Wenn man zum Vater den Kontakt abbricht. Wer hat Erfahrung damit?
Zu meinen Vater hatte ich in meiner Kindheit ein mittleres bis gutes Verhältnis. Doch dann im Laufe und als er noch mehr Kinder bekam, fing er an streng zu mir zu werden, war nie für mich da wenn ich Probleme in der Schule hatte oder wenn ich arbeitslos war. Ihm war praktisch immer seine Arbeit und seine Sauferei wichtig, aber um seine Kinder hatte er sich nicht richtig gekümmert. Jetzt hat er sogar Krebs (er ist auch Raucher) und denkt nicht daran damit aufzuhören oder einen Entzug zu machen. Zwar gab es Zeiten wo er mit uns was unternommen hat, doch moralisch gesehen war er für uns bzw mich nie da. Zuletzt hat er sich nur gemeldet als ich Corona hatte und seitdem nicht mehr. Zum Geburtstag habe ich ihn ne SMS geschrieben aber er hat nicht mal darauf Danke gesagt. Somit besteht seit Ende März kein Kontakt mehr.
Hat jemand von euch Erfahrungen? Lasst es mich wissen.
4 Antworten
Kann deine zweifelnde Emotionalität nachvollziehen, denke aber, für eine Auf-und Abrechnung ist abgesichts der Erkrankung deines Vaters einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Du scheinst eine Entschuldigung zu erwarten sowie eine Einsicht und Änderung seines Suchtverhaltens. Das ist aber alleine seine Sache, ob er von seinen Süchten lassen mag und kann. Außerdem ist es immer recht kompliziert, die Vergangenheit im Verfahren gegenseitiger Vorwürfe aufzuarbeiten. Das funktioniert in der Regel so nicht. Wenn man den Kontakt erneuern möchte, muss man es schaffen, sich in einer relativ neutralen Atmosphäre zu begegnen. Das geschieht übrigens sehr oft am Sterbebett…
Von daher solltest du versuchen, deine Wut in Verzeihung umzuwandeln. Erinnere dich an schöne Gemeinsamkeiten, denn die gab es auch, sagst du. Gewiss weiß dein Vater, dass er viel falsch gemacht hat, vielleicht hat er aber einfach Angst vor der Konfrontation und Erinnerung. Vielleicht trinkt er auch deshalb, wer weiß, denn anscheinend war er mit vielen Sachen überfordert. Bedenke, du hast noch dein ganzes Leben vor dir, aber seines geht zu Ende. Mach Frieden mit ihm, denn irgendwann ist es zu spät dafür.
Ich habe auch vor ca 13 Jahren den Kontakt zu meinem Vater abgebrochen und habe es nie bereut, weil sein Verhalten sich nie verändert hat. Das gute Verhältnis zu meiner Mutter hat mir immer gereicht, auch wenn man bestimmte Gefühle vermisst und generell die Männer, die man kennenlernt mit seinem Vater vergleicht und Angst hat, dass sie genauso sind wie er. Man muss auf jeden Fall so einen Verlust verarbeiten. Nach einem bestimmten Alter ändern sich Menschen einfach nicht, selbst wenn sie es für ihre Kindern tun würden.
Ich hatte 6 oder 7 Jahre keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Eines Tages kam meine Halbschwester aus Österreich zu besuch zu ihm, fand so herraus das er Krebs hatte und kontaktierte mich damit wir uns nochmal sehen und vielleicht versöhnen können.
Wir haben uns getroffen und gequatscht. An seinem Geburtstag hab ich angerufen und ihm gratuliert. Dann kam er auf die Palliativstation. Da hab ich ihn das letzte Mal gesehen. Keine 4 Tage später war er tot.
Das ist mitlerweile 4 Jahre her. Ich weine immernoch jedes Mal wenn ich an ihn denke oder Bilder von ihm sehe.
Hast du schon mal mit ihm darüber gesprochen? Rede mit ihm, er ist dein Vater und von dem hast du nur einen. Ich habe meinen im April verloren und du kannst mir glauben: Bereinige alles was zwischen euch steht und versuche wieder ein Verhältnis aufzubauen. Selbst wenn er nicht drauf anspringt, aber du hast es versucht. Ansonsten wirst du es irgendwann bereuen, wenn er nicht mehr da ist.
Es geht nicht darum, dem Vater einen Gefallen zu tun, sondern sein inneres Kind zu heilen. Mein Ratschlag ist überhaupt nicht ungeheuerlich, sondern relevant für das eigene Seelenheil. Alles andere führt in die Verbitterung. Selbst wenn man nichts erreicht, hat man es versucht und nur darauf kommt es an.
Mit ihm ist nicht zu reden. Wenn man ihm drauf anspricht gibt er entweder keine Antwort, meint "das geht dich nix an", oder wird ausfallend.
Sorry nein, ich habe meine Entscheidung nie bereut.
Leute die in guten Familien aufwachsen können nie verstehen was Kinder erleben, wenn sich die Eltern nicht kümmern.
Ich empfinde es als ungeheuerlich solche Ratschläge zu erteilen, wenn man nicht im Entferntesten weiss, was vernachlässigte Kinder durch machen.
Wenn dann müssen schon die Eltern die Initiative ergreifen, sicher nicht die Kinder.