Was nützt einem die Leitwährung?

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Wenn der Dollar Leitwährung ist, wird von den Spekulanten nicht gegen den Dollar spekuliert, denn in irgendeiner Währung wollen die doch ihre Gewinne festlegen. Darum hat die USA trotz extrem hoher Schulden einen leichteren Zugang zu Krediten und immer relativ günstige Zinsen auf die Staatsschulden. Als Leitwährung werden US-Schuldenpapiere von anderen Ländern als Reserve gehalten, sprich, diese Schulden verschwinden als Sicherung aus dem Forderungskreislauf. China hat ja schon damit gedroht, seine Reserve-Dollars auf den Markt zu werfen. Dann würden die Importpreise für die USA extrem in die Höhe schnellen. Das wird China jedoch nicht tun, weil sie sich damit ins eigene Fleisch schneiden, weil bei einem wirtschaftlichen Niedergang der USA China dorthin keine Waren mehr exportieren könnte. Da unsere moderne Welt auf extrem hohem Energieverbrauch aufgebaut ist und Öl immer noch der Hauptenergielieferant ist es für die USA von Vorteil, wenn Öl in Dollar bezahlt wird, weil sie dann keine Preisschwankungen für das wichtigste Wirtschaftsgut haben.

Fragen9899 
Fragesteller
 30.10.2014, 15:06

Das heißt, dass wenn sich zum Beispiel China weitere Währungsreserven in Dollar anlegt, dass diese Währungsreserven US-Schulden vernichten ? Danke für die Antwort !

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berkersheim  30.10.2014, 20:04
@Fragen9899

Vernichten ist zuviel. Sie sind noch da (könnten jederzeit eingelöst werden, womit die Chinesen drohen, wenn sie ihre Dollarbestände in den Verkehr bringen) aber aus dem aktuellen Geldverkehr sind die Reservedollars raus. Sie erhöhen nicht die Umlaufmenge Dollar, was sonst zu einer Abwertung des Dollar führen könnte. Das ist anders wie beim Sparbuch: Da arbeitet über die Bank nur jemand anderes mit dem Geld. Es ist wie mit einem riesigen Sparstrumpf unterm Kopfkissen, dieses Geld ist dem Verkehr auch entzogen.

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Fragen9899 
Fragesteller
 31.10.2014, 02:20
@berkersheim

Vielen Dank. Das bedeutet, dass solange der Dollar Leitwährung ist, die USA ihre Schulen aus dem Geldverkehr nehmen können. Und würde China ihre Dollars auf den markt werfen, hätte das einen Inflationseffekt für den Dollar und die Schulden wären wieder im Geldverkehr ? Das macht China aber nicht, denn es würde auch ihr Währung abschwächen ? Ich komme nochmal kurz zu meiner Frage über den ÖL- Handel zurück: Will ein Land ÖL kaufen, muss es sich dann erst Dollars bei der Fed/USA kaufen/leihen um sich welches kaufen zu können ? Und von diesem kauf profitiert dann wiederum die USA ? Danke im voraus !

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berkersheim  31.10.2014, 08:33
@Fragen9899

Wenn die USA als Leitwährungsland "Geld drucken", hat das nicht die gleichen negativen Wirkungen auf den Wert des Dollar wie bei anderen Ländern, weil ein Teil davon in den Reserven verschiedener Staaten "verschwindet". Wenn China Reservedollars in den Verkehr bringt, um den Dollar zu schwächen, schwächen sie fast die gesamte Weltwirtschaft und damit die Kaufkraft ihrer Kunden, denn China lebt vom Export. Ein Land, das Öl kaufen will, muss in der Tat Dollar halten, auch als Reserve. Der Dollar als Zahlungsmittel für das wichtige Energiegut Öl ist ein zusätzlicher Verstärker der Leitwährungsfunktion, weil es die Länder zwingt, Dollars in Vorrat zu haben.

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berkersheim  31.10.2014, 08:38
@berkersheim

Wenn ein Land Dollar halten muss, um seine Ölkäufe abzusichern, stützt das zusätzlich den Wert des Dollar. Denn wenn der Wert des Dollar sinkt, sprich, der Dollar wird günstiger, dann sind alle Länder mit Dollarbevorratung gut beraten, dann Dollar für ihre Bestände zu kaufen. Kaufen sie nämlich Dollars, wenn er teuer ist, hoch steht, ist das damit gekaufte Öl teurer in der Landeswährung und als Ausgleich dazu muss mehr exportiert werden. Wenn aber Länder zur Dollarbevorratung in Zeiten eines "fallenden Dollar" den Dollar kaufen, bremst das den Fall und kehrt die Bewertung wieder um.

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Fragen9899 
Fragesteller
 01.11.2014, 02:52
@berkersheim

Danke. Wenn ein Land Dollar kauft, läuft das dann so ab, dass zum beispiel Deutschland der USA Geld gibt mit zinsen und dafür Dollars bekommt ?

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berkersheim  04.11.2014, 11:40
@Fragen9899

Der Kauf und Verkauf von Devisen ist in der Regel eine Spezialabteilung der jeweiligen Zentralbanken, die dazu den Devisenmarkt verfolgen und entsprechend den von oben vorgegebenen Leitlinien die Devisenbestände der Zentralbank umschichten. D.h. die Bundesbank fragt am Devisenmarkt stärker Dollar nach, die sie dann zu den Wechselkursen mit Devisen umtauscht, die sie von anderen Ländern hält (z.B. Yen oder Euro). Dadurch erhöht sich die Nachfrage nach Dollar und dessen Wert steigt, wenn nicht andere Zentralbanken und Private am Devisenmarkt mehr Dollar anbieten, als die Bundesbank nachfragt.

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Wenn Deine Währung keine Leitwährung ist, dann sind Deine Staatsschulden als Staat nun mal eben auch nur Dein Problem: Von jeden 100 Talern Geld, die Du druckst und/oder als Staatsschuldschein begibst, musst Du Dich darum sorgen, wie Du alle 100 davon auch zurückzahlst / umschuldest.

Ist Deine Währung jedoch Leitwährung, dann wird sie faktisch auch im Ausland so eingesetzt, als wäre sie dort gültige Währung. Damit entsteht aber ein Ungleichgewicht, denn den Nutzen Deiner Gelddruckaktion hattest ja zunächst erstmal Du : Die anderen Staaten gebrauchen zwar Deine Währung auch, dürfen sie aber im Gegensatz zu Dir aber nicht drucken, sondern müssen sie von Dir kaufen.

Das führt dazu, dass Du von jeden 100 Talern Geld, die Du druckst und/oder als Staatsschuldschein begibst, Dich nur noch um einen Teil sorgen musst, den Du davon zurückzahlen / umschulden musst -Du exportierst mit dem im Ausland dauerhaft gebundenen Talern quasi auch dauerhaft einen Teil Deiner Schulden in das Ausland.

Beim US-Dollar geht man davon aus, dass auf die Art ca. 40% aller US-Schulden ins Ausland exportiert werden. bzw. andersherum ausgedrückt: Wenn die USA z.B. ein Fass Öl kaufen, dann zahlen sie zwar US$ 100, aber kosten tut sie das den Gegenwert von nur US$ 60. Kauft der doofe Michel dasselbe Fass Öl, dann muss er erst für ca. € 80 jene US$ 100 von den USA kaufen, über die er dann das Fass Öl kaufen kann. Die USA hat an diesem Deal also letztlich US$ 40 für lau verdient -eine sehr komfortable Situation..

(Im Umkehrschluss wird dann auch nachvollziehbar, warum die USA auch keine Skrupel im Umgang mit Ländern hatten (und haben..), welche diese Komfortzone bedrohen, in dem sie ihre Exporte nicht länger in US-Dollar abwickeln wollen: Irak unter Saddam Hussein, Iran, Russland, neuerdings in zunehmendem Masse auch China. Aber das zu vertiefen würde jetzt in eine politische Diskussion ausarten..)

Fragen9899 
Fragesteller
 04.11.2014, 18:43

Vielen dank für die Antwort ! Ich würde es trotzdem gerne vertiefen für mein Verständnis. Wenn Russland jetzt weiterhin mit China ÖL in Rubel bezahlt, heißt das was konkret für die USA ? Der Dollar wäre doch immer noch Leitwährung ? Danke im voraus !

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bitbuerster  04.11.2014, 20:05
@Fragen9899

Eine Leitwährung wie der USD stirbt nicht von heute auf morgen -das ist eher ein schleichender Vorgang. Dass Russland und China ihre Rohstoff-Geschäfte neuerdings per Rubel und Yuan tätigen, ist da quasi nur ein Puzzlesteinchen.

Konkret musste China früher erst einmal Dollars kaufen, um damit dann Öl bei Russland einkaufen zu können -und Russland musste umgekehrt diese Dollars dann wieder gegen Rubel verkaufen (oder realistischer, sie seinerseits in seinen Devisenreserven für zukünftige Geschäfte halten). So oder so mussten die beiden also Dollars haben. Für die USA war das natürlich klasse:

  • Druckmaschine anwerfen, Dollarscheine drucken.
  • Diese wertlosen Papierscheine gegen Rubel bzw. gegen Yuan verkaufen (oder sich dafür gleich Öl aus Russland liefern lassen und Computer aus China)
  • -voila, schon hat man sich als Leitwährungsemittent Wohlstand auf Kosten anderer erschaffen!

Problematisch wäre nun natürlich, wenn die ganzen "Dollarschuldscheine" wieder zurück nach USA kämen, also in dem z.B. die Russen damit amerikanische Waren einkaufen würden: Dann bekäme ja Russland einen "echten" Gegenwert und die Amerikaner im Gegenzug nur wieder ihre wertlosen Papierschnipsel. Aber weil der USD halt Leitwährung ist, passiert das längst nicht mit allen Papierschnipseln, sondern wie erwähnt nur etwa mit 60%, weil alle anderen Staaten immer wieder Bedarf für USD haben, so dass sie Devisenbestände darin halten (müssen).

Im Umkehrschluss bedeutet das eben, dass die USA quasi 40% ihrer Schulden ohne Gegenleistung ins Ausland verschieben können. Fällt dieser bequeme Bonus aber zukünftig weg, dann hat die USA ein doppeltes Problem:

  • zum einen ist der schöne 40% Bonus für die Zukunft weg -diese versiegende Geldquelle müssten die Amerikaner also wie alle anderen Staaten auch stopfen (durch Arbeit)
  • zum anderen strömen die ganzen nicht mehr gebrauchten alten Dollars nach USA zurück: Russland, China und alle anderen kaufen die USA leer, wofür diese also Waren ausliefern muss und dafür nur ihr wertloses Konfetti zurückbekommt. In USA gibt es dann also sehr, sehr viele Dollars -d.h.: Die USA liefe in ein gewaltiges Inflationsproblem
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Fragen9899 
Fragesteller
 16.11.2014, 18:50
@bitbuerster

Vielen Dank für Ihre Mühe ! Könnten Sie mir trotzdem nochmal einfach erklären, warum 40% der Schulen im Ausland sind ?

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bitbuerster  17.11.2014, 19:35
@Fragen9899

(Papier-)Geld ist wie gesagt ein Schuldschein, also ein Versprechen auf eine Leistung in der Zukunft dafür, dass man im Gegenzug heute etwas bekommen hat. Theoretisch könntest Du das ja auch: Du gibst Deine eigenen Schuldscheine aus, sagen wir mal ausgestellt in "Stunden Arbeitszeit von Fragen9899". Dann gehst Du Einkaufen -hier vielleicht ein Auto, da ein neuer PC, dort ein schöner Urlaub. Bezahlen tust Du das mit Schuldscheinen in Höhe von vielleicht 1000 Arbeitsstunden, gestückelt in 100 Schuldscheinen zu je 10h.

Immer wieder wird dann jemand zukünftig auf Dich zukommen, einen dieser Schuldscheine vorlegen und die Erbringung Deiner jeweils 10 Arbeitsstunden einfordern. Zwar wärest Du froh, wenn nicht alle Schuldscheine auf die Art zurück zu Dir finden, aber als "Normalbürger" wird Dir das kaum passieren: Der Autohändler, der PC-Verkäufer und der Reiseveranstalter werden alle ihre Gegenleistungen bekommen wollen.

Nehmen wir aber mal an, dass Deine Schuldscheine zur "Leitwährung" geworden sind, d.h.: Die Menschen beginnen, Deine Schuldscheine als allgemeines Tauschgut zu verwenden. Dann will vielleicht auch der Autohändler selber mal eine Urlaubsreise buchen -und der Reiseveranstalter will dazu in Form Deiner Schuldscheine bezahlt werden. In dem Fall muss der Autohändler nun aber einen Vorrat Deiner Schuldscheine vorhalten. Und der damit mal bezahlte Reiseveranstalter wird sich auch wieder überlegen, ob es nun wirklich sinnvoller ist, sie bei Dir vorzulegen und Deine Arbeitsstunden einzufordern -oder ob er diese Schuldscheine nicht lieber aufheben soll, um sich damit morgen z.B. einen neuen PC zu kaufen. In Summe bedeutet das, dass ein bestimmter Anteil Deiner Schuldscheine niemals zu Dir zurückkommt, weil er stattdessen ständig im Wirtschaftskreislauf als Währung zirkuliert.

Im Gegenteil: Der PC-Händler will sich vielleicht vergrössern und eine neue Lagerhalle bauen. Der Bauunternehmer will dafür mit 5000 "Stunden Arbeitszeit von Fragen9899" bezahlt werden. Die gibt's bisher aber gar nicht, denn in Summe hast Du bisher ja überhaupt nur Schuldscheine über 1000h ausgestellt! Man bekniet Dich nun also, dass Du bitteschön neue Schuldscheine ausgibst -und bietet Dir dafür alles möglich an. Vielleicht verpfändet Dir der PC-Händler seine Lagerhalle, bietet Dir ein Dutzend Laptops oder einen 24/7-Wartungsdienst für Deinen PC an: Alles nur, weil Deine Schuldscheine ja Leitwährung sind und von allen anderen als Währung nachgefragt werden! Je weiter die Wirtschaft also boomt und expandiert, desto mehr Schuldscheine von Dir werden nachgefragt -nicht, weil Menschen sie wirklich eines Tages bei Dir als Arbeitsleistung eintauschen wollen, sondern nur, weil jeder einen bestimmten Vorrat davon vorhalten will, um seine eigentlichen Geschäfte damit abzuwickeln.

Erfahrungswerte sagen nun eben, dass das so um die 40% Deiner Schuldscheine sind, die auf diesem Wege vom Markt dauerhaft "aufgesogen" werden.

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Bedeutung - kann man bei wikipedia unter LEITWÄHRUNG nachlesen:

Wird die Währung eines Landes außerhalb seiner Grenzen in großem Umfang zu Wertaufbewahrungs- und Transaktionszwecken genutzt, so hat dies große Vorteile für das Land: Seigniorage-Einnahmen, verminderte Wechselkursunsicherheit und verminderte Transaktionskosten.

Der Ökonom Barry Eichengreen von der Berkeley University wies 2011 darauf hin, dass die USA aufgrund des Leitwährungstatus des Dollars bis dato ein jährliches Leistungsbilanzdefizit von etwa 500 Milliarden Dollar anhäufen konnten. Das entsprach einem jährlichen wirtschaftlichen Nutzen von drei Prozent des amerikanischen Volkseinkommens.[3

Fragen9899 
Fragesteller
 31.10.2014, 04:24

Danke. Was sind Seigniorage-Einnahmen ?

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casala  28.11.2014, 02:47
@Fragen9899

Seigniorage-Einnahmen (vereinfacht gesagt: Gewinn durch Gelddrucken)

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Wenn alle Waren in Dollar gehandelt werden (Öl zum Beispiel) dann kann die Wirtschaft nicht abkacken, da alle Preise immer relativ zur eigenen Wirtschaft bemessen werden.

Würde der Euro die Leitwährung sein, und dieser dann im Vergleich zum Dollar teurer werden, dann können sich die US-Bürger das Öl nicht mehr leisten, auch wenn der Öl-Preis scheinbar nicht steigt.

hmmmmmmmmmmm  30.10.2014, 02:23

und der Saddam wollte da nicht mehr mitspielen....

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