Was fühlen Autisten bei Blickkontakt?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Der Blickkontakt vermittelt - wie auch die Körpersprache und die Mimik - wortlos die Emotionen des Gegenübers.
Ein NT (Neurotypischer = Nicht-Autist) kann diese sofort empfangen und einordnen, ohne überhaupt darüber nachzudenken. Er kann dies also mühelos während eines Gesprächs tun.

Die meisten Autisten hingegen sind darauf angewiesen, den gesehenen Ausdruck mit in der Vergangenheit gesehenen Gesichtsausdrücken zu vergleichen und auf diese Weise eine Emotion zuordnen zu können, da sie diese nicht so direkt wie der NT "lesen" können.

Diese Abläufe - und oft auch Gedanken wie "Wie lange ist es angemessen, den Blickkontakt zu halten?" oder "Starre ich mein Gegenüber zu intensiv an?" -  nehmen so viel Aufmerksamkeit in Anspruch, dass der Autist dem Gespräch nicht mehr folgen kann.

Kurz gesagt heißt das: Zuhören und sprechen oder Augenkontakt halten - denn beides über längere Zeit gleichzeitig aufrecht zu erhalten, ist entweder gar nicht erst möglich oder es erfordert extrem viel Energie.

 

GuteFrage5265 
Fragesteller
 16.08.2019, 15:11

Danke für die Antwort

Also heißt es dass wenn man es über längeren Zeitraum beides aufrecht erhält , man eine psychische Überlastung davon trägt und dadurch auch körperliche Symptome wie zb Schwindel, Derealisation etc bekommen kann ?

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Generaelin  16.08.2019, 15:40
@GuteFrage5265

Zumindest bei mir (Aspergerverdacht, aber nicht konkret diagnostiziert) führt eine länger andauernde Reizüberflutung zu einer mentalen Erschöpfung - vielleicht vergleichbar mit dem Zustand nach einer mehrstündigen, schwierigen schriftlichen Matheprüfung.

Ich habe mir angewöhnt, knapp neben die Augen zu schauen. So kann ich mich besser auf das Gespräch konzentrieren. Glücklicherweise kaschiert meine Brille das auch noch ein bisschen, so dass es kaum auffällt. :)

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Mir fällt es schwer Leuten zu zu hören wenn ich ihnen in die Augen schaue. Die meisten Leute bewegen ihre Augen beim Sprechen und dann versuche ich immer den Blick zu folgen. Gleichzeitig vergesse ich das auch ganz oft einfach. Also ich könnte vermutlich schon im die Augen schauen ohne mich dabei schlecht zu fühlen. Ich wäre höchstens abgelenkt (manchmal auch durch eigene Gedanken bezüglich des Blickkontaktes). Bis auf die Tatsache, dass es gesellschaftlich angesehen ist jemanden anzusehen, macht das Ganze keinen Sinn. Daher vergesse ich es einfach.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Selbstbetroffen

Ich persönlich habe nur eine Verdachtsdiagnose auf ASS, doch habe ich 2 Freunde mit ASS - darunter einer mit Asperger Syndrom.

Der mit Asperger hält kaum Blickkontakt. Er sagt es fühlt sich "awkward" an, aber soweit ich weiß, hat er keine körperlichen Symptome außer höchstens Anspannung.

Ich halte Blickkontakt, besser gesagt, ich versuche es, da mir gesagt wurde, dass man das aus Höflichkeit macht, jedoch habe ich eine Zeit richtig gestarrt, denn meine Gesprächspartner gucken ab u. zu weg, während ich das nie tat. Ich fühle mich dabei ebenfalls "awkward".

Da ich nicht will, dass andere komisch von mir denken, versuche ich Blickkontakt zu halten, jedoch kann ich es nicht aufrecht erhalten. Es fühlt aich einfach awkward an. Außerdem kann ich mich viel besser auf das Gesagte konzentrieren, wenn ich denjenigen nicht anschaue.

Übrigens, zum Punkt nicht wollen das andere komisch von mir denken, ich stelle mir beim Blickkontakt ständig die Fragen ob es angemessen ist. Ob ich schon starre oder ich zu oft wegschaue. Ich hab' kein Gefühl dafür. Am angenehmsten fühlt es sich an, kaum hinzuschauen.

Körperliche Symptome habe ich außerdem keine, außer höchstens Anspannung wegen den Gedanken der Unsicherheit.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin mit F33.1, F40.1 u. F60.6 diagnostiziert.

Oft frage ich mich, ob ich meinen Gesprächspartner nicht zu intensiv angucke. Es ist außerdem irgendwie ein bisschen ungewohnt oder unheimlich, ich fange dann an, ziemlich doll zu schwitzen! Deswegen ist es deutlich besser, weggugucken aber dem Gesprächspartner trotzdem aufmerksam zuzuhören.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Als würde man Haare gegen den Strich streicheln