Minusstunden mit Urlaubstagen verrechnen?

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
darf mein Arbeitgeber meine Minusstunden (Minusstunden sind durch Mangel an Aufträgen entstanden. Es war quasi keine Arbeit da.) nachträglich mit meinen Urlaubstagen verrechnen?

Schlicht und einfach: Nein!

Dafür gibt es zwei Gründe:

1) a: Urlaub dient dem Erholungszweck, der nicht erfüllt wird, wenn damit Minusstunden ausgeglichen werden. b: Die Gewährung (Bewilligung/Anordnung) von Urlaub ist ein in die Zukunft gerichteter Vorgang und kann sich nicht auf Vorgänge in der Vergangenheit beziehen. c: Der Arbeitgeber (als Schuldner des Arbeitnehmers in der Urlaubsfrage) hat diesbezüglich kein Weisungsrecht, er kann also nicht über den Urlaub des Arbeitnehmers verfügen - von Ausnahmen abgesehen, zu denen aber der von Dir geschilderte Fall nicht gehört.

2) Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die vertraglich vereinbarten (oder üblicherweise oder nach Dienstplan zu leistenden) Arbeitsstunden zu beschäftigen und zu bezahlen. Beschäftigt der Arbeitgeber ihn aber nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann, z.B. weil es keine Arbeit gibt oder der Betrieb auf Anordnung geschlossen werden muss, oder ob er nicht will - es kommt jedenfalls also nicht auf ein "Verschulden" des Arbeitgebers an), fallen die Konsequenzen aus der Nicht-Beschäftigung dem Arbeitgeber zur Last.

Der Mangel an Arbeit/Aufträgen in Deinem Fall mit der Folge, dass ihr nicht arbeiten konntet und vom Arbeitgeber nach Hause geschickt wurdet (oder gleich zu Hause bleiben musstet), fällt unter das Betriebsrisiko des Arbeitgebers, das er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, indem er ihn nicht arbeiten lässt!

Grundlage hierfür ist das Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Also:

Wenn der Arbeitgeber die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht annehmen (ihn also nicht beschäftigen) kann (oder will), verstößt er - ob verschuldet oder nicht - gegen seine Vertragspflichten; er muss den Arbeitnehmer dann trotzdem so bezahlen, als würde der normal weiterarbeiten.

Der Arbeitnehmer muss die tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden auch nicht nacharbeiten oder mit eigenen Ansprüchen (Entgelt, Überstunden, Urlaub) verrechnen lassen.

Strenggenommen ist aber Voraussetzung (eigentlich), dass der Arbeitnehmer diesen Zustand (dass der Arbeitgeber ihn wegen des Mangels an Arbeit/Aufträgen nicht beschäftigt kann/will und ihn nach Hause schickt) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmt, sondern seine Arbeitskraft auch anbietet (obwohl auch das nicht immer zwingend erforderlich ist)!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug" in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot". Aber vielleicht/wahrscheinlich ist dem Arbeitgeber diese Voraussetzung auch überhaupt nicht bekannt.

Ob Du Dich mit Deinem "guten Recht" in der konkreten Situation aber gegen den Arbeitgeber behaupten kannst oder das überhaupt willst, kann ich nicht beurteilen; "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

Von Experten DerSchopenhauer und peterobm bestätigt

Minusstunden mit Urlaubstagen verrechnen geht nicht, dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.

Das Bundesurlaubsgesetz sagt, dass Urlaub der Erholung dienen soll und gibt aus gutem Grund auch einen Mindesturlaub von vier Wochen/Jahr vor.

"Minusstunden" die aufgrund von Arbeitsmangel entstanden sind, gibt es nicht.

Im Arbeitsvertrag steht, wie viele Stunden ein AN zu arbeiten und der AG ihm auch Arbeit zu geben hat.

Fällt Arbeit aus Arbeitsmangel, Maschinenstillstand, Materialmangel usw. aus und der AN kann nicht arbeiten, obwohl er das gerne möchte, befindet der AG sich nach § 615 BGB in Annahmeverzug.

Er muss den AN dann so bezahlen, als hätte dieser gearbeitet. Minusstunden können nicht entstehen und man muss auch nicht "nacharbeiten". Eine Verrechnung mit Urlaubstagen geht sowieso nicht.

Das Betriebsrisiko liegt beim AG und nicht beim AN. Dein AG will das Betriebsrisiko hier abwälzen und das ist unrechtmäßig.

Ist zu wenig zu tun, soll Dein AG sich nach den Voraussetzungen für Kurzarbeit erkundigen und nicht seine MA "über den Tisch ziehen".

das ist das Problem des Arbeitgebers - er muss zusehen, dass genügend Arbeit da ist.

muss er halt Kurzarbeit anmelden. Die Minusstunden darf er nicht an Urlaub abziehen. Du willst ja arbeiten, kannst aber nicht.

Nein, das ist nicht legal. Wenn du Minusstunden aufgrund von Arbeitsmangel hast, ist das das Problem des Arbeitgebers. Wenn du auf der Arbeit bist und deine Arbeitskraft anbietest, hast du deinen Teil des Vertrages erfüllt.

Nein. Das darf er nicht. Da hätte er Kurzarbeit anmelden müssen.