Übertriebener türkischer Nationalstolz aber dort nicht leben wollen?
Ich verstehe die vielen Türken nicht in Deutschland, die auf ihr Land und „ihren“ Präsidenten so stolz sind und sich tausendmal mehr für die Türkei interessieren als für das Land, dass sie aufgenommen hat. Aber dorthin zurückgehen würde keiner. Ich schnalls nicht.
Mir wäre das ehrlich gesagt sehr unangenehm, meine Heimat derart öffentlich zu glorifizieren, wenn meine Familie aus diesem Land hat fliehen müssen.
Wieso machen die das?
15 Antworten
Die Türken welche hier sind und pro Edogan stammen idR nicht aus Flüchtlingsfamilien. Sie haben noch (soziale) Kontakte in die Türkei und ich fürchte, dass sie von diesen andere Inforationen bekommen, als sie hierzulande über "ihr" Land zu lesen bekommen - vor allem, wenn unsere grad sauer sind auf die Türkei und da keine sehr vorteilhafte Sichtweise verbreiten. Ich denke viele Deutschtürken fühlen sich davon böse angemacht und die Gegenreaktion ist dann auch nicht nett.
"Im Übrigen scheint es sich um ein exklusiv türkisch-muslimisches Problem zu handeln. Es gibt hunderttausende von Polen, die in Deutschland leben. Von Russen, von Asiaten - und komischerweise hört man von denen nie diesen Satz. Und natürlich bleiben die Asiaten, die inzwischen - wofür ich dankbar bin - die in Berlin eine richtige China-Town aufgebaut haben, entlang der Tarnstraße, sie bleiben Asiaten. Sie reden zuhause Vietnamesisch, Chinesisch oder Thailändisch. Aber sie beklagen sich nicht darüber, dass sie nicht die Chance bekommen haben, sich zu integrieren. (...) Und es gibt Millionen von ethnischen Polen, die in Amerika leben und die jedes Jahr polnische Feste feiern. Aber sie sind zuerst Amerikaner."
Henryk M. Broder
Tja, deine Frage in Gottes Ohr. Vielleicht ist es aber ganz einfach das zu erklären: Die Ts kommen hierher um sich zu sanieren. Da das aber lange dauert kriegen sie hier Kinder. Die Eltern versuchen dann die Kinder von der türkischen Kultur zu begeistern weil sie die als ihre segensreiche Kultur empfinden, was viele Kinder auch aufnehmen. Aber die Kinder genießen den modernen Lebensstil in der EU und wenn die Eltern sie dann mal mitnehmen in die "Heimat" erschrecken sie wie es dort ist. Wenn dann die Eltern saniert sind und wollen zurück in die Heimat, wollen die Kinder nicht mit und bleiben hier. So kommt es zu Konflikten.
Hinzu kommen versteckte/getarnte Drohungen aus der Türkei mit den Pässen u. Staatsbürgerschaft. Ungefähr so: "Wenn du die türkische in D abgibst bist du bei uns unten durch". Die BRD ist daran selbst Schuld denn sie erlaubt die doppelte Staatsbürgerschaft. Solange das so ist, ist Integration für die Katz.
Die Türken sind in den 60ern nicht geflohen oder aus Gründen der sozialen Sicherung nach Deutschland gekommen. Heute fühlen sich viele immer noch nicht akzeptiert und sie fremdeln mit ihrer neuen Heimat.
Auch wenn die Ostdeutschen bekanntlich nicht wegen der Arbeit sondern den üppigen Transferleistungen gekommen sind, ist es dort ja teilweise auch nicht anders. Nur das die eben nicht Erdolf sondern Landolf toll finden.
Seit 1990 sind die Ostdeutschen nicht gekommen wegen was , sondern genießen die freie Wahl ihres Wohnsitzes in Gesamtdeutschland .
Nicht alle Türken, die hier leben, wurden hier "aufgenommen". Viele sind inzwischen in der 2. Generation hier und haben nie in der Türkei gelebt.
Man kann oft beobachten, dass Menschen, die aus einem Land auswandern, die Ideale im Ausland weiterleben und dabei den Wandel im Ursprungsland nicht mitbekommen. Für sie steht die Zeit quasi still. Das ist übrigens auch mit vielen Deutschen so, die während der Kriegsjahre nach Argentinien oder USA ausgewandert sind. Und das war auch schon bei den US-Amerikanern so, die die Entwicklung in Europa nicht mitgemacht haben - auch sprachlich gesehen.
Sich für die Politik im Geburtsland zu interessieren ist aus meiner Sicht völlig ok. Zu unterstellen, dass sie es tausendmal besser finden als die Politik des Lands, in dem sie leben, halte ich für eine zu pauschale Unterstellung. In den Fällen, wo es so ist, liegt das vielleicht auch in der romantischen Idealisierung ihres Heimatlandes begründet. Beim Auswandern lässt man viel zurück und der stückweite Verlust der Identität wird in solchen Fällen überkompensiert.
Mir wäre das ehrlich gesagt sehr unangenehm, meine Heimat derart öffentlich zu glorifizieren, wenn meine Familie aus diesem Land hat fliehen müssen. Wieso machen die das?
Doch, ich finde das völlig nachvollziehbar. Sie fliehen ja nicht aus politischer Verfolgung, sondern folgten dem Ruf nach Gastarbeitern. Dort gab es keine Jobs, in Deutschland wurden sie angefragt und sind hierherkommen um Geld zu verdienen. Einige haben es gut geschafft, andere taten sich schwer. Ist doch logisch, dass ich da den emotionalen Bezug zum Heimatland nicht verliere.
Deutsche sind in diesem Punkt mindestens genau so extrem. Wenn du in die Schweiz auswanderst und hier in Deutschland werden politisch brisante Themen diskutiert, hättest du doch vermutlich auch eine eindeutige Meinung und würdest nicht sagen "geht mich nix an, ich bin jetzt Schweizer. Man reiche mir mein Raclette!"
Deutschland ist da in der Regel ohnehin etwas anders. Stimmt schon, ich würde das auch nicht tun. Weder als Deutscher, noch als Ex-Deutscher/Neu-Schweizer.
Sicher ist es möglich, mit Nationalstolz etwas anderes zu kompensieren. Zusammenhalt hilft oftmals durch schwere Krisen und war für etliche Nationen elementar wichtig. Das hält sich in manchen Regionen stärker, in anderen schwächer.
Jap, auch das inzwischen immer mehr. Völlig normale Migrationsvorgänge, die es schon immer in Europa gegeben hat.
Ich kann Deine Argumente nachvollziehen und Erdogan wohl auch, was man daran erkennen kann wenn er seine potentiellen Wähler hier im Ausland (der Türkei) bei Wahlen mobilisieren möchte. Er gewinnt dadurch Stimmen von Leuten die überhaupt nichts mehr mit den Zuständen in der Türkei zu tun haben.
Das macht die USA ebenfalls, teils in noch krasserer Form. Habe noch nie gehört, dass sich daran jemand gestört hätte.
Jeder, der wahlberechtigt ist, wird von Politikern im Wahlkampf angesprochen. Mal intensiver, mal weniger intensiv. Wenn ich als deutscher Staatsbürger meinen Erstwohnsitz ins Ausland (z.B. Österreich) verlegen würde, würde ich mich vielleicht freuen, am Wahlkampf teilnehmen zu können, z.B. im Rahmen einer politischen Veranstaltung.
und da dies so ist, sollte Deutschland sich nicht daran mokieren sondern versuchen eine deutschlandfreundliche Einstellung bei den Auslandwählern zu erreichen.
Ich würde zumindest nicht hysterisch rumkreischen und meine Nationalflagge auf dem Autodach ausbreiten, wenn Frau Merkel zu Besuch in die Schweiz kommt. Ich meine Anatolien, von wo die meisten herkommen, ist bis heute wirklich extrem rückständig. Soll das irgendwas kompensieren?