Warum nimmt die Entropie bei Temperaturerhöhung zu?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich verzichte bei meiner Erklärung absichtlich auf einen Rückgriff auf die statistische Thermodynamik und die damit verbundenen Begriffe Ordnung und Unordnung, sondern beschränke mich auf die klassische (makroskopische) Thermodynamik.

1) Zunahme der Entropie mit der Temperatur

die Formulierung des 2. Haptsatzes der TD für geschlossene System, auf die man sich bei dieser Betrachtung beschränken kann, lautet:

dS = dQ/T

dS ist die Änderung durch die zugeführte Wärme dQ bei der Temperatur T, die das System gerade hat.

Um die Temperatur eines Systems zu erhöhen, muss Wärme zugeführt werden gemäß Q = c * m * ∆T. Bei einer Temperaturzunahme ist ∆T positiv. Damit muss auch Q positiv sein, denn Masse m und Wärmekapazität c sind es ebenfalls.

Wenn bei zugeführter Wärme Q positiv ist, muss auch dQ positiv sein. Die absolute Temperatur ist ebenfalls immer positiv, da sie nach dem Nernstschen Wärmetheorem (3. HS der TD) niemals unter 0 K sinken kann.

Wenn aber nun in dS = dQ/T sowohl dQ als auch T bei zugeführter Wärme immer positiv sind, muss auch dS zwangsläufig positiv sein. Wenn aber dS imer positiv ist bedeutet dies, dass die Entropie S nur zunehmen kann.

Zusatzerklärung: Entropie ist eine Eigenschaft von Wärme und ist daher nur indirekt mit der Temperatur verbunden. Andere Energien, insbesondere die mechanischen, besitzen keine Entropie. Die Entropie, um die das System zunimmt, wurde mit der Wärme in das System transportiert. Es muss aber Wärme dem System zugeführt werden, sonst steigt seine Temperatur nicht. Das ist der Grund, warum mit zunehmender Temperatur auch die Entropie steigt.

2) erläutern Sie, weshalb es bei einer Änderung des Aggregatzustand zu einer sprunghaften Zunahme der Entropie kommt.

Die Frage enthält einen kleinen systematischen Fehler, denn es ist tatsächlich nicht so, dass die Entropie sprunghaft zunimmt, denn Wasser kann zum Beispiel auch nicht schlagartig verdampft werden. Lediglich wenn man den Tabellenwert für flüssiges Wasser bei 100°C und Dampf bei 100°C anschaut, könnte der (falsche) Eindrucfk entstehen, es gäbe einen sprunghaften Anstieg.

Die Begründung ist im Prinzip dieselbe wie oben. Das Verdampfen einer Flüssigkeit ist ein Prozess, der Zeit benötigt (deshalb auch nicht sprunghaft). Wie schnell eine Flüssigkeit vollständig verdampft ist, hängt von ihrer Masse, der zugeführten Wärme Qv sowie der spezifischen Verdampfungsenthalpie hv (auch Verdampfungsenergie oder Verdampfungswärme genannt) zusammen gemäß der Formel:

Qv = m * hv

Und nun sind wir wieder bei der Begründung oben: gem. 2. HS gilt:
dS = dQ/T

Da zum Verdampfen Wärme zugeführt werden muss, muss zwangsläufig auch Entropie zugeführt werden und es ergibt sich, da die Temperatur beim Verdampfen gleichbleibt aus dem Differential die Differenz:
∆S = ∆Q/T

∆S = ∆Q/T = ∆m * hv / T, wobei ∆m die Menge des bereits verdampften Wassers ist.

Zusatzerklärung: Entropie ist eine Eigenschaft von Wärme und ist daher nur indirekt mit dem Aggregatszustand verbunden. Die Entropie, um die das System zunimmt, wurde mit der Wärme in das System transportiert. Es muss aber Wärme dem System zugeführt werden, sonst verdampft nichts. Da die Verdampfung ein Prozess ist, benötigt die Verdampfung Zeit und in dieser Zeit steigt die Entropie durch die zugeführte Wärme kontinuierlich an. Eine sprunghafte Änderung ergibt sich nur dann scheinbar, wenn man ausschlielich den Anfangs- und den Endzustand dieses Prozesses miteinander vergleicht, nicht aber wenn man den Prozess selber betrachtet.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Habe Thermodynamik im Hauptfach studiert.

Hallo!
Im Groben kann man sagen, dass die Entropie die "zunehmende Unordnung" ist. Auf der Teilchenebene lässt sich das mittels der Aggregatszustände erklären.

  • fester Aggregatszustand: Teilchen sind sehr dicht angeordnet, keine Teilchenbewegung
  • flüßiger Aggregatszustand: Teilchen sind dicht angeordnet, geringe Teilchenbewegung
  • gasförmiger Aggregatszustand: Teilchen sin frei, hohe Teilchenbewegung

==> Letztendlich sorgt also die Temperatur dafür, dass die Teilchen langsam aber sicher in den gasförmigen Aggregatszustand überführt werden und so von einer sehr geordneten Struktur in eine sehr ungeordnete, freie "Struktur" überführt werden. Da die Entropie die zunehmende Unordung beschreibt, ist die Entropie also im Folgeschluss der Zustand größter Unordnung, ergo der gasförmige Aggregatszustand. Daraus ergibt sich also, dass die Temperaturerhöhung die Entropie begünstigt.

Ich hoffe, damit haben sich beide Fragen geklärt, falls nicht, frag gern noch mal nach und versuche, dir darauf zu antworten! :)

LG

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
ar0wi 
Fragesteller
 14.10.2018, 15:42

Deine Antwort hat mir äußerst weiter geholfen!
Habe lange im Internet recherchiert aber nirgends gab es so eine präzise, eingängliche Antwort!

Nur noch ein Frage verbleibt:
Warum nimmt die Entropie „sprunghaft“ bei der Änderung eines Aggregatzustand zu?

Und eine Änderung des Aggregatzustand kann ja auch heißen, dass etwas flüssiges zum festen übergeht, wie verändert sich in diesem Fall in die Entropie (laut der Aufgabenstellung klingt es so als ob die Entropie bei jeglicher Änderung des Aggregatzustands sprunghaft zunimmt)?

Danke arthur

Ps.: ich hab dir versehentlich ein Pfeil nach unten gegeben, hab mich leider vertippt
Tut mir leid

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PFromage  14.10.2018, 16:00
@ar0wi

Daß bei einer Änderung des Aggregatzustandes fest-->flüssig-->gas(chaos!)förmig zunimmt, liegt am System (s. obige Antwort).

Bei umgekehrten Übergängen z.B. gasf--> flüssig usw. nimmt die Entropie des Systems zwar sprunghaft ab, dafür die der Umgebung ebenso zu, es wird nämlich Kondensations- bzw. Erstarrungswärme frei.

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B4umst4mm  14.10.2018, 16:30
@ar0wi

Der Aggregatszustand sollte sprunghaft zunehmen, genau aus dem Grund, dass zum Beispiel ein Stoff sublimiert, also vom festen in den gasförmigen Zustand und dann eben das bereits erklärte greift (=> steigende Entropie / Unordnung).

  • von fest nach gasförmig wäre ja von stark gefestigter Ordnung, zu radikaler Unordnung, also wäre da die Entropie am größten.

Im Normalfall sollte die Entropie von flüssig nach fest z.B. nicht zunehmen, das würde ja gegen die Regel sprechen, da die Unordnung ja ab - und die Ordnung zunimmt, aber da kann ich dir an der Stelle auch nicht weiterhelfen, das erklärt sich mir auch nicht.

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