Was ist die Vernunftsreligion?

19 Antworten

Ich kenne keine vernüftige Religion. Eine vernüftige Religion wäre eine, die es erlaubt, sich selbst zu hinterfragen und eine Religion, die auch andere Religionen neben sich als gleichberechtigt respektiert. Am weitesten in diese Richtung gehen vielleicht noch die "Bahai", die ich für relativ tolerant erachte und die nach meiner Kenntnis auch die Möglichkeit offen lässt, erst nach dem irdischen Dasein sich Gott zuwenden zu können. Als "Vernunfstglaube" (ist natürlich keine Religion) würde ich mit Abstrichen den Deismus betrachten.

Das Wort "Vernunftsreligion" ist ein Oxymoron.

Denn an etwas festzuhalten, wofür es keine guten Indizien gibt, geschweige denn Beweise, ist unwissenschaftlich und damit auch unvernünftig.

Synonym: Natürliche Religion hier der wiki-Artikel dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Nat%C3%BCrliche_Religion

Es soll den unverfälschte Kern aller religionen widerspiegeln. Hier die 5 Grundsätze:

  • Die Annahme der Existenz eines höheren Wesens
  • Die Pflicht, dieses zu verehren
  • Die Gleichsetzung der Verehrung mit moralischem Handeln
  • Die Forderung, Sünden zu bereuen und zu büßen
  • Der Glaube an göttliche Belohnung und Bestrafung

aus wikipedia

arevo  18.09.2012, 18:21

Ja, das sind die fünf postulierten Grundsätze, die von Lord Herbert von Cherbury, aufgestellt wurde und als wesentlich für alle Religionen angesehen wurden.

DIe ersten Postulate beziehen sich auf einen Gott. Die restlichen drei auf den Menschen in seiner Beziehung zu diesem Gott.

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pRiot  18.09.2012, 20:02
@arevo

das Problem ist nur: es nennt sich Vernunftreligion, weil es sich dabei angeblich nur um rationale eben vernünftige Argumente handeln soll. Also es soll nur den Kern behalten und alles nachträglich eingefügte "Beiwerk" welches ohne rationale Erklärungen Teil der verschiedenen Religionen und R.strömungen wurde, ablehnen. Dabei berufen sich die gründer auf die verschiedensten "Gottesbeweise", die aber allesamt keiner logischen Analyse standhalten. Der Anspruch kommt also nicht mit den eigenen Vorstellungen mit. Wäre die grundannahme in konjunktiv formuliert, so wie es bei einem Glauben logisch korrekt wäre, wäre alles in Ordnung. Die sog. Gottesbeweise einfach als Fakten an zu nehmen ist der erste und fundamentale grundirrtum dieser sog. Natürlichen Religion.

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solascriptura  19.09.2012, 00:35

@ pRiot: Mal was anderes: Könnte es sein, dass GF kürzlich eine Frage gelöscht hat wo wir vor wenigen Tagen diskutiert haben?

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pRiot  19.09.2012, 08:14
@solascriptura

-das passiert andauernd hier. es kommt auch häufig vor, dass einzelnne Beiträge gelöscht werden-ohne Mitteilung, ohne Hinweis.

gf.net ist in der hinsiucht ziemlich totalitaristisch ;)

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pheondiesn  19.09.2012, 17:24
@pRiot

Vor allem ist das auch nicht gerade intelligent ...

Wenn jeder User in einem Ordner seine gelöschten Beiträge sehen könnte, wüsste er, welche Art von Beiträgen nicht gewünscht sind.

Wie es jetzt ist, bekommt man meistens nichtmal mit, ob etwas beanstandet wurde.

Das heißt, der Lerneffekt hinter dem Löschen der Beiträge wird verhindert.

Die Logik dahinter verstehe ich einfach nicht.

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Es gibt eines der berühmtesten Werke des Philosophen Kant über die Vernunftreligion. Darin entwickelt er eine philosophische Religionslehre, die eine auf Vernunft beruhende Religion entwirft. Dazu gehören z.B. die Freiheit, die Unsterblichkeit der Seele und die Existenz Gottes, was zwar nicht beweisbar, aber dennoch vernunftmäßig zumindest angenommen werden sollte. Erst dann könne sich nämlich der Mensch erst als Wesen begreifen, dass im Stande ist, moralisch zu handeln.

Die christliche Religion hat durchaus eine rationale Struktur, auch wenn Glaube nicht das gleiche Wissen ist, wie man es in der Mathematik oder Physik z.B. erlernen kann. Aber er ist keine dunkle Sache, auf die man sich einlässt. Es gibt einsichtige Gründe, ihm anzuhängen, wir stürzen uns nicht in ein abergläubiges Abenteuer. Der Glaube fordert den Verstand heraus, denn ohne Verstand ist auch Glaube nicht möglich. Wohl ist Glaube nicht durchschaubar wie eine mathematische Formel, er greift in tiefere Schichten in das Mysterium Gottes. In diesem Bereich gibt es dann eine Grenze dessen, was man bloß denkend verstehen kann. Wir können schon einen anderen Menschen nicht ganz verstehen, weil das in tiefere Gründe hinabgeht, wir können letztlich auch die Struktur der Materie nicht verstehen, sondern immer nur bis zu einem bestimmten Punkt kommen. Umso mehr ist einsichtig, dass wir das, was uns in Gott und in seinem Wort entgegentritt, letztlich nicht dem Verstand unterwerfen können, weil es weit darüber hinausgeht. Zum Glauben gehört ein Lebensweg, indem sich das Geglaubte allmählich durch Experiment bewährt und in seiner Ganzheit als sinnvoll erweist. Eine erschöpfende Beweisbarkeit, wie sie in den Naturgesetzen gegeben sind, gibt es allerdings nicht.

Die Wirkung der großen wissenschaftlichen Erkenntnisse kann einerseits dazu führen, dass der Mensch darüber nicht hinausblicken kann. Weil er so viel weiß, kann er nur auf der Ebene des Faktischen weiterdenken und den Sprung ins Geheimnis nicht mehr fertigbringen. Er sieht nur noch das Greifbare. Und metaphysisch betrachtet wird der Mensch insofern dümmer. Auf der anderen Seite kann es aber auch so sein, dass gerade in der Größe der Anschauung, indem wir die göttliche Vernunft in vielfältiger Weise in der Wirklichkeit wahrnehmen dürfen, unser Gottesbild größer und weiter wird und wir mit noch größerer Ehrfurcht und Bewunderung vor ihm stehen.

PrDoofenschnirz 
Fragesteller
 18.09.2012, 21:15

Dankesehr! Das ist genau die Antwort nach der ich gesucht habe. Denn es ging mit auch genau um die Ansichten zur 'Vernunftsreligion' in der Zeit der Aufklärung und somit von Kant. Danke:-)

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McSteven  24.09.2012, 10:24

Wow, erstarrinehrfurcht!!!

Wieso darf ich eigentlich nur 1x DH vergeben?

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Dazu muß man ins England des 17.Jhdt. zurückgehen.Der Bürgerkrieg war gerade zu Ende gegangen. Die siegrreichen Royalisten, die das puritanische Schrecksregiment besiegten, erwärmten sich daher stark für den Atheismus. Andere Faktoren spielten auch noch eine Rolle.

Gewöhnlich wird natürliche Religion und Vernunftreligion gleichgesetzt.Die Anhänger der Naturreligion befürworten einen von der Hl.Schrift unabhängigen Glauben und begrenzten diesen auf Gott und Unsterblichkeit der Seele.

Die Deisten, forderten nur den Glauben an einen Gott, den sie manchmal unpersönlich und als synonym für Natur sahen .Der Ausdruck " DEIST" kam 1677 durch Edw.Stillingfleetss ** " Letter to a Deist "** in Umlauf.

Die deistische Literatur hat schon 1624 mit DE VERITATE von Lord herbert von Cherbury begonnen.Sein Jünger Charles Blount setzte sie fort und startete heftige Angriffe auf die Religion. " Jede ausgebildete Religion, ist ein Machwerk von Betrügern,.........Himmel und Hölle gehören zu den Erfindungen, mit denen sie die Massen behrrschen und schröpfen....". Und so geht s weiter in seinen Schriften. " Alles, was gegen die Natur ist, ist vernunftwidrig, und alls Vernunftwidrige ist absurd und sollte verworfen werden.

John Toland, ein Ire, r.k. erzogen, später zum Protestantismus übergetreten, setzte den Kampf fort.In seiner Abhandlung CHristianity not Mysterious, 1696 ) schrieb unter anderem: " Wir behaupten, dass die Vernunft die einzige Grundlage aller Gewißheit ist und........ ".

Danach führte Anthony Collins die Sache weiter. In seiner Abhandlung "Discourse of Freethinking,1713, Diskurs über das Freidenken, definierte er das freie Denken als " den Gebrauch des Verstands, im Bemühen, die Meinung eines Satzes ausfindig zu machen.....". Die deistische Bewegung in England wurde fortgesetzt von W.Whiston, M.Tindal, Th.Cubb C.Middelton sowie Bolinbroke und Shaftesbury.

I, Kant vertrat in seiner Schrift " Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft " auch eine Form der Vernunftreligion, wenn auch sehr gemäßigt.

In abgewandelter spielte sie in Frankreich bei den Philosphes eine große Rolle.

arevo  18.09.2012, 18:08

KORREKTUR

letzter Satz

In abgewandelter Form....... statt In abgewandelter spielte ....

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TeeEi  19.09.2012, 03:32

Schön dass du, pRiot und Gronkor die passende Antwort gegeben habt. Ich war nach den ersten ahnungslosen Antworten schon ganz entsetzt, aber so muss ich doch nicht mehr anworten ;-)

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McSteven  24.09.2012, 10:20

Jo, mann, tolle Antwort. Der wusste wenigstens, was gefragt war. Der Hinweis auf Kant oderLessing fehlt allerdings in der Fragestellung tatsächlich.

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