Ab wann ist die Situation mit einem sog. "Problempferd" aussichtslos? Wie lange kämpfen?

11 Antworten

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Mein erster Gedanke, als ich Deinen Text las, war: "unseriöser Händler mit miesen Methoden." Wie hier schon erwähnt, bedienen sich einige Händler echt mieser Methoden. Da werden tagelang Tränken abgestellt, ein Pferd auch mal eine ganze Nacht in die Führanlage gestellt oder auch mal 2 Stunden lang longiert oder eben unter Beruhigungsmittel gesetzt. 

Der ahnungslose und gutgläubige Kunde verliebt sich dann in das sanfteste und liebste Pferd, das er jemals erlebt hat und kauft voller Euphorie. Die ersten Rumpler werden dann mit Umgewöhnung, Eingewöhnung, Startschwierigkeiten und Fremdeln wegerklärt und schön geredet.

Aber nach und nach zeigt das Pferd dann seine Facetten.

Erfolgsstorys gibt es immer wieder und Reiter, die Unglaubliches mit wirklich krassen Problempferden geschafft haben, aber eine Garantie, dass Du das auch schaffen wirst, die kann Dir keiner geben - egal wie viel Liebe und Geduld Du da auch noch weiter investierst. 

Denn leider gibt es proportional deutlich mehr Reiter, die an schwierigen Pferden gescheitert sind und aufgegeben haben, weil sie mit allem am Ende waren - mit ihrer Geduld, mit ihren Kräften, mit ihrem Können und mit ihrer Gesundheit.

Solange Du aber noch einen Lichtstreif am Horizont siehst, Hoffnung hast und es noch zu verantworten ist, versuche es weiter. Gewisse Fortschritte habt Ihr bereits geschafft und die Option, dass Liebe, Konsequenz, Sachverstand, Haltung und Geduld zu einem guten Ziel führen, ist durchaus möglich.

Aus eigenem Erfahren weiß ich, dass ein Pferd großes Vertrauen fassen kann und zwar mitunter  nicht alle miesen Angewohnheiten ablegt, sich jedoch von einigen Bezugspersonen durchaus gut händeln lässt. 

Nur an der Stelle, an der Du mit Deinen Kräften am Ende bist, keine Hoffnung mehr hast und der Umgang mit dem Pferd zu gefährlich ist, sollte man realistisch und ehrlich sein und unter Umständen einen Endpunkt setzen. Es nützt nichts, wenn man sich selbst belügt und an etwas glauben will, für das es keine Garantie gibt.

Generell bewundere ich Dich für Deine Geduld und Deinen bisherigen Einsatz. Pass aber auf Dich auf und überlege, ob es nicht eine gute Option wäre, professionelle Unterstützung hinzuzuziehen. Jemand von außen beurteilt die Situation vielleicht weniger emotional als man selber, der man mit so viel Herzblut am Pferd hängt.

Sallyvita  17.06.2016, 08:45

Herzlichen Dank! Ich drücke Dir fest die Daumen, dass Du Dich für den für Dich richtigen Weg entscheidest.

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Was heißt aussichtslos. Gelernt ist gelernt, das trifft auf positives, wie auch auf negatives zu, auf Pferd, Hund, Katze oder Mensch.

Ihr Verhalten beinhaltet ja in gewisser Weise Problemlösestrategien, die bis dato immer funktioniert haben, die werden nie ganz gelöscht werden, nur vll. seit ihr irgendwann soweit, dass du sie gut genug kennst und fein genug reagieren kannst, dass sie diese Strategien nicht mehr anwenden muss.

Ich habe mal einen Isi zur Verfügung gestellt bekommen, mit rundherum vernarbten Fesselbeugen und - keine Ahnung wie der Kerl da ran gekommen ist. Wenn der Stress bekam, schoss er los - kopflos und haltlos. Hat man rechtzeitig versucht zu parieren, stand er senkrecht in der Luft. Der lief am Ende brav und artig und wirklich wirklich anständig über Jahre. Bis wir zum ersten Mal einer Wattkutsche begegnet sind, er war aufgeregt wegen dem Watt, plus weiteren Eindrücken und Wummps ins alte Muster zurück. Trotzdem ein tolles Pferdchen, nur würde ich den nie im Leben als zuverlässig beschreiben.

Das kann niemand wissen. Mir der Frage, wann das Pferd so wird, wie Du es Dir wünschst, setzt Du sie und dich unter Druck.

Entweder, du bist bereit, das Pferd auch so zu nehmen, wie es nun mal ist, ohne die Gewissheit , ob sich deine Mühe " lohnt", oder Du gibt's gleich wieder ab. Wirklich vertrauen wirst du so einem Pferd sehr lange nicht können - oder auch nie...?

Es ist halt auch die Frage, wie gefährlich das ganze  realistisch betrachtet für dich ( oder auch weitere Personnen?) ist, und ob du das Pferd so sehr ins Herz geschlossen hast, dass es Dir ein relativ hohes Risiko wert ist. Geduld jedenfalls brauchst du wohl unendlich, darauf mußt Du dich einstellen.

Und wer weiß, ob es nicht auch körperliche Ursachen hat. Hormone, oder etwas im Gehirn...? Wer kann das wissen?

Oh ich sage dir, du hast einen Glücksfall wenn man dies überhaupt so titulieren kann...

Mein Traum(a)hengst ist nun seit ca. 5 Jahren bei mir und es wird allem Anschein nach kein Verlasspferd mehr werden. Warum? Weil ich nicht weiß, was mit diesem Tier genau passiert ist. Möchte weder angeben noch große Sprüche reißen, aber dennoch erlaube ich mir zu sagen ich kann reiten und hab ein Händchen für Pferde. Jeder andere hätte diesen Hengst schon lang aufgegeben und kapituliert, bin auch schon hi und da an meine Grenzen gestoßen und dennoch: es muss weiter gehen. Heut würd ich das nicht mehr machen um ehrlich zu sein.

Das mit dem "Klick" kennen wir nur zu gut: Eben noch eine Übung gemacht, die schon 1000Mal erfolgreich und positiv beendet wurde und von jetzt auf gleich wird wegen Nonsens durchgegangen, gestiegen oder gebuckelt.

Das ist der Preis, den man bezahlt für ein Pferd dass man aus Sympathie kauft (Mitleid ist der mieseste Ratgeber überhaupt), damit muss man leben und mit umgehen können, ohne dass man irgend eine Art "des Dankes" in Form von zuverlässiger Reitbarkeit erhält. Erfolg und Dankbarkeit in dem Sinne erhält man in Form von: das Pferd hat dieses Mal gute Arbeit geleistet, man weiß nicht wie und ob das das nächste Mal funktioniert.

Ich würde dir gern eine andere Antwort geben, aber das ist ein schweres Unterfangen, dass du dir da eingehandelt hast und ein berechenbares Ende gibt es definitiv nicht mit Traumapferden....

Bruce15  11.06.2016, 20:43

Also Hallo erstmal, ich weiß ja nicht wie deine Stute vom Charakter her ist aber für mich hört sich das so an als ob bei euch die Rangordnung  nicht geklärt ist. Wenn das der Fall sein sollte solltest du es vielleicht mit Join up probieren. Wenn sie eher nicht so ist würde ich sie ganz klar koriegieren das heißt sie vielleicht einfach ein paar schritte rückwärtsrichten oder warten bis sie ausgesponnen hat also beispielsweise wenn sie beim Ausreiten zurück rennt, rennen lassen warten bis sie fertig gerannt ist und dann weiter reiten. 

Hoffen ich konnte dir helfen 

Viel Erfolg 

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beglo1705  11.06.2016, 20:50
@Bruce15

Äh, ich hab einen Hengst der hi und da Probleme macht, keine Stute (hab ich auch die ist aber lammfromm) und unsere Rangordnung ist geklärt. Ohne wenn und aber.

Von Join Up halte ich bei bereits domestizierten Pferden gar nix. Das verstört die Pferde mehr, als es nützt und man kann u.U. vieles an Vertrauen kaputt machen, was bei Problempferden sowieso wie ein rohes Ei behandelt werden muss.

Kann´s sein, dass du das versehentlich zu mir rein kommentiert hast?

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wenn du ihr - wie der händler - regelmässig beruhigungsmittel gibst oder sie dursten lässt... 

dein pferd hat seine ersten drei jahre vermutlich in freiheit verbracht. dann wird eingefangen, eingepfercht, die pferde kriegen sattel und zaumzeug drauf (die, die nicht spuren auch schon mal mit stacheldraht "unterlegt". dann wird sich draufgesetzt und das pferd solange geritten, bis es zusammenbricht. das macht man zwei- dreimal. dann ist es "eingeritten".

ich möchte dir die weitere geschichte ersparen.

einen freizeitpartner nach deinen wünschen machst du aus dem pferd nicht mehr. irgendwann wird immer der "ausraster" kommen.

sollte dem pferd jemals wer über den weg laufen, den es sofort akzeptiert - sieh zu, dass diese person das pferd kauft.

oder du machst eine lebensaufgabe draus. wenn du auf die dauer was erreichen willst bei dem pferd, darfst du NICHTS erwarten.

und im übrigen - es gibt keine problempferde. oder - maximal eins von 10.000 pferden ist ein problempferd - aber das ist dann bereits angeboren. und diese pferde werden meist nicht alt. die sterben aufgrund von weideunfällen und verletzungen.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Sachgerechter Umgang ist aktiver Tierschutz!
harmonia77 
Fragesteller
 01.06.2016, 20:31

Vielen Dank für deine Antwort. Leider kenne ich mich zu wenig mit den Umständen in Ungarn aus. Aber deine Geschichte... puuh. Das klingt echt hart. Der Stacheldraht würde allerdings z.b. die Narben im Gesicht erklären.... okai... Vielen Dank! Ich denke das wird meine Lebensaufgabe werden. Zum Händler geben oder Schlachter möchte ich Sie definitiv nicht! Lieber kämpfen wir :) Ja mit der "Definition" hast du rechg. Aber wie würdest du dieses Pferd anders & kurz beschreiben? ;)

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pony  01.06.2016, 21:17
@harmonia77

traumatisiert.

vermutlich eine zeitbombe.

unser pony hatte auch einen "spaten gefressen". heute weiss ich - das tier war definitiv lebensgefährlich. dadurch habe ich einiges gelernt, was ich sonst nicht gelernt hätte. egal welche situation - ich hab noch nie AUF einem pferd angst gehabt. ich hab noch nie VOR einem pferd angst gehabt - das heisst nicht, dass ich nicht sehr vorsichtig bin, wenn das verhalten oder wesen des pferdes es erfordert.

mein vater war der, bei dem es "klick" gemacht hat. der konnte ALLES mit dem machen - sogar ihn zum hufe auskratzen auf den rücken legen oder ihn an den vorderbeinen hochheben und mit ihm walzer tanzen. aber ich... nee... ich nicht.

aber ich hab ihn soweit gebracht, dass er mich fast akzeptiert hat, nachdem ich mich mit seinen macken einfach abgefunden habe. allerdings - er war tiptop angelernt worden und hat seine böse zeit erst danach erlebt. ich glaube, das macht einen unterschied.

guter erstkontakt ist unersetzbar.

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harmonia77 
Fragesteller
 02.06.2016, 12:44

okei... danke dir für deine Worte :)

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