Charakterisierung Josef

3 Antworten

Joseph, der Erzvater, steht im Mittelpunkt unseres heutigen Gesprächs. Das war ein Mann, dem die Bibel 400 Verse widmet. Den anderen Erzvätern hat sie gerade einmal 20 oder 30 Verse gewidmet. Es ist ein wunderschönes Kapitel der Bibel, es ist fast das emotionalste, eine richtige, literarische Geschichte mit einem Mann, der Tränen vergießen darf, der seine Emotionen zeigen darf. Wo spielt sich das alles ab? Hauptsächlich in Ägypten. Frau Lapide, wie ging es mit diesem Joseph los? Seine Kindheit verbrachte er in Kanaan, dann kam er nach Ägypten. Es ist eine Menge geschehen. Los geht es mit seinem Vater Jakob. Doch in dieser Geschichte sind so viele psychologische Probleme enthalten, die uns heute noch berühren sollten. Fangen wir mit den Erziehungsfragen an. Ich stelle fest, dass in der Kindheit Josephs, bis hin zu seinem Erwachsenenalter, alle vorstellbaren Probleme auftauchen: Liebe, Hass, Neid, Erfolg und Eifersucht – alles ist da, Hier sind es die Erlebnisse Jakobs, die zu dem führen, was man heute modern ein Second Generation Problem nennt, also ein Problem der zweiten Generation. Jakob selbst ist doch in gewisser Hinsicht ein Schwächling gewesen, man könnte ihn auch im Vergleich zu seinem großen, harten Bruder Esau als Spätzünder bezeichnen. Und bei aller Achtung für Jakob muss man doch feststellen, dass es um die Kindererziehung im Hause Jakob schlecht bestellt ist. Dass er es zulässt, dass sich Joseph schon als Kind, als Junge derart aufspielt . Jakob bevorzugt doch den Joseph und freut sich, dass er im hohen Alter noch einmal Kinder bekommen hat. Das hat etwas mit Jakobs Ehefrau Rahel zu tun. Diese grandiose Liebesgeschichte! Die tragische Geschichte ist bekannt: Jakobs Schwiegervater, Laban, benimmt

sich ihm gegenüber sehr hässlich. Jakob dient ihm sieben Jahre lang! Welcher Mensch dient sieben Jahre für seine Frau? Es ist eine riesige Liebe und das in der damaligen Stein- oder Eisenzeit! Und in dieser Geschichte kommen tatsächlich Liebeserkenntnisse vor. Jakob liebt Rahel, das wird uns schonungslos erzählt, ohne Zensur. Sie geht sogar so weit, dass sie ihre Schwester betrügt und es zwischen den beiden hin und her geht – Tränen, Streit und Eifersucht um den Mann! Und vor diesem Hintergrund kann sie dann auch noch keine Kinder bekommen. Heute kann man das nicht mehr verstehen, man geht einfach zum Frauenarzt. Die meisten Frauen wollen heute abtreiben oder einen Schein dafür bekommen, doch hier geht es um die große Sehnsucht nach dem Kind. Es ist der Beweis der Liebe. Rahel bekommt erst sehr spät den Joseph, der ein sehr begnadetes, sehr begabtes Kind ist. Es wird das Lieblingskind. Jakob zieht den Joseph seinen anderen Söhnen vor.und das ist falsch ! Es gibt die schöne Geschichte von dem bunten Rock, den Joseph dann bekommt. Seine Brüder ärgern sich darüber sehr und sagen: "Wieso bekommt denn der das? Wir sind doch zuerst da gewesen!" Ehrlich gesagt finde ich, dass die Brüder aus ziemlich grobem Holz geschnitzt sind. Sie waren halt Hirten und Cowboys. Ein gewisser Neid ist doch verständlich. Dann kommt dieser Joseph auch noch daher und erzählt zwei komische Träume. Das ist doch eine Provokation! Er provoziert sie! Jakob hätte sagen müssen: "Hör zu Joseph! Mach das nicht, mach mal halblang!" Aber Jakob unterstützt ihn. Er hebt Joseph hervor und kauft ihm dieses schöne Gewand. Natürlich gibt es solche Erziehungsprobleme auch heute noch. Für unsere Tage ist mir wichtig, dass vor circa zwei Jahren der Deutsche Bundestag ein Gesetz durchbrachte, nachdem Kinder aus einer Ehe und aus einer nicht-ehelichen Beziehung vor dem Gesetz in Erbfragen gleichberechtigt sind. Hier haben wir gerade in der Josephs-Geschichte etwas Interessantes. Die zwölf Brüder, von denen sich die zwölf Stämme herleiten, stammen von vier verschiedenen Frauen ab. Von denen ist eine die große Geliebte, die Rahel. Danach kommt die zweite, die Laban seinem Schwiegersohn Jakob seinerzeit untergeschoben hat, die Lea. Und dann gibt es noch zwei Mägde, die Silpa und die Bilha, die Laban seinen beiden Töchtern mitgegeben hat. Ich verstehe, dass Jakob einsam war und eine eigene Familie für den Aufbau des Geschäfts und seiner Herden benötigte. Doch es ist wichtig, hier festzuhalten, dass die zwölf Stämme Israels von vier verschiedenen Frauen abstammen und trotzdem gleichberechtigt sind. Das finde ich gut. Joseph erzählt dann seinen Brüdern den Traum: "Hört, was ich geträumt habe. Wir banden Garben mitten auf dem Feld. Meine Garbe richtete sich auf und blieb auch stehen. Eure Garben umringten sie und neigten sich tief vor meiner Garbe." Was soll man da machen? Er hat von Anfang an ein anderes Niveau als die grobschlächtigen Brüder. Wenn wir den Text lesen, erkennen wir, dass er ein anderes Niveau hat. Aber als Joseph behauptet, Sonne, Mond und Sterne hätten sich vor ihm verneigt, sagt sogar Jakob: "Jetzt reicht es aber! Ja, das geht auch Jakob zu weit.

tinimini  05.05.2013, 15:16

Jetzt ist nur die Frage, was wir mit den Träumen machen. Auch das ist heute noch ein Problem. In der Bibel spielen die Träume eine große Rolle. Sie sind Visionen. Ich würde sagen, dass Joseph hier ein Vorläufer dafür ist, auch später in Ägypten. Was heißt Traum? Wenn Sie heute auf dem Richtstuhl des Psychologen sitzen, dann wird er Sie ansehen und fragen: "Was denken Sie? Was erwarten Sie? Was träumen Sie?" Und dann wird er das analysieren. So sehe ich den Joseph. Er ist imstande, so etwas zu träumen, die anderen Brüder sind dazu nicht in der Lage. Meines Erachtens macht der Jakob hier wieder einen Fehler. Er will mit aller Macht Frieden erzwingen und schickte den kleinen 16- oder 17-jährigen Joseph, den Spätzünder, den begabten Lyriker – er kann sich ausdrücken – , alleine zu den Hirten, die irgendwo in Dotan unterwegs sind. Ich lege das so aus, dass der Jakob Frieden stiften wollte. Joseph stellt sich aber mit seiner Aura wieder so an. Die Brüder sehen Joseph kommen und beschließen, es diesem Träumer einmal zu zeigen, und schmieden einen ziemlich bösen Plan. Ja, einen sehr bösen Plan! Wir haben hier aber auch bei Ruben und Juda sehr interessante Gedanken über das Gute. Sie können sich dann aber nicht durchsetzen. Zunächst sind sie sich einig, dass sie Jakob um die Ecke bringen wollen. Dabei spielen so interessante Dinge eine Rolle wie die Frage, was der Preis für einen Jüngling war. Der Text über Judas Iskariot bezieht sich zum Beispiel auf das Alte Testament. Dort steht, dass der Preis für einen Mann im besten Alter 30 Silberlinge betrug. Joseph war nur 20 Silberlinge wert. Die Brüder beschließen Josephs Tod. Ruben plädiert: "Nein, bringt ihn nicht gleich um, denn ein bisschen ist er doch von unserem Blut." Joseph wird in eine Zisterne geworfen, die aber leer ist. Ruben geht weg und sagt sich, dass er Joseph wieder aus der Zisterne holt, wenn die anderen Brüder weg sind. Inzwischen läuft alles durcheinander. Juda will den Joseph eigentlich auch nicht töten. Die Scharfmacher sind Simeon und Levi, die wir schon als Scharfmacher kennen. Im Kapitel zuvor sind sie sehr massiv gegen die Vergewaltiger ihrer Schwester Dina aufgetreten. Juda schlägt vor, Joseph zu verkaufen, statt ihn umzubringen. Sie verkaufen ihn an die Kaufleute, die vorbeikommen, und freuen sich über die 20 Silberlinge. Es ist auch weltgeschichtlich interessant, wer da auftritt. Das sind die Nabatäer, die Herren über die Karawanen der damaligen Zeit. Sie verkaufen Joseph für 20 Silberlinge und müssen nun ihren Vater Jakob darüber informieren. Der wird belogen ,ein ganz schönes Schurkenstück. Ganz furchtbar!
Sie nehmen Josephs Rock, tauchen ihn in das Blut eines Schafes Man lernt da lauter schöne Sachen, zum Beispiel, dass das Land damals ein Urwald war. Sie sagen nämlich zu Jakob: "Hier hast du den Rock! Ein wildes Tier hat ihn zerrissen!" Das heißt, dass damals zwischen Hebron und Bet-El ein großer Urwald lag. Jakob bricht bei dieser Nachricht fast zusammen. Joseph war das Kind der Liebe, das Kind von seiner geliebten Rahel. Aber Joseph kommt nach Ägypten. Die Nabatäer nehmen ihn nachÄgypten mit und verkaufen ihn dort. Es stellt sich heraus, dass dieser kleine Schwächling eine enorme Widerstandskraft hat. Das ist aber oft so. Bisher haben wir gemeint, er sei ein Schwächling, ein Spätzünder! Aber er hält durch! Zuerst wird er auf dem Markt verkauft. Es wird gesagt, dass er sehr gut aussieht. Als Käufer hatte man wahrscheinlich gerne gut aussehende Sklaven. Von Potifar, dem Befehlshaber der Leibwache des Pharao, heißt es an einer Stelle, dass er Eunuch war. Also hatte er keine Angst vor einem gut aussehenden Sklaven. An einer anderen Stelle kommt dann wieder die berühmte Geschichte mit Potifars Gattin. Joseph erhält also im Haushalt von Potifar eine sehr herausgehobene Stellung. Dann passiert eine wunderbare Geschichte mit der Frau des Potifar. Vom Text her habe ich Grund zu der Annahme, dass der Herr Potifar ein Eunuch war, wie es an den Höfen so üblich war. Vor diesem Hintergrund darf man wohl annehmen, dass seine Frau auf so einen schönen Jüngling scharf war. Da er Sklave war, durfte sie annehmen, dass er von ihrer Aufmerksamkeit sehr angetan sein würde. Aber siehe da, es trat eine Entwicklung ein, die sie nicht erwartet hatte: Joseph weigert sich. Die Bibel schildert es wunderschön. Es kommt ein Feiertag, an dem das ganze Haus leer ist. Sie wird Joseph gegenüber wieder ganz konkret. Er enttäuscht sie aber wiederum. Daraufhin dreht sie die Sache um. Joseph rennt davon. Die Bibel schildert ihn also als charakterstark. Ich lese den Text so, dass er hart mit sich gerungen hat. ie ist sehr direkt und fordert ihn auf: "Schlaf mit mir!" Er bekommt es mit der Angst zu tun und rennt weg. Sie hält ihn am Kleid fest, das Kleid bleibt in ihren Armen. Und was macht sie dann?

0
tinimini  05.05.2013, 15:33
@tinimini

Jetzt verkehrt sie die Sache um 180 Grad. Sie ruft ihren Mann her und sagt: "Da hast du es! Diesen Mann hast du mir an den Busen gelegt, den hast du in unser friedliches Haus gebracht. Er will mich vergewaltigen!" Potifar gibt ihr natürlich Recht, denn er muss sein Gesicht wahren, und Joseph wird eingesperrt. Wo immer Joseph hinkommt, weiß er sich zu drehen und zu wenden – würde man sagen, wenn man nicht religiös ist. Wenn man fromm ist, sagt man, das sei die Gnade Gottes. Es gibt zwei Mitgefangene, einen Bäckermeister und einen Mundschenk. Die beiden erzählen ihm ihre Träume und Joseph deutet sie. Die Träume sind sehr faszinierend. Ich glaube, jeder Psychologe in unseren Tagen hätte seine Freude daran. Der Mundschenk hat in seinem Traum einen Weinstock mit drei Ranken. Die Summe der Geschichte ist, dass Joseph dem Mundschenk deutet, dass er aus den Trauben der Ranken mit bloßen Händen den Wein herauspressen könne. Es würde ein exquisiter Wein, an dem der Pharao seine Freude hätte. Das besagt, dass der Mundschenk wieder Anerkennung fände und davonkomme, dass er wieder in Amt und Würden eingesetzt würde. Die drei Traubenranken stehen für drei Tage. Die Bibel ist voller Zahlenmystik. Zum Bäcker sagt er, dass dieser einen Kopf kürzer gemacht werden würde. So tritt es dann auch ein. Beim Bäcker ist es das Gleiche: drei Körbe, drei Tage. Die bösen Vögel fressen vom obersten Korb das Brot weg. Mit einiger Fantasie hätten Sie das auch gedeutet, traue ich mich zu behaupten. Joseph hofft, dass der Mundschenk, wenn er wieder zu Ehren gekommen ist, ihm aus dem Gefängnis hilft. Dieser kehrt aber an den Hof des Pharao zurück und vergisst die Geschichte. Es muss ein neuer Traum kommen, um die Geschichte voranzutreiben und dem Joseph seine Chance einzuräumen. Unser Joseph modert im Gefängnis vor sich hin. Dann kommen die Träume des Pharao Er ist vor allem sehr erschrocken über das, was er träumt. Er kann es sich nicht erklären. Er fragt die Sterndeuter in seinem Land, aber keiner weiß Bescheid. Was hatte er für zwei Träume oder was sollen sie bedeuten? Er träumt das natürlich aus der Fülle der Macht heraus. Er ist ein verwöhnter Mann und ist Desaster nicht gewohnt. Heute würden wir dasUmweltkatastrophen nennen. Wir bekommen erzählt, dass ganz Ägypten vom Nil lebt und keinerlei Alternative dazu hat. Wenn hier etwas geschieht, dann ist Feierabend. Und nun passiert genau das. Der Pharao träumt, dass sieben wundervoll fette Kühe aus dem Nil heraussteigen und wie nur was gedeihen. Dann kommen sieben furchterregend magere Dinger und diese mageren Kühe verschlucken wie nichts diese fetten Kühe. Das ist ein Riesendrama und es erschreckt ihn. Der Traum wiederholt sich mit sieben fetten Ähren und sieben mageren Ähren. Die Zahl Sieben ist schon seit Abraham sehr deutungsträchtig. Seine ganzen Wahrsager und Sterndeuter können die Träume aber nicht interpretieren. Der Pharao ist dadurch beunruhigt. Da erinnert sich der Mundschenk: "Traum? Traum! Mein Gott, da habe ich doch einmal so einen Spezialisten kennengelernt." Joseph wird sofort hergeholt und deutet in null Komma nichts die Träume. Das Land Ägypten erlebt eine segensreiche Phase voller Fülle, aber dieÄgypter sollten aufpassen, denn nach diesen sieben Jahren der Fülle kommt eine furchtbare, noch nie da gewesene Hungersnot. Die auch wieder sieben Jahre dauern wird. Als Leser des Buches Genesis wissen wir, wir grauenhaft eine Hungersnot im Orient sein kann. Ganze Völker müssen ihre Heimat verlassen. Die Menschen sterben wie nichts. Das wissen wir aus diesem Text. Alle erschrecken furchtbar und jetzt kommt die Genialität von Joseph zum Tragen: Er legt sofort einen Plan vor. "Was tun wir? Ich schlage seiner Majestät vor, dass …" Das finde ich sehr raffiniert, denn wie oft wird man schon zum Fürsten gerufen? Jetzt ist er beim Fürsten und bringt gleich einen Plan daher. "Jawohl, wir müssen sofort anfangen, etwas zu tun!" Die Fülle der sieben Jahre soll nicht sofort aufgegessen und verprasst werden, sondern ein Teil davon soll in Speichern aufgehoben werden und die Menschen darauf eingeschworen werden. Dann werden auch die sieben mageren Jahre zu überstehen sein. Joseph regt beim Pharao dann noch an, dass er doch einen Mann ernennen möge, der sich ab sofort darum kümmert. Er sagt zu ihm: "Da brauchst du doch jemand, der das organisiert. Das muss ein Cleverer sein, der weiß, was zu tun ist." Das ist ein toller Satz sozusagen am Ende der Vorlage des Plans. Der Pharao sieht ihn kurz an und sagt: "Das musst dann wohl du machen." Joseph organisiert das dann und steigt von Jahr zu Jahr im Ansehen. Es ist die Zeit des Mittleren Reiches. 1683 vor Christus dürfte Joseph nachÄgypten gekommen sein. 1670 wird er zum Großwesir – so muss man daswohl nennen – in Ägypten ernannt und wird zum zweitmächtigsten Mann nach dem Pharao. Nur auf dem Thron sitze ich noch! Alles andere ist dein Ägypten."

0
tinimini  05.05.2013, 15:45
@tinimini

Denn der Pharao liefert Joseph im Grunde ganz Ägypten aus. Die einzige Antwort ist wohl, dass die Not so groß war. In dieser großen Not war es wahrscheinlich nicht möglich, ihn zu hinter- oder übergehen. Das war von der Not her vergleichbar mit der Zeit der Weltkriege hier. In so einer Zeit stellt man Ränke und Eifersüchteleien zurück, bis diese Probleme gelöst sind. Scheinbar waren sie sich bewusst, dass sie selbst die Probleme nicht lösen konnten. Was mich an der Zeit auch beeindruckt, ist das Rad, das "agala". In der Geschichte werden mehrfach Wagen erwähnt. Mit einem gewissen Protz wird erwähnt, dass Joseph einen Wagen mit Rädern verwendet. Wo hat es denn das in Beerscheba oder Sichem gegeben? Und Joseph fährt sogar eine feine Kutsche, eine "merkaba". Man lernt einiges über dieVerhältnisse in Ägypten. Ich finde Ihre Frage sehr berechtigt. Wieso kommt da keiner, der sagt: "Den Ausländer wollen wir nicht!" Es kommt keiner, weil es sonst keiner machen könnte. oseph hat das Problem genial gelöst. Er hat in den fetten Jahren das Getreide eingesammelt und es dann in der Zeit der Hungersnot an dieÄgypter verkauft. Er hat es nicht einfach verteilt. Eigentlich ist er auch ein genialer Landreformer. Er hilft dem Pharao, die Zentralgewalt zu stärken, denn die anderen sind immer ärmer geworden. Zuerst mussten sie das Getreide für Geld kaufen, dann mussten sie dafür ihr Vieh eintauschen und schließlich mussten sie auch noch ihr Land hergeben. Und dann waren sie Leibeigene. Das muss man ganz laut und deutlich sagen. Da dank der Genialität von Joseph genügend Getreide vorhanden war, kamen auch noch die Völker der Umgebung und bitten händeringend um Getreide, da sie verhungern. Auch sie bekommen etwas vom Pharao, machen aber dasselbe wie die Ägypter durch. Die geniale Entwicklung sind die Speicher zur Aufbewahrung des überschüssigen Getreides, außerdem das Rad, der Wagen und die Kutsche. Zudem muss er die Speicher sehr gut geplant haben, damit sich das Getreide so lange gehalten hat. Es müssen dafür eigene Speicher gebaut worden sein, die belüftet waren und gegen Ungeziefer Vorkehrungen hatten. Bei Moses kommen später dann die Ungezieferplagen. Der Ruhm Ägyptens verbreitet sich in der ganzen Umgebung. Die anderen Völker hören, dass es dort noch etwas zu holen gibt, und setzen sich nun in Bewegung. Diese Kunde gelangt auch zu Jakob, also nach Kanaan. Die tun so, als ob Joseph von der Bildfläche verschwunden wäre. Nur Jakob nicht, der leidet nach wie vor darunter, obwohl er schon ganz schönalt ist. Mich berührt, dass Joseph im Grunde sehr jung stirbt. Sein Leben scheint doch sehr anstrengend gewesen zu sein.
Als sich Jakob später beim Pharao vorstellt, war er schon 147 – wie immer auch diese Zahlen zu bewerten sind. Das hat mich echt berührt, dass der Joseph so jung gestorben ist. Jakob schickt dann seine ganze Schar von Kindern los, allerdings mit einer Ausnahme Den Benjamin! Das ist wieder Rahels Sohn. Das ist wieder diese große Tragödie. Er soll beim Vater bleiben und die anderen sollen schauen, dass es wiederetwas zu essen gibt. Daher zieht die ganze Schar nach Ägypten. Dort, bei Joseph, geschehen dann unglaubliche Szenen. Man kann hier geteilter Meinung sein. Ich höre auch unter den Auslegern der Bibel immer wieder Diskussionen darüber: "Ja, Herrschaft noch einmal, warum hat er das nicht gleich gesagt? 'Lasst euch umarmen! Ich bin es. Holt den Papa schnell her!'" Warum lässt er sie so zappeln? Das ist die große Frage. Die Brüder kommen nach Ägypten, treten vor Joseph und sagen: "Wir haben Geld mitgebracht. Verkauf uns Getreide!" Sie erkennen ihn nicht, aber er erkennt seine Brüder. Und in der Tat stellt sich hier die Frage, wie Sie schon sagten, warum er nicht sofort gesagt hat: "Endlich seid ihr da! Lasst uns Frieden machen!" Denn Joseph ist ein friedlich gesinnter Mensch. Er prüft sie und behandelt sie doch herablassend? Ich sehe das nicht als Herablassung. Ich sehe es als Ergriffenheit. Die Erinnerung an seine Vergangenheit steigt in ihm hoch: das Elend im Brunnen, in den sie ihn geworfen haben, das entsetzliche Verlassensein, der Verkauf und das Verschlepptwerden durch die halbe Welt, das Nicht Wissen, wohin. Das hat er alles seinen Brüdern zu verdanken. Trotzdem tut er ihnen nichts Böses. Meines Erachtens geht er psychologisch vor. Er will wissen, ob sie sich geläutert haben oder ob sie nur kommen, weil sie am Verhungern sind. Ich meine, dass er nur deshalb das Ganze so macht. Denn sonst würde er sie nicht so prüfen. Erst nachdem er sieht, dass hier Menschen vor ihm stehen, die sich gewandelt haben, gibt er sich zu erkennen. Denn selbstverständlich würden sie sagen: "Ja, lieber Joseph, entschuldige! Mea culpa! Wir sind jetzt brav und gut!" Genau das wollte Joseph nicht. Das wäre ein reines Lippenbekenntnis gewesen, das hätte ihn nicht befriedigt. Und er hat ja schwer gelitten. Im Grunde erfüllen sich seine beidenTräume.

0
tinimini  05.05.2013, 16:06
@tinimini

Seine Brüder werfen sich vor ihn nieder, so wie sich die Ähren vor ihm verneigt haben, und dann die elf Sterne und Sonne und Mond. Sie liegen vor ihm am Boden und bitten ihn um Getreide.Aber er ist auch ein schlauer Kerl. Die Prüfungen, denen er seine Brüder unterzieht, haben es in sich.Er möchte ihnen zeigen, dass er Recht hatte. Denn sie werfen sich vor ihm nieder, bevor sie wissen, wer er ist. Die Niederwerfung ist also echt, es kommt aus einem echten Anliegen. Er ist aber auch zerrissen, wie jeder Psychologe sagen würde. Er möchte auch den Benjamin sehen. Darauf arbeitet er hin. Die Säcke oder Behälter werden mit Getreide gefüllt und sie bezahlen. Er lässt das Geld jedoch heimlich wieder in die Säcke hineinstecken und unterwegs beim Rückweg stellen die Brüder fest: "Um Gottes willen, in den Säcken ist das Geld wieder drinnen!" Was ist da passiert? Joseph macht das, damit der Kontakt bestehen bleibt. Denn sonst muss er davon ausgehen, dass sie möglicherweise einfach auf und davon gehen und im fernen Kanaan auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Vielleicht ist morgen die Situation am Markt besser und sie können in Babylon oder sonst wo Getreide kaufen und kommen nicht mehr zurück. Dann wäre der Kontakt wieder verloren. Diese große Gefahr besteht. Daraufhin spielt er dieses Spiel, um sie an sich zu binden. Und das gelingt auch. Aber im Vergleich zu ihm waren die Brüder einfach plumpe Männer geblieben. – Wir wollen es nicht weitersagen! – Sie erzählen ihm jetzt: "Wir haben daheim einen Vater und noch einen kleinen Bruder." Das ist genau das, was Joseph hören will. Wir haben einen gehabt, der aber nicht mehr da ist", sagen sie, "und dann haben wir noch den Kleinen". Später sagt der Vater händeringend: "Warum habt ihr das überhaupt angebracht?" Die Brüder kehren mit Getreide beladen zurück. Joseph beschuldigt sie des Diebstahls. Er sagt: "Ich gebe keine Ruhe! Das ist der Dank dafür, dass ich euch so bevorzugt behandelt habe." Denn er hat sie auch sehr gut behandelt. "Jetzt will ich mal sehen, ob ihr vielleicht Spione seid." Das ist ein uraltes Motiv Ihr wollt mich oder das Land doch nur aushorchen!" Jetzt kommt mal und beweist mir, wer ihr seid! Bringt mir den Vater und den Bruder!" Die Brüder kehren dann nach Hause zurück und erzählen diese Geschehnisse dem Vater. Das Getreide ist schnell aufgegessen. Die Hungersnot dauert aber sieben Jahre. Es stellt sich die Frage, was sie nun tun sollen. Jakob möchte, dass seine Söhne nochmals nach Ägypten gehen und neues Getreide holen. Daraufhin sagen sie zu ihm, dass sie dann Benjamin mitnehmen müssten, was für den Vater eine Katastrophe wäre. Jakob droht mit Selbstmord, er meint, er würde zugrunde gehen. Wie man es sich bei einem Vater, in diesem Fall einen alten Mann, vorstellen kann. Und was sagt der Juda, der dann zum Anführer erkoren wird, da er sich in diesem Fall bewährt hat? "Ich war damals derjenige, der das Ganze mit veranlasst hat. Ich habe mich falsch benommen." Mit dieser Haltung wird er auch zum Königsanwärter. Aus seinem Stamm kommen später die davidischen Könige. Er sagt zu Jakob: "Ich will dir mit meinem Leben garantieren, dass ich den Benjamin wieder zurückbringe, weil ich – ich gebe es zu – bei Joseph damals so versagt habe. Vertrau mir den Benjamin an!" Ruben unterstützt Juda. Der schwer geprüfte Jakob hat jedoch kein Vertrauen zu Ruben, im vertraut er Benjamin nicht an. Von Ruben hat er schon zu viele graue Haare bekommen. Aber er vertraut Benjamin dem Juda an. Was bleibt ihm übrig, denn Juda sagt: "Bitte, wenn du nicht einverstanden bist, dann verhungern deine Kinder, der ganze Hof, der ganze Stamm!" Das ist die Antwort: Entweder wir krepieren alle oder wirgehen noch einmal nach Ägypten, um dort Getreide zu holen. Aber dazu muss der Benjamin mit, denn der ägyptische Getreideverwalter macht keine Scherze. "Gib uns den Benjamin! Ich hafte für ihn!", drängt Juda. Jakob ist verzweifelt, aber er gibt ihnen Benjamin mit. Benjamin spielt eine sehr passive Rolle, obwohl er der Geschichte nach zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr so klein gewesen sein kann. Er hat eine sehr uninteressante Rolle. Er kommt in der Geschichte auch gar nicht zu Wort. Jetzt bekommt Joseph genau das, was er will. Er ist sehr gerührt und weint. Die Brüder kommen noch einmal an seinen Hof. Man muss sich das wahrscheinlich so vorstellen, dass er als Oberwesir einen riesigen Getreidespeicher hatte und damit seine Geschäfte machte. Jetzt kommen die Brüder wieder und sagen: "Wir haben Geld mitgebracht und auch den Benjamin." Joseph sieht dann diesen Benjamin. Die Bibel erzählt immer wieder von Josephs Gemütsbewegungen, die Joseph hier aber zuerst gar nicht zeigen will. Daher geht er aus dem Raum, weint und sagt: "Im Grunde möchte ich eigentlich hingehen und ihn nur umarmen." Aber er hält sich noch zurück. Er wäscht sein Gesicht und kommt wieder herein. Es geht hier nicht darum, ob ein "richtiger" Mann weint.

0
tinimini  05.05.2013, 16:13
@tinimini

Joseph möchte die Geschichte noch nicht auflösen, die Spannung soll noch weiter hochkochen. Er ist sich noch nicht sicher, ob sich seine Brüder wirklich gewandelt haben. Juda tritt dann vor ihn und sagt: "Jetzt hören Sie mal zu, Herr Wesir, entweder wir machen ein Geschäft miteinander und ich bekomme meinen Benjamin zurück oder wir verhungern eben alle." Erst in diesem Augenblick ist Joseph davonüberzeugt. Er schickt dann die Ägypter hinaus, denn er muss auf sein Standing achten. Stellen Sie sich vor, wenn der Bundeskanzler auf einmal mit Familiengeschichten anfangen und mit seinen Brüdern weinen würde. Da muss man schon etwas aufpassen. Er schickt also alle Ägypter hinaus und gibt sich seinen Brüdern zu erkennen. Es gibt hier noch eine schöne Stelle. Die Brüder hatten zuvor schlecht über ihn gesprochen und er hatte alles verstanden. Er musste offiziell mit Dolmetscher mit ihnen reden. Natürlich, das ist auch sehr charmant. Jedes Wort wird übersetzt, derweil versteht er jedes Wort. Die Geschichte löst sich dann auf. Er will sie aber zum Schluss noch einmal demütigen. Als sich die Brüder wieder auf den Heimweg machen, legt er in den Sack von Benjamin nicht nur das Geld für das Getreide, sondern auch noch seinen Silberbecher. Er schickt dann ganz raffiniert einen Boten nach, der zu ihnen sagt: "Dem Oberwesir ist ein Becher gestohlen worden!" Sie antworten: "Nein, das kann doch gar nicht sein!" Sie schütten alle Säcke aus und bei Benjamin bleibt sozusagen die Schuld haften. Ich glaube, er wollte die Sache von damals noch einmal präsentieren. Er wollte sehen, ob sie Benjamin verraten werden, so wie sie ihn verraten haben, weil er andere Anlagen hatte als sie. Nun will er sehen, ob sie mit Benjamin dasselbe veranstalten. Aber diesmal bewährt sich Juda, sie verraten Benjamin nicht. Das ist die Lektion: "Ich habe es einmal gemacht, aber diesmal stehen wir alle zu Benjamin." Das wollte Joseph herausbekommen. Der Juda sagt: "Nein, wir können den Benjamin nicht da lassen. Behalte mich, wenn du einen haben willst!" Praktisch als Geisel! Er wollte prüfen, ob sie Benjamin aufgeben werden, so wie sie ihn damals aufgegeben hatten. Das wird mit einer großen Spannung dargestellt. Juda sagt, "Bitte nimm den Simeon!", diesen Oberschläger, denn wir schon kennen. Wir dürfen annehmen, dass Joseph aus seiner Erinnerung panische Angst vor Simeon hatte. Er war der Gewalttätigste von allen. Und noch etwas: Dieser Becher war für einen Wesir im Altertum wohl ein Zeichen seiner Macht. So kann er ihnen unterstellen: "Also seid ihr doch Spione? Meinen Becher zu klauen!" Die Brüder kommen nach Hause und erzählen von ihren aufregenden Erlebnissen: "Der Joseph lebt noch!" Jakob sagt: "Gut, jetzt kann ich in Ruhe sterben! Dass ich das noch erlebe!" Und nicht nur das: Joseph ist auch noch ein supermächtiger Mann. Es droht nun nicht, dass sie verhungern. Denn die Hungersnot dauert ganze sieben Jahre! Sie erzählen, dass alle zusammen mit Kindern und Kindeskindern, Ammen undNebenfrauen und so weiter eingeladen sind, nach Ägypten zu kommen. Es ist eine aufregende und schöne Szene und sie ziehen dann auch nachÄgypten. Der Pharao muss Joseph über alles schätzen, denn er stellte dafür seine Wagen zur Verfügung. Als die Familie ankommt, geschieht allerdings etwas Auffallendes, denn sie werden in Goschen angesiedelt. Aber es ist doch erstaunlich, wie sich dieser Pharao verhält? Er ist unglaublich großzügig. Er sagt: "Lasst die doch kommen!" Es werden ihnen die besten Speisen angerichtet. Sie dürfen sich das fetteste Land aussuchen und sich dort niederlassen. Liegt das an der Schwäche des Pharaos oder liebt er den Wesir Joseph so sehr, dass auch dessen ganze Familie willkommen ist? Erstens denke ich, dass der Pharao kein starker Pharao ist. Zweitens fühlt er sich dem Joseph und dessen Tatkraft ausgeliefert. In der Zeit, in der Joseph in Ägypten war, gab es möglicherweise drei Pharaonen. Ganz sicher wissen wir das nicht, aber es wird vermutet, dass es nicht nur ein Pharao aus der 12. Dynastie, aus dem Mittleren Reich, sondern auch mindestens einer aus der 13. Dynastie, aus der Zweiten Zwischenzeit, gewesen ist. Der Pharao will jedenfalls Joseph an sich binden, denn er will diesen Mann auch für den Wiederaufbau nach dem Desaster haben. Zudem wird uns gesagt, dass die Familie aus 70 Personen bestanden hätte. Diese Zahl spielt doch für einen Pharao keine Rolle. Nein, den Platz hatte er sicherlich. Trotzdem war es großzügig, denn es sind immerhin Fremde gewesen, die er in seinem eigenen Land hat siedeln lassen. Joseph hat weiterhin als Wesir regiert. Ende der 1980er Jahre haben österreichische Archäologen wohl den Palast des Joseph entdeckt und unter anderem auch das Grab. Man kann daher sagen, dass man damit einen deutlichen Beweis hat, dass er tatsächlich eine historische Figur gewesen ist. Dieser Palast war sicher nicht so groß wie der des Pharao,

0
tinimini  05.05.2013, 16:24
@tinimini

man kann es sich vielleicht wie eine toskanische Landvilla vorstellen. Dort gab es auch Wohnungen für die beiden Söhne des Joseph. Und hier gibt es noch etwas Bemerkenswertes. Als der Pharao den Joseph zum Wesir ernennt, verheiratet er ihn auch mit der Tochter eines ägyptischen Priesters. Das ist aber doch ganz ungewöhnlich? Das ist ja eineReligionsvermischung! War Joseph klar, dass er damit zum Ägypter wird? Nein, ich würde nicht sagen, dass das eine Religionsvermischung war, denn die Gründung des hebräischen Monotheismus mit Moses am Sinai kommt erst später. Wir sind noch in der Zeit vor dem Sinaigeschehen. Und die Männer der zwölf Stämme heiraten auch nicht alle unter sich. Jakob heiratet eine Frau aus Babylon und Isaak holt Rebekka. Auch die zwölf Söhne heiraten Frauen aus der Nachbarschaft. Manche Interpreten meinen, dass dies dieselbe Geschichte wie bei Kain und Abel sei. Die hatten noch Zwillingsschwestern. Wir müssen hier nicht schockiert sein, denn im ägyptischen Königshaus wurden auch andauernd Geschwister verheiratet. Gut, die Offenbarung geschieht dann erst bei Moses und der Monotheismus bildet sich erst danach heraus. Nur wird auch schon bei Jakob und Joseph von Gott geredet. Damit kann wohl kaum einer der ägyptischen Götter gemeint sein. Nein, das glaube ich auch nicht. Es muss also auch da schon eine Vorstellung von Gott gegeben haben, sonst dürften Jakob und Joseph dieses Wort nicht in den Mund nehmen. Jetzt kann man natürlich sagen, dass auch die Josephs-Geschichte erst später geschrieben wurde, wodurch die Führung Gottes erst hineinkam und das somit als Interpretation des Weges verstanden werden muss. Ich kann damit leben Denn, wie Sie richtig sagen – und Sie sprechen schon wie die Rabbiner: "Es gibt kein Früh und kein Spät." Das ist eine alte talmudische Redewendung. Wer weiß, ob sich da bei Echnaton nicht irgendetwas anbahnt mit dem entstehenden einen Gott. Das habe ich mir auch schon gedacht. Joseph kann so eine Stelle natürlich nicht unverheiratet führen. Aber mir fällt auf, dass die Frau, die er heiratet, "Asenat, die Tochter von Potiferas" heißt; das ist doch auffallend ähnlich zu "Potifar"! Ja, aber "Potiferas" hat eine Silbe mehr. Ja. Es gibt jedoch Traditionen, die sagen, dass es eine Tochter von jenem Potifar gewesen sei. Der Pharao gibt Joseph auch einen neuen Namen. afenat-Paneach, das ist uraltes Hebräisch und heißt wörtlich "der Spezialist in der Entzifferung des Verborgenen". Der Deuter! Ja. Aber mir fällt auf, dass der Pharao bei all der großen Liebe, Freundschaft, der Zuneigung und dem Wohlwollen diese 70 Leute in Goschen ansiedelt. Das ist auffallend. Als die israelische Armee 1967 zum ersten Mal den Sueskanal überschritten hat, fanden sie westlich vom Sueskanal Ausgrabungen und Steine, die auf Goschen hingewiesen haben. Und die Beschreibung in der Josephs-Geschichte gibt diese Interpretation auch her. Wo ist Goschen? Ganz weit vom Schuss, weg vom Zentrum. Das macht einen nachdenklich. Die Bibel sagt auch: "Denn die Schafe sind einGräuel für die Ägypter." Die Israeliten waren alle Tierhalter. Die Ägypter sind keine Umweltschützer, die alle Tiere, wie heute bei uns üblich, lieb haben. Das Schaf war ihnen ein Gräuel. Das gibt es auch heute noch oft im Orient, dass man etwas als heilig erachtet und zugleich als verboten verkündet, damit sich die Menschen nicht daran vergreifen. Für bestimmte Stämme war das Schaf ein heiliges Tier. Es wurde völlig tabuisiert, damit man es separat heilighalten konnte. Das erinnert mich manchmal an das Pferd in Deutschland. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts benötigte man es als Kriegstier. Der Ritter ohne sein Pferd ist doch behindert. Als Speisetier war das Pferd in deutschen Landen absolut verpönt. Im Gegensatz zu Italien oder anderen Ländern. Ähnlich ist es mit der Abneigung gegen das Schaf. Daher wurden sie abseits in Goschen angesiedelt – bei aller Bevorzugung. Seine Familie wird abseits angesiedelt, aber Joseph lebt mit seiner Frau, der Tochter dieses ägyptischen Priesters, mitten unter den Ägyptern. Ist es nicht faszinierend, wenn man auf diese Zeit schaut, dass die jüdischchristliche Kultur im Grunde in Ägypten entstanden ist, denn bei Moses geht es dann noch weiter. Diese Kultur hat auch dort Wurzeln. Da bin ich Ihrer Meinung. Ich würde noch einenkleinen Schritt weiter gehen: Babylon und Ägypten – in diesem Spannungsfeld ist diese Kultur entstanden. Und dieses kleine Land, also das heilige Land, gibt das her. Es ist die Brücke zwischen diesen beiden Kulturräumen. All die vielen Kriege, die im Laufe der Jahrtausende stattfinden, von Osten nach Westen, von Westen nach Osten, von Damaskus in den Süden, die Hethiter in den Norden – alle hinterlassen ihre Spuren in diesem umstrittenen, kleinen heiligen Land. Natürlich kam es dabei zu Einflussnahmen. Mal hatten diese die Oberhand, mal jene. Die Ägypter und die Babylonier lagen dauernd im Streit, auch die Assyrer etwas weiter

0
tinimini  05.05.2013, 16:28
@tinimini

weg mischten mit. Dort liegen abendländische Wurzel und jüdische Wurzeln. Gar keine Frage. Das Moses-Kapitel schildert uns, dass Moses am ägyptischen Hofe erzogen wurde. Der Name Moses wird zwar hebräisch gedeutet, "Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen", aber eigentlich heißt er ägyptisch Tut-Moses. Josephbleibt nicht in Ägypten.ls Joseph im Sterben liegt, sind dieKinder Israels wunderbar in Goschen in Ägypten integriert und er sagt: "Es wird der Tag kommen, an dem ihr alle in unsere Heimat, das Land Kanaan, zurückgehen werdet. Bitte nehmt meine Mumie mit." Denn er wird natürlich einbalsamiert. Aber das macht mich sehr nachdenklich, denn im Laufe der vergangenen zwei Jahrtausende ist es immer wieder geschehen, dass sichJuden verdienstvoll und bis aufs Äußerste in ihren Gastvölkern eingesetzt haben, auf welchem Gebiet auch immer, sei es Wissenschaft oder Wirtschaft. Dann kam irgendein Nachfolger oder Quereinsteiger, der sie verdrängen wollte. Und auch das hat er verstanden. Sie nehmen ihn dann später beim Auszug mit. Moses nimmt ihn mit in das Gelobte Land. Damit ist Joseph wieder bei seiner Familie in seinem Land. Obwohl er sich um das Gastvolk verdient gemacht hat, so wie die Juden in Deutschland. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich darauf wieder zurückkomme. Das war ein Grober ausschnitt mit der Religionswissenschaftlerin Ruth Lapide im Gespräch mit Dr. Walter Flemmer

Ich habe das Wichtigste Rauskopiert.

0

Liebling Jakobs. Verwöhnter Junge mit buntem Rock, geplagt vom Neid der Brüder, einer von wenigen Semiten die zw. 1900-1600v.Chr. in ägypt. Haushalten dienten. (einige bekamen hohe Vertrauensstellung). Traumdeutungen führten zur "Entlassung" und Einsetzung ins hohe Amt, weil Gottgegebene Gabe. Er und sein Vater wurden nach ägypt. Brauch einbalsamiert (1. Mo 47,21) und in hölzerne Särge gelegt.

Kann man zwar geschichtl. nicht alles wirklich nachweisen aber lässt auf einen geliebt werden wollenden, aber von ebenfalls von ihm geliebten neidenden Brüdern eher verschlossener Charakter. Sein Verzeihen des "Verkaufes" durch seine Brüder lässt eher auf einen eigentlich gütigen Menschen schließen, der nicht grollt und in guter Absicht handelt.

Nimm eine Bibel zur Hand und lies die Josefsgeschichte (Kapitel 37+39-50 im 1. Buch der Bibel). Sie ist eine Erzählung, die problematische Familienbeziehungen und die Möglichkeit zur Aussöhnung beschreibt und unter dieser Fragestellung von jedem Leser leicht verstanden werden kann. Ein Hinweis zur Vorgeschichte: Der Vater hatte Kinder mit 4 Frauen, eine davon war seine Lieblingsfrau und ihre beiden Söhne folglich seine Lieblingskinder. Das kann ja nur schief gehen.

Übrigens: Historisch ist natürlich nichts nachzuweisen, denn es ist ja eine nur Geschichte, die aber wohl immer wieder passiert.