Warum spricht man so oft von "Faschos". Was wollen denn diese genau und ab wann ist man ein Faschist?
Das Wort wird gerade sehr oft benutzt. Doch was ist denn für die Leute ein Fascho? Ein Nazi oder etwas anderes?
11 Antworten
ab wann ist man ein Faschist?
Man ist dann ein Faschist, wenn man der Ideologie des Faschismus mehr oder weniger anhängt.
Es gibt zwar nirgendwo eine eindeutige und im Detail klare Defintion des Faschismus. Als wesentliche Merkmale des Faschismus können gelten:
1. starker und anhaltender Nationalismus
2. Geringschätzung der Menschenrechte
3. Identifizierung von Feinden/Sündenböcken als vereinigende Sache
4. Vorrang des Militärs
5. wachsender Sexismus
6. kontrollierte Massenmedien
7. Besessenheit von der nationalen Sicherheit
8. Religion und Regierung sind miteinander verflochten
9. unternehmerische Macht wird geschützt
10. gewerkschaftliche Macht wird unterdrückt
11. Geringschätzung Intellektueller und der Künste
12. Besessenheit von Verbrechen und Bestrafung
13. wachsende Seilschaften und Korruption
14. betrügerische oder gar keine Wahlen
15. Behauptung, die Nation werde von Minderheiten, Liberalen, Feministinnen, Einwanderern und Homosexuellen erniedrigt und in ihrer Männlichkeit bedroht und müsse ihren früheren Ruhm (und oft auch ihr früheres Territorium) mit Gewalt zurückgewinnen. Dazu braucht man einen Führer, der die Nation wiederherstellen kann. Seine Aufgabe sei es, Dekadenz, nationale Schwäche und moralische Unreinheit zu bekämpfen.
Die Liste, die du präsentierst, ist kein objektives Raster, sondern ein ideologisch aufgeladener Katalog, der alles, was außerhalb eines bestimmten linken oder liberalen Meinungsspektrums liegt, als potenziell faschistisch diffamiert. Sie dient nicht der analytischen Einordnung, sondern der moralischen Stigmatisierung – ein beliebtes Instrument, um konservative, nationale oder kulturbezogene Positionen in eine Nähe zu rücken, die sie historisch und inhaltlich gar nicht verdienen. Wenn Begriffe wie „starker Nationalismus“, „Sorge um Sicherheit“, „Verwurzelung in Tradition“, „Religion und Staat“ oder „kritische Haltung gegenüber Einwanderung“ bereits als Kennzeichen des Faschismus gelten sollen, dann ist das keine Definition mehr, sondern eine politische Keule. In Ländern wie Japan, Polen, Ungarn oder Israel sind solche Haltungen Alltag – dort gibt es funktionierende Demokratien mit klarer kultureller Selbstbehauptung, ohne dass daraus automatisch autoritäre Regime entstehen.
Was du betreibst, ist keine begriffliche Klärung, sondern eine ideologische Gleichsetzung: Alles, was sich nicht dem Programm der Auflösung von Identität, Grenzen, Ordnung und Tradition unterwirft, wird moralisch abgewertet. Dabei ist Faschismus ein klar historisch definierter Machtapparat gewesen – zentralistisch, autoritär, mit Führerkult, mit Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Bereiche. Es hatte mit kultureller Selbstachtung oder sicherheitspolitischem Realismus nichts zu tun. Wenn jede Form der konservativen Politik, jeder Wunsch nach kultureller Homogenität oder nationaler Selbstbestimmung mit totalitärer Ideologie gleichgesetzt wird, dann ist das keine Aufklärung, sondern eine ideologische Instrumentalisierung des Faschismusbegriffs.
Der eigentliche Faschismus beginnt nicht da, wo Menschen ihr Erbe schützen, ihre Geschichte achten, ihre Grenzen bewahren oder gesellschaftliche Autorität nicht pauschal verteufeln – er beginnt dort, wo nur noch eine Wahrheit gelten darf, wo politische Gegner systematisch als Feinde behandelt und mit moralischer Überlegenheit aus dem Diskurs ausgeschlossen werden. Und genau das zeigt sich in deiner Liste. Sie ist Ausdruck eines Weltbildes, das keine Abweichung duldet und sich selbst zur alleinigen Instanz von Legitimität erklärt. Das aber ist kein Schutz vor Faschismus – das ist bereits ein Schritt in seinen Schatten. Wer alles als gefährlich erklärt, was nicht im eigenen Lager steht, hat mit Demokratie und Pluralismus nichts zu tun. Ich brauche keine Führer, keine Gleichschaltung, keine Gewalt. Aber ich brauche ein Volk, das weiß, wer es ist. Das ist keine Gefahr – das ist die Grundbedingung für Freiheit und Zukunft.
Wenn man es ganz genau nimmt, dann ist ein Faschist ein Mitglied der faschistischen Partei PNF (Partito Nazionale Fascista) Italiens mit einem klar definiertem Parteiprogramm, das auf den Ideen des Futurismus beruht und von Benito Mussolini, dem "Duce" (Führer) des Faschismus, präzisiert wurde: Führerprinzip und Staatsallmacht, Verherrlichung von Gewalt und Krieg,, Frauenfeindlichkeit und Technikgläubigkeit sind dort genau beschrieben. Es gibt heute in Italien eine politische Bewegung (Casa Pound), deren Mitglieder sich selbst als "Faschisten des dritten Jahrtausends" bezeichnen. Die Parteien der derzeitigen extremen Rechtskoalition in Italien bezeichnen sich selbst zwar nicht als faschistisch, haben aber enge Beziehungen zu Casa Pound, deren Mitglieder, erklärte Faschisten, auf den Listen der drei Regierungsparteien kandidieren dürfen. Die drei Regierungsparteien gelten daher als "postfaschistisch". Sie verwenden faschistische Symbole (Melonis "Fratelli d'Italia hat den Sarg Mussolinis mit der darüber brennenden Flamme in den Farben Italiens im Parteiemblem). Gedenkveranstaltungen im Mausoleum für Mussolini in Predappio werden geduldet, der faschistische Gruß (von Nazi-Deutschland als Hitler-Gruß kopiert und heute in Deutschland verboten) ist in Italien erlaubt, faschistische Denkmäler werden mit großem Aufwand restauriert. Das inspiriert natürlich Extremisten in anderen Ländern, die sich aus dem Katalog des faschistischen Parteiprogrammes das herausholen,, was gerade in ihre Vorstellung passt. Allen gemeinsam ist die Gewaltbereitschaft und die Verachtung der Demokratie.
"Faschos" ist im Begriff, die Nazikeule abzulösen. Bald ist man wohl nicht mehr Nazi - korrekt wäre Neonazi, das aber nur am Rande -, wenn man (sehr) von den etablierten Meinungen abweicht, sondern Fascho.
(Ich grenze dieses Wort besser frühzeitig vom Faschisten ab, da es in der Funktion und der Verwendung wohl Unterschiede gibt.)
Faschos haben wir in den 90ern auch schon verwendet für Nazis od. Faschisten.
Faschismus ist eine rechts gerichtete, autoritäre Regierungsform, die auf dem Fügrerprinzip aufgebaut ist