Ist Gerechtigkeit ein leeres, bedeutungsloses Wort, oder hat es eine Definition? Andernfalls, wozu wäre das Wort nütze, wenn es keine Gerechtigkeit gibt?
Wozu nützt es, über Gerechtigkeit zu sprechen, wenn es sie gar nicht „gibt“?
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6 Antworten
Ich glaube an Gerechtigkeit, deswegen bin ich auch nicht bereit es zu akzeptieren, wenn rechte Kreise ein angebliches Recht des Stärkeren über das Völkerrecht oder die Menschenrechte stellen möchten. Eine Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Die Schwächsten sind somit der Maßstab für die Gerechtigkeit.
Die Idee der Gerechtigkeit gibt es. Schon Kleinkinder haben ein Verständnis davon, was das bedeutet.
"Verwirklichen" kommt immer darauf an, wie man seinen Fokus setzt. Wenn hier in einem Gerichtsurteil ein Schaden fair beglichen wird, kann man immer noch feststellen, dass für die Kosten des Gerichtsverfahrens eine Person in einem Entwicklungsland über ein Jahr mit Nahrung und Unterkunft versorgt werden könnte.
In der Realität kommen sehr viele Dinge nicht konkret vor, wenn man die Sichtrichtung nur (un)geeignet wählt:
- Es gibt keine perfekten Kreis.
- Die Länger einer Küstenlinie hängt vom gewählten Maßstab ab. Wenn man bis auf Sandkorn- oder sogar Molekülgröße heranzoomt, gibt es sogar gar keine Küste mehr!
- Demokratie stützt immer auch eine gewisse Menge undemokratischer Personen.
- Nicht mal die Mathematik erlaubt es zu jedem mathematischen Satz zu sagen, ob er wahr oder falsch ist (Siehe Gödel'scher Unvollständigkeitssatz).
"Es gibt keine Gerechtigkeit" ist also zwar wahr, dafür muss man aber den Sinn der Aussage so definieren, dass sie sinnlos wird.
Menschen können gerechtere von ungerechteren Wegen unterscheiden. Folglich existiert auch Gerechtigkeit, auch wenn sie nicht global ist.
Das Problem ist, daß verschiedene Menschen unter Gerechtigkeit oft verschiedene Dinge verstehen.
Zum Beispiel: A hat sein Leben lang gearbeitet und kann seinem Kind eine Million Euro vererben. B hat auch sein Leben lang gearbeitet, hatte aber andere Voraussetzungen oder schlicht Pech und kann deshalb seinem Kind gar nichts vererben.
Nun gibt es Menschen, die sagen, das sei ungerecht, weil die Kinder ja nichts für ihre Eltern können, und deshalb sollten die Kinder von A und B jeweils 500.000 € erben.(oder 300.000 und der Rest geht an den Staat. Oder gar nichts und alles geht an den Staat...)
Andere sagen, es sei ungerecht, wenn A nicht selbst über das Geld, das er in seinem Leben verdient hat, bestimmen kann. Deshalb sollte das Kind von A die Million bekommen, wenn A das so will.
Beide halten ihre Ansicht für gerecht und die des jeweils anderen für ungerecht. Es gibt keine objektiven Kriterien, nach denen man bestimmen könnte, wer Recht hat. Und den Vorgang, die eigene Vorstellung von Gerechtigkeit als allgemeingültig durchzusetzen, nennt man Politik.
Gerechtigkeit hat eine allgemeine und für jeden eine persönliche Definition.
Gerechtigkeit hört da auf, wo die Ungleichbehandlung anfängt.
Ich seh da kein Definitionsproblem.
Gerechtigkeit ist angemessene Belohnung von Leistung zum Nutzen anderer und angemessene Bestrafung von Vergehen zum Schaden anderer.