Warum sind manche schüchtern und andere nicht?

8 Antworten

Von Experte spanferkel14 bestätigt

Hey,

Ich war als Jugendlicher sehr schüchtern. Hab bei einer Unterhaltung immer auf den Boden geschaut und mich am Kopf gekratzt. Mit 23 hab ich einen rhetorik Kurs besucht. Seit her suche ich den Augenkontakt bei meinem Gegenüber. Ich bin sehr viel selbstsicherer geworden. Ich bin sehr dankbar und froh, dass ich den Kurs mitgemacht habe. Übrigens ich spiele seit einigen Jahren Theater, ohne den Kurs wäre das nie so gekommen. Ich kann auch anderen meine Meinung sagen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
DasCooleC  23.07.2021, 06:05

Wow, und mir fällt es einfach schwer sogar einkaufen zu gehen...

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Pedro776  23.07.2021, 06:13
@DasCooleC

Ich bin soooo froh das ich das Glück hatte dabei zu sein.

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spanferkel14  04.08.2021, 07:11

Super! Und ganz toll, dass du hier deine Verwandlung in diesen wenigen Zeilen voll spürbar für andere rüberbringst. Man merkt wirklich, wie erlöst und glücklich du bist, das geschafft zu haben.

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Alles zusammen: Gene, Erziehung (dabei auch ganz wichtig, ob die Eltern einem etwas zutrauen oder nicht, ob sie eventuell zu viel erwarten), was man vorgelebt bekommt, ob man Liebe und Geborgenheit von den Eltern erfährt, Vertrauen zu ihnen haben darf, generell welche (guten oder schlechten) Erfahrungen man im familiären Umfeld, aber auch draußen macht, in welcher sozialen Umgebung man sich zurechtfinden muss. Da spielen so viele Faktoren mit, dass ich sie hier im Einzelnen nicht aufzählen kann.

Das Gute ist: Man muss nicht schüchtern bleiben! Was schon angelegt ist, das ist nun mal da. Aber ohne Psychologe und/oder Mediziner zu sein, behaupte ich hier mal, dass man seine Gene auch übertölpeln und lernen kann, seine Schüchternheit zu überwinden. Die ersten positiven Erfahrungen mit einem vielleicht noch antrainierten Verhalten (innen die große Flatter, aber nach außen gespielte Sicherheit) machen einen schon stärker und mutiger. Nach und nach ist die Sicherheit nicht mehr gespielt, sondern wirklich da.

DreiGegengifts  04.08.2021, 07:08

Schüchternheit ist keine Krankheit und auch nicht perse negativ. Eine Bekämpfung daher unsinnig.

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Kim1984  04.08.2021, 07:33
@DreiGegengifts

Schüchternheit ist eine erworbene Angststörung, die von den Betroffenen als unangenehm bis schrecklich wahrgenommen wird und ihr Leben teilweise massiv beeinträchtigt. In den meisten Fällen ist ihre Überwindung für die Betroffenen deshalb sehr befreiend und in keiner Weise unsinnig.

Natürlich hat alles auch sein Positives. So sind schüchterne Menschen oft nachdenklicher und haben mehr Tiefgang - weshalb es ja auch heißt: Stille Wasser sind tief.

Aber dieser positive Aspekt ist Folge eines Leidens, dass die Betroffenen gerne abschütteln wollen, und das sie deshalb immer wieder zum Nachdenken anregt.

Auch die mit Schüchternheit oft verbundene Einsamkeit ermöglicht den Betroffenen, unbeeinflusst von anderen, viele Stunden nachzudenken, was ebenfalls zu positiven Ergebnissen führen kann.

Also, Schüchternheit hat, wie alles, seine guten Seiten, aber erwünscht ist sie von den Schüchternen meist nicht, sondern ganz im Gegenteil.

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DreiGegengifts  04.08.2021, 07:44
@Kim1984
Schüchternheit ist eine erworbene Angststörung

Nein, Schüchternheit ist eine Charaktereigenschaft, die angeboren ist.

die von den Betroffenen als unangenehm bis schrecklich wahrgenommen wird

Das ist dann keine Schüchternheit, sondern eine erworbene Angststörung.

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spanferkel14  04.08.2021, 07:45
@DreiGegengifts
Schüchternheit ist keine Krankheit und auch nicht perse negativ.

Habe ich das gesagt? Ich weiß nur, dass viele Menschen ihre Schüchternheit als Hindernis empfinden, sowohl im ganz alltäglichen sozialen Miteinander (z.B. Kennenlernen, Kontakte knüpfen) als auch insbesondere in der Arbeitswelt (Bewerbungen um einen Job; Karrierechancen). Schüchternheit und Zurückhaltung sind nicht das Gleiche. - Es geht auch nicht darum, etwas zu bekämpfen, sondern darum, ein Hindernis zu überwinden - natürlich nur, wenn man es als solches empfindet.

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DreiGegengifts  04.08.2021, 07:47
@spanferkel14
Habe ich das gesagt?

Genau. Du stellst Schüchternheit als einen perse zu überwindenden negativen Aspekt dar. Das ist falsch.

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spanferkel14  04.08.2021, 07:49
@DreiGegengifts

Du kannst oder willst nicht lesen, was da steht. - Und was falsch oder richtig ist, entscheidest mit Sicherheit nicht du.

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Kim1984  04.08.2021, 08:01
@DreiGegengifts

Mir scheint, wir verstehen unter Schüchternheit verschiedene Dinge. Ich verstehe darunter eine Ängstlichkeit und Gehemmtheit im Umgang mit anderen Menschen,und du?

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DreiGegengifts  04.08.2021, 08:06
@Kim1984

Genau das gleiche. Ich denke dass du Ängste pathologisierst. Doch Ängste sind perse nicht pathologisch.

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Kim1984  04.08.2021, 08:18
@DreiGegengifts

Eine unnötige Angst, die Menschen sich schlecht fühlen lässt und die sie im Umgang mit anderen Menschen behindert - und das ist Schüchternheit - ist eine Störung.

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DreiGegengifts  04.08.2021, 08:30
@Kim1984
Eine unnötige Angst

Negative Emotionen sind ein evolutionäres Muss und auch für das Individuum höchst nützlich.

die Menschen sich schlecht fühlen lässt 

Das ist Unsinn. Unterschiedliche Charaktere entwickeln nur unterschiedliche Vorlieben. Menschen mit schüchternen Charakter bevorzugen andere Aktivitäten als andere. All das ist evolutionär sehr wichtig. Ohne schüchterne Menschen würden wir vermutlich noch in Höhlen hausen.

Schüchternheit - ist eine Störung.

Ne ist keine Störung https://www.newscientist.com/article/dn3853-shyness-linked-to-brain-differences/

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Kim1984  04.08.2021, 08:45
@DreiGegengifts

Weißt Du was? Du hast Recht. Schüchternheit ist geil, super angenehm und unheimlich hilfreich im Umgang mit anderen Menschen. Darüber hinaus ist sie angeboren und völlig unbeeinflussbar. Menschen, die schüchtern sind vermeiden den Kontakt zu anderen nicht aus Angst, sondern weil sie an anderen überhaupt kein Interesse haben. Schüchternheit ist auch keine Störung, sondern, im Gegenteil, ein Geschenk, über das sich der Schüchterne riesig freut und um das ihn die anderen beneiden. Zufrieden?

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DreiGegengifts  04.08.2021, 08:50
@Kim1984
Schüchternheit ist geil, super angenehm und unheimlich hilfreich im Umgang mit anderen Menschen.

Auch das ist falsch. Aber es zeigt welche Maxime du anlegst. Weder müssen Emotionen "geil" sein, damit sie nicht pathologisch sind, noch muss eine Charaktereigenschaft ausgerechnet den Umgang mit Menschen erleichtern.

Darüber hinaus ist sie angeboren und völlig unbeeinflussbar.

Sie ist angeboren und natürlich wie fast alles im Gehirn beeinflussbar.

Menschen, die schüchtern sind vermeiden den Kontakt zu anderen nicht aus Angst, sondern weil sie an anderen überhaupt kein Interesse haben.

Falsch, Schüchternheit ist eine Angstemotion. Desinteresse ist etwas völlig anderes als Schüchternheit.

Schüchternheit ist auch keine Störung, sondern, im Gegenteil, ein Geschenk

Schüchternheit ist weder eine Störung noch ein Geschenk, sondern eine weit verbreitete Charakterausprägung.

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spanferkel14  04.08.2021, 11:46
@DreiGegengifts

Ich weiß wirklich nicht, was die Gehirn-Untersuchungen von Schwartz mit dem zu tun haben, was ich geschrieben habe. Noch einmal in Kurzfassung: Viele Menschen empfinden ihre Schüchternheit als Hindernis, das sie überwinden möchten. Schwartz hat sich in seiner Studie aber nicht damit befasst, ob sich Menschen durch ihre Schüchternheit eingeschränkt fühlen oder nicht.

Ihm ging es darum, per MRT festzustellen, ob im Gehirn von als schüchtern und als forsch geltenden Menschen unterschiedliche Aktivitäten festzustellen sind, wenn man ihnen Bilder von unbekannten Gesichtern zeigt. Ja, die gibt es. Übrigens wurde das Gehirn dieser Personen nicht untersucht, als sie Kinder waren, sondern erst im Alter von 20 Jahren. Es gab auch nur 9 Versuchskarnickel. Soll ich dir noch detaillierter erzählen, was in dem Artikel steht? Der ist ja schon uralt (2003!), aber das macht ja nichts, denn die Ergebnisse werden damit ja nicht falsch.

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DreiGegengifts  04.08.2021, 12:37
@spanferkel14
Viele Menschen empfinden ihre Schüchternheit als Hindernis, das sie überwinden möchten.

Ne, Quelle?

Ihm ging es darum, per MRT festzustellen, ob im Gehirn von  als schüchtern und  als forsch geltenden Menschen unterschiedliche Aktivitäten festzustellen sind, wenn man ihnen Bilder von unbekannten Gesichtern zeigt.

Du scheinst irgendwie nicht erfasst zu haben worum es geht. Man kann ein schüchternes Temperament bei Kindern in ganz frühem Alter feststellen. Das wird in dem Artikel beschrieben. Daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein schüchternes Temperament erst erworben wird durch Umwelteinflüsse.

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spanferkel14  04.08.2021, 14:23
@DreiGegengifts

ad 1: Dafür brauche ich keine Quelle. Ich habe mein ganzes Berufsleben mit erwachsenen Menschen zu tun gehabt, lehrend, fachlich beratend, prüfend, sozial integrierend, begleitend, was noch? Es war zwar nicht meine Aufgabe, sie psychologisch zu begleiten, aber ich musste immer ein offenes Ohr für ihre Nöte haben. Was glaubst du, wie oft einigen von ihnen im Leben ihre Schüchternheit in die Quere gekommen war und wie viele aufbauende Gespräche nötig waren, um sie anzuschubsen, einfach mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben, sich selbst als Person und Persönlichkeit wahrzunehmen etc.etc.? Meine mit jedem Jahr zunehmenden Erfahrungen waren mir Quell genug, aus dem ich schöpfen konnte.

ad 2: Ich habe langsam keine Lust mehr, weiter mit dir zu diskutieren, weil du weder meinen Text richtig liest noch anscheinend genug Englisch kannst, um den Text über die Untersuchungen von Schwartz und Kollegen richtig zu verstehen.

Von den per MRT untersuchten 9 20-jährigen Versuchspersonen wurde kein MRT im Kindesalter gemacht. Vielleicht ist das heute möglich. Das weiß ich nicht. Ich bin kein Arzt. In dem Artikel heißt es,
It has long been hypothesised that extreme shyness, which emerges in infancy and often persists into adulthood, must have some distinctive signature in the developing brain. However, this idea has not been tested directly because it is difficult to conduct brain imaging experiments with very young children.
So Schwartz and his Harvard colleagues did the next best thing - they studied 20-year-olds wo were known to have been shy or outgoing.

Nichts anderes habe ich geschrieben, s. meinen Text

Ihm ging es darum, per MRT festzustellen, ob im Gehirn von   als schüchtern und  als forsch geltenden Menschen unterschiedliche Aktivitäten festzustellen sind, wenn man ihnen Bilder von unbekannten Gesichtern zeigt.

Man wusste also von diesen 20-jährigen, dass sie (als Kinder) entweder schüchtern oder kontaktfreudig gewesen waren.

Und dann hat man bei diesen Testpersonen, als sie 20 waren, im MRT festgestellt, dass sie entsprechend ihrem Temperament im Kindesalter auch unterschiedliche Gehirnaktivitäten im Erwachsenenalter aufwiesen, wenn man ihnen Bilder von fremden Gesichtern zeigte. Es hatte sich also im Laufe ihrer Entwicklung vom Kind zum jungen Erwachsenen nichts geändert: gehemmt blieb gehemmt, aufgeschlossen blieb aufgeschlossen.

Diese Ergebnisse stehen in keinerlei Widerspruch dazu, dass es auch eine erworbene Scheu geben kann und meiner Erfahrung nach gibt: Menschen, die als Kinder zugänglich, offen und lebhaft waren, aber Jahre später still, in sich gekehrt, verdruckst und unsicher - man fragt sich, was diesem Menschen geschehen ist, denn er ist nicht wiederzuerkennen. Genauso der umgekehrte Fall, wie ja ein FB hier sehr bewegend seine eigene Veränderung beschreibt und auch erklärt, was er unternommen hat, um von einem scheuen Reh zu einem selbstbewusst(er)en Menschen zu werden.

P.S. In einem Punkt habe ich etwas nicht korrekt wiedergegeben. Schwartz machte sein Experiment nicht mit nur 9 Testpersonen. Korrekt: 9 der Testpersonen waren schüchtern. Wie viele Testpersonen es insgesamt waren, wird im Text nicht gesagt.

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spanferkel14  04.08.2021, 14:30
@spanferkel14

Edit: ad 2: Der 1. Absatz (Deutsch) vom 1.Zitat gehört natürlich nicht zum Zitat, sondern ist mein eigener Text.

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DreiGegengifts  04.08.2021, 14:37
@spanferkel14
Dafür brauche ich keine Quelle.

Für eine Relevanz schon

ich musste immer ein offenes Ohr für ihre Nöte haben. Was glaubst du, wie oft einigen von ihnen im Leben ihre Schüchternheit in die Quere gekommen war

Klassischer Bias. Wenn Menschen dir Schüchternheit als Problem herantragen, dann weil sie ein Problem mit Schüchternheit haben. Niemand wird dir von seiner Schüchternheit erzählen, wenn sie kein Problem war. Dazu kommt, dass unter bestimmten Umweltbedingungen Schüchternheit eher hinderlich oder eher förderlich ist.

MRT

Um die MRT Auswertung ging es wie gesagt nicht. Sondern darum, dass man Schüchternheit als Charakterausprägung bereits bei jungen Kindern feststellen konnte.

dass es auch eine erworbene Scheu geben kann

Wer hat denn das bestritten?

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siotaa  07.09.2021, 11:13
@DreiGegengifts

Dass viele Menschen Schüchternheit als Problem wahrnehmen liegt mit Sicherheit an einer zunehmend neoliberalen Gesellschaft, die in vielen Bereichen sehr auf Eigeninitiative, Selbstdarstellung und Präsentierfähigkeiten setzt. So kams, das Schüchternheit, die tatsächlich erstmal eine neutrale Charaktereigenschaft ist, in den letzten Jahrzehnten immer mehr medikalisiert und in die Nähe einer behandlungsbedürftigen Störung gerückt wurde. Im übrigen brachte die Pharmaindustrie auch Medikamente auf den Markt, die speziell beworben wurden, um Schüchternheit zu "heilen": Beispielsweise Paxil - zeitweise eines der meistverkauften Medikamente der Welt.

Tatsächlich hängt das, was als Störung erfasst wird, stets stark von gesellschaftlichen Begleitumständen ab. An der "Entdeckung" von ADHD kann man das auch ganz genealogisch verfolgen - aber eben auch an der Medikalisierung von Schüchternheit.

Dass es diese gibt und sich diese daraus ergibt, dass viele ihre Schüchternheit als problematisch erleben, muss überhaupt nicht belegt werden, weil es dazu genügend Quellen und Studien gibt, die jeder interessierte selbst finden kann. Bei Fragen zur Relevanz - Stichwort hierzu nochmal "Paxil".

Und generell ein Überblick: https://en.wikipedia.org/wiki/Social_anxiety_disorder (natürlich eine Extremform und medikalisierte Form der Schüchternheit)

(in b4 "wikipedia ist keine quelle111!!!" 🙄)

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Kim1984  04.08.2021, 07:10
Die ersten positiven Erfahrungen mit einem vielleicht noch antrainierten Verhalten (innen die große Flatter, aber nach außen gespielte Sicherheit) machen einen schon stärker und mutiger. Nach und nach ist die Sicherheit nicht mehr gespielt, sondern wirklich da.

Fake it until you make it.

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Meiner Meinung nach liegt das im Wesentlichen an den bisher gemachten Erfahrungen und der Erziehung, nicht in den Genen.

Denn Schüchternheit kann man überwinden, indem man sich möglichst viele Erfahrungen verschafft, die das eigene Selbstwertgefühl stärken.

In den Genen liegt Schüchternheit allenfalls indirekt, dadurch, dass man z. B. irgendwelche körperlichen Mängel hat, die zu negativen Erfahrungen mit anderen Menschen führen. Aber auch eine so entwickelte Schüchternheit ist nicht in Stein gemeißelt.

DreiGegengifts  04.08.2021, 07:12
Meiner Meinung nach liegt das im Wesentlichen an den bisher gemachten Erfahrungen

Ist trotzdem falsch. Schüchternheit ist meist angeboren.

Denn Schüchternheit kann man überwinden

Schüchternheit ist nicht perse negativ und muss deshalb auch nicht "überwunden" werden. Dass man Persönlichkeitsanteile verändern kann, sagt überhaupt nichts darüber aus, ob etwas angeboren ist oder nicht.

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Beides.

Es gibt etwa Leute die sind von Natur aus eher nicht zurückhaltend haben aber so schlechte Erfahrungen gemacht das sie sich nichtmehr trauen aus sich rauszugehen.

Ebenso gibts Leute die von Natur aus so schüchtern sind das sie sich nichts getraut haben und später auf ner Bühne stehen und gelernt haben über ihren Schatten zuspringen. (das bedeutet nicht das sie jetzt nichtmehr schüchtern sind sie können es nur überspielen oder kontrollieren und fühlen sich dennoch unwohl)

Grüße