Warum gilt klassische Musik als "höhere Kunst"?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine sehr interessante Frage. Ich habe mir mit anderen darüber auch schon manchmal Gedanken gemacht.

Vielleicht liegt es mal hautpsächlich an der damaligen Zeit. Man hatte in einer gewissen Hinsicht mehr Zeit, durch weniger Ablenkung von Medien oder gar Internet. Man komponierte aufwändig und schrieb die Noten nieder. Auch für mehrere Instrumente. Es waren eben Meisterwerke. Heute ist es mit technischen Hilfsmitteln oft schneller und einfacher möglich, Musik zu produzieren.

Anders war sicherlich auch der Auftrag, warum ein klassisches Werk komponiert wurde. Oft waren es sogenannte Hofmusiker, die etwas schaffen mussten. Oder es war für die Kirche. Mozart war ja angeblich der erste, der auch privat Musik, die quasi "nur zur Unterhaltung gedient hat" , geschaffen hat. Zusätzlich zu seinem Job, in dem er eben komponieren musste.

Und es gibt ja auch heute zeitgenössische Musiker, die lange Instrumentalwerke schaffen. Entweder mit Klavier, oder auch gemischt mit anderen Instrumenten. Hätten die früher gelebt, in der Klassik oder in anderen alten Epochen, dann wären sie auch "mehr" Genies, als man das von den heutigen sagt ? Das bleibt wahrscheinlich unbeantwortet. Es ist ja auch immer so, dass, wenn etwas schon sehr lange her ist, gern als "sehr bedonders" betrachtet wird, und "das kommt nie wieder". Ja , stimmt, denn keine Epoche kommt wieder. Es wird ja auch nie mehr eine Epoche wie zB die 70er oder die 80er geben. Und mit den Umständen von damals war es oft auch schwieriger , Musik zu machen, als heute. Deshalb gibt es aber immer wieder Genies.

Wie es auch schon jemand anderer gemeint hat, verschwimmt das Ganze wahrscheinlich ziemlich. Es ist abhängig von der Zeit, von den Umständen usw.

Woher ich das weiß:Hobby – Höre gerne Musik u spiele auch selbst Tasteninstrumente

Besser für den Hörer ist ja erstmal subjektiv.

Alles andere, wie etwa schwieriger oder eher komplizierter bzw ausdrucksstärker - ist irgendwo messbar.

Es gibt natürlich tolle popmusik - es gibt sogar recht komplexe Pop Musik. Aber im Kern sind 90% der Songs die seit jetzt schon Jahrzehnten im Radio laufen von der Songstruktur wie auch von den genutzten Harmonien zum einen immer das selbe und zum anderen alles andere als komplex. Wenn wir aus der Popmusik rausgehen gibts natürlich noch viel mehr positiv Beispiele.

Michael Jackson war nichtnur ein guter sänger sondern der hatte auch super Leute die auf seinen Platten gespielt haben. Aber auch er war vor der Zeit in der man alles tot komprimiert hat, Thema Ausdrucksstärke. Wenn ein Song (so heutzutage häufig) schlicht 2-3 Minuten geht und von Anfang bis Ende im Prinzip die gleiche Lautstärke hat, wie willst du da auch viel Ausdruck rausbringen.

Die Klassische Musik lebt ja vorallem von eben dieser Dynamic die wir uns in der Pop Musik vollkommen wegindustrialisiert haben.

Das wirklich entscheidente aber ist das von den besagten Klassichen Komponisten im Prinzip die ganzen Ideen kommen die in einfacherer Form heute noch verwendet werden. Die sind sozusagen wegbereiter - und das kann man eben nur einmal machen.

Impressionism 
Fragesteller
 11.01.2024, 03:04

Im Kern nehme ich aus deiner Antwort mit: Komplexität schafft Genialität? Korrigiere mich, wenn ich falsch liege.

Zum letzten Punkt deiner Antwort: Dass die Ideen von diesen Komponisten stammen, wage ich zu bezweifeln. Schon lange vor ihnen wurde musiziert, und auch die Stimmungssysteme, die früher verwendet wurden, nutzen wir doch nicht wirklich, was gegen eine Nachahmung spricht. Wir haben meist eine gleichstufige Stimmung, und jeder, der sich für einen Monat ans Klavier setzt und herumexperimentiert, wird über die Akkorde stolpern, die auch früher verwendet wurden. Was gut klingt, wirst du selber schnell merken, ohne auf Wissen von Beethoven usw. zurückgreifen zu müssen.

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Eromzak  11.01.2024, 04:56
@Impressionism

Es geht ja nicht nur um harmonische Komplexität. Als Mozart durchgestartet ist kannte das so in der Art eben noch niemand - das war neu / interessant und komplex - das gibts heute auch noch - und sicherlich werden Künstler von heute auch noch in 200 Jahren gehört. Bei der Klassik kennen die Leute doch auch nur eine Handvoll obwohl es tausende gab.

Jeder findet auf einem Klavier passende Töne, aber beileibe nicht jeder schreibt auf dem Klavier 8 Minuten lange stücke in welchen sinnhaft aber auch überraschend mit Lautstärke und Harmonie gearbeitet wird - geschweige den das ganze für ein Orchester was nocht weitaus komplexer ist.

Auch damals gab es Popmusiker die simple dinge geschrieben haben, Beethoven war dann halt etwas unkonventioneller. Es war eben an der Zeit gemessen Innovativ. Sowas haben wir Heute auch. Schauhst dir ein jüngeres Instrument an wie die E-Gitarre (mein steckenpferd) - klar Gitarre gibts schon ewig aber durch die E-Gitarre kamen neue möglichkeiten. Wer wird hier verehrt? Leute wie Jimi Hendrix. Es sind nur 6 Saiten und ein parr Bünde, soviel ist da theorethisch auch nicht drin, er hat das Instrument aber auf den Kopf gedreht. Es gibt heute viel bessere Gitarristen - technisch besser, viel komplexere Musik, aber auch er war eben wegbereiter und hat die Leute um eine neue Art das Instrument zu spielen Bereichert. Mit Mozart ist das nichts anderes, was er mit dem Klavier gemacht hat, der ganze Stil war neu, überraschend - und die Leute liebten es früher in der Musik überrascht zuwerden, nicht etwa wie heute wo die Mehrheit der Leute musik ja sowieso eher nebenbei laufen haben und nicht wirklich zuhören, eben deswegen weil es überall verfügbar ist und für viele dadurch nichtmehr so besonders ist. Der Unterschied zu modernen Sachen ist einfach nur das Mozart oder Hendrix schon ne weile länger tot sind - so baut sich ein legendstatus eben auf - es braucht auch Zeit nichtnur Leistung. Es gibt heute auch tolle Leute bis die zur Legende werden brauchts eigentlich nur Zeit und nicht mehr.

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Impressionism 
Fragesteller
 11.01.2024, 08:34
@Eromzak

Damit hast du vielleicht recht. Für mich ergibt es Sinn. Danke.

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Also ich bin der - vielleicht Non-Mainstream-Meinung, dass es in der 'Klassik' simple Sachen gibt wie in der Popmusik.

Es gibt aber eben auch in BEIDEN Bereichen richtig geniale Musik.

Indizien gibt es viele - z.B. unwiderstehliche Rhythmen aber für mich persönlich ist entscheidend, wieviele unterschiedliche Harmonien (Akkorde bzw. Tonarten) in einem Stück vorkommen.

Wenn man das mitberücksichtigt stellen einige heutige Künstler die 'Klassik' als solche locker in den Schatten:

Ein Beispiel: ENYA

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Klavier - Gesang - Gesellschaftstanz
Impressionism 
Fragesteller
 11.01.2024, 03:13

Ich kann dir ein Stück schreiben, das mehr Akkorde und Tonarten beinhaltet, als alles, was du bisher kennst. Sprich, inklusive neuer Stimmungssysteme, die während des Stückes wechseln. Bin ich dann ein Genie? Ich bezweifle, dass es wirklich darauf ankommt.

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Impressionism 
Fragesteller
 11.01.2024, 03:18
@antiaes

Weil es unbeeindruckend ist. Gut klingende Akkordenfolgen lassen sich rechnerisch erklären. Dafür muss ich kein Genie sein.

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antiaes  11.01.2024, 03:20
@Impressionism

Man sollte sie zu einem Konstrukt mit Wiedererkennungswert verarbeiten das jedoch nicht langweilig wirkt. Das haben einige heutige Künstler besser drauf als so einige 'Klassiker' von damals.

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Impressionism 
Fragesteller
 11.01.2024, 03:23
@antiaes

Mag sein, nur was bedeutet das nun? Schwierig ist das jedenfalls nicht. Lediglich zeitaufwendig.

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antiaes  11.01.2024, 03:28
@Impressionism

Gut - wenn man sich Jazz ansieht - da kommt's noch'mal auf anderes an.

M.E. waren viele 'klassischen' Künstler auch eher 'Arbeiter' auf ihrem Gebiet. So eine Vielfalt wie die 'populären' etwa in den 80ern haben sie jahrhundertelang nicht zusammenbekommen.

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Weil diese Männer nicht nur Lieder geschrieben haben sondern Komponiert haben, die haben also für locker 100 Instrumente gleichzeitig nen Lied geschrieben.

Das ist höhere Kunst weil du jeden Ton berechnen musst, das waren im Grunde sowas wie Djs nur mit echtem nachdenken in reallife und das andere es dann spielen.

Mozart zb der wurde eben schon direkt als Kind gefördert und war damit einfach eben sehr gut.

Beethoven wurde Taub und komponierte weiter.