Kann mir jemand mit der Interpretation des Gedichtes "über eine Skizze" von Clemens Brentano helfen?

2 Antworten

Offensichtlich hat das lyrische ich ein Bild, eine Skizze vor sich und überlegt jetzt, in welcher Situation das dort abgebildete Paar sich befindet. Es werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt. Am Ende steht der Wunsch, Klarheit zu bekommen, ob es sich entweder um eine glückliche oder eine traurige Situation handelt.

schön, dass du das Gedicht reingestellt hast. Musst du nur noch genauer sagen, an welchen Stellen du Schwierigkeiten hast.

sixbyy 
Fragesteller
 22.06.2022, 17:52

wow herzlichen Dank für diese Antwort! ( würdest du mir bei eine anderen Gedicht ( "Liebeserklärung "von Nietzsche )auch noch helfen?

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In diesem Gedicht macht sich jemand (das lyrische Ich, das sich selbst noch nicht einmal erwähnt) Gedanken über eine Skizze, also Vorzeichnungen für ein Gemälde.

Man kann sich als Leser ungefähr vorstellen, welche Elemente auf der Zeichnung vorkommen. Die Interpretation der Bedeutung des Abgebildeten ist jedoch für das lyrische Ich total unklar.

Auf jeden Fall gibt es da einen jungen Mann (Jüngling) und mutmaßlich eine junge Frau (sie).

Sie liegt mit geschlossenem Mund da, vermutlich auch noch mit geschlossenen Augen zudem mit zerrauften Haaren. Man weiß nicht, ob sie tot ist, gerade stirbt (evtl. durch Vergiftung) oder ob sie gerade die Liebkosungen ihres Geliebten genießt.

Bei ihm ist der Zustand ähnlich unklar. Da das lyrische Ich spekuliert, ob er wohl tot sei, muss er sich auch mehr oder weniger in liegender Position befinden.

Die Lichtverhältnisse auf dem Bild sind ziemlich schlecht (kein Öl die Lampe?). Als wichtige Requisite gibt es einen gekippten Becher, aus dem noch Reste einer Flüssigkeit fließen. Sollte es sich hierbei um Gift handeln, dann könnte die Szene einen Mord, Selbstmord oder Doppelselbstmord darstellen. Vielleicht haben die beiden aber auch nur Wein getrunken, Sex gehabt und ruhen sich jetzt aus.

Der Jüngling hat eine Kleidungsstück mit Ärmeln an.

Das lyrische Ich wünscht sich eine Erhellung (Aufklärung) der Szene. Am besten wäre es natürlich, wenn durch mehr Licht klar würde, dass das Ganze harmlos ist, und die beiden nur nach dem Sex auf dem Bett herumlümmeln. Anderenfalls wäre es wirklich zum Verzweifeln, wenn die beiden tot wären (die Bahre ist eine Trage, auf der man Tote transportiert).

sixbyy 
Fragesteller
 22.06.2022, 17:54

Mega Antwort. Ich bin begeistert von dieser ausführlichen Interpretation. Vielen Dank.

Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du auch noch zum Gedicht "Liebeserklärung" von Nietzsche etwas schreiben bzt interpretieren könntest. Wenn nicht ist das natürlich kein Problem:)

Liebe Grüsse

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Paguangare  22.06.2022, 23:42
@sixbyy Liebeserklärung

(bei der aber der Dichter in eine Grube fiel — ).

     Oh Wunder! Fliegt er noch?
Er steigt empor, und seine Flügel ruhn?
   Was hebt und trägt ihn doch?
Was ist ihm Ziel und Zug und Zügel nun?
 
   Gleich Stern und Ewigkeit
Lebt er in Höhn jetzt, die das Leben flieht,
   Mitleidig selbst dem Neid —:
Und hoch flog, wer ihn auch nur schweben sieht!
 
   Oh Vogel Albatross!
Zur Höhe treibt's mit ew'gem Triebe mich.
   Ich dachte dein: da floss
Mir Trän' um Träne, — ja, ich liebe dich!

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So weit das Gedicht.

Das lyrische Ich hegt eine große Bewunderung und Hochachtung für den Vogel Albatros. In der ersten und zweiten Strophe spricht er in der dritten Person von ihm, und erst in der dritten Strophe wird durch den Vokativ und die direkte Ansprache in der zweiten Person Singular klar, wer "er" ist, um den es im ganzen Gedicht geht.

Der Albatros ist ja sehr groß, hat eine riesige Flügelspannweite und kann, wenn er erst einmal aufgestiegen ist und eine bestimmte Höhe erreicht hat, über längere Strecken fast bewegungslos dahingleiten.

Das lyrische Ich ist ein Beobachter, schaut dem Albatros zu und sinniert, wie es möglich ist, dass dieser nicht mit den Flügeln zu schlagen braucht. Woher kommt der Auftrieb? Wohin will der Albatros, welche Kraft beschleunigt ihn (Zug) und welche bremst ihn (Zügel)? Diese Fragen werden aufgeworfen und nicht beantwortet.

In der zweiten Strophe wird der Albatros in der himmlischen Sphäre verortet. Die Sterne stehen für den astronomischen Himmel, die Ewigkeit für den religiösen Himmel. In dieser abgehobenen Höhe gibt es ansonsten keine Lebewesen. Es macht dem Albatros nichts aus, wenn er beneidet wird, er fühlt sich dadurch nicht gekränkt. Er ist so weit entfernt vom Erdboden, dass er von dort aus nicht mit bloßem Auge beobachtet werden kann, sondern nur von Beobachtern gesehen wird, die selbst schon in großer Höhe fliegen.

Das lyrische Ich hat wie der Albatros einen Drang nach oben. Am Ende wird das Gedicht pathetisch. Beim Denken an sein bewundertes Vorbild weint das lyrische Ich heftig und spricht eine Liebeserklärung aus.

Was das Ganze jetzt soll, also ob es noch eine weitere Sinnebene gibt, und der Albatros metaphorisch für etwas anderes oder jemand anderen steht, entzieht sich meiner Kenntnis.

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