Was tun, wenn andere auf den Job herabsehen?
Ich bin Gründerin und Inhaberin eines kleinen Bildungsunternehmens, das Nachhilfe für Schüler(innen) und Studierende, sowie Fort- und Weiterbildungen für Erwachsene anbietet. Ich selbst unterrichte dort vor allem, weil mir das am meisten Spaß macht. Mein Job ist zwar oft anstrengend, aber ich liebe es, zu unterrichten und als Chefin den Kurs meines Unternehmens selbst bestimmen zu können.
Bei anderen kommt mein Beruf aber gar nicht gut an. Meine Mutter und mein Stiefvater belügen andere Leute, wenn diese nach meinem Job fragen, weil ihnen mein wirklicher Job zu peinlich ist. Außerdem macht mir meine Mutter ständig Vorschläge, was für einen "richtigen" Beruf ich ergreifen könnte.
Wenn ich jemanden kennen lerne und wir auf das Thema Job kommen, schaut die andere Person häufig peinlich berührt zu Boden und wechselt das Thema, nachdem ich von meinem Job erzählt habe. Alternativ stammelt die Person vor sich hin und sagt etwas wie: "Du, ich habe da neulich eine Stellenausschreibung bei xy gesehen. Bewirb Dich doch da mal!" Manche Bekannten schicken mir sogar in regelmäßigen Abständen Links zu Stellenausschreibungen. Egal wie begeistert ich von meiner Arbeit erzähle - keiner scheint mir zu glauben, dass meine Firma keine Verlegenheitslösung war.
Ich verstehe das einfach nicht! Was ist denn an meinem Beruf sooo schlimm???! Meine Arbeit macht mir Spaß und ich verdiene nicht schlecht.
Ich bin diese Reaktionen sooo leid! Freunde sagen, ich solle nichts darauf geben und weiterhin mein Ding machen. Damit haben sie sicherlich recht, aber das Verhalten der anderen tut trotzdem verdammt weh.
Schonmal vielen Dank für Eure Antworten.
Meine Mutter und mein Stiefvater finden u.a. nicht gut, dass ich selbstständig bin. Darüber hinaus sind sie enttäuscht, dass ich nicht im Schuldienst geblieben bin. Ich bin ausgebildete Gymnasiallehrerin, habe den Schuldienst aber quittiert, weil ich dort unglücklich war.
Ehemalige Kommilition(inn)en aus dem Lehramtsstudium sehen mich wohl irgendwie als "gescheitert" an und halten mich für verrückt, weil ich auf den sicheren Schuldienst mit Verbeamtung verzichtet habe.
In der Schule und an der Uni galt ich als Overachieverin, von der immer alle erwarteten, dass sie eines Tages Professorin oder Wissenschaftlerin werden würde. Dass ich diesen Weg nicht eingeschlagen habe, enttäuscht. Leute, die ich neu kennen lerne, sind häufig auch aus dem Uni-/Wissenschaftsmilieu. Grundsätzlich fühle ich mich in dem Umfeld wohl, aber diese Leute verstehen überhaupt nicht, warum ich meinen beruflichen Weg eingeschlagen habe.
14 Antworten
'Meine Arbeit macht mir Spaß und ich verdiene nicht schlecht'
Das ist die Hauptsache. Warum die anderen so reden erschließt sich mir gerade nicht.
Ein Job der Spass macht und auch noch den Kühlschrank füllt - besser geht doch gar nicht.
Vielleicht kommunizierst du es deinem Umfeld nicht deutlich genug daß du zufrieden bist? Mach weiter und lass dich nicht nerven.
Die Frage ist wie du dich selber siehst / präsentierst.
Ich bin Nachhilfelehrerin oder
ich bin Unternehmerin und leite ein unabhängiges Bildungsinstitut.
Ein Institut (auch Institution) im Sinne einer Organisation kann eine kulturelle, künstlerische, wirtschaftliche oder wissenschaftliche Einrichtung der Lehre und Forschung sein.
Geh deinen Weg. Du hast dich mit guten Gründen gegen die Schule entschieden, fühlst dich in deinem Beruf und in deiner Firma wohl und verdienst Geld. Die Reaktionen deiner Eltern sind taktlos. Sie wollen offenbar um jeden Preis eine akademische Karriere sehen. Dieses Bild lähmt bei ihnen im Moment die elterliche Sensibilität dir gegenüber. Das kann sich ändern, wenn sie sehen, dass du erfolgreich und glücklich bist.
Auch die Bekannten zeigen menschliche Schwächen. Es fehlt an Herzensbildung, trotz akademischer Titel.
Was sagst du denn, wenn du jemandem von deinem Job erzählst, den du gerade neu kennenlernst? Ich könnte mir zumindest da vorstellen, dass du es evtl. falsch rüberbringst, da sich mir nicht erschließt was daran so verwerflich sein sollte.
Bei deinen Eltern spielt vielleicht, wie du auch schon sagst, etwas Enttäuschung mit? Wenn man dich schon als Professorin oder ähnliches gesehen hat und du nun einen anderen Weg gegangen bist, der nicht so sicher ist, wie eine Vollbeamtung, dann machen sich Eltern bestimmt schnell ihre Gedanken - natürlich zu Unrecht, wenn es wirklich so gut läuft, wie du sagst.
Meine Eltern hätten sich schon eine Verbeamtung auf Lebenszeit für mich gewünscht, weil sie Sicherheit für mich wollten. Ich komme aus dem Arbeitermilieu, wo viele prekär beschäftigt sind. Für meine Eltern wäre es ein Lottogewinn gewesen, wenn ich einen Job angenommen hätte, in dem ich niemals arbeitslos werden könnte.
An meinem derzeitigen Job finden sie wohl in erster Linie die Selbstständigkeit verwerflich. Unternehmer haben in ihrem Umfeld einen schlechten Ruf ("faule Ausbeuter, die andere für sich schuften lassen und davon gut leben"). Ich bin in gewisser Weise auf die Seite des Feindes gewechselt und ärgere mich maßlos über dieses Feindbild des faulen und ausbeuterischen Unternehmners. Viele Unternehmer(innen) in meinem Umfeld und auch ich schuften mehr als die gesetzliche Arbeitszeit, müssen wichtige Entscheidungen treffen und Verantwortung tragen. Das ist nicht so einfach, wie meine Familie sich das vorstellt.
Du bist Niemandem Rechenschaft schuldig! Und gerade jetzt in Coronazeiten kriegen Lehrer/ Schule und Nachhilfe wieder ´ne ganz andere Wertschätzung!
Mach Du Dein Ding und lass´Dich von den Dummschwätzern nicht beirren! Der Erfolg gibt Dir Recht!