Wie stand der Nationalsozialismus zur Kirche?

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„Die Nazis und die Religion“
Runen, Okkultismus und deutsch-völkisches Christentum. Odin oder Wotan: Oftmals wird der Hauptgott der nordischen Mythologie als der Hauptgott des rassistisch-mythologischen Weltbilds der Nazis genannt.
Auch heute noch pilgern Rechtsextreme und Neo-Nazis zu alten Wikingerstätten und verehren die nordischen Mythen. Mit der Idealisierung der „alten Germanen“ entwarfen die Nazis eine fiktionale Gegengeschichte - historische Beweise für eine einheitliche, germanische Hochkultur gibt es bis heute nicht....
Die sogenannte Völkische Bewegung versammelte nicht nur nationalistisches, antisemitisches und antiliberales Gedankengut, sondern auch okkulte und spiritistische Strömungen, die rund um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert florierten. Im Rahmen der sogenannten Ariosophie fanden esoterische Elemente in die rassistische Ideologie Eingang. Esoterische Neigungen bedeutender NS-Politiker wie Heinrich Himmler, Rudolf Heß und des führenden NS-Ideologen Alfred Rosenberg sind bekannt und dokumentiert....
Die Vordenker der Nazis zimmerten sich eine Heilslehre, die zum einen bewusst als Gegenströmung zum Christentum eingesetzt wurde. Es sind Formen einer klassischen, sogenannten „Ersatzreligion“ erkennbar: An die Stelle christlicher Lebensfeste (u.a. Taufe, Firmung/Konfirmation, Trauung) werden Ersatzkulte gesetzt, Liturgien für den Körperkult entstehen. Zum anderen wurden aber wiederum ganz bewusst Elemente des sogenannten deutsch-völkischen Christentums in die Ideologie integriert....
https://religion.orf.at/v3/radio/stories/2949845/

Hitler hasste, gemäss seinem Adjudanten von Below, die P*affen. Himmler wollte keine bekennenden Christen in der SS.

Die Nazis tolerierten die Kirchen, wenn sich diese nicht gegen das Regime auflehnten. Die Deutschen Christen passten sich denn auch sehr an. Die Katholische Kirche rettete sich mit einem Reichskonkordat.

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/aussenpolitik/reichskonkordat-1933.html

Offen gegen die Nazis traten einzig die Bekennende Kirche auf. Hunderte Pfarrer wurden daraufhin verhaftet.

Im Mai 1936 richtete sie eine geheime Denkschrift an Hitler, die weit über kirchenpolitische Themen hinaus ging. Die Denkschrift prangerte die Verhaftung von bekennenden Geistlichen, aber auch die Existenz von  Konzentrationslagern (KZ) generell und den Terror der  Geheimen Staatspolizei (Gestapo) an und verwarf ausdrücklich die "nationalsozialistische Weltanschauung" und den staatlichen  Antisemitismus. Nachdem die Denkschrift im Ausland öffentlich wurde, bekannte sich die zweite "Vorläufige Kirchenleitung" in einer Kanzelverkündigung am 30. August 1936 auch in Deutschland zu ihr. Eine Welle von Verhaftungen wegen Landesverrats war die Folge. Allein 1937 wurden fast 800 Pfarrer und Kirchenjuristen der Bekennenden Kirche vor Gericht gestellt.
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/bekennende-kirche.html

Widersprüchlich wird es erst dann, wenn man die Kirchen selbst fragt. Denn ihre erhebliche Beteiligung an der Verbreitung der NS-Ideologie erkennen sie bis heute nicht an.

Die Mehrzahl aller christlichen Kirchen (evangelisch und katholisch) teilten sich in der NS-Ideologie in zwei Gruppen: Die Deutschen Christen und die Bekennende Kirche.

Dabei stellten sich die Deutschen Christen nicht nur selbst nicht die NS-Ideologie, sondern waren selbst ein signifikanter Bestandteil der NS-Ideologie. Sie propagandierten über Hitler und die Judenverfolgung in Gottesdiensten, behängten religiöse Gebäude mit NS-Flaggen und Wimpeln und animierten aktiv dazu, sich der NSDAP, der HJ und dem BDM anzuschließen.

Die Deutschen Christen machten über 95% aller Gemeinden aus, während nur die wenigsten sich der Bekennenden Kirche anschlossen. Ein bekannter Anhänger der Bekennenden Kirche war Dietrich Bonnhoefer.

Bodesurry  06.02.2023, 19:26
Die Deutschen Christen machten über 95% aller Gemeinden aus

Das kann ich mir nicht vorstellen, denn der Bekennenden Kirche gehörten 1/3 aller evangelischen Geistlichen an.

Bis Januar 1934 schloß sich ihm mit etwa 7.000 Pfarrern ungefähr ein Drittel der evangelischen Geistlichen im Deutschen Reich an. 
Allein 1937 wurden fast 800 Pfarrer und Kirchenjuristen der Bekennenden Kirche vor Gericht gestellt.
https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/bekennende-kirche.html

Wenn zeigt gerne mit dem Finger auf die Kirche. Vergessen geht dabei gerne, dass sich kein einziger Berufsverband für seine jüdischen Mitglieder stark machte.

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Hitler war Katholik nur auf dem Papier, denn von christlichen Werten wie der Nächstenliebe (insbesondere der Kirche) hielt er nichts. Sein mörderisches und menschenverachtendes Verhalten war mit dem Christentum überhaupt nicht vereinbar. Aus taktischen Gründen ist Hitler dennoch nicht aus der Kirche ausgetreten, dadurch hat er sich zuerst Wählerstimmen und später unter anderem noch Rückendeckung von den Kirchen gesichert. Das einzig an was Hitler wirklich geglaubt hat war, dass es die Juden sind, deren weltweite Verschwörung an allem oder wenigstens dem größten Teil des Unglücks dieser Welt schuld ist und diese ohne Rücksicht ausgelöscht werden müssen. Kinder, Frauen, Jung und Alt!

In gewisser Hinsicht hatten es kirchentreue evangelische Christen besonders schwer, ein kritisches Verhältnis zu Hitler und dem nationalsozialistischen Staat zu gewinnen, denn im deutschen Protestantismus der Weimarer Zeit war eine starke Sympathie für antidemokratische, antiliberale, nationalistische, volkstumsbezogene, (zumindest unterschwellig) antisemitische, autoritär-obrigkeitsstaatliche, führerbezogene und militaristische Einstellungen fast der Normalfall, jedenfalls weit normaler und selbstverständlicher als bei manchen nichtkirchlichen und vorwiegend kirchenfeindlichen Richtungen und Organisationen. Man vergleiche nur die demokratisch eingestellte deutsche Sozialdemokratie bis hin zu ihrer Verweigerung der Zustimmung zu Hitlers Ermächtigungsgesetz. Zwar besaßen die Christen das ideologiekritische Antidotum von Schrift und Bekenntnis, doch zeigt die Kirchengeschichte dieser Zeit, besonders seit August 1914, wie leicht Bibel und Bekenntnis dem manipulierenden und ideologisierenden Zugriff anheimfallen konnten und wie hemmungslos sie einer nationalistischen oder gar völkischen Religiosität dienstbar gemacht wurden. Die schuldhafte Verstrickung der evangelischen Christen, jene spezifisch religiös bedingte Anfälligkeit für faschistische und völkische Ideologien, wie sie besonders 1933 offenkundig wird, beginnt längst vor 1914 und reicht über 1945 hinaus. Es handelte sich um langfristig angelegte und wirkende Bedingungen, kontinuierlich sich durchhaltende und zugleich variable kirchlich-theologische Denkformen, Mentalitäten und Strukturen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus

Suche mal nach den Begriffen "Bekennende Kirche" und "Deutsche Christen", aber auch nach dem Reichskonkordat.