Was tun wenn Eltern erziehungstechnisch versagt haben?

6 Antworten

Zunächst sollte er sich mit diesen Dingen auseinander setzen. Sich von seiner Familie abzugrenzen ist sicher nicht verkehrt, allerdings sollte er sich zuvor seinen Problemen stellen, seinen Fokus einfach auf anderes zu verlagern ist ziemlich unnütz wenn die Probleme in ihm schon existent sind, das ist dann einfach eine Flucht vor sich selbst. Desweiteren ist an deiner Behauptung sicher etwas dran, dass die Eltern mit verantwortlich sind. Allerdings kann ich aus meiner Erfahrung sagen dass es eigentlich nie eine einzige Ursache gibt bei psychischen Störungen, es gibt sicher Schlüsselerlebnisse welche z. B. die Erkrankung zum Vorschein bringen. An sich ist es aber immer eine Verbindung von Faktoren welche biologisch (genetische Veranlagung, Hirnstoffwechsel usw.) , psychologisch(Persönlichkeit, Lern- und Tiefenpsychologischen Faktoren) und sozialen (Eltern, Familie, Arbeit, Freundeskreis, Wohnsituation usw.) bedigt sind und welche letztendlich eine Erkrankung im psychischen Bereich erklären. Zu sagen nur die Eltern sind schuld ist etwas vereinfacht und macht ihn selbst zu einem Opfer, was keinen Einfluss hat/hatte.

Eine psychotherapie kann helfen die Situation im innern zu ordnen, verdrängtes an die Oberfläche des Bewusstseins zu holen und sich der Zusammenhänge klar zu werden welche zur jetzigen Situation geführt haben. Das Problem was ich in diesem Zusammenhang aber erlebe, ist das viele Menschen einerseits Probleme entwickeln, die verdrängten Emotionen und Bewusstseinsinhalte (welche unangenehm sind) zuzulassen und anzunehmen, was als Wiederstände in der Psychotherapie sichtbar wird. Andererseits meinen viele auch im therapeutischen Zusammenhang die Verantwortung an den Therapeuten abzugeben, zu meinen ich rede mit dem und alles wird gut. Man muss sich aber halt auch selber mit den Thematiken welche hochkommen auseinander setzen, der Therapeut kann helfen das zugänglich zu machen, die eigentliche Arbeit, sich diesem zu stellen bleibt aber einem selbstb überlassen. Und das ist oft sehr anstrengend.

Aus meiner Sicht haben gerade Depresionen auch immer mit verdrängten Gefühlen zu tun. Wir werden in unserer Gesellschaft ja auch mehr oder weniger dazu angeleitet, gefühle wie Schmerz, Wut, Angst, Traurigkeit usw. nicht zuzulassen ("Ein Indianer kennt keinen Schmerz" usw.). Oft können unsere Mitmenschen nicht mit diesen Umgehen, weil sie mit sich selbst nicht im Reinen sind. Dann gibts gegen jedes Wehwechen eine Pille. Begenet man diesen Gefühlen jedoch mit Akzeptanz, akzeptiert sie also als einen Teil von sich und stellt sich ihnen macht man die Erfahrung, dass diese auf einmal verschwinden, stemme ich mich aber dagegen und verdränge sie ins Unbewusste, bleiben sie im Innern existent. Da sammelt sich dann ne Menge an und ihrgendwann reicht die kognitive Energie in Krisensituationen nicht mehr aus um die Verdrängung aufrecht zu erhalten, dann kommt alles hoch und man hat Depressionen weil all die Traurigkeit, die Selbstzweifel, die Angst usw. nun ins Bewusstsein drängen. Man kann etwas was in einem präsent ist nicht dadurch entkommen das man ihm aus dem Weg geht, es wird dich im wahrsten Sinne des Wortes bis zur Hölle und wieder zurück verfolgen.

Er sollte sich also die Zeit nehmen sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Neben Psychotherapie kann z. B. Meditation ein Mittel sein um besser mit sich selbst in Kontakt zu treten. Aber auch alle arten von Entspannung. Halt alles was ihn zur Ruhe bringt und ihm erlaubt mit sich selbst in Kontakt zu treten. Zumeist lenken wir uns nämlich lieber mit Dingen aus der Aussenwelt ab, gerade wenn es wehtut.

Ich finde er sollte zwar Selbstwertgefühl entwickeln, warum er jedoch sich von den Eltern fernhalten sollte, ist mir ein Rätsel. Gerade hier könnte doch ein gestärktes Selbstwertgefühl "ausgelebt" werden. Mit welchem Recht diagnostizierst Du die Schuld für Minderwertigkeit ausschließlich bei den Eltern ? Die schlimmsten Verursacher für Minderwertigkeit finden sich in der Gesellschaft. Schule, Lehrer, (Leistungsgesellschaft) etc.  Die Eltern machen zwar oft viel falsch - nur was dies im speziellem ist, kann glaube ich niemand definitiv sagen.

Depressionen sind oft selbst hausgemacht und viel bequemer sich darauf zu berufen als sein Glück zum glühen zu bringen und dann zu schmieden.  

Deeeenise6  16.09.2015, 16:56

Klar es könnten nicht nur die Eltern dran Schuld sein, viele Faktoren könnten da mit einspielen, jedoch scheint sich der Fragesteller sehr sicher zu sein.

Wenn also die Eltern aussschließlich Schuld an dem Befinden ihres Kindes sind, so funktionieren sie immer und immer wieder als Trigger für diese Person.

Das Kind möchte von den Eltern gelobt werden--- Eltern geben kein Lob --- Kind traurig

Das Kind muss also nun erstmal lernen, dass es die Eltern gar nicht braucht, das es kein Versager ist und alleine zurecht kommt. Findet man also wieder Fuß im Leben, dann braucht man das Lob der Eltern auch gar nicht mehr.

Kind ist es egal, ob es gelobt wird--- Eltern loben nicht--- Kind ist nicht traurig, da es lernte, dass es alleine zurecht kommt.

Eine gewisse Distanz ist also zumindest zum Anfang immer sinnvoll.

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Huflattich  16.09.2015, 16:59
@Deeeenise6

Depression  - wie leichtfertig heute gesagt wird "der ist depressiv" - nur weil man traurig ist.

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adianthum  17.09.2015, 10:14
@Huflattich

@Huflattich:

Kennst du die Definion von Depression?

Wikipedia:

Die Depression (von lateinisch deprimere „niederdrücken“) ist eine psychische Störung. Ihre typischen Zeichen sind beständig und eingeengt negative Stimmung und Gedanken, Verlust an Freude, Lustempfinden, Interesse und Antrieb, Verlust an Selbstwertempfinden, an geistiger Leistungssfähigkeit und an Einfühlungsvermögen. Diese Symptome, die auch bei gesunden Menschen zeitweise natürlich auftreten, sind in der Depression unverhältnismäßig verfestigt, dauerhaft und von den Betroffenen vermindert beeinflussbar.

In der Regel spricht man in unserer Arbeit von Depression, wenn der Zustand länger als 6 Wochen andauert. Ein gesunder Mensch hat innerhalb der 6 Wochenfrist diese Phase irgendwie in den Griff bekommen und zieht sich selber wieder da raus, Stück für Stück, ein psychisch demontierter Mensch schafft das nicht. Hormone spielen auch noch eine Rolle und Konditionierung und Resilienz.

Deine Aussage dazu ist ungefähr so nützlich, als würdest du zu einem Asthmatiker sagen: Was jappst du denn so, es ist doch genug Luft da!

Um Selbstwertgefühl auszuleben, muss man es erst einmal entwickeln.

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Huflattich  17.09.2015, 16:28
@adianthum

Ein gesunder Mensch hat innerhalb der 6 Wochenfrist diese Phase irgendwie in den Griff bekommen und zieht sich selber wieder da raus, Stück für Stück, ein psychisch demontierter Mensch schafft das nicht

Wenn jedoch ein gesunder Mensch ständig vorgelebt bekommt das er "krank" ist also es viel bequemer ist zu sagen ich bin depressiv - nehme ein paar Medikamente und gut ist es

Wird allein durch die Medikamente schon depressiv.Wenn ich mich so umschaue wer nicht alles krank ist nur weil es ihm suggeriert wird - da wird man bald selbst depressiv..Wenn Du englisch verstehen kannst solltest Du Dir das mal anschauen.

https://www.youtube.com/watch?v=hzvT0vy5cjE

Ich glaube, das ist viel Wahrheit über Depressionen Nun ja - wohl nicht nur - (m)eine

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scatha  08.10.2015, 22:16
@Huflattich

Ich habe mich auch mit Depressionen rumschlagen müssen, damals "gab es" sowas "noch nicht", jedenfalls war es nicht im öffentlichen Gespräch und ich wurde von meinen Eltern sehr häufig angegriffen weil ich nicht funktionierte, obwohl ich "doch so schlau" sei. Es war eigentlich erleichternd, als ich irgendwann davon lesen konnte daß es sowas wie Depression gibt, sozusagen eine Beruhigung, daß ich doch nicht ganz unnormal bin.
Von Suggestionen alleine bekommt man KEINE Depression ! Da muß so einiges mehr passieren. Ein negatives Selbstbild und unerfüllbare bzw. miteinander unvereinbare Forderungen von außen können aber durchaus Depressionen auslösen. Und selbst diese werden, gerade von Männern, oft versteckt bzw. nach außen hin abreagiert.

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adianthum  19.10.2015, 19:56
@Huflattich

@huflattich:

Wenn ich jetzt "ene janz fiese Möpp" wäre, würde ich dir mal eine Depression wünschen, damit du verstehst um was es geht. Aber das ist wirklich etwas, dass man selbst seinem ärgsten Feind nicht wünschen sollte.

Ich hab mir mal deine Seite angeschaut und frage mich jetzt, wie du in diesem Bereich arbeiten kannst, wenn du scheinbar unter einem Empathiemangel leidest.

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Huflattich  20.10.2015, 11:19
@adianthum

Ich hab mir mal deine Seite angeschaut und frage mich jetzt, wie du in diesem Bereich arbeiten kannst, wenn du scheinbar unter einem Empathiemangel leidest.

Ich denke da ich gerade die von Dir geforderte "Empathie" habe sind meine Klienten außerordentlich zufrieden .Sollte es sich um wirkliche Krankheit handeln, gehört diese ohnehin nicht in meine Beratertätigkeit. Derjenige wird von mir sofort zu einem Psychologen zur Behandlung empfohlen. 

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scatha  08.10.2015, 22:20

Niemand "beruft" sich freiwillig auf Depressionen, wenn er welche hat.

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Huflattich  20.10.2015, 11:23
@scatha

Warum denn nicht ?  Wer weiß denn definitiv ob er selbst betroffen ist.  

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Hallo StefanSt,

schön, dass du deinem Freund helfen möchtest !

Das, was du schriebst, kommt mir leider sehr bekannt vor, da ich (w, 19), selber gerade in der Lage bin.

Ist dein Kumpel denn gerade in psychotherapeutischer Behandlung? Sonst würde ich dir raten, dass du ihn vielleicht dazu bewegst nochmal eine Therapie zu machen, denn da sitzt eben ein Profi, der ihm viel viel besser helfen kann.

Ansonsten denke ich, dass du ihm helfen kannst, indem du ihn oft fragst, ob ihr etwas zusammen unternehmen wollt, geb ihm das Gefühl wichtig zu sein und das er mit dir über alles reden kann.

Natürlich denkt er oft über die Geschehnisse von Zuhause nach, da ist Ablenkung echt toll ! Eltern prägen ihre Kinder, sie konditionieren ihre Kinder auf ein bestimmtes Verhalten. Wenn man also immer gesagt bekommen hat, das man sowieso nichts kann und ein Versager ist, dann projeziert man das Gesagte auf das ganze Leben. Das Gefühl ein Versager zu sein wird nicht daheim bleiben, es verfolgt einen überall mit hin, egal wo, egal wie schön der Ort sein mag, an dem man ist.

Auch solltest du niemals versuchen ihm zu sagen: "Ach das was passiert ist, dass ist doch gar nicht so schlimm, anderen geht es viel schlechter"

Sowas habe ich auch schon erlebt. Zwar ist der Satz immer wieder gut gemeint, helfen tut der Satz aber nicht. Man fühlt sich eher schuldig und schwach dadurch.

Hab ein offenes Ohr, sag ihm, dass du auch einfach nur mal zuhörst, wenn er reden möchte und einfach da bist und das du GERNE für ihn da bist.

Auch wenn seine Eltern ziemlich schrecklich waren, er wird trotzdem versuchen immer noch sie zu beeindrucken, um vielleicht doch mal auch nur ein einziges positives Wort von ihnen zu ergattern. Das wird natürlich gar nicht, oder nur in den seltesten Fällen mal ausgesprochen.

Mir wird immer gesagt : "Sie können es ihren Eltern sowieso nicht recht machen, also leben sie ihr eigenes Leben, lassen sie sich nicht runterziehen. " (Therapeut)

Allerdings ist dies natürlich leichter gesagt, als getan, einfach weil man an diese Erziehungsmethoden gewöhnt ist. Ich versuche mir aber immer wieder dies in Gedanken aufzusagen. Es ist mein Leben, allein ich entscheide. Meine Eltern tun mir nicht gut, sie hatten all die Jahre Unrecht.

Langsam, aber sicher, beginne ich mich nun abzunabeln. Bald werde ich von Zuhause ausziehen (ist dein Freund schon ausgezogen, vielleicht wäre dies auch ein guter Schritt für ihn? Distanz soll sehr gut sein) und endlich mal anfangen zu leben.

Ich habe auch sehr große Versagensängste, bin schüchtern, habe psychische Probleme, aber wenn ich daran denke, was alles Zuhause passiert ist, dann kann ich nur nüchtern sagen: Hey, es kann nur besser werden.

Es ist ein langer Prozess der Besserung, wie lange musste auch dein Freund all das ertragen? Das kann man nicht alles in kurzer Zeit aufarbeiten.

Gib ihm ganz viel Zeit und eine wundervolle Freundschaft!

Allein das stärkt ziemlich.

Liebe Grüße, Denise

Zur Familie auf Distanz gehen. nicht mehr familiäre Dinge emotional an sich heranlassen, sondern als gegeben annehmen (Beispiel "die sind eben so, aber das hat nichts mit mir zu tun")

Familie kann man sich nicht aussuchen, Freunde schon. Also den Fokus darauf richten.

Deeeenise6  16.09.2015, 16:57

Deinen letzten Satz finde ich super !!

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Das wichtigste wäre erstmal, sich nicht als Opfer (seiner Eltern) zu definieren, sondern Eigenverantwortung zu übernehmen.

Wenn das geschehen ist, könnte vielleicht auch eine Psychotherapie wirksam sein.

scatha  08.10.2015, 22:19

Ich glaube daß jeder Depressive sich selbst helfen möchte.
Eventuell sind Muster, wie "ich möchte es ihnen heimzahlen" vorhanden. Aber die sind nicht ein Ausschlußkriterium für eine Therapie. Das einzige Ausschlußkriterium für eine Therapie ist, wenn sich jemand für "vollkommen" hält und unbelehrbar bleibt.
Mit dem Begriff "Eigenverantwortung" kann man eher abschrecken. Weil er oft mißverstanden wird.

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