Warum verurteilen Medien so gerne?

3 Antworten

Der gute Lippi ist leider ein Beispiel, bei dem mehrere unglückliche Faktoren zusammen gekommen sind, vor allem die Zeit war damals einfach nur ganz schlecht. Er war allgemein ein Promi, den viele Medien hemmungslos zerfleischt haben; er muss mal einem Weltstar (ich weiß nicht mehr, wer das war) ein Taschentuch gereicht haben, weil er im Studio so schwitzte und selbst das wurde ihm zum Nachteil ausgelegt, weil er als kleiner deutscher Moderator und Sänger das "nicht dürfe".

Wolfgang Lippert z.B. hat mal versehentlich aus dem Baumarkt ne Zange mitgehen lassen. Das war damals ein Medien-Aufschrei.

Ich erinnere mich an diese Geschichte, das war so Ende der 90er. Lippert war damals ohnehin ein Promi auf der Abstiegsrampe. Er war mit "Wetten, dass...?!" gescheitert, mit der "Goldmillion" im ZDF ebenfalls und einer, über den sich die meisten - obwohl er in der DDR ein erfolgreicher Entertainer war, vielleicht grad deswegen - lustig gemacht haben. Das muss man im Kontext sehen: Das war die Zeit, wo man die Wende teilweise nicht mehr für gut hieß, allgemein auf "Ossis" wetterte und Lippi kam da grad recht. Wäre das Malheur irgendeinem westdeutschen Schlagersänger usw. passiert, hätte es nicht mehr als eine Randnotiz gegeben. Seiner Karriere hat das aber am Ende gar nicht geschadet, er mischt immer noch mit.

https://www.youtube.com/watch?v=K5kDH6_9ZFk

Wolfgang Lippert hat noch heute immer wieder kleinere Hits als Schlagersänger - das schafft auch nicht jeder - und inzwischen ist er etabliert. In der heutigen Zeit würde man vielleicht Pietro Lombardi, Stefan Mross oder sonst jemanden in ähnlicher Weise medial demütigen.

Oder auch wenn Prominente irgendwo falsch parken oder zu wild feiern - wen interessiert das eigentlich?

So was sieht man in den normalen bzw. seriösen Medien eigentlich kaum, weil es niemanden interessiert. Höchstens dann, wenn es Politiker betrifft; ich kann mich an die Querelen um die finnische Premierministerin Sanna Marin erinnern, bei der noch das Thema dazu kam, dass viele sie für zu jung hielten und wo außerdem Drogen im Raum standen. Ein Politiker ist aber noch mehr Vorbild wie irgendein Schlagerfuzzi, der unter "ferner liefen" firmiert und der gesellschaftlich keinerlei Bedeutung hat, außer dass er hier und da mal musiziert, singt und lacht.

https://www.youtube.com/watch?v=HwctWpMU18c

Auf der anderen Seite war es von Philipp Amthor auch nicht angebracht, gegen ein Fahrverbot, das er völlig zurecht bekommen hatte wegen eines schweren Verkehrsverstoßes, anzugehen und das an die große Glocke zu hängen, indem er u.a. seinen Anwalt öffentlich behaupten ließ, nicht selbst gefahren zu sein. So was geht halt schief und es kommt eines Tages immer raus ... die Rechnung kommt stets dann, wenn man nicht mehr dran denkt.

https://www.youtube.com/watch?v=G0ne7i7ByKQ

Wobei Amthor ähnlich wie in den 90ern Lippi auch unter Beschuss steht - der Typ geht vom Ding her einfach nicht; er lässt nichts Peinliches aus und trägt selbst zu diesem Image bei, das man dann eben von ihm hat. Weniger ist mehr, das schien ihm nicht in den Sinn zu kommen.

Z.B. das Drama um einen Politiker, der irgendwie einen Parkausweis für seine Frau gefälscht hat und dann gibt es einen riesen Skandal wegen Urkundenfälschung, usw. Aber mal im Ernst: So viele Leute haben schon an ihrem Ausweis rum gedoktert, um Volljährig zu wirken...

So was macht man halt auch einfach nicht. Politiker predigen Dinge, handeln dann aber selbst genau umgekehrt und sogar illegal - dass das Terz gibt, sollte allen klar sein, wenn es rauskommt und es kommt immer ans Tageslicht; da braucht sich nur mal einer zu verplappern oder braucht einer irgendwelche Animositäten gegen Politiker XYZ zu hegen. Ich hatte als Gemeinderat auch miterlebt, wie ein Kommunalpolitiker aus einer anderen Partei und Gemeinde meiner Heimat wegen eines in Osteuropa gekauften Doktortitels Stress bekam, weil ein Redakteur der Lokalzeitung das irgendwie rausgefunden hatte. So was macht man eben auch nicht - und den Letzten beißen die Hunde.

Ansonsten ist semi-seriöser "Journalismus" sicher auch ein Thema; irgendwelche Käseblätter und "Magazine" leben von solchen Meldungen und versprechen sich davon Aufmerksamkeit, Geld und Ansehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Naja... wenn Max Mustermann irgendwo eine Zange klaut oder Drogen konsumiert, dann ist das zwar nicht schön bzw. illegal - mehr aber auch nicht.

Prominente haben aber eine gewisse Vorbildfunktion. Sportler, Musiker usw. - sie alle haben ihre Fans, die ihnen in allem nacheifern. Man will die selben Klamotten tragen, die selbe Frisur, das selbe Auto fahren usw. Insofern erwartet man in der Regel auch ein vorbildliches Verhaten von diesen Vorbildern - und entsprechend groß ist dann auch der Aufschrei der Fans und eben auch der Medien.

Kurz gesagt: Medien berichten über das, was die Menschen interessiert. Und wenn Max Mustermann Mist baut, dann interessiert das niemanden ausser die paar Menschen, die ihn persönlich kennen (jedenfalls bei "normalen" Verstößen - bei einem großen Bankraub sähe das schon wieder ganz anders aus). Wenn ein Promi Mist baut, interessiert das viele, weil ihn eben auch viele kennen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – B.A. Media & Communication Management / Mediengestalter
Warum verurteilen Medien so gerne?

Das ist das Prinzip von Shitsstorm Journalismus. Wer bekannt ist, kann von solchem Vorgehen großen Schaden leiden. Jemandem ungestraft Schaden zufügen zu können ist Machtausübung.

Man erinnere sich an die "Guttiplag" Shitstorm Kampagne durch die der Verteidigungsminister Freiherr von Guttenberg sein Amt aufgeben mußte.

Die Gilde der Politiker ist sich im Klaren darüber, dass man gegen jeden von denen was in der Hand hat, um den mit Medien Macht demonstrierendem Shitstorm wegzublasen.

Wer Politiker bleiben will der muss um eine gute Presse zu kriegen bereit sein, seine eigene Großmutter zu verkaufen.

Die Demokratie bleibt dabei schon lange auf der Strecke.