Lernen: Ist eine Ablenkung (z.B. durch Handynutzung) wirklich so sinnlos?
Hallo liebe Wissenden,
ich komme mit einer eher ungewöhnlichen Frage: Auf manchen Webseiten zum Thema "Lernen" findet man den Tipp, dass man zum Beispiel das Handy weglegen soll, um sich mittels draufschauen nicht abzulenken. Dass Ganze wird damit begründet, dass unser Gehirn dann wieder eine Zeit braucht, um sich wieder ganz aufs Lernen zu konzentrieren.
Soweit nachvollziehbar.
Auf der anderen Seite aber fand ich einen (pseudo)(wissenschaftlichen) Tipp, dass man beim Lernen/Wiederholen mit der Lernkartei ganz bewusst bei einem Thema (sagen wir spaßeshalber einmal Geschichte) ab und an eine themenfremde Frage mit einschmuggeln soll (nach Möglichkeit ab Fach 3). Begründung ist, dass unser Gehirn bei den Wiederholungen erkennt, dass wir dass wir Frage und Antwort ja schon durchgekaut haben, es deshalb in einen "Energiesparmodus" schaltet und wir als Lernender dadurch eher passiv statt aktiv abfragen.
Was auch zu stimmen scheint, wenn man das "Experiment" betrachtet, in dem sich Menschen in eine enge Türöffnung stellt und die Arme gegen die Türzargen presst. Wenn man das an die zwei Minuten macht und dann raustritt, gehen die Arme nach oben, weil unser Gehirn während dieses Pressens davon ausgeht, dass dies die Tätigkeit ist, die wir dauerhaft ausführen, und es geht eben in diesen Energiesparmodus. Bis es geschnuckelt hat, dass wir inzwischen einer vollkommen andere Tätigkeit nachgegangen sind (das Verlassen der Türöffnung) braucht es ein wenig, um wieder "hochzufahren" und sich der "neuen" Aufgabe zu widmen.
Von der Seite macht eine themenfremde Frage in der Lernkartei Sinn, da es ja unser Hirn plötzlich "aufgeschreckt" wird und sich auf eine neue Situation einstellen muss. Es wird also wieder wach, wir wiederholen in dem Sinne wieder aktiv statt "halbherzig".
Nur frage ich mich gerade, warum eine Ablenkung zum Beispiel durchs Handy dann als "Bloß nicht" angesehen wird. Dieses ist doch auch themenfremd und müsste dafür sorgen, dass unser Gehirn aus dem "Trägheitsmodus" aufgeschreckt wird.
Kann mir da einer Genaueres zu sagen?
Für die Antworten bedanke ich mich im Voraus.
GLG
Tichuspieler
5 Antworten
Der entscheidende Unterschied liegt meiner Meinung nach in der Art der Ablenkung. Gezielt eingestreute themenfremde Lernfragen aktivieren das Gehirn kurzzeitig, ohne den Lernfokus wesentlich zu beeinträchtigen. Ganz anders wirken Handy-Ablenkungen: Sie unterbrechen den Lernfluss komplett. Wissenschaftliche Studien zur Aufmerksamkeitssteuerung zeigen, dass digitale Ablenkungen unsere kognitiven Ressourcen stark beanspruchen und einen vollständigen Kontextwechsel erzwingen. Während das Gehirn bei einer themenfremden Lernfrage nur leicht stimuliert wird, muss es bei der Handynutzung zwischen grundverschiedenen Denkmodi wechseln, d.h. vom konzentrierten Lernen zur Unterhaltung. Dieser Wechsel benötigt nachweislich mehr Zeit und führt zu schlechteren Lernerfolgen. Die gezielte Fremdfrage wirkt dagegen wie ein kontrollierter Aktivierungsimpuls, ähnlich dem bewährten Interleaved-Learning-Prinzip aus der Lernpsychologie. Der wesentliche Unterschied besteht also darin, dass themenfremde Lernfragen den Fokus nicht zerstören, sondern ihn sogar stärken können, während digitale Ablenkungen den Lernprozess tatsächlich unterbrechen und die Konzentration nachhaltig stören.
Hallo Merlin128,
vielen lieben Dank für Deine Antwort. Du bringst gute, nachvollziehbare Fakten, die meine Frage sehr gut beantworten. Danke Dir dafür :-).
Ich selber bin jetzt ein wenig Handynutzer (wenn ich es im Jahr mal 12 - 15 mal anschalte (meistens, um eine mTan zu holen für Onlineüberweisungen oder wenn ich wirklich mal einen Anruf tätigen muss)), von daher wusste ich nicht, dass vom Lernen zum aufs Handy schauen einen Denkmodiwechsel erfordert. Aber ja, es macht Sinn.
Ich bin kein Profi! Aber ich denke, dass kaum jemand dann wieder sein Handy loslässt 😉 Das ist das Fatale daran.
Ja - kurz ein anderes Thema zu haben, finde auch ich in der Tat sinnvoll. Das kann aber daraus bestehen, dass Du in die Küche gehst, um Dir ein Glass Lecker einzuschenken und dies dann zu trinken. Danach gehst Du wieder in Dein Zimmer und lernst weiter. Das reicht völlig aus. Und das ist sogar gesund. Und da wirst Du auch nicht Stunden in der Küche stehen wollen. Das ist also sinnvoller.
Auf jeden Fall. Und das ist ja die gewünschte Vorgehensweise: Du bist kurz raus aus dem Thema.
Nach einer Stunde Konzentration braucht das Gehirn in der Tat eine kleine Pause. Sich auf das Handy zu konzentrieren ist aber auch wieder Konzentration. Besser ist, sich mal ans offene Fenster zu stellen und tief durch zu atmen, ein kurzer Spaziergang, mal ein Musikstück hören und sich danach bewegen (Bewegung ist auch eine wirksame Ablenkung). Es reichen wirklich 5 Minuten, dann kann man effektiv weiterlernen.
Hallo musso,
danke Dir auch für Deine Antwort..
Du gibt sehr gute Ratschläge. Das mit dem offenen Fenster hatte ich gar nicht auf dem Schirm, klingt aber definitiv gut :-)
Danke Dir dafür.
Um effektiv zu lernen sollte man die Pomodoro Technik benutzen: 25 Minuten lang fokussiert lernen, danach 5 min Pause. Nach 4 Durchgängen (2 h) dann eine 30 minütige Pause.
Wichtig ist, dass du in den Pausen entspannst. Also kommt es drauf an was du am Handy machst. Musik hören, eine Nachricht schreiben mit einem Verwandten telefonieren ist ok. Zocken, doomscrolling - nicht.
Aktive Entspannung ist besser. Bewegung, trinken, lüften
Hallo Newshu,
danke Dir recht herzlich für Deine Antwort, bin aber ehrlich gesagt ein strikter Gegner der Pomodoro Technik. Ich halte sie her für kontraproduktiv: Ist man im Flow und wird nach den von Dir postulierten 25 Minuten abrupt unterbrochen, finde ich das als ein Wegreißen des Flows. Warum etwas abrupt beenden, wenn es gerade so gut läuft?
Aber das ist nur meine unbescheidene Meinung. Vom wissenschaftlichen Standpunkt habe ich mich mit der Pomodoro Technik nicht beschäftigt.
du kannst natürlich auch variieren. Wichtig ist aber wenn du merkst, dass du eine Pause brauchst, die auch zu nehmen. ich arbeite auch lieber durch
Da bin ich ganz bei Dir. Ich sehe es auch als fatal an, wenn ich mich zwingen würde, keine Pause zu machen.
Pausen sind wichtig!
Also Handyablenkung ist nicht immer schlecht,ich kann zb schlecht schlafen,ob mit oder ohne Handy und nutze es auch nachts,probiere doch einfach mal aus,ob du dir die Dinge dann besser merken kannst oder eher weniger gut
Hallo AriZona04,
danke auch Dir für Deine Antwort.
Ja, das stimmt: Ich würde nicht stundenlang in meiner Küche stehen wollen. Ich glaube aber dennoch, dass auch die Bewegung (Aufstehen, Gehen, Glas nehmen, Flasche (oder dergl. öffnen), einschenken, wieder zurückgehen, setzen) auch das Gehirn aus der Trägheit reissen dürfte..