Welche Gründe gab es, die dazu führten, dass der Hexenwahn endete?

5 Antworten

Die beginnende Aufklärung war sicher dafür verantwortlich. Die zunehmende Säkularisierung.

Ich  kann die Geschichte nicht mehr 100 % rekonstruieren, aber es gab einen Anwalt (?) Schriftsteller (?), der den Prozess gegen Katharina Henoth beobachtete und dann, mutig, eine Streitschrift verfasste, die sehr viel beachtet wurde. Ich glaube, es war Graf Spee, aber man darf mich nicht darauf festnageln.

Diese Streitschrift hat viel zum Ende der Hexenprozesse beigetragen, aber sie fiel natürlich auch auf einen furchtbaren Boden, so dass die Saat aufgehen konnte. 50 Jahre vorher wäre vermutlich der Autor dieser Schrift selbst als Hexer hingerichtet worden.

Im 18. Jahrhundert setzte sich der Rationalismus, bedingt durch die Ideen der Aufklärung, immer stärker durch.

Die Frühe Neuzeit und vor allem das Mittelalter waren von Mystik und Aberglauben geprägt. Neben den Lehren der Kirche bestanden heidnische Rituale und Glaubensinhalte weiter, die allerdings teilweise christlich vereinnahmt worden sind (z. B. Weihnachten an Stelle des heidnischen Lichterfests).

Dieser Aberglaube war auch die Wurzel des Hexenwahns, den die Kirche ursprünglich sogar bekämpft hatte.

Diese Zeit ging vor ca. 300 Jahren langsam zu Ende, da das Denken der Menschen rationaler wurde.

Dahika  24.12.2016, 15:49

Das Mittelalter, also die Zeit vor dem Beginn des 15. Jahrhunderts war aber vom Hexenwahn noch relativ unberührt. Die Menschen natürlich abergläubig und glaubten sicher auch an Hexen, aber der eigentliche Hexenwahn trat erst viel später auf.

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vitus64  24.12.2016, 16:09
@Dahika

Das ist mir klar. Deshalb schrieb ich "Frühe Neuzeit und Mittelalter"

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OlliBjoern  26.12.2016, 02:03

Ok, es stimmt schon, dass die Kirche den Hexenwahn zum Teil bekämpft hatte. Allerdings sind es ja nicht nur sog. "heidnische" Vorstellungen (die gab es sicher), die eine gewisse Basis dafür schufen, auch im Alten Testament selber steht ja "eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen".

Aus christlicher Sicht gab es also Hexen. Gleichwohl war nicht jede einzelne Hexenanklage im Sinne der Kirche. Es gab ja auch viele Prozesse, die vor weltlichen Gerichten geführt wurden.

Die Mutter von Johannes Kepler wurde der Hexerei beschuldigt (was nichts mit der Inquisition zu tun hatte; zudem fand dies auf Betreiben eines weltlichen Vogts statt). Sie wurde zudem freigesprochen. Hier waren vermutlich sehr irdische Gründe die Motivation (eine geschäftliche Konkurrenz-Situation). Mithilfe eines solchen Prozesses konnte man einen unliebsamen Konkurrenten loswerden.

Wahrscheinlich sollte man unterscheiden zwischen der Inquisition (da ging es u.a. um Häretiker, Irrlehrer, dort waren auch viele Männer betroffen) und den kirchlichen und den nicht-kirchlichen Hexenprozessen (und bei den letzteren war die Kirche sehr wohl kritisch, denn dies war ja auch ein gewisser Kontrollverlust, den die Kirche wohl nicht gerne in Kauf genommen hatte).

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Ich meine, dafür gabe es eine Reihe von Gründen.

Die frühe und auch frühmittelalterliche Kirche verlachte Hexerei als Aberglaube, und wenn nicht, argumentierte sie, der christliche Glaube werde sich als stärker erweisen. Zu dieser Zeit wurden keine "Hexen" verbrannt, sondern Abweichler, die Ketzer (Katharer, Kreuzzüge)

Erst im Zuge der allgemeinen Hysterie aufgrund von Seuchen, Kriegen, Überbevölkerung, klimatisch bedingten Missernten und Unterernährung wurde massiv nach Schuldigen gesucht. Nachdem aber die Kreuzzüge in das heilige Land wegen andauernder militärischer Misserfolge ihre Anziehungskraft verloren hatten, wurde der Feind zunehmend im Inneren gesucht und gefunden:
Ketzer, Juden, Hexen.

Nachdem sich aber die wirtschaftliche Versorgungslage so langsam wieder auf dem nun niedrigeren Niveau der geschrumpften Bevölkerungsanzahl eingependelt hatte, nahm die Hysterie langsam wieder ab. Es gab nur noch eine geringe Anzahl arbeitsfähiger Menschen, jede Hand wurde gebraucht. Was blieb, war die unerbittliche Verfolgung durch die Inquisition, die so langsam den Menschen auf die Nerven ging, da durch sie die Bevölkerung weiterhin reduziert wurde und auch nicht zur Ruhe kam. Dazu kamen die modernen Gedanken der Renaissance, die schließlich zur Aufklärung führten.

Ich meine, die Kirche war auch diesmal schlau genug, die Zeichen der Zeit zu erkennen und ihre Gewaltherrschaft auf ein erträgliches Mindestmaß zurück zu schrauben.

Maxieu  24.12.2016, 21:58

Da gerät ja einiges durcheinander:

* Die sog. "Hexenverfolgungen" haben mit den Kreuzzügen Richtung Orient praktisch nichts zu tun. Der letzte relevante Kreuzzug war mehr als 300 Jahre her, als die Hexenverfolgung so richtig Fahrt aufnahm.

*Hexenverfolgung und - ausgerechnet - Über(!)bevölkerung hängen genau andersherum zusammen, als du behauptest.
Wenn man einen zentralen Kern der Motivation zu diesen Verbrechen erkennen will, ist es gerade der staatliche Wunsch einer Steigerung der Bevölkerungszahl.

Nachdem die Sache einmal ins Rollen gekommen war, haben sich zwar sehr unterschiedliche Interessen an diese Bewegung gehängt, so dass schließlich sogar ca. 1/3 der Opfer aus Männern
bestand - im harten Kern ging es aber wohl doch darum, den sog. "Weisen Frauen" die Kontrolle über die Geburten zu rauben, gerade um die Zahl der Untertanen zu steigern.

Alles gut nachzulesen bei: G. Heinsohn/ O. Steiger, Die Vernichtung der Weisen Frauen.

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Pudelcolada  25.12.2016, 04:10
@Maxieu

Nein, da gerät nichts durchenander, lies bitte meine Antwort genauer durch. Der erste Kreuzzug wurde gegen die Katharer, eine unliebsame christliche Kirche, geführt. Aus dem Wort Katharer entstand das Wort Ketzer. Schön wäre, wenn du nicht die Stichworte (also die Links) in der Klammer als am wichtigsten ansehen würdest, sondern den Absatz davor.

Einen staatlichen Wunsch nach Steigerung der Bevölkerung kann es im Mittelalter nicht gegeben haben, da ein Staat im heutigen Sinn nicht existierte. Wir reden von einer Zeit der gottbefohlenen Herrschaft, dem Ordo.

Ich fürchte, du hängst der Theorie an, die Inquisition sei allein aus Konkurenzangst vor den weisen Frauen ins Leben gerufen worden. Daher habe die katholische Kirche Heerscharen von Kräuterweibchen und Wiccas verbrannt, die mit ihrem Wissen um Heilkräuter, geheimer Tränke und ungefährlicher Abtreibungsmethoden der Priesterschaft Konkurenz gemacht habe.

Zuerst mal eines: Jeder, der behauptet, im Mittelalter oder Altertum hätte es irgendeine ungefährliche Abtreibungsmethode gegeben, ist nicht ganz bei sich. Auch heute ist kein Abort ungefährlich, geschweige denn ein Spaziergang.

Zweitens waren die Frauen, wegen denen angeblich die Hexenverfolgung so ungeheure Ausmaße annahm, sowieso Außenseiterinnen. Wegen einer Handvoll Hebammen soll die römische Kirche eine jahrhundertelange Verfolgung inszeniert und eine europaweite Ermittlungsbehörde installiert haben?
Ich bitte dich.

Es ging um etwas ganz anderes, um Häretiker, Abweichler im Glauben wie die fürchterlichen Geißlerzüge, um neuartige Bewegungen der Volksreligion wie die Wiedertäufer, um den ungebremsten und massiven Widerstand gegen Schisma und Simonie, um die Bekämpfung der Protestanten. Solche Widerstandsbewegungen und Aufstände gegen die Papstkirche mussten unbedingt niedergeschlagen werden, es ging um den Machterhalt. Und der war von den paar Kräuterweibchen und Einsiedlern sicher nicht gefährdet, nachdem ja sogar die Franziskaner gezähmt und schließlich in die Inquisition eingespannt worden waren.

Zum Thema Überbevölkerung:
Ja, durchaus. Nachdem Europa durch den hundertjährigen Krieg und mehrere Epidemien verwüstet worden war, hunderttausende gestorben waren, hielten jahrelange Missernten Einzug.
Flüchtlingszüge wurden an den Stadtmauern abgewiesen, Italien versank in Söldnerkriegen, Frankreich war unregierbar, die Fürsten des hl. römischen Reiches verheizten ihre Bevölkerungen in Kriegen. Arabische Piraten eroberten Süditalien, mehrere Päpste zu gleicher Zeit bekämpften sich gegenseitig, niemand wusste, ob der Priester der eigenen Gemeinde überhaupt rechtmäßig sein Amt ausübte. Herenlose Söldnerheere brannten ganze Landstriche nieder, erpressten ganze Fürstentümer. Und immer wieder die Pest.

Ja, Überbevölkerung, denn es gab nichts zu essen.

Selbst, wenn nur die Hälfte der europäischen Bevölkerung übrig war, solche Schätzungen gibt es, war sie hoffnungslos unterernährt, musste horrende Abgaben und Kriegsdienst leisten.

Ach, und zu deinem "Literaturhinweis", hier eine inhaltliche Recherche einiger Behauptungen des...äh...Werkes:
("der Holocaust an den Hexen" Maxieu, dein Ernst?
Diesen historisierenden Schrott willst du mir als ernstzunehmendes Sachbuch empfehlen? Glaubst du, ich bin dumm oder was?
Zitat einer Rezension: "Asatru zum Selberlernen")
http://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hexenwahn/aufsaetze/10.htm

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Der Kirche sind die Hexen ausgegangen.

Spaß beiseite. Aufklärung, Wissen und Wissenschaft haben dazu geführt dass die Menschen begriffen dass es keine Hexen gibt und dass der gesamte Hexenwahn nichts weiter als ein kirchlich induzierten Verbrechens war.