Heuchelei und Ehrlichkeit

Ja, auf Floskeln antworte ich mit Floskeln 🥰 82%
Nein, trotz Heuchelei kotze ich mich aus 🤮 18%
Alles super, ich liebe Smalltalk 💩 0%

11 Stimmen

5 Antworten

Wenn eine Person mich so offensichtlich anlügt gehe ich davon aus, dass sie nicht mit mir reden will, da hake ich dann bestimmt nicht nach und dränge mich auf.


Android654 
Beitragsersteller
 18.05.2025, 12:15
da hake ich dann bestimmt nicht nach und dränge mich auf.

Eben, weil Menschen Leichtigkeit erwarten vor allem in der beschrieben Art von Gesprächshergang. Empathie erfordert keine Mitteilung. Erfahrungen mit der Überforderung oder auch Unaufrichtigkeit von vermeintlich offenen Gesprächspartnern habe ich zuhauf gemacht. Ihre Grundannahme zu ausschließlich offener Kommunikation ist falsch.

Lucynchen  18.05.2025, 12:28
@Android654

Das sehe ich anders und das hat nichts mit "Leichtigkeit" zu tun. Ich mag es nicht wenn jemand mich belügt und dann auch noch erwartet, dass ich darauf reagiere und der Person ein Gespräch aufzwinge. Wenn jemand mich anlügt gehe ich davon aus, dass die Person nicht reden will, erstrecht wenn es "nur" eine Bekannte und auf einer Veranstaltung ist. Wer ehrliche Gespräche will muss erstmal selbst ehrlich sein.

Android654 
Beitragsersteller
 18.05.2025, 18:31
@Lucynchen

Vom Prinzip her wäre es doch irrelevant ob die Antwort ehrlich, unehrlich, positiv oder negativ konotiert gewesen wäre. Ein kurzes Anklopfen an der Seele und bevor die Tür aufgeht hat die Person ihr Soll als erfüllt betrachtet. Nochmals, es geht um sinnbefreites "Hallo-wie geht's-Next", nicht mehr nicht weniger.

Nein, trotz Heuchelei kotze ich mich aus 🤮

Also wenn der Rahmen dazu gerade passt, weil ich deren Reaktion auch ganz amüsant finde.

Warum fragen Leute überhaupt, wenn sie doch kein aufrichtiges Interesse für den anderen haben sondern voreingenommen Unterhaltung erwarten?

Hat sich halt so eingebürgert ... wird nicht mehr als ernste Frage angesehen ....

Aufrichtiges Interesse ist generell sehr rar geworden, umso wichtiger ist es, sich selbst aufrichtiges Interesse zu geben.

Woher kommt diese Oberflächlichkeit?

Wenig Zeit und Interesse. Die haben nicht mal Zeit, um sich selbst kennen zu lernen.

Woher rührt die Furcht vor herausfordernden Gesprächen?

Zu unterliegen. Sich zu blamieren, da zu wenig Wissen und Argumente.
Zu anstrengend, weil man schon von allem anderen zu ko ist.

Angst, etwas von sich selbst dabei zu erfahren.

Ich verstehe, dass tabuisierte Themen anstrengen, erfahre aber erst dadurch tiefgehende zwischenmenschliche Verbindung. Bis dahin besteht faktisch Austauschbarkeit, die Reduktion auf Information.

Hast schon recht!


Android654 
Beitragsersteller
 18.05.2025, 18:43
Also wenn der Rahmen dazu gerade passt, weil ich deren Reaktion auch ganz amüsant finde.

Ich finde das super mutig von dir. Bei meinen Themen über psychologische Störungen, dysfunktionale Beziehungen und Gesellschaftskritik sind natürlich, und das kann ich nachempfinden, nicht wenige Menschen emotional überfordert.

Zu unterliegen. Sich zu blamieren, da zu wenig Wissen und Argumente.
Zu anstrengend, weil man schon von allem anderen zu ko ist.
Angst, etwas von sich selbst dabei zu erfahren.

Ersterem entgegne ich positive Unterstellung des Selbstschutz, vglb. Punkt zwei. Wir bleiben optimistisch.

Punkt drei ist tiefenpsychologisch tatsächlich die spannendste Interpretation, die ich aus meiner einjährigen Persönlichkeitsentwicklung und täglichen Reflexion selber bereits überlegt habe. So ähnlich wie der gute Wunsch an einen Dritten, den das Unterbewusstsein eigentlich an sich selbst richtet. Die Negation à la Jung par exellence.

Ich treffe oft auf genau das gegenteil, auf so eine einfache frage versuche ich ehrlich zu antworten werde aber meist übergangen oder unterbrochen und bleibe missverstanden zurück. Den meisten fehlt es an Mitgefühl oder Interesse an ihre Mitmenschen, vielen geht es leider nur um sich selbst dabei ist es doch so schön tiefe Bindungen zu haben und sich verstanden fühlen zu können...


Android654 
Beitragsersteller
 15.07.2025, 19:01

Im Rahmen meiner Therapie und Persönlichkeitsentwicklung der letzten 12 Monate habe ich lernen dürfen, in der Qualität zwischenmenschlicher Beziehungen zu unterscheiden was Transaktionen betrifft, also Gespräche. Ich war darin sehr mies, also stark undifferenziert. Egal ob mich ein Chef angesprochen hätte, oder die Friseurin oder meine besten Freunde, ich hätte immer offen und ehrlich reagiert und mein Inneres nach Außen gekehrt. Dabei entstehen die von dir beschriebenen unangenehmen Situationen, in denen man auf vermeintliches Interesse noch offenherzig reagiert und dann mit faktischer Empathielosigkeit konfrontiert wird. Bevor ich heute antworte reflektiere ich in mir und habe dabei schon oft umentschieden wie ich welche Informationen preisgebe. Es gibt wenige Menschen in meinem Leben die zum einen aufrichtig zuhören und dabei das notwendige Level an Vertrauen genießen, um mein Selbst in größtmöglichem Umgang erleben zu dürfen. Man kann nur seine eigene Reaktion auf die Menschen anpassen, nicht aber die Menschen selbst. Hintergrund meiner bisherigen Verhaltensweise deute ich zum einen im Nicht-Wahrgenommen-Werden in der Kindheit, wodurch ich zum einen erlernt hatte möglichst vehement meine Meinung zu vertreten, was teils als Erwachsener infantile Züge annimmt im Sinne der Selbstunsicherheit und zum anderen in der generell mangelnden Anerkennung und Zuneigung durch Eltern und Umfeld, wodurch gewisse Abhängigkeitstendenzen und Verlassensängste entwickelt wurden und sich ebenfalls im Gehört-Wollen und Gefallen-Wollen zeigen. Ich arbeite ab meiner Abgrenzungsfähigkeit 🤙

Veloura  15.07.2025, 19:25
@Android654

Ich kann dich voll verstehen, an sich selbst zu arbeiten und reflektiert zu sein ist sooo wichtig und vor allem alles nicht zu eng zu sehen. Ich habe auch einige Dinge die ich an mir bemerkt habe an die ich unbedingt noch arbeiten muss!!

Ja, auf Floskeln antworte ich mit Floskeln 🥰

Du musst mal in die USA reisen. Dort wirst du an jeder Ecke angequatscht und gefragt wies dir geht, auch von völlig random dudes im Supermarkt. Es wird allerdings erst gar nicht erwartet, dass du sagst wie es dir geht, es ist einfach ein Ersatz für "Hallo".


Android654 
Beitragsersteller
 18.05.2025, 12:19

Danke für Ihre Relativierung. Diesen US-amerikanischen Gestus habe ich bereits öfters erklärt bekommen und bleibt mir befremdlich.

Thomas Richter  18.05.2025, 12:29
@Android654

Ich kenne auch eine Arbeitskollegin, die jeden fragt wie es ihm geht wenn sie ihn sieht, egal welche Beziehung sie zu demjenigen hat. Es ist denke ich auch viel Erziehungssache und wie man das vorgelebt bekommen hat. Ich denke man muss für sich selber dann differenzieren, ob das ein ernst gemeintes Anliegen war, oder Small Talk. Bei Letzterem wollen die Leute ja auch überhaupt nicht wissen wie es einem wirklich geht, sondern lediglich Kontakt herstellen, der mit einer knappen Rückantwort (z.B. "passt, dir?") gegeben ist.

Hallo,

weil wir meistens sehr oberflächlich sind. Weniger oberflächliche Menschen sind äusserst selten. Dies sieht man schon bei der Partnerwahl, entweder zählt das Aussehen bzw Geld, Macht, Einfluss... den man meint bekommen zu können. Wer sich für wenig oberflächlich hält, ist fast immer das Gegenteil davon.

Nur darf man dieses Dinge nicht zu persönlich nehmen. Die Menschen sind so, von sehr seltenen Ausnahmen abgesehen. Nicht einmal die "Heiligen" kriegen dies vollends in den Griff.


Android654 
Beitragsersteller
 18.05.2025, 10:40

Woher kommt diese Oberflächlichkeit? Woher rührt die Furcht vor herausfordernden Gesprächen? Ich verstehe, dass tabuisierte Themen anstrengen, erfahre aber erst dadurch tiefgehende zwischenmenschliche Verbindung. Bis dahin besteht faktisch Austauschbarkeit, die Reduktion auf Information.