Warum altern wir langsamer, wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit reisen, obwohl unsere biologische Uhr unabhängig von äußeren Faktoren ist?

8 Antworten

Hallo iHomer15,

unsere biologische Uhr ist alles andere als unabhängig von äußeren Faktoren. Wir können sie durchaus schneller ticken lassen, indem wir ein paar Sachen falsch machen.

In der Speziellen Relativitätstheorie (SRT) geht es aber gar nicht speziell um Deine biologische Uhr, sondern um jede mit Dir mitbewegte Uhr einschließlich Deiner biologischen. Wenn Du mit einem schnellen Raumfahrzeug reist, zeigen Deine Uhren weniger Zeit an als eine Uhr U, die wir als ruhend ansehen (Bezugsuhr), und Du erlebst entsprechend weniger Zeit.

"Zeitdilatation"

Jede Geschwindigkeit führt zur "Zeitdilatation", einer Diskrepanz zwischen Eigenzeit (der von Deinen Uhren gemessenen Zeitspanne Δτ zwischen zwei Ereignissen bei Dir an Bord) und U- Koordinatenzeit (der von U aus ermittelten Zeitspanne Δt zwischen denselben Ereignissen).

Das Verhältnis zwischen Δt und Δτ ist durch den sog. LORENTZ- Faktor

(1) Δt⁄Δτ = γ := 1/√{1 − β²}

gegeben. Dabei ist β = v⁄c das Verhältnis zwischen dem Tempo*) bzw. der 1D-Geschwindigkeit*) v unseres Raumfahrzeugs relativ zu U und dem Lichttempo*) c.

...wenn wir mit Lichtgeschwindigkeit reisen,...

...würden wir bzw. würdest Du (ich beobachte alles von U aus) überhaupt keine Eigenzeit erleben. Allerdings ist c auch nicht genau erreichbar.

Ein bequemes Zahlenbeispiel ist β = 0,6; in dem Fall ist γ = 1,25.

Aber warum? – Der optische DOPPLER-Effekt

Angenommen, Du näherst Dich U mit v = 0,6c, was ich aber nicht weiß. Daher schicke ich von U aus ein Signal mit der Frequenz f₀ zu Dir und fange später das Echo auf.

Das Signal ist mit der Geschwindigkeit −c und der Wellenlänge λ₀ = c⁄f₀ unterwegs und nähert sich Dir mit der Differenzgeschwindigkeit**)

(2.1) −c − v = −c(1 + β) = −1,6c,

weshalb es mit der Frequenz

(2.2) f₁ = (c + v)⁄λ₀ = (1 + β)f₀ (hier:1,6∙f₀)

auftrifft und reflektiert wird. Die Differenzgeschwindigkeit zwischen Echo und Raumfahrzeug ist c − v, weshalb es sich mit der Wellenlänge

(2.3) λ₂ = c(1 − β)⁄f₁ (hier: 0,4c⁄f₁)

von ihm entfernt und mit der Frequenz

(2.4) f₂ = c⁄λ₂ = f₀(1 + β)/(1 − β) =: f₀K² (hier: 2,5∙f₁ = 4∙f₀)

bei U eintrifft. Lösen wir (2.4) nach β auf, kommen wir auf (3) β = (K² − 1)/(K² + 1).

Derselbe Faktor kommt auch heraus, wenn Du ein Signal zu U schickst und das Echo auffängst, nur dass sich die Frequenz in dem Fall zuerst um den Faktor 1/(1 − β) = 2,5 erhöht und die des Echos bei seiner Rückkehr noch um einen weiteren Faktor 1 + β = 1,6 erhöht bei Dir ankommt – wie gesagt, wir sehen U als ruhend an.

GALILEI meets MAXWELL

Bisher haben wir stets U als ruhend betrachten. Allerdings fiel schon GALILEI auf, dass wir ohne weiteres auch uns selbst als ruhend und damit U als mit −v (gleiches Tempo, entgegengesetzte Richtung) bewegt ansehen können, ohne dass sich dadurch an den grundlegenden Beziehungen zwischen physikalischen Größen (nichts anderes sind Naturgesetze) etwas ändert.***)

Zu den Naturgesetzen gehören auch MAXWELLs Grundgleichungen der Elektrodynamik, und aus denen lässt sich direkt auch die elektromagnetische Wellengleichung herleiten. Was sich relativ zu***) U mit c bewegt, muss sich daher auch relativ zu***) uns mit c bewegen und umgekehrt.

Daher muss der optische DOPPLER-Effekt symmetrisch sein.

_________

*) Für das, was im Deutschen einfach Geschwindigkeit genannt wird, gibt es im Englischen die Begriffe velocity (eine Vektorgröße, d.h. eine Größe mit Richtung) und speed (deren Betrag), ein Wort, das man im Deutschen gut mit "Tempo" wiedergeben kann. Erstere lässt sich mit Hilfe eines Koordinatensystems Σ als v› = (vx | vy | vz) schreiben, letzteres ist ⎜v›⎟ = √{vx² + vy² + vz²}. Die 3 Komponenten können positiv oder negativ sein.

Das Wort "1D-Geschwindigkeit" bedeutet, dass ich mir Σ so ausgerichtet denke, dass nur vₓ von 0 verschieden ist, und ich schreibe einfach v.

**) Die Differenzgeschwindigkeit ist einfach die vektorielle Differenz zwischen den Geschwindigkeiten zweier Körper oder Teilchen in einem Ruhesystem eines dritten. Wenn wir von der Relativgeschwindigkeit eines Körpers relativ zum anderen reden, impliziert das, dass wir den zweiten Körper als ruhend betrachten.

***) Das ist kein Zufall. GALILEI war seinerzeit einer der wenigen Verfechter der Idee, dass die Erde nicht still steht, und er war nicht nur Astronom, sondern auch Physiker und konnte mit seinem Relativitätsprinzip begründen, warum von uns Menschen niemand etwas von der Bewegung merkt.

-- Baustelle --

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT

Der Reisende altert aus seiner Sicht genau gleich. Gleiche Alterung pro Jahr.

Nur, dass die Zeit für ihn langsamer läuft. Für ihn vergeht ein Jahr, während für andere meinetwegen 10 Jahre vergehen.

Heißt also, dass aus Sicht des Außenstehenden 10 Jahre vergangen sind, während für den Reisenden nur 1 Jahr vergangen ist. Also wundert sich der Außenstehende, dass der Reisende nur um 1 Jahr gealtert ist, obwohl doch von außen gesehen 10 Jahre vergangen sind.

Das hat was mit Relativität zu tun. Ja, deine biologische Uhr tickt normal weiter. Wenn du dich aber mit annährend C bewegst verkürzt sich auch die Reisezeit. 500 Jahre wären für dich nur Wochen.

Das ist spezielle Relativitätstheorie: für den mit annähernder Lichtgeschwindigkeit Bewegten vergeht die Zeit wie üblich entsprechend seiner biologischen Uhr, nur für den ruhenden Beobachter scheint die Zeit im bewegten System langsamer zu vergehen…

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Kosmologie, ART und Stringtheorien
Von Experte indiachinacook bestätigt

Die biologische Uhr ist letztlich auch nur eine physikalische Uhr.
Die physikalische Zeitdilatation schlägt über die damit verbundene Dilatation biochemischer Prozessabläufe voll auf die Biologie durch.

SlowPhil  18.05.2023, 16:28

Es ist freilich nicht klar, ob dem Fragesteller klar ist, warum diese "Zeitdilatation" (ich schreibe in Quotes, weil ich das Wort irreführend finde) überhaupt auftritt.

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