Warum ist die Zunahme der Entropie energetisch günstiger?

6 Antworten

Es müsste heißen: Warum ist die Abnahme der freien Enthalpie dG spontan? Das negative dG ist die eigentliche Reaktionstriebkraft und nicht! die Enthalpie dH, freie Energie dU oder Entropie dS:

dG = dH - TdS.

Dies gilt nur bei konstantem Drucke und konstanter Temperatur. Oftmals wird auch das chemische Potential dµ angewandt. Das Äquivalent bei konstantem Volumen heißt Helmholtz-Energie dA. Dein Spezialfall maximierter Entropie gilt nur bei dH = 0.

Entropie ist am ehesten gesagt eine thermodynamische Größe möglicher Zustände O eines Systems, z. B. in Kristallen, nicht direkt größtmögliches Chaos:

S = k lnO

Hiernach ist es einfach wahrscheinlicher, dass das System statt eines geordneten einen "chaotischen" Zustand einnimmt. Ein mitzusammenhängendes Gedankenspiel ist der Maxwellsche Dämon: was, wenn man das chaotische System einfach im erwünschten Zustand einfröre (und damit den 2. HSdTD verletzte)? Das geht nur beschränkt, da auch die Information darüber selbst einen möglichen Zustand bzw. Entropie darstellt.

Ob unsere Fundamentalgleichungen der Thermodynamik eigentlich "real sind", kann ich dir nicht genau beantworten. Vielleicht ginge das quantenmechanisch. Reicht es zu sagen, sie seien "nicht echt", sondern einfach "gut genug"?

Dieses Phänomen ist Teil des zweiten Gesetzes der Thermodynamik, welches besagt das die Entropie in einem isolierten System immer weiter zunimmt oder konstant bleibt, allerdings nie abnehmen kann, was auch als Prinzip der maximalen Entropie bekannt ist.

Systeme neigen immer dazu ihren Zustand so zu verändern, sodass ihre eigene Energie abnimmt, daher ist die Zunahme von Entropie energetisch günstiger. Mehr Entropie bedeutet beispielsweiße ein System, welches nah an seinem energetischen Minima liegt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Aktuelles Studium B.Sc. Angewandte Künstliche Intelligenz
Humorberater 
Fragesteller
 14.07.2023, 17:03

das ist verständlicher als mein Buch dazu! Vielen Dank!

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Ich versuche es ohne Formeln (ansonsten s. Gibbs-Helmholtz-Gleichung)

Die einzige "Triebkraft" (mir fällt jetzt kein blöderes Wort ein) für physikalische und chemische Vorgänge ist die Entropie und zwar die Zunahme der Gesamtentropie eines Systems plus seiner Umgebung.

Zwar wird oft zusätzlich mit der Minimierung der Energie argumentiert, dies ist aber aus rein logischen (nicht mal physikalisch-chemischen Gründen) unmöglich. Nach dem 1. Hauptsatz müßte jedes System, das Energie abgibt, diese einem anderen aufdrücken und das geht nicht.

Da die Entropieänderung als Wärmeumsatz/Temperatur definiert ist, hängt die Richtung der Reaktion vom Verhältnis dieser beiden Größen ab.

2 Beispiele:

System Wasser: Verdunstung: Wasser (fl) ---> Wasser (g). In diesem System sinkt die Entropie der Umgebung, denn sie kühlt sich ab, ihre Teilchen (ob Gas oder flüssig oder fest) werden langsamer; Unordnung nimmt ab.

Entropie des Systems nimmt zu, Teilchen werden schneller und haben mehr Bewegungsfreiheit; Gesamtentropie wird größer.

Kondesation Wasser: hier drehen sich die Vorgänge von 1 um. Grund? Der Entropiegewinn der Umgebung=Erwärmung findet bei niedrigerer Temperatur statt, überwiegt also den Entropieverlust des Systems.

Dieses physikalische Beispiel gilt auch für die Chemie: bei unseren rel. niedrigen Temperaturen auf der Erde reagiert Knallgas zu Wasser in einer exothermen unter Entropieverlust verlaufenden Reaktion . Auf der Sonne dreht sich das problemlos um.

Ergänzung Gibbs - Helmholtz

dG = dH - TdS

Dividiert man die Gleichung durch - T, dann ist dG/-T die Änderung der Gesamtentropie, dH/-T die Änderung der Entropie der Umgebung und dS die Entropieänderung des Systems.

Vorsicht Entropie ist nicht gleich Energie. Entropie ist die mögliche Anzahl der Mikrozustände die denselben Makrozustand bestimmen. Je größer diese Anzahl ist, desto höher ist auch die Entropie. Anders ausgedrückt geht ein System mit der höchsten Wahrscheinlichkeit in den Makrozustand, der die höchste Anzahl an Mikrozuständem hat (also die höchste Entropie).

Ob eine Reaktion ablaufen kann oder nicht, hängt an zwei Faktoren:

der energetisch günstigste Zustand, d.h. alle Atome sind in besonders festen Bindungen

UND/ODER

nach der Reaktion hat die Unordnung (Entropie) zugenommen. Die Zunahme der Unordnung bedeutet aber auch immer eine Energie-Aufnahme. Das kannst du spüren, wenn Wasser auf deiner Haut verdunstet - deine Hand wird kalt.

insofern haben Systeme mit hoher Entropie auch viel Energie aufgenommen, es ist also nicht der energetisch günstigste/ niedrigste Zustand.

ROSAROT2007  18.07.2023, 00:25

P.S. In meinem Lieblings-Chemie-Buch "Jule und der Schrecken der Chemie" wird der Begriff der Entropie übrigens sehr gut auf Mittelstufenniveau erklärt - und auch die Frage beantwortet, warum chemische Reaktionen ablaufen ... halt ohne Formeln und trotzdem exakt

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