Sterben im Kindbett?

5 Antworten

Dass schwangere Frauen die Geburt ihres Kindes nicht überleben, war jahrhundertelang alltägliche Realität. Vor allem das Kindbettfieber bedeutete eine große Gefahr für junge Mütter. Doch Mitte des 19. Jahrhunderts stieg die Sterberate dramatisch an, als Frauen ihre Kinder nicht mehr zu Hause zur Welt brachten, sondern vermehrt im Krankenhaus, von Ärzten betreut. Was zunächst als Fortschritt galt, erwies sich als oftmals tödliches Risiko. Jede sechste Mutter starb damals am Kindbettfieber. Heute liegt diese Quote in entwickelten Nationen bei acht bis zwölf auf 100 000 Geburten.

Dass die hohe Müttersterblichkeit später so drastisch zurückging, ist dem ungarndeutschen Arzt Ignaz Semmelweis zu verdanken. Der Chirurg und Geburtshelfer erkannte, dass eine bessere Hygiene Frauen davor bewahren kann, am Kindbettfieber zu erkranken. Bakterien und Keime sowie die Gefahr, die von ihnen ausging, waren damals unbekannt.

Die Wöchnerinnen starben an Blutvergiftung

Als junger Arzt trat Ignaz Semmelweis 1846 eine Stelle in der Geburtshilfe des Allgemeinen Krankenhauses in Wien an. Dort hatte man zwei Geburtsstationen eingerichtet. In der einen wurden die werdenden Mütter von Hebammen betreut, die es gewohnt waren, bei der Geburt auf Sauberkeit zu achten, in der anderen wurden die Frauen von Medizinstudenten untersucht, die oft zuvor im Seziersaal mit Leichen gearbeitet hatten und danach ihre Hände nicht reinigten. Semmelweis fiel auf, dass wesentlich weniger Frauen im Kindbett starben, die von Hebammen unterstützt wurden, während die schmutzigen Hände der Medizinstudenten bei vielen Wöchnerinnen zu einer Blutvergiftung führten.

Diesen Zusammenhang veröffentlichte Semmelweis in einer Studie und setzte sich mit Nachdruck dafür ein, dass Ärzte und Schwestern ihre Hände sauber halten. Waschen mit Seife allein reiche seiner Ansicht nach nicht aus, um die Hände zu desinfizieren. Semmelweis führte verbindlich die Waschung mit Chlorkalk ein. Innerhalb von zwei Monaten sank die Sterblichkeit der Wöchnerinnen von 20 auf 1,2 Prozent.

Er wird von seinen Kollegen nicht ernst genommen

Später erkennt er, dass neben Leichenbestandteilen auch von den Patienten im Krankenhaus eine Gefahr für die Gebärenden ausgeht. Reste von eitrigen Substanzen zum Beispiel in unzureichend gereinigten Laken können das Kindbettfieber hervorrufen. Als 1861 Semmelweis' Buch „Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers“ erscheint, ist er Professor für Geburtshilfe an der damaligen Universität in Pest, dem heutigen Budapest. Allerdings wird er lange von Kollegen nicht ernst genommen. Heute sind seine Verdienste unbestritten: Ihm gelang es, durch einen streng empirischen Zugang eine äußerst wirkungsvolle Prävention gegen Kindbettfieber zu entwickeln. Zu Lebzeiten wurde Semmelweis für seine Erkenntnisse verspottet, heute gilt er als Pionier der Handdesinfektion und als „Retter der Mütter“.

https://m.tagesspiegel.de/berlin/das-wochenbett-frueher-war-alles-schlechter/25936762.html?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com

Müttersterblichkeit bezieht sich nicht allein auf das Versterben bei der Geburt, sondern auf den Tod einer Frau während der Schwangerschaft oder innerhalb von 42 Tage nach Beendigung der Schwangerschaft aufgrund von Ursachen, die in Beziehung zur Schwangerschaft oder deren Behandlung stehen oder durch diese verschlechtert werden.

Nicht zur Müttersterblichkeit gezählt werden Sterbefälle von Schwangeren durch Unfall oder zufällige Ereignisse.

In den vergangenen 25 Jahren hat sich die Müttersterblichkeit weltweit fast halbiert. Doch sterben noch immer jeden Tag ungefähr 800 Frauen an vermeidbaren Komplikationen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt, 99 Prozent davon in Entwicklungsländern.

Dies bedeutet, dass weltweit jedes Jahr die Einwohner von Städten wie z.B. Karlsruhe, Mannheim oder Augsburg (zum größten Teil vermeidbar) sterben.

In den 48 am wenigsten entwickelten Ländern stirbt jede 260. Frau an den Folgen einer Schwangerschaft oder Geburt, in den Industriestaaten jede 6.600.

Ein Indikator der seit 2000 geltenden Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (5A), der nicht erreicht wurde, ist der Rückgang der Müttersterblichkeit um 75 % zwischen 1990 und 2015.

1990 starben weltweit etwa 380 Mütter pro 100.000 Geburten, demnach war der Zielwert für 2015 95. Doch 2013 starben immer noch 210 Frauen pro 100.000 Geburten – diese Verringerung um 45 % bleibt weit von der Vorgabe aus dem Jahr 2000 entfernt.

Zu den häufigsten Todesursachen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hypertensive Erkrankungen (Präeklampsie oder Eklampsie), Hämorrhagien (Blutungen), venöse Thromboembolien und Fruchtwasserembolien.

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass in dem Moment, in dem die Versorgung der Schwangeren, Gebärenden oder Wöchnerin nicht mehr optimal ist, die Müttersterblichkeit rapide ansteigen kann.

Verschiedene Vorerkrankungen der werdenden Mutter können Risikofaktoren in der Schwangerschaft darstellen und bergen ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, z.B.: bösartige Tumore, chronischer Bluthochdruck (Hypertonie), Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), hämatologische Erkrankungen (Thromboseneigung, Blutungsneigung, Sichelzellenanämie, ...), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Lungenerkrankungen, Nierenerkrankungen, schwere Epilepsie...

Alles Gute für dich!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Ich bin seit fast 40 Jahren Hebamme

Häufig danach, da sich aufgrund mangelnder Hygiene auch allerhand Infektionen ausbreiten konnten. Aber auch die Komplikationen während der Geburt waren (und sind nachwievor) nicht selten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich habe ein Kind.

Es kann während der Geburt, aber auch danach zu Komplikationen kommen, wo eine Frau bei der Geburt oder danach verstirbt. Heutzutage ist das in den zivilisierten Ländern mit guter ärztlicher Versorgung seltener. Früher sind viele Frauen durch verbluten oder später durch Infektionen gestorben.

Vermutlich oft während (oder kurz nach) der Geburt. Vorallem wenn ein Kaiserschnitt nötig war.

Ich denke, dass beides sich die Waage hielt.

Ich kann zu dem Thema den Film "Die Hebamme - Auf Leben und Tod" von 2010 empfehlen, gibt so bisschen einen kleinen Einblick, dass gebären früher kein einfacher Vorgang war.

Regina3 
Fragesteller
 16.03.2022, 20:38

Heute ja auch nicht ...

0
Schimeck  16.03.2022, 20:48
@Regina3

Naja, früher kam aber noch medizinisches Un- und Halbwissen sowie schlechte Hygiene dazu, beispielsweise in katholischen Gegenden die sogenannte Nottaufe.

1