Wie kann man das Zustandekommen von Ruhe Potential erklären?

2 Antworten

Moin,

stell' dir mal folgende hypothetische Ausgangssituation vor (die gibt es so nicht, wir stellen sie uns nur vor):

  • Auf beiden Seiten der Membran gibt es gleich viele positive wie negative Ladungsträger (Natrium- und Kaliumkationen als Plusladungen sowie Chlorid- und Proteinanionen als Minusladungen).
  • Die Chloridanionen gibt es vor allem im Außenmilieu, dafür kommen die Proteinanionen nur auf der Innenseite vor.
  • Die Natrium- und Kaliumionen sind dagegen vollkommen gleichmäßig verteilt (außen und innen gibt es gleich viele Natriumkationen UND außen und innen gibt es auch gleich viele Kaliumkationen).
  • In der Membran gibt es nun ständig geöffnete Kaliumionenkanäle (also Porenproteine, durch die nur Kaliumionen wandern können; hin und her...).
  • Außerdem gibt es in der Membran noch Natrium-Kalium-Ionenpumpen (also spezielle Proteine, die Natrium- und Kaliumionen in einem Antiport durch die Membran schleusen und zwar immer drei Natriumionen von innen nach außen und zwei Kaliumionen von außen nach innen).

Soweit, so klar?! Also selbst wenn es dieses Szenario gäbe (was es nicht tut, aber selbst wenn...), dann würde sich dennoch ein Ruhepotenzial einstellen! Warum? - Nun schauen wir, was passieren würde:

Wenn die Natrium-Kalium-Ionenpumpen anfangen zu arbeiten, dann werden ja immer drei Natriumkationen hinaus befördert, aber nur zwei Kaliumkationen hinein. Das führt zu zweierlei: einerseits entsteht dadurch ein Konzentrationsgefälle, weil sich ja durch das Hinausbefördern der Natriumkationen diese Ionensorte außen ansammelt, während das Innenmilieu immer weniger Natriumkationen enthält. Das würde auch passieren, wenn die Ionenpumpe gleich viele Natrium- und Kaliumkationen befördern würde. Dafür sammeln sich im Inneren mehr Kaliumkationen an, wenn das Gefälle auch nicht ganz so stark ist wie bei den Natriumkationen.
Aber darüber hinaus baut sich auch noch ein Ladungsgefälle auf, denn die Natrium-Kalium-Ionenpumpe befördert ja tatsächlich drei Plusladungen (Natriumkationen) hinaus und holt dafür nur zwei Plusladungen (Kaliumkationen) hinein. Das bedeutet, dass sich die Plusladungen außen anhäufen, während im Innenmilieu die Minusladungen (in Form der Proteinanionen) überwiegen.

Das bedeutet, dass es allein aufgrund der Tätigkeit der Natrium-Kalium-Ionenpumpe sowohl zu einem Konzentrationsgefälle (außen viele Natriumionen, innen wenige, außen wenige Kaliumionen, innen viele) als auch zu einem Ladungsgefälle (außen mehr Plusladungen, innen mehr Minusladungen) kommt.

Aber das ist noch nicht alles. Da sich ja im Innenmilieu die Kaliumkationen anhäufen, kommt es zu einer zusätzlichen Auswanderung der Kaliumkationen durch die ständig geöffneten Kaliumionenkanäle. Das liegt einfach daran, dass durch diese Kanäle Kaliumionen immer hin und her wandern können. Das tun sie auch. Aber wenn es auf einer Seite viel mehr Kaliumionen gibt, so wandern sie rein statistisch mehr von dieser Seite auf die andere als umgekehrt (Osmose).
Das bedeutet, dass also zusätzlich das Ladungsgefälle dadurch verstärkt wird, dass durch das häufigere Auswandern von Kaliumkationen noch mehr Plusladungen in Außenmilieu kommen und die Innenseite noch negativer wird.

Irgendwann erreicht das Ladungsgefälle aber einen Wert, an dem die positiven Ladungsträger (Natrium- oder Kaliumionen) von der Innenseite so stark elektrostatisch angezogen werden, dass nun auch wieder Kaliumkationen öfter ins Zellinnere einwandern.

Das bedeutet, dass das Konzentrationsgefälle die Kaliumkationen auswandern, das Ladungsgefälle dagegen wieder einwandern lässt. Dadurch kommt es zu einem dynamischen Gleichgewichtszustand. Gleichgewicht, weil immer dann, wenn ein Kaliumkation gerade durch einen Ionenkanal auswandert (aufgrund des Konzentrationsgefälles) ein anderes Kaliumkation durch einen anderen Ionenkanal wieder einwandert (aufgrund der elektrostatischen Anziehung durch das Ladungsgefälle). Und dynamisch, weil das System ja nicht still steht, sondern ständig Kaliumkationen die Seiten wechseln. Und genau das ist der Moment des Ruhepotenzials! Es herrscht dann folgende Situation:

  • Außen viele Natriumkationen, innen wenige (Konzentrationsgefälle).
  • Außen weniger Kaliumkationen, innen mehr (Konzentrationsgefälle).
  • Außen viele Chloridanionen, innen wenige.
  • Außen keine Proteinanionen, innen viele.
  • Außen mehr Plusladungen, innen mehr Minusladungen (Ladungsgefälle).
  • Kaliumkationen wandern gemäß dem Konzentrationsgefälle durch die ständig geöffneten Kaliumionenkanäle aus.
  • Kaliumkationen wandern gemäß dem Ladungsgefälle durch die ständig geöffneten Kaliumionenkanäle wieder ein.
  • Im Ruhepotenzial geschieht die Ein- und Auswanderung der Kaliumkationen gleich häufig (dynamisches Gleichgewicht).

Du siehst, es würde sich auch denn ein Ruhepotenzial einstellen, wenn die Ausgangslage eine völlige Gleichverteilung von Ladungen und Kationen wäre. Allein durch die Tätigkeit der Natrium-Kalium-Ionenpumpe sowie durch die Wanderbewegungen der Kaliumkationen durch die ständig geöffneten Kaliumkationenkanäle.

Und was haben nun noch die Werte in der von dir geposteten Tabelle damit zu tun?

Na ja, du erhältst hier folgende Informationen: Erstens siehst du die Verteilung ausgewählter Ionen innen und außen.
Außerdem siehst du aber auch, wie oft eine bestimmte Ionensorte die Seite wechseln kann (Permeabilitätskoeffizient). Da siehst du, dass Natriumkationen so gut wie gar nicht durch die Membran kommen (Koeffizient 0,04). Die Durchlässigkeit für Kaliumionen ist dagegen riesig (1,0). Kein Wunder, denn es gibt ja die ständig geöffneten Kaliumionenkanäle, durch die ein Kaliumkation stets die Seiten wechseln kann.
Chloridanionen können ab und zu auch die Seiten wechseln (0,45). Aber die großen organischen Anionen können das gar nicht (0,0).

All das passt gut zu dem, was ich dir gerade beschrieben habe...

Alles klar?

LG von der Waterkant

Durch die Natrium-Kalium-Pumpe und die Permeabilität (Durchlässigkeit) der Membran: Höhere Na⁺-Konzentration außerhalb der Zelle, höhere K⁺-Konzentration innerhalb der Zelle als außerhalb. Die Natrium-Kalium-Pumpe hält den Konzentrationsgradienten sorgt dafür, dass die Ionenkonzentrationen aufrechterhalten werden, die für das Ruhepotenzial nötig sind. Dabei pumpt sie ununterbrochen 3x Na⁺ nach außen und 2x K⁺ nach innen. Zudem kommt die selektive Permeabilität, wodurch die K⁺-Ionen relativ leicht die Membran passieren können. Der Ausstrom von K⁺-Ionen nach außen führt zu einer negativen Ladung im Inneren der Zelle, was das Ruhepotenzial von etwa -70 mV erklärt :)

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Kurz vor der Bachelorarbeit