Was passiert mit einem Erwachsenen, der als Kind, obwohl er nett zu seiner Mami war, trotzdem abgewiesen wurde, und nicht wusste, wie sich richtig verhalten?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Das kommt ein wenig darauf an, welche anderen Begleitumstände noch zu trafen. Solange das Kind abgewiesen wurde, aber der Vater das aufgefangen hat, muss nichts weiter passiert sein. Abgewiesen ist auch nicht gleich abgewiesen. Grundbedürfnisse müssten ja erfüllt sein, weil sonst das Jugendamt vor der Tür steht. Auch wird von Kita viel aufgefangen. Aber anhand der Kita kann man schon sehen was passiert wenn Kontaktlosigkeit vorkommt. Allerdings ersetzt eine Kita nie die Eltern und weitere Defizite werden aufkommen.

Ich habe derzeit einen Fall von einem Jungen der 3 Jahre alt ist und bald 4 wird. Ich nenne ihn mal Hans im weiteren Textverlauf. Wir sind eine Ganztags-Kita, von 6 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Bei uns gibt es Krippe, Kita, Hort und Tagesgruppen, sprich wir haben über 350 Kinder. Die Mutter liebt ihr Kind, das wird auch in der Abholsituation sichtbar, aber auf Grund der Lebensumstände der Familie ist es so, als sei das Kind abgewiesen, da es sich mehr in der Kita aufhält als zuhause und das seitdem das Kind 8 Monate alt war.

Hans wird von der Mutter um 7 Uhr gebracht und um 17.30 Uhr abgeholt. Das heißt, er sieht seine Mutter vielleicht 2 Stunden nach dem Aufstehen am Morgen, aber eher weniger und Abends vielleicht 2,5 Stunden bis er wieder ins Bett muss. Außer am Wochenende da ist die Kita zu. Das heißt er hat eine Quality Time von ca 4,5 Stunden am Tag und ist die restlichen 10,5 Stunden bei uns in der Kita. Ich bin als Erzieherin aber eigenverantwortlich, sprich ohne Kollegin und habe 19 Kinder, die meine Aufmerksamkeit erfordern. Das heißt, ich kann mich um Hans in einer 1 zu 1 Situation nur kurz kümmern.

Die Probleme die Hans zeigt (komme ich gleich zu) begannen schon in der Krippe. Hans kam zu uns als er 8 Monate alt war und hatte gleich von Anfang an so einen lagen Tag in der Kita. Sprich er ist mehr mit dem Kitapersonal zusammen als mit seinen Eltern. Wobei Eltern ist auch falsch. Der Vater macht eine Ausbildung in einem anderen Bundesland, er kommt alle 2 Wochenenden nach Haus.

Die Probleme von Hans zeigen sich wie folgt:

  • Hans spricht ein paar Brocken deutsch, ein paar Brocken indisch (Muttersprache der Eltern) und ein paar Brocken englisch (was er von der Mutter im Homeoffice aufschnappt, denn sie arbeitet auch wenn er daheim ist, sprich noch weniger Zeit fürs Kind) Das heißt ein fast 4 Jähriges Kind kann nicht mitteilen was es braucht, möchte, hat. Und er versteht auch Anforderungen nicht die ihm gestellt werden.
  • Für die Kontaktaufnahme nutzt er bei anderen Kindern schlagen, kratzen, beißen, streicheln, knuddeln - je nach Situation in der er sich befindet. Wobei er sich mehr in Negativsituationen betrifft. Als er noch jünger war, da betraf das nur die Kinder und ihn. Doch je älter er wird, desto mehr werde auch ich attackiert.
  • Hans ist sehr bedürfnisorientiert. Er kann nicht teilen. Muss er teilen, ändert sich der Tagesablauf während er noch in seiner Beschäftigung ist, dann artet das in Wutausbrüchen aus. Muss er nach 10 Mintuen vom Dreirad, weil vielleicht ein anderes Kind auch mal fahren möchte, erfolgt ein Wutausbruch.
  • Will er ein Spielzeug haben geht er zu dem Kind das dieses derzeit hat, versucht es wegzunehmen. Wehrt sich das Kind wird das nächstbeste größere Teil genommen, und so lange auf das Kind eingekloppt bis die das los lassen.
  • Seine eigenen Emotionen stehen im Mittelpunkt. Er erkennt auch wenn ein Kind weint und kann das im Einklang bringen mit seiner Welt. Weinen und Schmerz bei anderen erkennt er, und akzeptiert es auch solange es nicht seine Welt betrifft. Ist er der Auslöser für den Schmerz und das Weinen der anderen Kinder, so nimmt er dieses nicht wahr. Weil in seiner Situation will er jetzt zB das Spielzeug haben.
  • Bedürfnisbefriedigung und Orientierung seiner Bedürfnisse stehen im Mittelpunk.
  • Er ist fast 4 Jahre alt und benötigt eine Windel.
  • In Wutausbrüchen, bei denen er von den anderen Kinder separiert werden muss, neigt er zu Autoaggression. Er zerkratzt sich selber das Gesicht, er beißt sich die Lippen kaputt, schlägt sich selber ins Gesicht, schlägt mit seinem Kopf auf den Boden.
  • In letzter Zeit attackiert er bei Wutausbrüchen gegen den Erzieher, also gegen mich, was bei mir Ktatz und Bissspuren hinterlässt und blaue Flecken bis hin zu herausgerissenen Haaren. Was ich mir angewöhnt habe ist, das ich keinen Schmuck mehr trage, denn das ist Angriffsfläche.

Schlimm für Hans ist, dass die Mutter, obwohl sie ihn liebt, nicht für ihn da sein kann und auch das Problem nicht erkennt das Hans hat. Das die Problematik in der Elternbindung liegt wird nicht erkannt. Für die Mutter ist es ein Versagen der Kita, das das Kind so abgedriftet ist. Dabei war das Verhalten des Kindes schon in der Krippe sichtbar. Auch während des Lockdowns der vergangenen 2 Jahre hat sich in der Elternbindung zum Kind nichts getan. Sie hätten so viel Zeit gehabt. Ihn zB von der Windel zu entwöhnen, ihm diverse Dinge beizubringen.

Ihn in weiteren Bereichen, fernab des Verhaltens, einzuschätzen ist sehr schwer. Wir arbeiten nach dem Infans Konzept. Und da wird viel Wert auf Beobachtung und Sprache gelegt was die Dokumentation betrifft. Alle Lernschritte, welche sich über die Sprache definieren lassen, sind bei ihm nicht messbar.

Das nächste Problem das aufkommt ist die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und dem Gesundheitsamt. Das Amt kennt den Jungen, anhand von Fallgesprächen, aber die machen nichts. Die Eltern sehen keinen Handlungsbedarf. Und meine Chefin hat bei der Größe der Kita andere Sorgen, als dass ein Kind sprichwörtlich in den Brunnen fällt.

Was passiert mit einem Erwachsenen, der als Kind, obwohl er nett zu seiner Mami war, trotzdem abgewiesen wurde

In dem Fall den ich geschildert habe kann da vieles passieren, nicht nur das was du oben erfragt hast. Weil jeder seiner Symptome führen zu weiteren Problemen. Und es könnten auch andere Probleme vorliegen. Er war sehr früh in der Kita angemeldet was heißt, das er von der Mutter sehr schnell von der Brust entwöhnt wurde. Das kann einen Konflikt geben, er könnte dadurch ein Trauma bekommen haben und an einer oralen Fixierung leiden, was zB derzeit in seinem Spucken und beißen und sabbern in Wutsituationen sichtbar ist und sich im Alter noch ausprägen könnte in der Entwicklung hin zu einer manipulativen und suchtgefährdeten Person.

Des weiteren steckt er jetzt mit fast 4 Jahren noch in der Oralen Phase, was damit zu tun hat, das er vielleicht zu früh von der Brust entwöhnt wurde aufgrund von Nichtbeachtung, der Lebensumstände usw. Das heißt, die Anale Phase verschiebt sich nach Hinten oder wird sogar übersprungen. Die Anale Phase bezieht sich aufs Trocken werden. Kinder die von der Winden entwöhnt werden zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr experimentieren herum. Er ist noch lange nicht in dieser Phase. Ein Kind das in dieser Phase ist befühlt das Gesäß und experimentiert mit den Ausscheidungen durch anfassen und so weiter. Hans könnte eine Analexpulsive Persönlichkeit entwickeln. Das heißt, er könnte unordentlich werden, desorientiert und rücksichtslos gegenüber den Gefühlen anderer Menschen, was sich derzeit auch andeutet in dem Verhalten während er andere Kinder schlägt. Es zeigt keine Rücksicht auf die weinenden Kinder. Und er wird dann auch gegenüber Autoritäten rebellieren, was sich bei ihm auch jetzt andeutet, wenn auch noch schwach.

Diese hier angesprochenen Phasen kann man bei Freud nachlesen. Insgesamt sind es 5 Phasen die ich hier aber aus Zeitgründen und Textlänge nicht anführen kann. Alles im Allen sind das keine guten Prognosen für Hans. Und leider wollen es die Eltern vorzugsweise die Mutter, bei welcher Hans sich nach der Kita überwiegend aufhält, nicht wahr haben.

Und wer hat Schuld?

Meiner Meinung nach haben die Eltern und das System die Hauptschuld, weil die Eltern können an ihrer Situation nichts ändern, das heißt, selbst wenn der Vater die Ausbildung vor der Geburt des Kindes gemacht hätte, so wäre er heute von Morgens bis Abends unterwegs und auch die Mutter, welche Arbeiten muss. Die Art und Weise wie wir leben müssen um uns zu verwirklichen und zu leben müsste sich verändern. Kinder sollten mehr bei ihren Eltern sein können. Die Ganztags-Kitas und Ganztags-Schulen die lösen zwar das Problem der Betreuung, aber auf Grund der Masse der Kinder kann kein Einzelkind so gut betreut, erzogen und gebildet werden, als wenn die Eltern sich direkt mit ihrem Kind beschäftigen. Eine Kita arbeitet immer familienergänzend. Das heißt die Hauptlast liegt weiterhin bei den Eltern. Die meisten sehen das aber nicht. Für sie steht fest, ich gehe von Morgens bis spät Abends arbeiten um meinem Kind das zu leisten, also sollten die Einrichtungen auch das Kind anstelle von mir erziehen. Zum Glück denken nicht alle meiner 19 Eltern so. In einer Kita steht nicht das einzelne Kind im Mittelpunkt, sondern immer die Gruppe.

In der Regel sind Kinder, die von ihrer Mutter abgewiesen wurden Perfektionisten oder Totalversager. Da gibt es die volle Bandbreite, hängt natürlich von der individuellen Geschichte ab.

Die meisten Mütter lieben ihre Kinder zu einem gewissen Umfang, oder versuchen es zumindest, deswegen gibt es Ausschläge in beide Richtungen.

Schuld ist Niemand oder Etwas, wer sollte das sein? Soll das Kind auf seine Eltern zeigen, die wiederum das Produkt ihrer Eltern sind, das geht zurück zum Urknall, wenn du so willst. Das macht keinen Sinn.

Oder passieren die Dinge einfach, und wir haben keine Kontrolle darüber?

Alles Gute!

Nein. Schizophrene Psychosen sind meistens nicht durch eine schwierige Kindheit oder gar eine abweisende Mutter ausgelöst (diese Theorie ist längst widerlegt), heute versucht man ihre Entstehung durch das Diathese Stress Modell zu erklären: Die Veranlagung für schizophrene Psychosen wird vererbt, und die Schizophrenie bricht bei den Personen hervor, die auf Stress und emotionale Ereignisse (wie eine Hochzeit, einen Todesfall etc.) besonders empfindlich reagieren. Man könnte also (stark vereinfacht) sagen, dass Schizophrenie durch die Gene und hohe Sensibilität ausgelöst wird.

Was in der Kindheit passiert, kann durchaus zu psychischen Krankheiten führen. Wer Schuld hat ist egal. Jene Person muss sich selbst darum kümmern wieder gesund zu werden. (Therapie, Medikation, Arztbesuch, seine Einstellung ändern usw.)