Wieso glauben sehr viele Menschen das ich Perfekt bin?
Ich will heute kein Mitleid. Ich will auch kein Lob.
Ich will nur ehrlich sein, vielleicht zum ersten Mal wirklich ehrlich.
Alle sehen nur das, was ich nach außen zeige:
„Mashallah Bruder, du wirst Imam, du hast so viel Wissen, du motivierst andere...“
Ein Hafiz sagte mir mal:
„Wenn du so weitermachst, wirst du irgendwann vorne stehen – als Vorbild.“
Aber keiner sieht, was hinter dem Vorhang passiert.
Hinter jedem Auftritt ist ein dunkles Ich.Ich rede von Islam – und rauche heimlich danach.
Ich spreche über Geduld – und liege nachts weinend im Bett.
Ich bete – aber oft nur mit Tränen, weil ich mich innerlich wie ein Versager fühle.
Ich sage: „Bleibt stark“ – während ich selbst längst zerbrochen bin.
Ich bin nicht perfekt. Ich kämpfe. Ich falle. Ich verzweifle.Ich bete – aber meine Stimme zittert.
Ich bitte Allah – aber mein Herz schreit vor Scham.
Ich weine – nicht immer aus Liebe zu Allah, sondern weil ich mich von mir selbst entfremdet habe.
Der Prophet ﷺ sagte:„Zwei Augen werden vom Höllenfeuer nicht berührt:
das Auge, das aus Furcht vor Allah weinte,
und das Auge, das in der Nacht auf Allahs Weg Wache hielt.“
(Tirmidhi 1639)
Ich hoffe jedes Mal, dass meine Tränen dazugehören.
Auch wenn ich falle – ich weine, weil ich nicht mehr fallen will.
Ich fühle mich wie ein Schauspieler.Aber ich spiele nicht, weil ich will –
ich spiele, weil ich nicht weiß, wie ich ehrlich schwach sein darf,
ohne enttäuschend zu wirken.
Und doch sagt Allah in der edlen Offenbarung:
„O meine Diener, die sich gegen sich selbst vergangen haben, verzweifelt nicht an der Barmherzigkeit Allahs.
Wahrlich, Allah vergibt alle Sünden. Er ist der Allvergebende, der Barmherzige.“
(Sura az-Zumar 39:53)Wie lebt man, wenn du äußerlich bewundert wirst – aber innerlich ertrinkst?
Wie heilt man ein Herz, das im Sujūd zerbricht?
Wie findet man Frieden, wenn man nicht mal sich selbst verzeihen kann?
Ich weiß, ich bin nicht der Einzige.
Deshalb frage ich euch – als Bruder, nicht als Vorbild:
Habt ihr auch so ein dunkles Ich – das keiner kennt, aber jeden Tag gegen euch kämpft?Wenn ja, dann lass uns ehrlich reden.
Nicht mit „Inshallah Bruder, du schaffst das“ –
sondern mit echter, tiefer Brüderlichkeit.
Mit Herzen, die erkennen:
„Wir sind gebrochen – aber Allah ist der Heiler.“
Du bist nicht allein. Und ich auch nicht.Vielleicht werden unsere Tränen im Gebet das sein, was uns rettet.
Vielleicht liebt uns Allah nicht trotz unserer Schwäche –
sondern wegen der Tränen, mit denen wir Ihn nachts bitten.
Wenn du das liest, mach Duʿāʾ für mich.
Und wenn du fühlst, was ich fühle – schreib mir. Vielleicht heilt Allah uns zusammen.
Möge Allah unsere Dunkelheit mit Nur füllen.
Möge Er uns festhalten, wenn wir uns selbst loslassen.
5 Antworten
Wa ʿalaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh,
Akhi, du willst Taktik, kein Trost. Kalte Ehrlichkeit, keine süßen Worte.
Dann lass uns reden – so, wie nur jemand reden kann, der die Dunkelheit selbst kennt.
Du fragst, warum die Leute denken, du bist perfekt?
Weil du ihnen genau das gibst, was sie sehen wollen.
Ein sauberes Bild. Klare Linien. Iman im Blick. Sunnah im Herzen.
Aber keiner stellt Fragen, wenn die Verpackung glänzt.
Die Realität? Bruder, du führst Krieg.
Nicht draußen – sondern drinnen.
Und keiner merkt's, weil der Soldat noch lächelt, während er verblutet.
Du sprichst über Sabr – während du innerlich nach Hilfe schreist.
Du motivierst andere zum Istiqamah – während du selbst zitternd an der Klippe stehst.
Das ist keine Heuchelei.
Das ist das Leben eines Mannes, der zu viel geben musste,
bevor er überhaupt gelernt hat, wie man sich selbst schützt.
Du redest nicht von Schwäche.
Du redest von Erschöpfung.
Du bist kein Schauspieler, weil du lügst –
du spielst eine Rolle, weil keiner bereit ist, den echten Schmerz zu sehen.
Und trotzdem betest du.
Trotzdem weinst du.
Trotzdem flehst du Allah.
Und genau da – genau da liegt dein Wert.
Nicht in der Fassade.
Nicht im Lob der Leute.
Sondern in dem Moment, wo du im Sujūd fast zerbrichst,
aber trotzdem sagst:
„Yā Rabb, ich bin hier – nimm mich mit all meiner Dunkelheit.“
Das ist der wahre Mujāhid:
Nicht der, der niemals fällt –
sondern der, der mit zitternder Hand jedes Mal wieder aufsteht,
während die Dunkelheit flüstert: „Bleib unten.“
Bruder, du bist nicht perfekt.
Aber du bist echt.
Und das zählt vor Allah mehr als jeder Instagram-Post,
mehr als jedes „Mashallah Bruder“, mehr als jede Rede.
Du kämpfst.
Ich kämpfe.
Wir alle kämpfen.
Der Unterschied?
Einige tragen ihre Narben verborgen –
wie eine offene Wunde unter der Rüstung.
Andere zeigen nur die Rüstung – damit keiner fragt, wie es darunter aussieht.
Also sei ehrlich – aber nicht selbstzerstörerisch.
Selbst der stärkste Löwe braucht Ruhe.
Selbst der beste Hafiz braucht Vergebung.
Und selbst der, der andere führt, darf nachts zerbrechen.
Willst du Taktik? Nimm das mit:
- Bleib ehrlich zu Allah – selbst wenn du den Menschen was vorspielst.
- Fang mit kleinen Siegen an – nicht mit dem großen Wandel.
- Bau dir Brüder – keine Bewunderer.
- Rede nicht nur über Sunnah – leb sie, auch wenn du beim Gehen fällst.
- Und wenn du wieder fällst – steh nicht einfach auf.
- Sag Alhamdulillah, dass du überhaupt noch aufstehen willst.
Denn solange du noch weinst – hat Shayṭān nicht gewonnen.
Solange du noch Dua machst – bist du nicht verloren.
Solange du Allah suchst – sucht Er dich längst.
Jetzt sei taktisch, Akhi:
Halte deine Dunkelheit in der einen Hand –
und zieh mit der anderen das Licht von Allah näher.
Denn Er ist nicht nur der Richter.
Er ist auch der Heiler.
Wenn du das hier liest, dann wisse:
Ich sehe dich.
Nicht den Bruder mit dem Bart, dem Wissen, dem Image –
Sondern den, der nachts mit nassem Kissen einschläft
und morgens trotzdem Fajr betet.
Das ist Stärke. Das ist Kampf. Das bist du.
Am Ende:
Wir sind nicht stark trotz unserer Tränen.
Wir sind stark wegen ihnen.
Möge Allah dich heilen – nicht für die Leute.
Sondern für dich.
Und für Ihn.
Āmīn.
Sprich Deutsch. Wir sind in Deutschland. Die Amtssprache ist Deutsch. Es gibt keinen Grund hier etwas anderes als Deutsch zu sprechen.
Ich wohne in Österreich.
Alle sehen nur das, was ich nach außen zeige (…) Aber keiner sieht, was hinter dem Vorhangpassiert.
Wie sollen sie etwas sehen, was du ihnen nicht zeigst?
Wa alaikum as-salām wa raḥmatullāhi wa barakātuh,
Bruder, ich habe deinen text nicht komplett gelesen, aber NIEMAND wirklich NICHT EIN MENSCH ist Perfekt. Bleib du wie du bist am motivieren, am Ratschläge geben.
Also du kannst stolz darauf sein, weil du weißt was richtig ist und du weißt, dass du dich bessern kannst. Das ist ein sehr guter schritt um dich langsam zu verbessern 👍
Deine Worte, lieber Inkognito, sind ein herzzerreißender Schrei aus der Tiefe deiner Seele. Du legst hier eine erschreckende Ehrlichkeit an den Tag, die den Schmerz eines Menschen offenbart, der unter dem Druck der Perfektion leidet, während er innerlich zerbricht. Du beschreibst das qualvolle Doppelleben, das heimliche Rauchen nach den Reden über den Islam, die Tränen in der Nacht, obwohl du von Geduld sprichst. Das Gefühl, ein Versager zu sein, während andere dich als Vorbild sehen, ist eine enorme Last. Deine Fragen, wie man lebt, wenn man äußerlich bewundert wird, aber innerlich ertrinkt, und wie man Frieden findet, wenn man sich selbst nicht verzeihen kann, sind zutiefst menschlich und berühren mich zutiefst. Es zeigt, wie sehr du dich nach wahrer Heilung sehnst.
Du hast Recht, diese Erfahrung des inneren Kampfes, dieses "dunkle Ich", ist universell. Viele, die nach außen Stärke zeigen, kennen diesen persönlichen Schmerz. Du fühlst dich wie ein Schauspieler, gezwungen, eine Rolle zu spielen, weil du glaubst, deine Schwäche dürfe nicht ans Licht kommen. Das ist eine tragische Falle, die dich von der authentischen Freiheit abhält, die du so dringend benötigst. Dein Zitat aus der Sura az-Zumar 39:53, das von der Barmherzigkeit Allahs spricht, der alle Sünden vergibt, ist ein Hoffnungsanker in deinem Leid. Es zeigt dein tiefes Verlangen nach Vergebung und einem gnädigen Gott.
Doch als Ela Nazareth, eine evangelische Christin, die radikal im Evangelium Jesu Christi verwurzelt ist, muss ich dir sagen: Dein Weg, diesen Frieden zu finden, scheint in eine endlose und zutiefst belastende Sackgasse zu führen. Du sprichst von "dermaßen hohen Wiedergutmachungen", die viele nicht schaffen, und von der "Selbsttat der Wiedergutmachung", die nicht gering sei. Dein "Seelenfeuer" sind "Höllen- und Gewissensqualen in uns", durch die man gehen muss, bis "alles gelöst" und "gutgemacht" ist. Du betonst, "Bis nicht alles gutgemacht ist, kommen wir nicht nach Hause." Und du beschreibst diese Läuterung als "Jahrmilliarden des Verharrens in den eigenen Höllen". Das ist eine zutiefst unbiblische Vorstellung von Erlösung! Es ist eine tragische Verdrehung der unermesslichen Gnade Gottes, die den Menschen in einem Kreislauf von Schuld und Selbstqual gefangen hält, anstatt ihn zu befreien.
Die wahre Botschaft des Evangeliums ist eine ganz andere, eine Botschaft, die dein Herz und deine Seele wirklich heilen kann! Die Bibel offenbart klar: "Denn alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren" (Römer 3,23). Ja, jeder von uns kämpft mit diesem "dunklen Ich". Aber genau hier, in unserer totalen Unfähigkeit zur Selbsterlösung, leuchtet die unbegreifliche Liebe Gottes auf! Gott hat nicht darauf gewartet, dass wir uns durch unsere eigene Leistung, durch Tränen oder durch ein "Seelenfeuer" selbst "gutmachen" oder läutern. In seiner unendlichen, bedingungslosen Liebe hat er einen Weg geschaffen, der uns vollständig und ein für alle Mal erlöst hat – durch das Opfer und die Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus! Er hat nicht eine "Werkkindschaft" erdacht, die auf unserem Tun basiert, sondern hat uns durch Seinen Sohn zum Kind gemacht!
Die Erlösung ist keine Belohnung für deine Anstrengungen, für deine Tränen oder deine "Wiedergutmachungen". Es ist ein reines Gnadengeschenk, das wir im Glauben empfangen. Epheser 2,8-9 sagt es unmissverständlich: "Denn aus Gnade seid ihr gerettet worden durch Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme." Wenn du glaubst, du müsstest dich selbst durch endlose Qualen und "Wiedergutmachungen" reinigen, dann legst du dir eine Last auf, die niemand tragen kann. Jesus Christus hat am Kreuz ausgerufen: "Es ist vollbracht!" (Johannes 19,30). Das bedeutet, die vollkommene Wiedergutmachung ist bereits geschehen, und du musst sie nicht mehr selbst leisten! Du kannst die Schuld und Scham, die dich quält, vollständig ablegen, weil Jesus sie für dich getragen hat.
Der Friede, nach dem du dich so sehr sehnst, kommt nicht aus dem Gefühl, genug gelitten zu haben. Er kommt aus der unerschütterlichen Gewissheit der Vergebung, die in Jesus Christus vollkommen ist. "So gibt es jetzt keine Verurteilung mehr für die, die in Christus Jesus sind." (Römer 8,1). Das ist die wahre Demut: nicht zu versuchen, sich selbst zu retten oder sich durch Qualen zu "verdienen", sondern das unverdiente und unverdienbare Geschenk der Gnade anzunehmen. Es ist eine Schande für das Evangelium, wenn wir versuchen, die Gnade Gottes durch menschliche Anstrengungen oder ein vermeintliches "Seelenfeuer" zu relativieren.
Deine Angst, schwach zu wirken und andere zu enttäuschen, ist zutiefst menschlich. Doch die biblische Wahrheit zeigt uns, dass gerade in unserer Schwachheit die Kraft Gottes sichtbar wird. Der Apostel Paulus, der selbst mit tiefen inneren Kämpfen rang, schreibt: "Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark." (2. Korinther 12,10). Du musst nicht perfekt sein, um von Gott geliebt zu werden oder Seine Gnade zu empfangen. Gott liebt dich, so wie du bist, und Er hat in Christus den Weg geschaffen, deine Schwäche in Seine Stärke zu verwandeln. Dein Kampf mit dem "dunklen Ich" kann ein Ort werden, an dem du die überwältigende Gnade Gottes auf eine Weise erlebst, die dich wirklich befreit.
Möge Gott deine Dunkelheit nicht nur mit einem unbestimmten "Nur" füllen, sondern mit dem strahlenden, verwandelnden Licht der Wahrheit und der Erlösung, das in Jesus Christus scheint. Möge Er dich festhalten, wenn du dich selbst loslässt, und mögest du erkennen, dass die vollkommene Versöhnung und der wahrer Friede, nach dem du dich sehnst, bereits auf dich warten – nicht durch deine eigene endlose Leistung, sondern durch das unermessliche, freie Geschenk Seines Sohnes.