Wie wirtschaftlich ist ein Atomkraftwerk?

2 Antworten

Atomkraftwerke sind sehr effizient, energietechnisch. Doch wirtschaftlich gesehen sieht das etwas anders aus, da hier der Knackpunkt beim Atommüll liegt.

Der Aufwand zum Entsorgen, sprich verpacken/ummanteln, transportieren, Lagerungsstättenbetrieb etc. pp., machen das ganze unattraktiv. Erst recht in einem Land wie Deutschland, wo alles bis auf schärfste reguliert und kontrolliert wird.

Entweder gibt es Technologien, mit Hilfe derer uns die Halbwertszeit und der Schaden von Atommüll nicht die Bohne juckt, weil es einfach zu 500% sicher ist, oder wir müssen auf den Boden der Tatsachen bleiben und uns auf möglichst saubere, unschädliche Energiegewinnung fokussieren.


Franz1957  21.11.2022, 23:50
Atomkraftwerke sind sehr effizient, energietechnisch.

Im Gegenteil. Energietechnisch sind Atomkraftwerke noch weniger effizient als heutige Kohle- und Gaskraftwerke. Da man bei Atomkraftwerken mit der Dampftemperatur nicht so hoch gehen kann, ist auch ihr thermodynamischer Wirkungsgrad schlechter. Das heißt: Bei ihnen ist der Prozentsatz der mit dem Brennstoff zugeführten Primärenergie, der als Abwärme ungenutzt weggeworfen wird, noch größer als er bei den fossil befeuerten Großkraftwerken.

https://www.energie-lexikon.info/wirkungsgrad.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Carnot-Wirkungsgrad

https://de.wikipedia.org/wiki/Clausius-Rankine-Kreisprozess#Wirkungsgrad

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gonzo1233  22.11.2022, 22:03
@Franz1957

Es ist sehr praktisch, dass Reaktoren nur 30 Tonnen Brennstoff pro Jahr benötigen und damit rund um die Uhr die elektrische Nennleistung von 1,2 Gigawatt produzieren, und das ohne eine Tonne CO2 freizusetzen.

Ins Kohlekraftwerk fährt jeden einzelnen Tag des Jahres ein sehr langer Güterzug mit etwa 4000 Tonnen Kohle. Pro Jahr bläst das Kohlekraftwerk 10 000 000 Tonnen CO2 unwiederbringlich in die Atmosphäre.

Die Kernkraft Variante ist deutlich besser für unser Klima, in Verbindung mit Windkraftwerken und großen Solarfeldern.

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Franz1957  23.11.2022, 07:58
@gonzo1233

Was ich oben sagte, betrifft allein die energetische Effizienz. Die wird nicht dadurch besser, daß man weniger Tonnen Brennstoff transportiert. Mit der Hälfte bis zwei Dritteln der Primärenergie die Flüsse zu erwärmen und Kühltürme dampfen zu lassen, ist irrsinnig, so oder so. Der einzige Weg, das bei Wärmekraftwerken zu ändern, ist die Kraft-Wärme-Kopplung, also die Nutzung der prinzipiell mit entstehenden Wärme als Nutzwärme. Je kleiner die Kraftwerksblöcke, um so einfacher und verlustärmer der Wärmetransport. Blöcke mit 1,2 Gigawatt sind die falsche Einheit.

Ich werbe hier übrigens nicht für Kohle. Über die Folgen des CO2 brauchen wir also nicht zu diskutieren.

Der Vergleich der Tonnen Brennstoff stimmt so nicht: Es sind auch Güterzüge voll Uranerz unterwegs, bevor man die 30 Tonnen Reaktorbrennstoff überhaupt hat. Der Urangehalt der Erze ist in der Regel nur Promille oder Bruchteile von Promille, mit Ausnahme von nur zwei Vorkommen in Kanada und Australien. Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Uranlagerstätte Praktisch ist dabei für uns nur, daß die Güterzüge auf anderen Kontinenten rollen und uns die Illusion der Einfachheit leichter machen.

Kernkraftwerke, auch in Verbindung mit Windkraftwerken und Solarfeldern, sind zur Bedarfsdeckung allein nicht imstande, weil sie wegen ihres trägen Regelverhaltens der Tageslastkurve nicht folgen können. Es werden auch Mittel- und Spitzenlastkraftwerke gebraucht, die man rasch hoch- und runterfahren kann, heute typischerweise Gasturbinen. In Zukunft hoffentlich mit Wasserstoff oder synthetischem Brennstoff befeuert.

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gonzo1233  23.11.2022, 22:48
@Franz1957

Mit etwas Taktik bekommen wir das CO2 frei hin.
Viele Wind- und Solarkraftwerke, gut regelbare Kernkraftwerke (nur nicht im Minutenraster regelbar) und Speicherlösungen nur um die Totzeit der Regelung auszugleichen.

Von den CO2 Produzenten Gas, Öl und Kohle müssen wir dringend weg, mir sterben jetzt schon die Bäume reihenweise in meinem Wald klimabedingt ab.

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Das ist ne gute Frage, die total unterschiedlich beantwortet wird.

Ich denke in die Wirtschaftlichkeit muss man aber neben dem Betrieb und die Gewährleistung der Sicherheit auch den Bau des Werkes, den Aufwand des späteren Abruchs und die Entsorgung der Atommülls mit einrechnen. Und damit meine ich nicht nur den finanziellen Aufwand zum Bau des Atommüllentlagers sondern auch die Planung und die Suche und den Transport des Mülls in speziell extra gefertigten Behältern. Bei Windrädern ist das nur ein Bruchteil. Diese Augenwischerei wird immer betrieben. Mit allem eingerechnet kann ein Atomkraftwerk nicht wirtschaftlich sein.....


RedPanther  21.11.2022, 17:19

Aber wenn natürlich der Abbruch des AKW und die Endlagerung des radioaktiven Abfalls vom Staat bezahlt werden und zusätzlich jede erzeugte kWh subventioniert wird, kann es aus Sicht des geneigten Energiekonzerns natürlich wieder sehr wirtschaftlich sein ;)

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gonzo1233  22.11.2022, 22:06
@RedPanther

Welche CO2 freie großtechnisch nutzbare Energiequelle empfiehlst du also um Wind und Solar zu unterstützen? Hoffentlich nichts fossiles, was Millionen Tonnen des Klimagiftes CO2 produziert.

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RedPanther  23.11.2022, 16:53
@gonzo1233

Die Ausfangsfrage war, ob AKW wirtschaftlich sind. Das ist in meinen Augen eine Frage nach finanziellen Aspekten.

Treibhausgase, Klimawandel und alternative Stromerzeugung sind andere Themen.

Dass es im Hinblick auf den CO2-Ausstoß sinnvoller ist, vorhandene AKW weiter zu betreiben statt Kohlekraftwerke auf Volllast laufen zu lassen, ist klar. Ich hätte mir tatsächlich gewünscht, den Kohleausstieg vor dem Atomausstieg zu priorisieren.

Ich frage mich allerdings auch, warum es unbedingt großtechnisch nutzbare Energiequellen sein müssen. Also klar, in den Augen der dt. Politik muss das so sein, weil die großen Energiekonzerne gehegt und gepflegt werden müssen. Aber für die Praxis finde ich eine dezentrale Stromerzeugung und -Speicherung sehr viel sinnvoller.

Als Beispiel (d.h. nicht als alleiniges Mittel!), in meiner alten Heimatregion ist ein Flüsschen, das auf 45 km Flusslänge glaub 15 ehemalige Wassermühlen zählt. Die Gebäude und Staukanäle sind überall noch vorhanden, der Einbau von Turbinen und Generatoren sollte also eine relativ geringe Hürde sein. An jeder dieser Mühlen könnten 5-10 kW Strom erzeugt werden. Richtig, ist nicht viel! Aber solche Gelegenheiten wird es zu tausenden in ganz Deutschland geben.

Und was die Speicherung angeht: Über die Nacht kommt man mit Batterien. Selbstverständlich auch dezentral.

Was die Situation "eine Woche lang deutschlandweit Windstille und bedeckter Himmel" angeht (wie oft passiert das wirklich?): Wenn Wind- und Solarenergie so weit ausgebaut sind, dass sie an einem normalen Tag unseren Stromverbrauch decken können, werden sie an vielen Tagen auch einen deutlichen Überschuss produzieren. Damit kann man dann Wasserstoff produzieren - wenig effizient, ja. Aber trotzdem besser, als die Windkraftanlagen anzuhalten oder Kohlekraftwerke am Laufen zu halten.

Zu guter Letzt: Wir müssen den Stromverbrauch nicht allein mit Stromerzeugung auf deutschem Boden decken. Ich sehe die Strom- und Wasserstofferzeugung mittels Solarkraftwerken in den afrikanischen und arabischen Wüsten als Chance, Entwicklungsstaaten ein Einkommen zu geben und den Arabern die Abkehr von Öl angenehmer zu machen (weil sie ihr Geld auch mit H2 verdienen können).

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gonzo1233  23.11.2022, 22:34
@etjna

Das europäische Verbundnetz wird noch einige Zeit kaschieren können, dass wir weder eine stabile Grundlast haben, noch ernstzunehmende Speicherlösungen haben - wenn den alle KKW und fossilen Kraftwerke abgeschaltet sind, kommem die regelmäßigen Einbrüche bei der Versorgung.

Wir brauchen dringend CO2 freie Grundlastkraftwerke und/oder gigantische Anstrengungen bei den Speichern (was sich nicht abzeichnet).

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etjna  24.11.2022, 16:49
@gonzo1233

Das Stichwort ist "Smart Grid". Das vernetzen vieler kleiner Anlagen mittels einer intelligenten Vernetzung. Dazu brauchen wir einen guten Netzausbau. Irgendwo gibt es immer Strom wir müssen und nur gut vernetzen.

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