Diese Frage richtet sich an die Experten und Liebhaber aus dem Bereich Kulturgeschichte und Musikwissenschaften.
Hier eine Thesenreihe, die mich zur gestellten Frage führt: Seit 1860 beeinflusst der technische Fortschritt immer eindringlicher unsere Kulturleistungen. Die Musik war stets der deutlichste Ausdruck kultureller Identität. Neue Erfindungen schufen neue Instrumente, schufen neue Musik
Mit der Evolution der Elektrizität entstand das Thereminovox, was am Anfang der modernen Musik steht.
Es folgten rasch elektronische Instrumente und damit neue Klangfarben, neue Klangräume, neue Arten zu Hören und zu musizieren: Arnold Schönberg, Kraftwerk, Tangerine Dream, Beatles, Pink Floyd.
In den 1990er Jahren mit dem Amiga 500 und dem Fairlight Sampler erfolgte der Umzug der Musik in den Computer. Zudem verlagerte sich das Musikerlebnis in Kunsträume: Lasershows, Bühnentechnik, Discotheken - unsere Neigung zu Trance wurde von der Elektronik angeführt und übernommen.
Parallel dazu läuteten George Lucas, Steven Spielberg, James Cameron und der Walt Disney Konzern über neue Tricktechniken den Wandel unsere Erlebens ein: Die Cyberwelt wurde Sinnbild einer Utopie endloser Möglichkeiten.
Mit Elon Musik kondensierte der Futurismus zu einem Techno-Rausch. Eine grünen, rosa Zukunft: Sauber, leise, stilvoll.
Ich behaupte: Mit dem Millenium endete unsere Kultur. Alle Musik ward erfunden. Neue Musikgeräte und damit neue Klänge sind seit dem Sampler und Computer nicht mehr möglich. Aktuell lebt die Musik von der Synthese historischer Errungenschaften. Eine Art Wiederkäuen alter akustischer Nahrungsmittel.
Parallele Anzeichen des Stillstands: Keine echte Fortschrittstechnik mehr, keine neue Physik. Unsere Zukunft wird bestimmt durch Networking - alles je Geschaffene wird neu vernetzt, in allen Bereichen.
In der Malerei: Jackson Pollock schuf ca. 1950 mit seinen Werken (Polyfocales-all-over) das Abbild dessen, was uns erwartet, wie es heute ist und auch bleiben wird: Vielfalt, Räume, Chaos, Inseln der Ordnung, Vernetzung und Verlorenheit.
Also: Endete unsere Kultur mit der Digitalisierung?