.Thess. 2,1-13) - Bild des Antichristen im Tempel (2. Thess. 2,1-13) - Eklat mit Israel (Dan. 9,27) - Führt Krieg gegen Israel (9,27)

Der Antichrist: - Schliesst Friedensbund mit Israel (Dan 9,27) - „Friedefürst“ und „Erlöser“ (Offb. 13) - Ermöglicht wiederaufbau des Tempels (Offb. 11, Dan 9,27) - Wird zuerst von Israel als Messias akzeptiert (Joh. 5,43) - Wird ermordet und aufersteht - Erklärt sich zu Gott (Offb.13; 2. Thess. 2) - Will Israel vernichten (Ps. 83,5; Sach. 12+14)

3) Am Ende der großen Trübsal versammelt der Antichrist eine riesige Armee, um Israel zu vernichten. Jesus kommt wieder und vernichtet seinerseits diese Armee. Danach wird das 1000jährige Reich errichtet, in dem Jesus als gerechter Herrscher regieren wird. Der Teufel wird in dieser Zeit gebunden sein.

Wiederkunft Jesu: - Jesus kommt SICHTBAR wieder (Mat. 24,27) - Vernichtet Heere die gegen Jerusalem ziehen (Offb.19, 11-21 - Wirft Antichristen und falschen Propheten in Feuersee (Offb. 19, 16-22) - „Landet“ auf dem Ölberg (Sacharja 14) - Bekehrung Israels (Sacharja 12,10) - Im Tal von Megiddo/Jesreel/ Harmageddon /Joschafat (Joel 4) - Entscheidet über Einlass ins 1000-jährige Reich (Mat. 25,31-46)

Das 1000-jährige Reich: - Jesus setzt auf den Thron Davids (Luk. 1,32) - Zion wird der höchste Berg (Micha 4,1-5) - Totes Meer wird Leben spendendes Meer (Hes. 48) - Errichtung des verheissenen Tempels (Hes.40-47) - Auferstehung der Märtyrer der Trübsalszeit (Offb.20,4) - Weltweiter Friede (Jes. 2,1-4) - Jesus beherrscht von Jerusalem aus die Welt (Jes, 2,1-4 - Israel ist die die führende Nation (Sacharja 14) - Bund Israels mit Assyrien und Ägypten (Jes. 19) - Alle Völker wallfahren nach Jerusalem (Sacharja 14) - Jesus setzt die göttliche Gerechtigkeit durch (Jes. 32,1-8) - Versöhnung der Tierwelt (Jes.11) - Keine Kindersterblichkeit mehr (Jes. 65) - Gläubige sterben nicht mehr (Jes.65)

4) Am Ende der 1000 Jahre wird der Teufel wieder freigelassen und schafft es, eine große Armee aufzustellen, die gegen Jesus kämpfen wird. Diese Armee wird schnell besiegt und am Ende gibt es das Gericht vor dem großen weißen Thron.

Bibelstellen: - Das letzte Gefecht (Offb. 20,7-10) - Das Jüngste Gericht (Offb.20,11ff)

5) Anschließend schafft Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde, die - darauf kann man sich fest verlassen - unglaublich toll und wunderschön werden wird: "Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird." Jesaja 65,17

Bibelstelle: - Gottes Neue Welt (Offb. 21+22)

ChildOfGod2006 
Fragesteller
 03.06.2021, 11:42

Vielen Dank für diese ausführliche Antwort!

LG

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  • Es gibt ja unterschiedliche Wege, die in der Bibel angekündigte Endzeit zu sehen:

Eine wesentliche Alternative hast du (wohlweislich?) vergessen:

Dieses Endzeitgedöns findet man schon für die Lebenszeit des Wüstenwanderpredigers benannt, regelmäßig tun sich einzelne "Propheten", Wahrheitssekten, andere Religionsvereine und Glaubensritter mit deren Ankündigung hervor - nichts, nada, alles nur dummes Zeug!

Also, deine weitere Alternative:

es gibt keine christlich benannte oder gar genau definierte "Endzeit"!

Woher stammt denn eigentlich die Vorstellung von einer umfassenden "Endzeit"?

Verantwortlich sind die Religionsgemeinschaften. Fast alle kennen in der einen oder anderen Form apokalyptische Szenarien. Grundlage ist das religiöse Konstrukt von Sünde, Hölle und Satan, das ebenfalls in praktisch allen Religionen zu finden ist, wenn auch in unterschiedlichen Spielformen.

Die Vorstellung vom definitiven Ende der Menschheit diente stets der Disziplinierung der Gläubigen und dem Machterhalt der Religionen.

Die religiöse Idee von der radikalen Zerstörung hat sich tief ins kollektive Bewusstsein eingegraben und ist faktisch zu einem "Kulturgut" geworden. Viele Maler, Schriftsteller und Philosophen haben sich an diesem erdrückenden Thema abgemüht.

Heute können die meisten Leute Endzeitängste abstrahieren. Übersensible und ängstliche Personen, zumeist im Dunstkreis der Religionen angesiedelt, geraten aber in Panik.

Deshalb ist die Vorstellung vom definitiven Ende der Welt ein ebenso überflüssiges wie schreckliches Erbe der Religionen.

Besonders bedrückend sind die apokalyptischen Szenarien speziell für die christlichen Kirchen. Kaum eine andere Religion hat derart martialische Bilder und Geschichten ins Bewusstsein der Gläubigen gehämmert.

Zuständig für das endzeitlichen Grauen in der Bibel ist vermutlich der Evangelist Johannes (ganz klar ist es nicht, ob es nicht ein anderer Johannes war). In seiner Offenbarung beschreibt er Horror-Szenarien. Der zürnende Gott lässt apokalyptische Reiter losschicken, die sich als erbarmungslose Tyrannen entpuppen.

Einer hat die Macht, der Erde den Frieden zu nehmen, damit die Menschen sich gegenseitig abschlachten. Ein anderer symbolisiert den Tod, der die Hölle hinter sich herzieht. Er besitzt die Macht, ein Viertel der Erde zu zerstören. Seuchen grassieren, das Meer brennt, Katastrophen peinigen die Menschen. Diese möchten sterben, doch der Tod flieht von ihnen. Sie versuchen vergeblich, den Qualen zu entkommen.

Man kann einwenden, dass dies reine Metaphern oder Gleichnisse seien, die heute niemand mehr wörtlich verstehe. Man wird auch hören, dass das als Seelentrost für die damals noch verfolgten (und noch nicht verfolgenden) Christen gedacht war. Einverstanden, doch die Bilder sind immer noch bei vielen Leuten lebendig und entfalten bei vielen apokalyptische Ängste.

Außerdem predigen viele Freikirchen u. a. "Kreuzritter" die Johannes-Offenbarung auch heute noch. Denn die Bibel ist für sie nach wie vor das authentische Wort Gottes. Die erzkatholische Bewegung kath-zwd.ch, die sich auch "Zeugen der Wahrheit" nennt, aber nicht nur die, fragte vor einiger Zeit auf ihrer Homepage, ob wir die Generation seien, die angesichts Corona Zeugen der Apokalypse werden.

Kein Wunder, wenn christliche Fundamentalisten der Corona-Pandemie eine religiöse Dimension beimessen.

Manche sehnen in ihrer apokalyptischen Sehnsucht das Ende der Welt herbei. Ich wünschte fast, dass es für diese auch bald komme, damit sie endlich in ihrem himmlischen Paradies ihren "verdienten" Ruhestand feiern dürfen und den normalen Menschen hier auf Erden nicht mehr auf den Geist gehen.

helmutwk  03.06.2021, 17:24
Die Vorstellung vom definitiven Ende der Menschheit diente stets der Disziplinierung der Gläubigen und dem Machterhalt der Religionen.

Dagegen spricht, dass solche Endzeitvorstellungen immer dann aufgeblüht sind, wenn Religionen unterdrückt wurden. Die Unterdrückten reden von Endzeit, die Herrschenden wollen nichts davon hören, dass ihre Herrschaft zu Ende gehen wird, wenn Gott alle weltlichen Herrscher entmachtet. Auch die Päpste haben meist nichts davon hören wollen ...

Dein Bild, wie Religionen entstehen und wirken, ist doch sehr von Vorurteilen durchsetzt.

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Es geht darum, in welcher genauen Reihenfolge Wiederkunft Christi, Tausendjähriges Reich und gegebenenfalls Entrückung statt finden werden, oder?

Das fragen sich so Leute, die auch fragen "Was sollen wir uns um Umweltschutz kümmern, wenn die Rückkehr Jesu vor der Tür steht?" (so ähnlich sagte das Ronald Reagan).

Sorry: aber ich halte Euch für eine Gefahr für den Planeten.

Und Martin Luther war zwar schon ein ziemlicher Übelbold, hat aber meines Wissens keine Todesurteile unterzeichnet.

Prä-Milleanismus kann von der Bibel her ausgeschlossen werden: Die 1000 Jahre "Millennium" sind nach der Rückkehr Jesu (Of 20,1-10). Wer sie wörtlich nimmt, der kann nur Postmillenarist sein. Wer sie symbolisch deutet, der kann auch zu einem Amilleniarismus kommen. Aber Prä- ist eindeutig unbiblisch. Ich tendiere zu Postmillenarismus, will mich aber nicht dogmatisch festlegen.

Und er meinte ja auch, die Juden seinen unrettbar, weshalb er viele Todesurteile für Juden unterschrieben hatte.

Luther hat als Verteidiger der Juden angefangen, und gegen Ende seines Lebens wurde er Judenfeind ("wäre er doch 10 Jahre früher gestorben!"). Aber dass er Todesuteile von Juden unterschrieb, halte ich für ein Gerücht. Hat vielleicht jemand eine bildliche Sprache wörtlich genommen?

Dass die Juden nicht unrettbar sind, ergibt sich schon aus der Verheißung der Bibel, dass am Ende "ganz Israel" gerettet wird (Rö 11).

Es gibt noch - mindestens - einen weiteren "Weg". Den Weg nämlich, das Ganze als völligen Unsinn zu betrachten.

Die Behauptungen zu Luther sind völliger Blödsinn.

Gruß, earnest