Eine Prise Philosophie

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13 Stimmen

2 Antworten

Immanuel Kant

Und streng genommen nicht so wie wir wollen, dass sich andere verhalten, sondern nach den gleichen Gründen für das Handeln messen ob die Handlung moralisch gut ist. Aber wird oft so vereinfacht wie du das getan hast, weil es einfacher zu fassen ist.


Marika370 
Beitragsersteller
 15.06.2025, 19:43

Lieber Jonas,

ein Verhalten in einer idealen Weise kann ja nur auch moralisch gut sein. Sonst wäre es nicht ideal.

Ich finde meine Formulierung einleuchtend und verstehbar.

JonasVjonas2  15.06.2025, 19:53
@Marika370

Ist sie auch. Nur eben nicht 1 zu 1 was Kant gesagt hat. Wie gesagt alle kürzen das zum Zwecke der Verständlichkekt so ab. Wie man sieht zu recht, denn du hast mich schon falsch verstanden.

Es geht nicht um eine Unterscheidung ideal und moralisch gut. Sondern eine Ebenenverschiebung. Man soll laut ihm nicht auf der Handlungsebene immer genau das tun, was man sich von anderen wünschen würde. Sondern auf der Ebene darüber nach den gleichen Gründen seine Handlungen begehen, die auch die gleichen Gründe für alle gewünscht wären.

(Das macht zB einen Unterschied, wenn zwei Menschen komplett andere Voraussetzungen haben. A: Wenn ich möchte, dass armen Menschen geholfen wird, muss der Bettler genauso sein Geld zu diesem Zwecke opfern auch wenn er dann hungern muss. Und wenn ich nicht der Meinung bin, dass der Bettler sein Geld hergeben muss, muss ich das auch nicht, weil ja dann nicht alle das tun müssen. B: Wenn der Grund Armen zu helfen dahinter aber ist, dass ich finde Geld sollte fairerer verteilt sein, müssen wenn alle diesem Grund folgen, wohlhabendere mehr geben und ich habe als Bettler nicht die moralische Pflicht und als Mittelstand schon meinen Teil dazu zu leisten.)

Marika370 
Beitragsersteller
 15.06.2025, 20:31
@JonasVjonas2

Ach, jetzt erkenne ich es, was gemeint war.

Hat Kant tatsächlich darüber spekuliert, ob das Beispiel mit dem Bettler sinngemäß zur genannten Maxime passt?

Wahrscheinlich hat er es rein spielerisch angedacht. Es ist natürlich klar, dass das ein kategorischer Stuss wäre, wenn ein Bettler noch ärmer werden müsste...

Jemand, der möchte, dass einem armen Bettler geholfen wird, kommt nicht auf die Idee, dass der sich noch ärmer machen sollte, weil der ebenfalls etwas abgeben müsste.

Es ist sowieso eine Frage der Relation.

Allerdings: Falls der Bettler mal eine ungewöhnlich hohe Spende erhält, dann könnte er vielleicht einem anderen Bettler wiederum etwas davon spendieren.

JonasVjonas2  15.06.2025, 20:41
@Marika370

Nein, das Beispiel habe ich mir selber gerade überlegt. Kant ist aber sehr sehr SEHR methodisch vorgegangen. So sehr, dass sein Denken sogar so eine Art Wende in der Philosophie verursacht hat. Ich kann dir versichern da war nichts "spielerisches" dabei. Der kategorische Imperativ stammt aus der Kritik der reinen Vernunft, einem teil von Kants Hauptwerk, wenn ich mich nicht sehr irre. Darin stellt Kant die Frage danach, was wir allein nach den regeln der Vernunft für Aussagen treffen können. Und weil er rein vernünfgeleitet argumentiert, spart er sich denke ich auch jegliches Beispiel mit Bettlern. Du siehst er bleibt seiner Methode treu. Aber die Ebene darüber ist eben Teil dieser Vernunft. Deshalb steht da "...dass die Maxime seines Wollens..." also die Gründe dafür so zu handeln heißt das, für alle Gültigkeit haben können sollen, damit es gute sind. Und nicht, dass das Handeln selbst allgemeinen Gültigkeitsansprüchen genügen müsse.

JonasVjonas2  15.06.2025, 20:44
@JonasVjonas2

Man schreibt Kant deshalb den sog. Gesinnungsethikern zu. Weil nämlich laut ihm zählt, was du mit deiner Handlung bezwecken wolltest. Nicht was tatsächlich dabei raus gekommen ist. Übrigens ein Grundsatz, der sich in unserer Rechtsprechung in sehr großen teilen finden lässt. Natürlich heißt das nicht, dass Handeln mit schlechten Konequenzen deshalb genauso erstrebenswert wäre. Aber es wäre trotzdem kein unmoralisches Handeln wenn man gute Absichten hatte.

Marika370 
Beitragsersteller
 15.06.2025, 22:13
@JonasVjonas2

Der zweite Teil ist eine prima Ergänzung. Sehr gut.

Ja, das ist oft so:

Gut gemeint und schlecht gemacht.

Oder auch anders herum:

Gute Tat mit unlauteren Absichten dahinter.

Das gibt es alles.

Der "kategorische Imperativ" ist unter Philosophen als Maxime zur Handlungswahl durchaus umstritten. Zunächst hört er sich sehr gut an. Man denkt dann: "Wenn ich eine Toilette aufsuche, möchte ich dass sie sauber ist. Also fühle ich mich auch genötigt selber eine Toilette sauber zu hinterlassen.

Doch abgesehen von diesen einfachen sog. Selbstverständlichkeiten wird der kategorische Imperativ schnell sehr fragwürdig. Das liegt einfach daran, dass die Menschen extrem unterschiedlich sind in Bezug auf das Alter, das Geschlecht, den sozialen Status, die erworbenen Privilegien, den gesellschaftlichen Rang und viele weitere Persönlichkeitskennzeichen.

Da greift so eine pauschalisierende Maxime viel zu kurz. Nach meiner Erfahrung kommt es vielmehr darauf an, dass ich lebenslang menschliche Beziehungssysteme analysiere, ihre Wirkmechanismen versuche zu erkennen, daraus für mich selbst Handlungsmodelle ableite und diese an der Realität ausprobiere, um ihre Tragfähigkeit zu prüfen, gegebenenfalls zu revidieren oder beizubehalten, wenn sie sich als gelungen und förderlich herauskristallisieren.

So muss ich z.B. auch immer wieder lernen, dass Menschen sich nach meiner moralischen Bewertung ganz fragwürdig verhalten. Und was nun? Soll ich da ermahnen, korrigieren, verurteilen, wegschauen, ignorieren oder was sonst für ein Verhalten zeigen? Hier beginnt doch erst der Ernst der moralischen Justierung. Wie kann ich - ohne Beziehungen allzu sehr zu belasten - mit so einer Situation zurechtkommen? Den kategorischen Imperativ kann ich hier vergessen. Der ist unflexibel, viel zu schematisch, wird der Komplexität der menschlichen Psyche nicht gerecht.

Es bleibt die Aufforderung nach lebenslangem Lernen im Bereich der Beziehungen, die sich fast immer als schwieriger herausstellen als man zunächst gedacht hatte.


Marika370 
Beitragsersteller
 16.06.2025, 10:30

Es ist eine Maxime, eine Richtlinie. Da gibt es nichts dran zu rütteln.

Denn im Prinzip wird damit ausgesagt: Das, was ich nicht von anderen ertragen möchte, mute ich selbst anderen auch nicht zu.

Jeder richtungsweisende Leitsatz kann spitzfindig in Einzelteile zerlegt werden.

Das ist dann zusätzliche Gedankenspielerei mit viel Wenn und Aber. Dagegen ist nichts einzuwenden.

Kant macht das ja auch sehr gern. Darüber nachzudenken, schult den Geist.

Das vor allem ist der Sinn philosophischer Übungen.

rolfmengert  16.06.2025, 12:29
@Marika370

Danke für Deine Antwort. Dennoch möchte ich Deine Aussagen relativieren. So schreibst Du im ersten Satz: "Es ist eine Maxime, eine Richtlinie. Da gibt es nichts dran zu rütteln." Bedenke, dass eine solche Aussage in der Philosophie wirklich tabu ist, denn damit wird die Aussage dem Diskurs entzogen. Jede Maxime muss einer kritischen Infragestellung gegenüber offen bleiben. So auch der Kantische "Imperativ".

Im zweiten Satz sagst Du: "Das, was ich nicht ertragen möchte, mute ich selbst anderen auch nicht zu". Hier hast Du wiederum nicht einkalkuliert, dass Menschen in ihrer Wertewelt sehr weit auseinander liegen können. Ein robuster Militärmensch z.B. akzeptiert, dass er bei eigenem Fehlverhalten von seinem Vorgesetzten angebrüllt wird. Also wird auch er seine Untergebenen bei deren Fehlverhalten anbrüllen. Wenn unter denen jedoch sensible Typen sind, werden sie entsetzt sein. Auch hast du Altersunterschiede zwischen Personen nicht akzeptiert. Da sind bestimmte Verhaltensweisen aus der Perspektive des jeweils anderen komplett unterschiedlich. Und hier zerlege ich Deinen Leitsatz nicht spitzfindig, sondern argumentiere aus der Lebenserfahrung, die mir immer wieder zeigt, dass die Realität in den seltensten Fällen mit schlichten Leitsätzen einzufangen ist.

Marika370 
Beitragsersteller
 16.06.2025, 12:46
@rolfmengert

Doch, das ist jetzt vollkommen akzeptabel. Es ist nicht die Spur an den Haaren herbeigezogen, damit man genüsslich einen Diskurs führen kann.

Diese Hinweise müssen!!! tatsächlich berücksichtigt werden. Sie sind maßgeblich.

Das war jetzt ein besonders wertvoller Gedanke.

Danke für den Ge.danken!