Wie war eure Jugend (an die etwas älteren hier)?

10 Antworten

Ich bin Baujahr 66 und war somit Teeny in den 80ern.

Internet gab es nicht, TV erst ab 17 Uhr mit 3 Programmen. Also ging es nach der Schule nach draussen. Wir hatten unsere "Cliquen". Wir wussten immer, wo jemand aufzufinden war, mit dem man abhängen konnte. Es gab Treffpunkte wie Jugendheime, Parks etc., im Winter auch mal Baustellen oder unbewohnten Häuser. Geld hatten wir kaum. Die meisten Mofas waren frisiert, wir sind Rennen auf den Strassen zwischen den Feldern gefahren. Für mich waren Plattenläden das Beste. Die vermisse ich heute am meisten. Auch wenn ich für eine Platte lange zu sparen hatte, war ich gerne da, da hat man Gleichgesinnte getroffen.

Nicht so gut waren bei vielen die gestörten Familienverhältnisse. Viele Eltern hatten als Kinder den 2. Weltkrieg erlebt und hatten als Erwachsene noch ziemliche Probleme. Einige bezogen zu Hause richtig Prügel, andere Eltern sind dem Alkohol verfallen oder konnten ihre Kinder nicht lieben.

Der kalte Krieg war ätzend. Regelmässig flogen Tiefflieger (tief fliegende Kampfjets) über unsere Köpfe hinweg. Ein Höllenlärm von Höllenmaschinen. Briten, Amis und Franzosen hatten als ehemalige Besatzer hier noch überall Kasernen. Unser Musikgeschmack war geprägt von den Briten, wir hörten auch deren Radiosender. Die atomare Aufrüstung war irre und beängstigend. Ich habe immer gehofft, dass mir so eine Bombe direkt das Licht auslöscht und ich das nicht überleben muss. Damals habe ich mich entschieden, keine Kinder in diese Welt zu setzen. Greenpeace fand ich gut.

Mit dem Mauerfall war das militärische Zähnefletschen erst mal vorbei. Die 90er waren richtig gut, nicht nur der Osten wurde "befreit", es gab wieder Hoffnung. Allerdings sickerte das Thema Klimawandel durch und die Erkenntnis, dass die Gesellschaft das kaum interessiert... auf dem Balkan tobte ein Bürgerkrieg.

Am 09.11.2001 ging die ganze Kacke dann wieder von vorne los.

Die 90er waren für mich persönlich die beste Zeit.

Immer noch bin ich Pazifist mit allen Konsequenzen. Meine Kumpels von früher haben alle den Wehrdienst verweigert. Kamen sie mit der Verweigerung nicht durch und konnten auch keinen Zivildienst leisten, sind sie einfach nicht hingegangen. Feldjäger haben den ein oder anderen abgeholt, sie kamen in den "Bunker" (Knast). Die Zeit unserer Jugend hat uns bis bis heute geprägt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Vieles von dem, was SashaMu66 geschrieben hat, war schon vorbei. 1990 meinte man, die westliche Lebensweise habe gewonnen, China war nur eine Randnotiz. Chinesische Güter fingen an, in Amerika und Europa Fuß zu fassen. Vorher war alles Hongkong und Taiwan. Jugoslawien war ein großes und trauriges Thema.

Fernsehen wurde ab Anfang der 90er mehr. Die Privaten dehnten die Sendezeiten aus. Aber es stimmt, es war sehr viel schwerer, an Medien zu kommen. CDs kosteten 20€, zu Zeiten als ein neuer Mercedes C-Klasse 20.000€ war. Aber Autos waren auch simpler, ABS war selten.

LGBTQ+ war sehr wenig sichtbar, darum war es in der Cis-Gesellschaft für Frauen einfacher, sich männlich zu geben und für Männer einfacher, sich weiblich zu geben ohne als LGBTQ+ aufgefasst zu werden. Mädchen mit kurzen Haaren gab es sehr viel merh als jetzt. Männer mit langen Haaren seltener, würde ich sagen.

Ebenso war die Mehrheitsgesellschaft vielleicht an der Oberfläche toleranter, aber die Minderheiten sind viel weniger zu Wort gekommen. Wenn man jetzt Filme aus den 80ern/90ern sieht, dann ist man teilweise geschockt über das Frauenbild und wie lustig negative Klischees über Menschen mit Migrationshintergrund in Filmen vorkommen.

Man war püntklicher, weil man nicht einfach anrufen konnte, wenn man zu spät kam. Man hat mehr Bücher etc. gekauft, weil die Information meist daher kam. Internet war Zusatz und nicht Hauptmittel. Wikipedia gab es noch nicht. Das Encarta-Lexikon war Maß der Dinge im digitalen Bereich.

Telefone waren dumm, und das aufkommende UMTS war um die Jahrtausendwende ein großes Thema. Es wurde damals schon vorhergesagt, es würde viel verändern. Das ist auch so gekommen, aber ca. 10-20 Jahre später als vorhergesagt.

Ich bin ein Woodstock-Kind und meine Jugend als Hippie ab Ende der 60er war die schönste Zeit meines Lebens. Da waren Montini-Steine und Matchbox-Autos längst nicht mehr aktuell.

Es war damals nicht besser als heute, es war.... anders. Nur Drogen o. THC hab ich nie genommen. Und die Beatles mochte ich auch nicht. Aber sehr gerne Steppenwolf, CCR, Janis Joblin, Jimi Hendrix, Beach Boys, etc. Und meine Haare waren damals gut ein Meter lang.

Mit 13 hatte ich meine erste Freundin, wir blieben sechs Jahre zusammen. Ab der Zeit rauchte ich auch Zigaretten, vorzugsweise Supra.

Mit Freunden oft im Park Käse und Bugettes gemampft, Janis Joplin auf Klampfe gespielt oder einfach bei zB 'Piece of my heart' oder Uriah Heep's 'Easy living' mitgesungen.

Erste Mobilette gehabt, die jedoch bei hochfrisierten 80km/h schon nach 2 Monaten nen Kolbenfresser bekam. Die Folgemodelle wie Herkules, Kreidler,... brachte ich nur auf 40, wollte länger was von haben. Und war mal ein Nummernschild abgelaufen, die Nummern waren in der Folge in einer anderen Farbe, und ein Werdertaxi wurde gesichtet, einfach während der Fahrt ein Fuß vors Nummernschild gehalten und niemand merkte was.

Im Isetta, wo nach Bruch der Sitzverankerung Dreibein-Hocker stand, in jeder Kurve sind wir Teens dann fast umgekippt. Auch, weil man noch zum Abbiegen die Hand raus halten muste. Das man für die Dose einen Führerschein brauchte, ist mir bis heute unbegreiflich.

Trimm-dich-Pfade wurden von uns abends nur für Wetten ernst genommen, nach wieviel Bier noch jemand welche Geräte fehlerfrei genutzt werden konnten. Wer verlor, mußte die nächste Bier-Runde bezahlen.

Im TV mit "Walter & Conny" Englisch gelernt, Jahre bevor Englisch in der Schule aktuell war. Und immer zur nächsten Folge der Raumpatroille gefiebert. TV wurde aber eh nur erlaubt, wenn gute Zensuren geschrieben wurden.

Damals waren die Postleitzahlen kürzer, der Umgang mit Älteren und Polizisten respektvoller und die Gastarbeiter kamen noch aus Italien.

Massenhaft gemeinsame Zeltabenteuer erlebt und durchs Komasaufen vorgeglüht für die nächste (Dorf-)Party. Da machte ich auch die Erfahrung, morgens, noch nicht ganz nüchtern, besser nicht gegen einen Kuhdraht zu pinkeln.

Und wilden Federkrieg mit Freunden in aller Welt geführt, kennen gelernt durch Kontaktanzeigen in Comics. Unser WhatsApp der 70er. Nur die Freunde waren echt.

Bekam da auch meinen ersten Hund. Eine Promenadenmischung namens Fipsy.

"Schulmädchen-Report" im Kino geschaut, ab meinem 14. Lebennsjahr. Wenn man mit dem Sohn des Kinobesitzers befreundet war, ging das.

An Anti-AKW-Demos nie Teil genommen. Ich wußte darüber zu wenig, um mich da positionieren zu können. Und das blöde Gerede der Gegner war mir zu realitätsfremd, zu Holocaust-artig.

Ach ja, Züge, da gab's noch Abteile für sechs Personen, bzw drei, wenn die Fahrt länger dauerte und man schlafen wollte.

Und um billig an gespeicherte Musik zu bekommen, am Casettenrekorder immer die Finger auf der roten Taste zum mitschneiden. Einmal schickte ich dem Sender eine Morddrohung, weil der Moderator da ständig rein quaselte.

Und ich erinnere mich noch gut daran, daß der Zaun unseres Flughafen nur knapp ein Meter hoch war. Das änderte sich erst ab 1972.

Meinen ersten Kinofilm konnte ich mir mit 6 aussuchen. Die Wahl fiel mir nicht schwer: Entweder ein Bund-Film mit Mickey Mouse oder den schwarz-weiß "Mein Freund Harvey". Nie bereut, herzlich viel gelacht bei dem Film mit James Steward.

Mein Lieblingsfilm in meiner Jugend war jedoch "Spiel mir das Lied vom Tod", den ich nach dem zehnten Sehen fast auswendig kannte. So saß ich danach dann oft auf unserem Hausdach und schaute mit Dad's Fernglas den Film noch weitere 30 Male im Autokino an. Die jeweiligen Melodien pfiff ich dann selber.

CoDmY05  16.07.2023, 23:51
die Gastarbeiter kamen noch aus Italien

Ach schön. Du prangerst also an, dass Türken nach Deutschland kamen um hier zu arbeiten?

Gut, was machst du in Palästina?

Die Palästinenser bettelten die damalige britische Kolonialmacht keine Juden mehr in Palästina einwandern zu lassen. Und trotz der damaligen Obergrenze und dem Stopp der jüdischen Einwanderung, welcher durch die Briten beschlossen wurde, wanderten immer mehr Juden illegal ein und verübten sogar manchmal Anschläge auf britische Soldaten, die damals in Palästina stationiert waren.

Das heißt, manche europäische Juden, die die Briten in Deutschland retteten, reisten illegal nach Palästina ein und machten dort auch noch Randale.

UND DU, du bist gegen den Willen der Palästinenser in ihr Land eingewandert und beschwerst dich darüber, dass Türken LEGAL hierher kamen um zu arbeiten.

Unfassbar. Kann man sich nicht ausdenken

Quelle für meine Behauptungen bzgl illegale jüdische Einwanderunh ist der dritte Teil der Arte Dokureihe über Antisemitismus

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CoDmY05  17.07.2023, 00:03
@CoDmY05

Die Türken wurden eingeladen, die damaligen jüdischen Einwanderer hingegen wurden von der Generation meiner Oma des Landes verwiesen und waren trotzdem so dreist und setzten ihr Bleiberecht mit Gewalt durch

Wie kannst ausgerechnet DU dir das Recht herausnehmen legal eingewandert Arbeiter anzuprangern? Wird ja immer lustiger hier 🥲

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Als 84er Baujahr fiel meine Kindheit und Jugend in die 90er / frühen 2000er.

Joa, wie war das? Also, schon mal deutlich analoger als heute, allerdings mit stetiger Zunahme des Digitalen ;). Mein erstes Handy war ein Tastenhandy, das ich mit 14 bekam. Da hatten wir bereits seit ca. 2 Jahren einen Internetanschluss daheim - in langsam und super teuer, so mit Kosten pro Minute, nix mit Flatrate! Zudem noch so, dass man nicht übers Festnetz telefonieren konnte, wenn einer gerade im Netz war. Und das, was das Internet damals so zu bieten hatte, war jetzt auch noch lange nicht so viel wie heute. Allein schon, wenn man bedenkt, dass Google da noch nicht existierte und andere Suchmaschinen gerade erst in sehr rudimentärer Form allmählich aufkamen ;). Ja, da gab's noch gedruckte Bücher (!!!), in denen man Adressen von Websites finden konnte :D.

Das, wie gesagt, so zu Beginn meiner Teeniezeit. Als ich dann nach dem Abi auszog zum Studium, sah die Welt bereits komplett anders aus! Google, Wikipedia, StudiVZ als das erste soziale Netzwerk, was wir intensiv genutzt haben, MP3s, Filme und Games zum (zunehmend illegalen) Download, Flatrates - und somit hier schon nicht mehr wegzudenken aus dem Alltag!

Abseits vom technischen Aspekt war ich als Teenie mit so ca. 13/14 dann auch voll auf der Boyband-Schiene unterwegs ;). In Kombination mit meinem Engagement für unsere Schülerzeitung sowie dem Berufswunsch Journalismus hab ich hier sehr regelmäßig tatsächlich (mit etwas mütterlicher Unterstützung ;)) sogar Interviews mit N Sync und anderen Bands der Zeit führen können! Das hatte zudem den sehr positiven Effekt, dass dadurch meine Motivation und Freude am Englisch-Lernen sehr ausgeprägt war - und ich dadurch heute diese Sprache komplett flüssig lese, höre, schreibe und spreche.

Extrem einschneidend waren der 11. September 2001 sowie der Amoklauf in Erfurt 2002. Ich war da 16/17. 2000 war ich noch zum Schüleraustausch in den USA und auch in New York gewesen, wir standen in ständigem Kontakt mit unseren Austauschpartner*innen (per E-Mail) - und es war einfach nur unglaublich beängstigend, wo dieser Anschlag hinführen könnte! In Erfurt kannte ich flüchtig eine der Lehrerinnen, die dort gestorben ist, da wir bis kurz davor noch in Weimar, also "um die Ecke", lebten. Und ich ging da eben selbst noch zur Schule, wodurch sich das alles auch so wahnsinnig nah anfühlte und natürlich auch mit der Angst verbunden war, ob unter den eigenen Mitschüler*innen wohl jemand ist, der oder die sowas tun könnte...

Ansonsten war meine Kindheit und Jugend damals jetzt aber auch nicht sooo viel anders als heute, denke ich :). Auch wir haben Familienurlaub an Nord- und Ostsee gemacht. Auch wir mussten uns durch die Irrungen und Wirrungen der Pubertät kämpfen. Auch wir fanden Schule oft doof, sind nicht gerne früh morgens aufgestanden, haben uns irgendwie da durchgequält, weil muss ja ;). Auch wir hatten untereinander, mit Geschwistern und Eltern diverse Konflikte, die wir nicht immer optimal gelöst haben. Auch wir haben es mit den ersten Alkoholexperimenten übertrieben. Eben so, wie eine Kindheit und Jugend nun mal ist ;).

War schön. Nicht so verdigitalisiert, man ist noch raus gegangen zum spielen. Hat an der Tür bei Freunden geklingelt anstatt ständig am Handy zu hängen.. was jetzt leider automatisch so ist, bei mir auch 🙈