Notfallsanitäter und Arzt gleichzeitig?

3 Antworten

Von Experte Rollerfreake bestätigt

Hi,

Notfallsanitäter und Arzt gleichzeitig?

Das mag "auf dem Papier" zwar möglich sein - in der tatsächlichen Berufsausübung allerdings nicht.

Demnach kann man

Stimmt das?

bejahen.

Welches Gesetz regelt dies? Gibt es entsprechende Paragraphen? 

Um es vorneweg zu nehmen: ein explizites Gesetz regelt es nicht. Es ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen und Rechtsnormen.

Wie meine Vorredner schon erwähnt haben: maßgeblich ist hier vor allem die Pflichtenkollision, die sich bei dieser Konstellation ergeben würde.

Als Arzt ist man grundsätzlich zu einer der Ausbildung entsprechenden Therapie verpflichtet (vgl. §§ 13, 323c StGB) und genießt Therapiefreiheit (vgl. 1 BvR 347/98), der Patient hat Anspruch auf eine dem Stand der Medizin entsprechenden Behandlung (vgl. §§ 630a-h BGB) - in diesem Falle also einer ärztlichen Behandlung nach entsprechenden Standards.

Gleichermaßen verfügt der Notfallsanitäter lediglich über eine eingeschränkte Berechtigung für heilkundliche Maßnahmen (§ 2a NotSanG), welche der unbeschränkten Heilkunde des Arztes und der Therapiefreiheit entgegensteht; ferner ist er durch arbeitsrechtliche Regelungen, Standardarbeitsanweisungen des ÄLRD sowie ggf. Landesrettungsdienstgesetz/-plan weitergehend eingeschränkt.

Problem ist: der Arzt müsste als Arzt tätig werden, wenn dies erforderlich ist - gleichermaßen muss er innerhalb des Kompetenzbereichs des Notfallsanitäters bleiben. Das funktioniert schlichtweg nicht.

Außerdem gilt hier sinngemäß "Lex superior derogat legi inferiori" - das höhere Recht bricht das niedere Recht als Geltungsvorrang bei kollidierenden Rechten.

Das gilt analog für entsprechende Qualifikationen - der Arzt ist höherqualifiziert als der Notfallsanitäter, dementsprechend wird die Erlaubnis als Notfallsanitäter schlichtweg nichtig.

Das gilt genauso für "Arzt vs. andere Gesundheitsfachberufe" wie für "Notfallsanitäter vs. Rettungsassistent vs. Rettungssanitäter".

Was könnte man machen?

Wie Rollerfreake erwähnt hat: nach Abschluss des Medizinstudiums auf die Beantragung der Approbation verzichten. Man ist dann de jure kein Arzt.

Wie Maxxismo allerdings erwähnt hat, ist das kein sinnvolles Vorgehen nach mindestens 12 Semestern Studium.

Fazit

Nicht möglich aufgrund der entstehenden Pflichtenkollision und des Geltungsvorrangs der höheren Berechtigung.

LG

Von Experten SaniOnTheRoad und iwaniwanowitsch bestätigt

Ja, dass stimmt. Mit dem erfolgreichen Erwerb einer höheren Qualifikation, verlieren die unterhalb angesiedelten Qualifikationen automatisch dadurch ihre rechtliche Gültigkeit. Das ist genauso, wenn jemand vom Rettungssanitäter zum Notfallsanitäter wird, dann kann er auch nicht mehr als Rettungssanitäter tätig werden sondern nur noch als Notfallsanitäter. Genauso ist es, wenn jemandem die Approbation als Arzt erteilt worden ist, dann verliert die Urkunde als Notfallsanitäter insofern ihre rechtliche Gültigkeit.

Grund dafür sind die mit der jeweiligen Qualifikation verbundenen medizinischen Kompetenzen im Bezug auf die gesetzlichen Hilfeleistungspflichten (§323c Strafgesetzbuch und §13 StGB). Der Notfallsanitäter darf und muss mehr Maßnahmen durchführen als ein Rettungssanitäter, daher kann man nicht mehr als Rettungssanitäter arbeiten, wenn man Notfallsanitäter ist. Ebenso kann man nicht mehr als Notfallsanitäter arbeiten, wenn man approbierter Arzt ist, da der Notfallsanitäter "lediglich" über eine begrenzte Heilkundebefugnis (§2a Notfallsanitätergesetz) verfügt, der Arzt hingegen über eine generelle Heilkundebefugnis und die Berechtigung, Betäubungsmittel zu verabreichen (§13 BtMG). In dem Moment, wo ein Arzt als Notfallsanitäter tätig werden würde, hätte er arbeitsvertraglich und versicherungsrechtlich auch nur die Kompetenzen eines Notfallsanitäters, müsste aber dennoch handeln wie ein Arzt, um seine Hilfeleistungspflichten zu erfüllen. Da das nicht funktionieren kann, verliert mit der Erteilung der ärztlichen Approbation die Notfallsanitäter- Urkunde ihre Gültigkeit. Die einzige Möglichkeit wäre, Medizin zu studieren, die ärztlichen Prüfungen abzulegen ABER auf die Erteilung der Approbation zu verzichten. Dann könnte man als Notfallsanitäter weiterhin arbeiten, hätte seine Zeugnisse über die ärztlichen Prüfungen zu Hause und könnte damit irgendwann später im Leben die ärztliche Approbation beantragen. Ob man allerdings noch problemlos die Approbation erteilt bekommt, wenn die ärztlichen Prüfungen zwanzig Jahre zurückliegen, das weiß ich nicht. Zudem, wäre es Schwachsinn, ein Medizinstudium zu absolvieren und dann auf die Approbation freiwillig zu verzichten.

Mfg

Das ist korrekt und liegt daran, dass du deine Pflicht als Arzt vernachlässigen würdest, wenn du nur wie ein NFS handelst und der Patient durch ärztliche Maßnahmen weniger Schaden erlitten hätte.

Außerdem: Warum solltest du als NFS arbeiten, wenn du zum Notarzt qualifiziert bist?

Gast402u 
Fragesteller
 03.01.2022, 22:35

Weil mich die Arbeit auf dem Rettungswagen glücklich macht und ich trotzdem nebenbei nochmal etwas lernen will.

Wie ist das mit einem Physican Assistant zu betrachten? Er übernimmt ärztlich delegierte Maßnahmen, je nachdem wie viel ihm zugetraut wird.

Wie betrachtest du diese Weiterbildungsmöglichkeit, auch wenn dieses (Fern-)Studium primär nur fürs eigene Wissen absolviert wird, nicht direkt um in einem Krankenhaus zu arbeiten?

Maxxismo  03.01.2022, 23:58
@Gast402u

Medizin nebenbei zu studieren ist Unfug. Du machst dir kein Bild davon, wie viel du da investieren musst.

Wenn du Arzt werden willst, studier Medizin. Wenn nicht, mach was anderes. Beispielsweise in der rettungsdienstlichen Erwachsenenbildung.