Wie würdet ihr handeln?
Guten Morgen liebe Community,
in meinem Leben geht momentan drunter und drüber. Bei mir wurde vor kurzem ein Tumor gefunden, der, wie ich vorgestern erfahren habe, auch bereits in die Lunge gestreut hat. Ich bin logischerweise also momentan völlig am Ende, auch wenn die Behandlungschancen bzw. Heilungschancen den Umständen entsprechend gut aussehen. Ich bin auch mit meinen 28 Jahren noch relativ jung.
Mein Freund (wir sind seit ca. 1 Jahr ein Paar) war natürlich bei dieser Nachricht auch am Boden zerstört. Nichts desto trotz ist er heute eine Reise übers ganze Wochenende zum JGA seines Kumpels angetreten, wo er sich voller Lust und Laune betrinken wird. Ich hätte nie von mir aus selbst verlangt, von dort wegzubleiben, aber er hat mir nicht einmal angeboten oder gefragt, ob er bei mir zu Hause bleiben soll. Ich finde es unheimlich verletzend, dass er so etwas tut, obwohl er weiß, wie es mir geht. Ich meine es ist ja nicht so, als wüsste ich seit Wochen bescheid und fange an, mich "damit abzufinden", sondern ich weiß es seit 2 Tagen! Ist das kein Grund, seiner Frau mal anzubieten bei ihr zu bleiben ? Oder reagiere ich komplett über? Ich weiß, eigentlich ist es ein Witz, dass dies mein größtes Problem momentan zu sein scheint, aber Liebe macht wohl nicht nur blind, sondern auch unheimlich blöd.
Ich überlege sogar ihn zu verlassen. Ich bin ansonsten in der Hinsicht wirklich nicht sonderlich kompliziert und würde ihm immer seinen Spaß lassen aber ist das nicht eine absolute Ausnahmesituation ? Ich habe öfter das Gefühl, dass ihm die Feierei und Trinkerei wichtiger ist als alles andere, das bestätigt es mir wieder. Ich fühle mich, als könnte ich mich nicht auf ihn verlassen.
Wie würdet ihr reagieren ?
6 Antworten
Du bist in einer Extremsituation und nicht nur du damit überfordert und durcheinander, sondern auch dein Freund und die Familie. Alle suchen nach einem Weg, damit umzugehen, jeder fragt sich, wie er unterstützen kann, manche flüchten, weil sie sich hilflos fühlen.
Hat dein Freund schon früher diesen Ausweg gesucht, vor Problemen wegzulaufen und zu trinken, wird er das jetzt erst recht tun. Alles schlägt über ihm zusammen, du erwartest reden und Beistand, er kann das nicht bringen, er tut, was ihm auch früher "geholfen" hat.
Es fällt dir jetzt mehr auf, dass es bereits früher diese Situationen gab. Du möchtest einen starken Menschen an deiner Seite, aber du hast ihn nicht.
Ich würde ihn sein Ding machen lassen und mich auf mich selbst konzentrieren. Du brauchst deine Kraft und Zuversicht für deine Behandlungen.
Er muss sich mit der Situation befassen lernen, er braucht Zeit, möglich ist aber, dass er tatsächlich aus Liebe sein Verhalten ändert und erstaunliche Kräfte entwickelt. Er muss selbst begreifen, dass jetzt ein anderer Wind weht und sich einbringen. Druck und Vorwürfe schaden bei dem Denkprozeß.
Eine schwierige Situation, aus der Du vielleicht die positiven Dinge sehen solltest:
Immerhin belegt der JGA, dass er an den Heiratsplänen mit Dir festhält, bei einer solchen Diagnose keine Selbstverständlichkeit. Dazu kommt der Aspekt, dass es Euch unter dem Strich auch nicht hülfe, wenn er zu Hause bliebe. Gleichwohl kann ich nachvollziehen, dass Dir das gefühllos erscheinen mag.
Gut, stellt die Situation natürlich etwas anders dar, dennoch ist das ein wenig "Lebbe geht weider" (falls Dir das nichts sagt: Ausspruch eines Bundesliga-Fußballtrainers nach dem Abstieg), also Normalität.
Mein Beileid zu dieser miesen Diagnose.
Ich versteh Deine Verwirrung und Enttäuschung über das Verhalten Deines Freundes. Für ihn ist das alles allerdings auch eine Ausnahmesituation und ich kann mir gut vorstellen, dass ihm das Wochenende Abstand hilft, sich zu sortieren.
Du kannst es ihm ja sagen, kannst ihn fragen, ob das wirklich sein muss, weil Du ihn jetzt an Deiner Seite brauchst. Und ihm auch kommunizieren, dass es Dich enttäuscht. Aber klar, die Grundenttäuschung, dass er nicht von sich aus fragt, ist wohl da, verständlicherweise.
Direkt deswegen trennen würde ich mich nicht. Lasst die schlechten Nachrichten erstmal sacken.
Alles Gute!
Ich kann total verstehen das du gerade extrem enttäuscht von ihm bist. Vielleicht ist für ihn der JGA jetzt eine willkommene Ablenkung und im Moment könnt ihr sowieso erstmal nur abwarten. Vielleicht ist es ihm auch gar nicht so bewusst das du ihn jetzt gerade gerne an deiner Seite hättest. Es ist eine schwierige Situation für euch beide aber ich würde dir raten rede mit ihm offen darüber anstatt direkt die beziehung zu beenden.
Es ist etwas das mit DIR passiert - nicht mit IHM. Außerdem ist momentan noch nicht so viel passiert was tatsächlich sichtbar ist. Er wird noch nicht realisiert haben, welche Folgen so eine Diagnose hat.
Gib ihm Zeit.
Außerdem gibt es nicht umsonst jede Menge Selbsthilfegruppen für Angehörige von Patienten.
"Es ist etwas das mit DIR passiert - nicht mit IHM"
Naja, in einer guten Partnerschaft trennt man das normalerweise nicht so eiskalt.
Mein Partner ist vor drei Jahren auch fast drauf gegangen. Zu sagen, na und, das passiert ihm und nicht mir, ich geh mal Party machen, fände ich schon extrem schräg.
Dass er evt. Zeit braucht, um die Diagnose zu verarbeiten und sich bewusst zu machen, was das bedeutet, da geb ich dir recht. Das ist ja schon bei Schwangerschaften oft so.
Trotzdem passiert es nicht in SEINEM Körper. Anders als sich viele vorstellen verschmilzt man auch in einer guten Beziehung nicht zu siamesischen Zwillingen.
es ist ja nicht sein eigener JGA, sondern der von seinem Kumpel. Wir haben bisher keine gemeinsamen Heiratspläne. Trotzdem danke für die liebe Antwort!