Eine ernst gemeinte Frage: Wie kompetent ist ...?
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Als wie kompetent sollte man den Inhaber eines Lehrstuhls für Erkenntnistheorie einordnen, wenn er uns lang und breit zu erklären versucht (und sogar noch Popper als Aussage unterstellt):
„Hypothesen können nicht verifiziert werden.“
Tatsächlich richtig ist doch offenbar nur:
„Es gibt Hypothesen, die nicht verifizierbar sind.“
6 Antworten
„Hypothesen können nicht verifiziert werden.“
Tatsächlich richtig ist doch offenbar nur:
„Es gibt Hypothesen, die nicht verifizierbar sind.“
Lass mal sehen:
Wenn eine Hypothese verifiziert werden kann, ist es (danach) keine Hypothese mehr.
Entweder stellt sie sich als korrekt oder als falsch heraus - aber in beiden Fälle wäre es keine Hypothese mehr.
(Wobei "falsch" natürlich eine Hypothese in ihrer Gesamtheit bezeichnet. Ob sie komplett falsch oder im Detail falsch ist ist noch mal ein anderer Aspekt.)
Eine Hypothese, die nicht verifiziert werden kann, muss logischerweise ein Hypothese bleiben.
Die erste Aussage suggeriert, dass Hypothesen generell nicht verifiziert werden können - was ja in der Gesamtheit falsch ist.
Daher ist die zweite Aussage korrekt.
Wenn jemand mit Lehrstuhl eine solche prinzipiell einfache Differenzierung nicht auf die Reihe bekommt.... Naja, mitunter wundert mich da die fehlende "Qualität des Materials", dass die Uni verlässt nicht mehr wirklich. 😉
Was Du damit meinst, sollte besser so formuliert werden:
Nope! So ganz und gar nicht, denn:
Wahrheitswert
...ist ein hoch weltanschaulicher Begriff bei nicht messbaren oder belegbaren Themen. Es ist eine Hintertür für diejenigen, für die eine Hypothese unbedingt stimmen muss.
Mathematiker
Mathematik ist hoch philosophisch. Das meine ich keinesfalls kritisch - ganz im Gegenteil.
Hypothesen werden so gewählt, dass ein Widerlegen gesucht werden kann...
= ein Fall der die Hypothese bestätigt, sagt ja nix aus, ob das vllt. auch einfach nur Zufall war...
= ein Fall der die Hypothese widerlegt, zeigt, dass die Hypothese (so zumindest) nicht passt...
...so geht wissenschaftliches Arbeiten...
Hypothesen werden so gewählt, dass ein Widerlegen gesucht werden kann...
...was leider meiner Beobachtung nach in Diskussionen häufig in Richtung Beweislastumkehr Marke "Es stimmt, wenn Du nicht das Gegenteil belegen kannst" läuft. Leider.
Korrektes "Widerlegen suchen" - was Du hier meinen dürftest - geht selbstverständlich anders.
Genauer (und darauf hat Popper hingewiesen): Wertvolle Hypothesen sind nur solche, die widerlegbar wären für den Fall, dass sie falsch sein sollten.
Wertvolle Hypothesen sind nur solche, die widerlegbar wären für den Fall, dass sie falsch sein sollten.
Das ist richtig. Aber durch eine experimentelle Bestätigung wird die Hypothese nicht bewiesen. Sie könnte ja auch rein zufällig eine richtige Vorhersage gemacht haben.
„Hypothesen können nicht verifiziert werden.“
Das ist allerdings im Wissenschaftlichen Kontext richtig. EIne Hypothese erstellt ein Modell, dass Phänomene beschreibt und vorhersagt.
Ein Beispiel: Massen Krümmen die Raumzeit, was zu Effekten wie der Gravitation, Zeitdilatation etc. führen. Dies ist ein Modell basieren auf der Hypothese, die korrekte Vorhersagen macht und somit als fundierte Theorie erklärt wird.
Tatsächlich ist das aber nur ein abstraktes Konstrukt, das die Welt beschreibt und nicht "echt" sein muss. Ob es jetzt soetwas in der Natur tatsächlich gibt ist fraglich und Teil der Philosophie.
Anderes Beispiel: Impuls wird als Vektor beschrieben. Aber ein Vektor ist nciht Realität, es ist bloß eine Abstraktion. Somit ist es nur eine Beschreibung, um etwas zu berechnen und nicht die Realität.
Modelle sind in den Naturwissenschaften so lange gültg, solang es bessere Vorhersagen macht als andere. zB Newtons Vorstellung von Gravitation wurde erweitert durch die Relativitätstheorie.
Um wirklich verifizieren zu können, dass eine Hypothese stimmt, müsste man alle scenarien durchspielen, was aber nicht möglich ist. Das funktioniert nur in der Mathematik.
Steven Hawing (Astrophysiker) hat treffender formuliert, was Dir hier auffällt. Er schrieb:
Wir haben kein modellunabhängiges Verständnis von Wirklichkeit.
Was damit gemeint ist, wird klar, vor einer Tatsache, auf die Niels Bohr (Begründer der Quantenphysik) seine Studenten immer wieder hinwies: Was die Physik beschreiben kann, ist (so Bohr) keineswegs die Wirklichkeit, sondern stets nur ein Modell der Wirklichkeit, dessen Wert umso größer ist, je mehr sein Verhalten dem entspricht, wie Wirklichkeit auf uns wirkt.
Wie die Wirklichkeit wirklich ist (Realität ausgenommen), weiß niemand zu sagen.
Welche Hypothesen sind denn verfizierbar? Doch nur solche, die eine endliche (und kleine) Anzahl von Schlußfolgerungen und Vorhersagen ermöglich, z.B. Morgen haben wir Regenwetter. Dann weiß morgen jeder, ob der Sprecher recht hatte oder nicht.
Aber wahrscheinlich interessieren ihn so einfache Hypothesen nicht, und er redet nur von solchen, die eine unbeschränkte Zahl von Vorhersagen erlauben, z.B. Gleichnamige Ladungen stoßen einander ab. Die kann man tatsächlich nicht verfizieren, weil niemand alle Ladungen, die es im Universum gibt, in ein Labor packen und dann untersuchen könnte.
Erkenntnistheoretiker beschäftigen sich ganz vereinfacht gesagt mit der Frage: Was können wir sicher wissen? Oder, noch einfacher gefragt, können wir unseren Sinnen trauen? Woher wissen wir, dass das, was wir sehen, hören, riechen, spüren, schmecken wirklich ist oder ob wir nicht einfach einer Täuschung unterlaufen? Mit diesem Problem haben sich schon antike Philosophen beschäftigt, z. B. Platon (428/427 v. Chr. - 348/347 v. Chr.) mit seinem Höhlengleichnis. Die Rationalisten vertreten die Ansicht, dass den Sinnen grundsätzlich nicht getraut werden kann und echte Erkenntnis ausschließlich durch die Logik gewonnen werden kann, also nur durch Benutzen des eigenen Verstandes. Bekannt geworden ist hier z. B. ein Satz René Descartes (1596 - 1650): "Cogito ergo sum" (Ich denke, also bin ich). Er fragte sich, wenn den Sinnen nicht zu trauen wäre, wie könnte man dann seiner eigenen Existenz sicher sei? Die Antwort, die er darauf fand war, dass er ja ziemlich offensichtlich über dieses Problem nachdachte. Er schlussfolgerte, dass er somit über eines Verstandes verfüge und wer einen Verstand habe, müsse folglich auch existieren.
Nun werden Hypothesen aber nicht durch das Prinzip des Rationalismus getestet, sondern durch den Empirismus. Die Empiriker sind sozusagen die Gegenbewegung zu den Rationalisten. Sie argumentieren, dass den Sinnen sehr wohl getraut werden könne und dass im Gegenteil das objektive Beobachten allein zu wahrem Erkenntnisgewinn führen könne - da der Verstand voreingenommen sein könne.
Wir können als Zwischenfazit somit schon mal festhalten: für einen Rationalisten sind Hypothesen nicht verifizierbar, weil Hypothesen empirisch durch Beobachtung untersucht werden.
Gehen wir einmal davon aus, dass die Empiriker grundsätzlich damit richtig liegen, dass Beobachtungen verlässlich sind, dass wir den Sinnen, Messwerten usw. trauen können. Dann ergibt sich aus dem Verfahren, wie die Wissenschaft zu ihren Erkenntnissen gelamgt, für Erkenntnistheoretiker ein weiteres Problem. Das Testen von Hypothesen basiert nämlich auf dem Prinzip der Induktion - aus Spezialfällen heraus wird ein allgemeingültiges Prinzip abgeleitet (das Gegenteil, also das Ableiten von speziellen Schlussfolgerungen aus dem Allgemrinen heraus, wird Deduktion genannt).
Hypothesen werden also getestet, indem mehrere Einzelbeobachtungen, Messwerte usw. dahingehend überprüft werden, ob sie die Hypothese stützen oder nicht. Wenn sie die Hypothese stützen, wird die Hypothese verifiziert. Sie wird damit allgemeingültig und wird eine wissenschaftliche Theorie. Um zu überprüfen, ob eine Hypothese wirklich immer zutreffend ist, müssten wir allerdings ausnahmslos jeden Einzelfall überprüfen und das ist schlichtweg unmöglich. Wir können immer nur mit einer Stichprobe arbeiten und deshalb ist das Ergebnis, das wir am Ende unserer Arbeit erhalten, immer nur eine Wahrscheinlichkeit. Hypothesen werden natürlich heutzutage mit ganz speziellen mathematischen Tests auf ihre statistische Aussagekraft getestet und es gibt recht hohe Hürden. Üblicherweise wird mit Irrtumswahrscheinlichkeiten von unter 5 % gearbeitet, d. h. mit (über) 95 %-iger Wahrscheinlichkeit trifft die Hypothese zu. Das heißt aber eben auch, mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit von 5 % nimmt man eine Hypothese als richtig an, obwohl sie nicht richtig ist. In vielen Bereichen wird auch ein Signifikanzniveau von 0.5 % oder gar 0.1 % verlangt; wie man es aber dreht und wendet, eine Irrtimswahrscheinlichkeit von Null Prozent gibt es nicht. Somit wird jede Hypothese streng genommen nicht absolut, sondern "nur" mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verifiziert.
Was Du damit meinst, sollte besser so formuliert werden:
Wie der Mathematiker Kurt Gödel 1931 beweisen konnte, lassen sich in jeder denkbaren formalen Logik tatsächlich auch unentscheidbare Aussagen formulieren.