Wie war das Konsumverhalten der Menschen in den 1980ern?

Sanayejin  03.10.2022, 20:50

Von was für Konsum sprichst du? Luxuskonsum? Drogenkonsum?

wasawaswasswas 
Fragesteller
 03.10.2022, 20:59

Altäglicher Konsum allgemein

theCapsicum  03.10.2022, 21:48

Zum Tag der Deutschen Einheit: meinst du in Ost oder West damals?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Anfang der 80er u.a. Walkman, Roller Skates, Zauberwürfel. An Klamotten Jeans, Shirts, Turnschuhe, ähnlich wie heute, nur der Schnitt war halt etwas anders. Neonfarben kamen in Mode, Netzshirts, man trug viele Accessoires (Ketten, Armreifen, Haarbänder, Nietengürtel, große Ohrringe), viel Glitzer. Eine Zeitlang dominierten breite Schulterpolster, kein so schöner Anblick. Dauerwellen waren angesagt, in erster Linie bei Frauen, aber teilweise leider auch bei Männern.

Man kaufte wöchentlich die Bravo, sammelte die Teile des Starschnitts, im Zimmer hingen die Poster der Lieblingsstars, man hörte viel Musik, sah fern (Mitte der 80er kamen dann auch die ersten Privatsender), man ging ins Kino, traf sich mit Freunden in der Stadt, ging Shoppen. Naja, was man halt als Teenager so macht. Auf Internet und Smartphones mussten wir halt verzichten. Heute undenkbar, aber damals kein Problem. Weil was man nicht kennt, fehlt einem auch nicht.

Die 80er Jahre waren ein Jahrzehnt der Veränderung:

  • Aufkommen von Greenpeace als straff gemanagte Umweltorganisation mit professioneller PR-Arbeit wie ein Großkonzern
  • Gründung der Grünen Partei am 12./13. Januar 1980
  • Wandlung vom außerparlamentarischen Widerstand zur Änderung des Verhaltens im Alltag
  • Unterwerfung des Konsumverhaltens dem eigenen Gewissen
  • "Global denken, lokal handeln"

In den 60er und 70er Jahren versuchte die extreme Linke insgesamt eine Wandlung bzw. Umsturz der gesamten Gesellschaft mit marxistisch-leninistischer Prägung, jedoch ohne jeden Rückhalt in der breiten Bevölkerung.

Es herrschte beinahe Vollbeschäftigung, die Mehrheit der Bevölkerung WOLLTE Geld verdienen, sich Eigentum aufbauen, vom Wirtschaftswunder profitieren, konsumieren. Ein Auto hielt kaum 7 Jahre, dann war es komplett durchgerostet und wurde eben durch ein Neues ersetzt.

Der Slogan "Ex und Hopp" der Getränkeindustrie bezogen auf trinken und wegwerfen von Getränkedosen wurde damals keineswegs negativ aufgefasst. Die Mülldeponien wuchsen in den Himmel, der wenigste Müll wurde wiederverwertet.

Ein möglichst zweistelliges Wirtschaftswachstum war der Festisch dieser Zeit, man dachte Konsum ist gut und weil er der Wirtschaft nützt was widerum uns nützt.

Als der damalige Kanzlerkandidat Willy Brandt bereits 1961 im Wahlkampf die visionären Worte sprach "Der Himmel über der Ruhr muss wieder blau werden" wurde er ausgelacht, denn die rauchenden Schlote galten doch geradezu als Garant für das Wirtschaftswunder, undenkbar hierbei irgend etwas zurück zu drehen!!! Wenn man man morgens die Wäsche auf dem Balkon aufhing und diese abends schon wieder von herunter rieselnden Ruß schmutzig war empfand man als ganz normal.

„Der Himmel über dem Ruhrgebiet muss wieder blau werden“ war eine Forderung von Willy Brandt aus dem Jahr 1961. Brandt trat bei der Bundestagswahl 1961 am 17. September 1961 erstmals als Kanzlerkandidat seiner Partei, der SPD, gegen den damals 85 Jahre alten Konrad Adenauer an."

"Mit der Umschreibung „fast völlig vernachlässigte Gemeinschaftsaufgabe“ prangerte Brandt eine Art von Staatsversagen an. Das Umweltbundesamt schrieb in einer Pressemitteilung 2011: „Willy Brandts Forderung während seiner Rede am 28. April 1961 … kann zu Recht als der Beginn umweltpolitischen Denkens in Deutschland gelten. Damit rückte Brandt – lange bevor es die Begriffe Umweltschutz oder Umweltpolitik gab – ein regionales und bis dahin vernachlässigtes Problem ins Blickfeld gesellschaftspolitischer Debatten. Er machte aufmerksam auf die Schattenseiten des deutschen Wirtschaftswunders"

Erstmals aufkommende, sich auf das Wirtschaftswachstum beziehende warnende Stimmen wie das Buch "Grenzen des Wachstums" wurden als unrealistischer Idealismus abgetan Auf die Zerstörung der Umwelt bezogen gat die simple Devise, "wo gehobelt wird fallen Späne", der Zweck (Wirtschaftswachstum) heiligte die Mittel. Der Konsum-Motor musste laufen, koste es was es wolle.

rhttps://de.wikipedia.org/wiki/Die_Grenzen_des_Wachstumsgab

In den 80er Jahren machte sich vor allem bei gebildeten Gesellschaftsschichten wie z.B. Lehrern, Ärzten, Anwälten die Erkenntnis breit daß der ungehemmte Ressourceverbrauch auf Kosten der Umwelt ein Irrweg war.

Ein klares Konzept hatte niemand, die Motivation war die dass es so einfach nicht weiter gehen könne. Dies führte letztlich zur Gründung der Partei der Grünen 1980 und Zulauf für deutsche Umweltorganisationen wie dem BUND (1975 gegründet).

Anders als in den politischen Bewegungen Ende der 60er und 70er jahre ging es nicht mehr um gesamtgesellschaftliche Umstürze oder linke Ideologien, sondern ein starker Fokus lag auf dem persönlichen Konsumverhalten, es gab alle Schattierungen von bewussterem Konsum bis hin zu Konsumverzicht.

Die überwiegende Mehrheit änderte zwar zunächst nicht grundlegend ihr Konsumverhalten. Aber das zarte Pflänzchen des Umweltgedankens wuchs. Nur so war es denkbar, dass die CDU 1968 nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl ein eigenständiges Umweltministerium schuf.

Obwohl nach wie vor nur die "Ökos"ein grundlegend anderes Konsumverhalten pflegten, war der Umweltschutz damit in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Dies war Voraussetzung dafür, um umgehend teure und dadurch unpopuläre Massnahmen durch zu setzen, die größtenteils auf den heute noch politisch aktiven ehemaligen CDU-Umweltminister Klaus Toepfer zurückgehen:

  • Der Grüne Punkt/Gelbe Sack mit Verpflichtung der Industrie zur Erfassung der Einwegverpackungen und einem bestimmten Wiederverwertunggrad derselben
  • Dosenpfad und Pfand auf Pet-Kunststoff-flaschen
  • scharfe Abgasgesetzgebung für Kraftfahrzeuge
  • strenge Grenzwerte für Kohlekraftwerke erzwangen die Rauchgasentschwefelung bzw. Stlllegung älterer Anlagen
  • Zwang zu Wiederverwertung von Abbruchmaterialien wie Bauschutt
  • Schließung von Hausmülldeponien
  • strenge Grenzwerte für Müllverbrennungsanlagen
  • strenge Grenzwerte für Heizungsanlagen führten zum Austausch alter Kessel
  • Verbot der Dünnsäure-Verklappung in der Nordsee
  • Ausbau der Kläranlagen für die Verbesserung der Wasserqualität u.a. des Rheins, der heute keine Chemie-Kloake mehr ist
Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Das Konsumverhalten war nicht anders.

Was war bei Jugendlichen beliebt? Punk und Skateboards, Nutella und Turnschuhe, Pizza, Döner und Mc Donalds kam groß in Mode.