Wieso sollte man eine Wohnung vermieten, wenn man das Geld einfach in ETF investieren könnte?
Ich frage deshalb, weil ich z.B. eine Eigentumswohnung habe, für die ich maximal 1000€ Kaltmiete verlangen kann. Also bekomme ich im Jahr dafür 12.000€
Wenn ich die Wohnung für 300.000€ verkaufe und in den ETF (z.B. MSCI oder FTSE) investiere, bekomme ich bei einer Durchschnittsrendite von 7% bereits im ersten Jahr 21.000€. Im zweiten Jahr schon 22.470€ und immer so weiter.
Also wesentlich mehr als beim Vermieten der Wohnung. Dazu entfällt auch der Aufwand des Vermietens, der Reparaturen, des Erreichbarseins für den Mieter, bzw. das Risiko von Rechtsstreitigkeiten bei ausbleibenden Mieten, Schimmel, Wohnungsschäden etc.
Ich weiß nicht, ob ich das alles etwas zu einfach denke, aber bei meinen genannten Punkten verdient man an der Wohnung wesentlich weniger, als beim Verkauf und Investition in den ETF, man hat weniger Aufwand und weniger Risiken.
Was sind eure Gedanken hierzu? Wie würdet ihr es machen und wieso vermieten so viele Leute immer noch?
Vielen Dank und viele Grüße
Dieter
13 Antworten
Mit ETFs und ein bisschen Einzelaktien kann man deutlich mehr als 10 % Jahresrendite erwirtschaften, und das bei einem geringen und eher theoretischen Risiko. Wenn man sich mit Leuten unterhält, die stattdessen vermieten, stößt man auf verschiedene Denkfehler:
- Sie verwechseln die Gesamtrendite von Wertpapieren mit der Dividendenrendite, obwohl diese nur einen winzigen Anteil ausmacht. Die Kursrendite verstehen sie nicht, weil diese ja gar nicht von selber aufs Konto fließt, und weil sie die Kursänderungen für ein völlig unberechenbares Auf und Ab halten.
- Sie haben Angst, dass man sein ganzes Anlagevermögen auf einen Schlag verlieren kann.
- Sie halten Wertpapieranlage für Glücksspiel.
- Sie verstehen nicht, dass auch eine Immobilie mit Risiken behaftet ist, die keine Versicherung abdeckt. Mit nur sehr geringer Wahrscheinlichkeit, aber die Wahrscheinlichkeit eines Totalverlusts ist bei Wertpapieren doch auch sehr gering, wenn man sich nicht total dumm und ignorant anstellt.
- Das Risiko, sich einen Mietnomaden einzufangen, unterschätzen sie. So jemanden mit Räumungsklage und Gerichtsvollzieher hinaus zu bekommen kostet die Nettoeinnahmen vieler Jahre.
Es kommen bei der Entscheidung für Vermietung und gegen Wertpapieranlage zwei Faktoren zusammen:
- Die Entscheidung erfolgt emotional aus dem Bauch.
- Wertpapieranlage erfordert viel Mathematik mit Excel, viel Recherche, Auswertung der Statistiken an der Frankfurter Börse, z.B. untaugliche Chart-Verläufe ausmisten und den Rest erstmal nach "performance 3 years" sortieren, und die Vermietungsfreunde hassen komplizierte Berechnungen mit Excel und haben auch keine mathematische Berufserfahrung mit stochastischen Schwingungen. Auch die wirtschaftlich-technische Allgemeinbildung, die man braucht um die Zukunftsfähigkeit bestimmter Branchen zu beurteilen, haben die Vermietungsfans eher nicht.
Aber wozu diskutieren? Es soll doch jeder mit seinem Geld machen was er will. Man sollte die Gegenseite nicht umerziehen, sondern gewähren lassen und sie tolerieren. Man muss doch nicht miteinander diskutieren bis man sich auf ein- und dieselbe Geldanlage geeinigt hat.
Halt, der FTSE ist ein geographischer ETF. Auch wenn er britische Aktien enthält, von geographischen ETFs rate ich ab, z.B. auch "Emerging Markets". Ich empfehle entweder ganz allgemeine (MSCI World) oder Branchen-ETFs.
Danke für den Hinweis.
Ich meinte den FTSE All-World.
Ich bin auch pro ETF im Vergleich zum Vermieten eingestellt. Ein bisschen auch, weil ich kein Handwerker bin. 😏 Aber auch sonst bin ich ganz Deiner Meinung und würde immer einen ETF vorziehen. Eine Immobilie ist jedenfalls bei Weitem nicht so risikofrei und sicher wie manche denken und tun.
Allerdings machst Du nen kleinen Rechenfehler. Beim ETF rechnest Du die Erträge für die Folgejahren mit rein ("Zinseszins"). Für nen fairen Vergleich müsstest Du dasselbe auch mit der Miete machen - zumindest rechnerisch.
Vielen Dank für deine Antwort.
Haha, ein Handwerker bin ich auch absolut nicht. Und auch nicht groß eingelesen in den Gesetzen bezüglich Vermietung etc.
Vielen dank auch für deinen Hinweis mit dem Zinseszins. Ja den rechne ich beim ETF mit rein, bei der Mieteinnahme hingegen würde es ja aber keinen Zinseszins geben, da die Miete ja gleichbleibend ist, oder?
Oder meinst du eine gelegentliche Mieterhöhung?
Ne, ich meinte das anders: Auch wenns größentechnisch schwierig ist, müsstest Du von den Mieteinnahmen jedes Jahr ein weiteres Zimmer (o.ä.) kaufen, das Du dann auch vermietest, wodurch Du höhere Mieteinnahmen generierst, um 1:1 zu vergleichen.
Ahhh ok, nun verstehe ich :D
Mit jedem Zimmer oder jeder weiteren Immobilie würde dann aber auch das Risiko für Mietnomaden, Reparaturen etc steigen und der Aufwände würde sich stetig erhöhen, richtig?
Aber guter Punkt, den habe ich außer Acht gelassen.
Absolut erhöht sich das Mietnomaden-Risiko. Relativ steigt es aber nicht.
Klar ist natürlich, dass es wahrscheinlicher ist, sich einen MN einzufangen, wenn man 100 Wohnungen vermietet als wenn man nur 1 Wohnung vermietet. Aber relativ gibt es keinen Unterschied.
Auch das stimmt und ist für das vollständige Bild die richtige Betrachtungsweise.
Du betrachtest das falsch. Wenn du 300.000 Euro hast dann ja macht das Investment in ETFs mehr Sinn. Aber die meisten Menschen haben eben keine 300.000 rumliegen und daher funktioniert der vergleich nicht.
Am Ende ist es aber eine Sache des Risikomanagements. Sagen wir du hast 300.000 Euro und kannst nun eine Wohnung kaufen oder in ETF investieren, dann sind ETF normalerweise besser wenn du es direkt vergleichst.
Aber aus deinen 300.000 Euro kannst du auch 11 Millionen Imobillieninvest machen weil du für Imobillien einen KRedit bekommst. Dieser Hebel macht Imobillien so lukrativ. Aber eben auch Riskanter als ein ETF
Dazu kommen noch ein paar andere Vorteile, bei Imobillien hat man mehr Handlungsspielraum was Steuererleichterungen angeht
Vielen Dank für deine ausführliche Einschätzung!
In meinem Fallbeispiel meinte ich es so, dass ich eine Wohnung im Wert von 300.000€ habe und diese verkaufen könnte, statt sie zu vermieten.
Ich würde aber nie alle Eier in einen Korb legen, auch wenn dies mitunter verlockend erscheint. Das wäre ein nicht unerhebliches Klumpenrisiko.
Wenn schon ein Verkauf der Wohnung in Erwägung gezogen wird dann teile das Geld in 3 oder 4 Teile auf und investiere in verschiedene Segmente.
z.B. ETF aber auch Edelmetalle ( hauptsächlich Gold ) und Bitcoin. Ein paar Netto Monatsgehälter evtl. in Tagesgeld und / oder Festgeld und du hast kein so gewaltiges Klumpenrisiko.
Vielen Dank für den Denkanstoß.
Ja, eine Streuung würde das Risiko vermutlich erheblich reduzieren!
Frag dich einfach mal, warum nicht alle Vermieter ihre Wohnungen und Häuser verkaufen und das Geld in ETFs anlegen. Und warum es riesige Konzerne gibt, die extrem viel Aufwand betreiben um Wohnungen zu kaufen und zu vermieten. Das machen die nicht weil sie dumm sind, oder nicht mehr Geld verdienen wollen. Im Gegenteil.
Danke für deine Antwort.
Genau diese Frage habe ich mir ja gestellt, und da ich nicht auf die Antwort kam, habe ich diese Frage hier gestellt.
Wenn du mir wiederum sagst, ich soll mir die Frage wieder stellen, bin ich an dem Punkt an dem ich zuerst war ;)
Kannst DU mir, eventuell auch in Anbetracht meiner vorgebrachten Punkte in der Eingangsfrage, erklären, WARUM diese von dir beschriebene Situation eben so ist?
Vielen Dank für deine sehr hilfreiche und ausführliche Antwort.
Tatsächlich habe ich meinen Beitrag nicht als Diskussion, sondern Frage eingestellt, wurde wohl aber von einem Admin umgelagert.
Aber auch das passt für mich.
Tatsächlich bin ich selbst jemand, der komplizierte Berechnungen etc hasst und sich nicht sehr gut auskennt, daher auch meine Unsicherheit mit dem Thema.
Ich würde gerne mit dem niedrigsten Aufwand den größtmöglichen Erfolg einfahren, und das mit möglichst wenig Risiko.
Bei einem ETF (MSCI oder FTSE) scheint sich für mich alles zu decken. Man muss nicht viel Ahnung damit haben und kann das Geld einfach drauf lassen ohne ein großes Risiko einzugehen und hat "langsamen" aber stetigen Wachstum.
Ich hätte gerne Argumente gegen ETF im Vergleich zur Vermietung gehört (insofern es welche gibt), aber bei den Antworten hier habe ich wirklich das Gefühl, wie du es auch sagst, dass die Leute aus dem Bauch raus reagieren. Ohne Argumente, dafür aber sich angegriffen fühlen, bei offenem hinterfragen.
Daher danke ich dir sehr für deine ehrliche Einschätzung und deine genannten Punkte!