Was glaubt ihr wie wir Kaiser Wilhelm 2 in Erinnerung behalten hätten wenn es nich oder zumindestens nicht zu seinen Lebzeiten zum 1 Weltkrieg gekommen wäre?
Ich denke dass man ihn zumindestens unter nicht Historikern in positiver Erinnerung gehabt da es zu seinen Regierungszeiten ja einen Wirtschftsboom und technische Innovationen. Möglicherweise wäre er sogar als Friedebskaiser in die Geschichte eingegangen
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4 Antworten
Wilhelm II war ein unterdurchschnittlicher Herrscher.
Er war ein ungeliebtes Kind, durch einen Geburtsfehler körperlich behindert. Nicht übermäßig intelligent, nicht besonders ambitioniert. Er hatte keine Visionen und keine großen Ziele.
In einer Doku hieß es ungefähr: "Er konnte gut reiten, auf Pferden die speziell für ihn zugeritten waren. Er war ein guter Jäger, wenn man ihm das Wild vor die Flinte scheuchte. Er gewann die Militärspiele, die so gespielt wurden, dass er gewinnen musste."
Ihm zugute halten muss man, dass er den Ersten Weltkrieg nicht gewollt hat. Er liebte es die Soldaten in schicken Uniformen marschieren zu sehen, er wollte nicht, dass sie totgeschossen werden.
Man muss bedenken, dass er mit Zar Nikolaus (Russland) verwandt war, genau wie mit König George V (England) und Franz Joseph (Österreich-Ungarn).
Er hat in Krisendiplomatie tatsächlich versucht den Kriegsausbruch zu verhindern, war aber machtlos es zu tun.
Es ist unmöglich zu sagen was ohne den Ersten Weltkrieg passiert wäre und wie er sich geschlagen hätte.
Wenn man seine Amtszeit bis 1914 extrapoliert, wäre er wahrscheinlich als schwacher und unterdurchschnittlicher Kaiser in Erinnerung geblieben.
Danke.
Hab mehrere Bücher über das Thema gelesen und Dokus darüber gesehen. Ist leider schon etwas her. 2015/16 habe ich mich mal ausführlich mit dem ersten Weltkrieg beschäftigt.
Las schon früher "Herrliche Zeiten" von S.Fischer Fabian und dann "Die Schlafwandler" von Christopher Clarke, "Der Große Krieg" und "Kriegssplitter" von Herfried Münkler sowie "Der falsche Krieg" von Niall Ferguson
Alle empfehlenswert.
Herrliche Zeiten ist populärwissenschaftlicher als der Rest und beschäftigt sich mit der Zeit vor dem ersten Weltkrieg
Die anderen sollte man in dieser Reihenfolge lesen: Der falsche Krieg, Die Schlafwandler, Der Große Krieg, Kriegssplitter lesen
Die Bücher nehmen (wie in historischen Werken normal) zum Teil Bezug auf ihre Vorgänger.
Den mochte (und mag) ich total. Hab glaube ich alle seine historischen Bücher gelesen. Waren mein Einstieg in Sachbücher über Geschichte.
Was ich heute über Geschichte lese ist oft akademischer und inhaltlich schwieriger, aber er schrieb einfach immer so großartig.
Ich hab gerade nachgesehen, der ist schon 2011 gestorben. Ging total an mir vorbei.
Ich habe auch ein paar von seinen Büchern. Er schrieb herrlich unterhaltsam und trotzdem informativ, das unterscheidet ihn wohltuend von vielen Historikern. Ich lese öfter historische Artikel (bin "Damals"-Leser) und das Deutsch, was da manchmal geboten wird, ist eine echte Strafe! Nicht mal falsch, aber so verschachtelt, dass ich manchmal Lust habe, dem Herrn Professor in "Perl" zu antworten, das liest sich genauso schlimm!
Trinken wir heute abend einen auf Fischer-Fabian's Wohl?
Er war vor dem ersten Weltkrieg ein guter Mann, niemand hatte überhaupt den Gedanken ihn zu verscheuchen, aber durch den großen Krieg wurde er sozusagen verrückt..
Positiv natürlich.
Die Geschichte schreiben immer die Sieger, die Machthaber. Auch rückwirkend.
Selbst Menschen welche in Kaisers Zeiten lebten erinnerten sich nicht an ihn weil sie ihm nie begegneten und von ihm dachten was ihnen erzählt wurde, im Positiven wie im Negativen.
Was Du als Erinnern fehlinterpretierst ist immer die offizielle Darstellung welche den Menschen vorgesetzt und geglaubt wird.
Meine Großmutter, Jahrgang 1897 erinnerte sich lebenslang sehr positiv an Kaisers Zeiten. Hatte sie doch als "höhere Tochter", Tochter eines kgl. Preußischen Hoflieferanten ein sorgloses Leben, niemals finanzielle Probleme und eine Ausbildungan einer "Höheren Töchter Schule".
Er war ja dennoch ein Imperialist, der fremde Völker unterjocht hat. Natürlich war er damit im Europa der Jahrhundertwende weiß Gott nicht alleine, aber das entschuldigt nicht seine eigenen Entscheidungen.
Stimmt. Und ich finde diesen Gedankengang interessant. Es kann sein, dass es ohne den 1 Weltkrieg nie zum NS-Regime gekommen wäre und auch nicht mit der anschließenden Aufarbeitung dieser Zeit. Womöglich würde den Deutschen dann ein großer Teil ihrer heutigen historischen Selbstreflektion fehlen. Dann wären wir vermutlich auch auf die Verbrechen der Kolonialzeit weniger aufmerksam gemacht worden.
Ohne den 1 Weltkrieg wäre es definitiv nie zum NS Regieme gekommen. Genauso wie bei einen Deutschen Sieg oder einem Unentschieden
Absolute Aussagen sind gefährlich. Es gibt keine Methode, eine alternative Vergangenheit 100 % zu prognostizieren. Wir können nicht sagen, ob es nicht doch zu einem NS-Staat gekommen wäre (sicher mit vielen anderen Akteuren).
Es gibt aber Szenarien die Warscheinlicher sind. Das Kaiserreich nach dem Krieg ein Zentraleuropäischen Wirtschaftsraum etablieren wollte. Die Warscheinlichkeit dass das im Falle eines Sieges passiert wäre ist dementsprechend hoch
Die Einschätzung ist ziemlich plausibel.