Welche Ursachen hat solches Verhalten gegenüber dem eigenen Kind?

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Warum ...

Es macht mich immer traurig, wenn ich so etwas lese.

Weißt Du, in Deutschland musst Du einen Führerschein machen, um ein popeliges MOFA fahren zu dürfen. 25 km/h .... was könnte man da alles anrichten!

Aber ein Kind darf jede(r) in die Welt setzen und dann "schaun wir mal!".

Natürlich kann man niemandem untersagen, Kinder zu kriegen. Aber man könnte Bedingungen stellen, die gewährleisten, dass Eltern zumindest einmal GEHÖRT haben von Erziehung ...

rotesand 
Fragesteller
 15.03.2022, 17:06

Danke. Ja, das stimmt schon - und ich sage es mal so: Es geht um einen Jugendfreund, mit dem ich zur Zeit (wir sind um die 30) wieder intensiver Kontakt habe und der mir das alles von sich berichtet hat. Anfauchen, Drohen, häufiges Tadeln, öffentliches Demütigen (es wurde wohl immer erst das Fenster geöffnet, bevor er - ständig - "eine geschmiert" bekam, damit alle sehen und hören konnten, dass er "nicht brav" gewesen sei; wenn er vor Schmerz schrie und quietschte, lachte man ihn noch aus und sagte, er würde wie ein Schweinchen quieken) usw., das gehörte dazu.

Ich habe das als Kind öfters miterlebt, wenn ich bei ihm zu Gast war und bin deswegen eines Tages nicht mehr hin, weil es zu schlimm für mich war. Der Vater hat ihn bei jeder Kleinigkeit "abgeschmiert", auch wenn Freunde da waren oder Bekannte usw., es sollte jeder sehen, wenn er nicht "brav" war.

Der Vater hat ihn mit Riemen verdroschen usw., ich kann mich noch gut erinnern. Er hatte einen jüngeren Bruder, der immer gelobt wurde, während er selbst einfach anders war. Mir hat er neulich gesagt, der Vater hätte sich einen ganzen Kerl gewünscht, der Mädels flachlegt, den Ton angibt und schweigsam bestimmt, was gemacht wird - und das konnte mein Freund nicht, weil er ganz anders ist. Vorbilder fand er in diversen älteren Männern, die er heimlich traf und mit denen er Spaziergänge unternahm, Tierparks besuchte, Bücher besprach und Ehrenamtliches gemacht hat. Inzwischen arbeitet er wohl im Raum einer Kirche, hat selbst einen kleinen Jungen, den er sehr liebt.

Es gab wohl einen Pfarrer, der sich ihm angenommen hat - und zwar in der Weise, dass er ihm ehrenamtliches Engagement ermöglicht hat und ihm dabei half, Selbstbewusstsein aufzubauen. Auch auf der Schule war er sehr beliebt, wenngleich die Eltern immer sagten, er werde von allen ausgelacht. Er sagte mir mal, er wusste, dass sie im Unrecht sind, weil er es täglich andersrum erlebt und nicht denkt, dass alle ihn nur belügen.

Mir hat er neulich gesagt, er muss dem Vater so peinlich gewesen sein, dass er sich weigerte ihm eine Lehrstelle zu organisieren (was er gekonnt hätte) ... und als er dann durch eigene, mit dem Pfarrer zusammen verfasste Bewerbungen und entsprechenden Erfolg was lernte hieß es, er würde nicht genug Geld verdienen, andere hätten mehr.

Er arbeitet gerade wieder an seinem Selbstbewusstsein - das habe ich alles hinter mir und versuche ihm zu helfen, weil ich ähnliches vor ein paar Jahren (aus anderem Grund; ich war ein Ausländerkind, das oft lächerlich gemacht wurde ... deswegen brauchte ich auch lang die großen Autos wie den BMW 728i E38, von dem ich dir ja schon berichtet hatte) durchmachte und mit Erfolg absolvierte.

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PoisonArrow  16.03.2022, 09:22
@rotesand

Guten Morgen!

Gestern war ich schon off - sorry - daher kommt die Antwort erst jetzt.

Immer wieder schlimm, solche Sachen zu hören. Und es gibt sooo viele Familien, wo es so zugeht! Grausam.

Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich gerade gut zur Schule ging. Bis dahin hat mein Vater ebenfalls gerne mal eine Ohrfeige spendiert, wenn ich nicht spurte. Ok, das hat meine Mutter ebenfalls gemacht ... es war eben eine andere Zeit. Aber es war nun nicht dauernd.

Das, was Du beschreibst, ist schon deutlich Misshandlung und nicht nur "härtere Gangart". Wenigstens hatte er Menschen, die zu ihm gehalten haben und ihn aufgefangen, sich um ihn gekümmert.

Die Jugendämter kümmern sich viel zu wenig um solche Fälle. Und das war zu meiner Zeit noch viel schlimmer. Mutter und ich wohnen in einem Reihen-Wohnblock, eine Asi-Gegend vom feinsten ... egal, die Wohnung von innen war schön.

Direkt nebenan wohnte eine Familie, bei der so ziemlich alles schräg hing. Beide Eltern am saufen, 4 Kinder, die sich ein Zimmer teilten.

Es stank erbärmlich, wenn mal die Wohnungstür auf war, und man konnte die ewig unter Strom stehende Mutter schreien hören, die ihre Kinder eigentlich NUR anbrüllte.

Bei UNS war das Jugendamt alle paar Monate, um nach dem armen, verwahrlosten Jungen aus der zerbrochenen Ehe zu schauen.

Für das Desaster nebenan haben sie sich nicht interessiert. War ja ne intakte Familie! Erst als Kind #5 als Baby gestorben ist (unter der Decke erstickt), kam die Kripo und das Jugendamt und haben NICHTS unternommen. Tragischer Unfall - und weiter gehts!

Ein ehemaliger Arbeitskollege hat vor mehreren Jahren mit seiner Frau Pflegekinder aufgenommen. Sie war Erzieherin, eigene Kinder konnte sie nicht bekommen. Und so haben sie ihr Haus (einen Resthof) umgebaut, 2 Kinderzimmer geschaffen.

Dann ging alles schnell. Die Stadt fragte, ob sie auch 3 Kinder nehmen würden, denn sie hätten aktuell 3 Geschwister, die dringend vermittelt werden müssen.

Es gab dann noch 10.000 Euro Zuschüsse (für weitere Umbau-Maßnahmen) und wenige Wochen später bekamen sie "ihre" Kinder: 2 Mädchen 11 + 9 und einen Jungen 6.

Alter, bei den Geschichten wurde mir anders!

Die Mutter war Alkoholikerin im Endstadium. Schon morgens voll und dann mehrfach "ohne Karten", hilflos aufgefunden, saß nackt im Treppenhaus und hat in die Ecke geschissen usw.

Die Wohnung komplett verwahrlost, der Vater (gebürtig aus irgend einem arabischen Land) war zwar am arbeiten, aber ebenfalls am trinken und hat nach der Arbeit regelmäßig die ganze Familie verdroschen. Wenn es mal wieder eine unerträgliche Situation gab (dass er z.B. die Fernbedienung nicht finden konnte), setzte es Prügel.

Die Kinder hatten zahlreiche Narben, unter anderem Brandmale von auf der Haut ausgedrückten Zigaretten...

Der Junge stand bei meinem Kumpel vor der Tür mit einem Schuhkarton voll Spielsachen, mehr besaß er nicht ...
Wenn eines meiner Kinder heute ausziehen würde, wäre ein Übersee-Container schon etwas klein, um den ganzen Krempel da rein zu kriegen.

Die Kinder waren unterernährt und echt in schlimmem Zustand. Sie haben anfangs kaum gesprochen, haben sich versteckt, haben Essen unter der Bettdecke versteckt etc.

Erst viele Wochen später kamen sie aus sich raus, haben gelernt, dass ihnen dort nichts passiert, konnten auch mal lachen ...

Viel Arbeit, viel Zuwendung und Geduld ... um diese kleinen geschundenen Seelen wieder zu flicken.

Da wird einem erstmal klar, wie gut man es selber doch hatte.

Und in Deinem Fall, der 7er, den Du zwischendurch haben "musstest" - ich glaube, wir haben fast alle in dem Alter gerne einen dicken Schlitten gefahren und ne Runde auf den Boiler gehauen... das geht schon in Ordnung.

Fast jeder muss irgendwas verpacken / kompensieren, ein Erlebnis verdauen oder einen Material-Ausgleich schaffen für einen seelischen Verlust.

Manchmal sind es die dicksten SUV, wo dann Typen rausklettern, die gerade mal 1,70 m groß sind ... aha, der Ausgleich, die Stütze des Egos.

Es ist völlig normal, dass wir Menschen bei psychischen Defiziten gerne mal zur Anschaffung eines Luxusartikels greifen, und uns dann besser fühlen.

Und solange das noch klappt und es schicke Autos zu kaufen gibt ...so what^^

Wünsche Dir einen schönen Mittwoch!

Viele Grüße

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Das ist verbale Gewalt.

Verbale Gewalt gegenüber Kindern zeigt sich wie bereits erwählt in Zuschreibungen und Abwertungen, durch entwürdigende Bezeichnungen, öffentliches Demütigen, Bloßstellen, Drohen, Anschreien, Anbrüllen, Anfauchen, einschüchternde oder entmutigende Worte, Einjagen von Furcht, Entwertungen und häufiges Tadeln. Die Negation von Gefühlen, immer wiederkehrende Schuldzuweisungen, Anklagen, das Bagatellisieren oder Banalisieren, das Leugnen oder auch das „zufällige“ Vergessen sowie Befehle und verletzende Witze oder Scherze zählen zu den Formen der verbalen Gewalt.
Vielfach verwenden Eltern diese Methoden basierend aus der alten Tradition des autoritären Erziehungsstils heraus. Häufig weil sie selbst so erzogen worden sind und es einfach nicht anders kennen oder weil ihnen Alternativen fehlen und ihr Bezugsrahmen nicht erweitert wurde. Weil sie überfordert sind und aus ihrer erzieherischen Unfähigkeit heraus nicht anders handeln können. Leider kommt es auch vor, dass Eltern bewusst die Abhängigkeitsbeziehung ihrer Kinder ausnützen und in ausbeuterischer Weise ihre Macht als Erwachsener den Kindern gegenüber einsetzten. https://www.gewaltinfo.at/themen/2014_05/verbale-gewalt-an-kindern.php
rotesand 
Fragesteller
 15.03.2022, 16:58
Zuschreibungen und Abwertungen, durch entwürdigende Bezeichnungen, öffentliches Demütigen, Bloßstellen, Drohen, Anschreien, Anbrüllen, Anfauchen, einschüchternde oder entmutigende Worte, Einjagen von Furcht, Entwertungen und häufiges Tadeln

Passt alles. Danke!

Es geht um einen Jugendfreund, mit dem ich zur Zeit (wir sind um die 30) wieder intensiver Kontakt habe und der mir das alles von sich berichtet hat. Anfauchen, Drohen, häufiges Tadeln, öffentliches Demütigen (es wurde wohl immer erst das Fenster geöffnet, bevor er - ständig - "eine geschmiert" bekam, damit alle sehen und hören konnten, dass er "nicht brav" gewesen sei; wenn er vor Schmerz schrie und quietschte, lachte man ihn noch aus und sagte, er würde wie ein Schweinchen quieken) usw., das gehörte dazu.

Ich habe das als Kind öfters miterlebt, wenn ich bei ihm zu Gast war und bin deswegen eines Tages nicht mehr hin, weil es zu schlimm für mich war. Der Vater hat ihn bei jeder Kleinigkeit "abgeschmiert", auch wenn Freunde da waren oder Bekannte usw., es sollte jeder sehen, wenn er nicht "brav" war.

Er arbeitet gerade an seinem Selbstbewusstsein - das habe ich alles hinter mir und versuche ihm zu helfen, weil ich ähnliches vor ein paar Jahren (aus anderem Grund; ich war ein Ausländerkind, das oft lächerlich gemacht wurde) durchmachte und mit Erfolg absolvierte.

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Das kann alle möglichen Folgen haben ...

Ich denke das viele Kinder sich in sich zurückziehen und eine Opferrolle einnehmen die in den extremsten Fällen ein ganzes Leben lang andauert. Es gibt auch bei dieser Möglichkeit das Potential für Wut, die sich über Jahre hinweg in der Person staut. Aber ich denke in den meisten Fällen sind die Opfer schon so sehr an ihre Rolle gewöhnt das ein ausbruch eher unwahrscheinlich ist in meinen Augen.

Ich denke das einige Kinder unbewusst mit sich unzufrieden werden wenn sie so behandelt werden und anfangen sich selbst zu hassen. Eines Tages kann dieser Hass dann umschlagen und sich gegen jeden Anderen richten. Das ist extrem vereinfacht ausgedrückt und nur eine der Möglichkeiten.

Es kann auch ganz anders laufen, manche haben die Fahigkeit das Gute in der Welt oder ihrer Umgebung zu sehn, selbst wenn ihnen ihr eigenes Leben sozusagen zur Hölle gemacht wird. Dies sind meist sehr starke und gefestigte Persönlichkeiten, solche die dann auch später anderen helfen können mit ihrer Erfahrung, da es ihnen leichter fällt das Ganze etwas distanzierter zu betrachten.

Schlussendlich kann man nicht vorhersagen wie sich ein Mensch entwickeln wird. Manchmal reicht ein einziges Wort, ja sogar ein einziger Ton, ein Bild oder Blick, um in einem Menschen einen Gedanken heranreifen zu lassen der sein weiteres Denken und Handeln bestimmen wird. Das kommt natürlich ganz besonders in der Kindheit und den jungen Jahren vor.

Was bleibt zu sagen?

Was du nicht willst das man dir tut, das füge auch keinem Anderen zu !!!

Peace ;-)

Ich hatte eine Mitarbeiterin die die Jugendlichen den ganzen Tag in dem von Dir Geschilderten "bearbeitete". Sie war sogar noch überzeugt von ihren pädagogischen Fähigkeiten.

Ich trennte mich von ihr.

Für mich sind solche Menschen ihren Aufgaben nicht gewachsen bzw. vollkomen überfordert.

Die Folgen sind:

  • Kinder, die nichts dürfen, werden zu Erwachsenen, die nichts können.
  • Werden eingeschüchterte Erwachsene, ohne eigene Meinung.
  • Werden "Ja-sager".
  • Werden aggressiv und genauso.
  • Bekommen kaum eine Chance, ihre eigenen Erfahrungen zu sammeln.
  • Sind oft nicht in der Lage, ihren Alltag zu meistern.
  • Haben erhebliche Probleme im Berufsleben.
  • usw.