Steht, laut der Scharia, auf Homosexualität die Todesstrafe?

4 Antworten

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Also im Koran selber steht da garnichts.

Das lässt Freiraum. Einer Minderheit der Koranexegeten zufolge bezieht sich Sure 4, Vers 15, wo von einer „schändlichen Tat“ (fāḥiša) die Rede ist, auf sexuelle Akte zwischen Frauen, der folgende Vers 16 entsprechend auf Sex zwischen zwei Männern:

„(15) Gegen diejenigen von euren Frauen [Plural], die eine schändliche Tat begehen, müsst ihr vier von euch als Zeugen haben. Wenn sie es bezeugen, dann haltet sie [die Frauen, Plural] in den Häusern fest, bis der Tod sie abberuft oder Gott ihnen einen Ausweg verschafft. (16) Und die beiden [Dual], die es von euch begehen, fügt beiden Ungemach zu. Wenn sie [Dual] dann bereuen und sich bessern, so lasst ab von ihnen [Dual]. Siehe, Gott ist vergebend und barmherzig.

Ob sich diese beiden Verse auf Zina  (Unzucht), d. h. (heterosexuellen) Ehebruch oder Geschlechtsverkehr zwischen Unverheirateten beziehen oder auf gleichgeschlechtlichen sexuellen Verkehr unter Frauen (Vers 15) und Männern (Vers 16), wird im Rahmen der verschiedenen Korankommentare unterschiedlich bewertet. Der klassische Kommentator, at-Tabari bezieht es ausdrücklich auf heterosexuellen illegitimen Geschlechtsverkehr, es gibt aber auch Kommentatoren, die das auf homosexuellen Verkehr erweitern. Es ist innerhalb der gegenwärtigen islamischen Theologie umstritten, ob sich diese Anweisung – wenn sie denn auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte anwendbar sein sollte – nur auf historisch bedingte Ausprägungen gleichgeschlechtlicher Sexualität bei den Völkern des frühislamischen Orients bezieht oder ob sie auf sämtliche Erscheinungsformen homosexueller Lebensgestaltung in den Gesellschaften der Gegenwart übertragbar ist (vgl. hierzu die Position des Zentralrats der Muslime in Deutschland, siehe unten). Weil sich da ja der gesellschaftliche Kontext völlig geändert hat.

Die konservative Auffassung des islamischen Rechts betrachtet, weniger auf den Koran als vielmehr auf verschiedene Überlieferungen (Hadithe) gestützt, homosexuellen Geschlechtsverkehr (liwāṭ, siḥāq) als zu bestrafendes Vergehen, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Die Frage nach der Art der Bestrafung hat in den islamischen Rechtsschulen zu einem Dissens geführt. Während die Hanafiten als größte Rechtsschule des Islam die Entscheidung über die Bestrafung einer Person, in das Ermessen des einzelnen Richters stellen und eher auf Züchtigung durch Auspeitschung) plädieren, sehen andere Rechtsschulen wie die Malikiten und die Hanbaliten für einen verheirateten Täter die Steinigung als Todesstrafe vor (nicht unbedingt jedoch für einen unverheirateten). Mögliche Strafen sind auch Auspeitschung oder Verbannung für eine gewisse Zeit. Die Wahabiten genannte Richtung des sunnitischen Islams ḥanbalitischer Richtung sieht als Bestrafung ebenfalls die Todesstrafe vor.

Seit Ende des 20. Jahrhunderts treten einige muslimische Organisationen für Toleranz und Akzeptanz von Homosexualität im Islam ein. Bei einer Konferenz 2009 in Jakarta haben gemäßigte Islamvertreter erklärt, dass Homosexualität und ihre Weltreligion kein Gegensatz seien.

2012 eröffnete ein offen schwuler Imam, Herr Ludovic Mohamed Zahed,  in Paris eine LGBT-freundliche Moschee. Er selbst war am 18. Februar 2012 im Rahmen einer zeremoniellen Feier in einer Moschee in Paris mit seinem Partner verheiratet worden – die erste von einem Imam geschlossene Ehe zwischen muslimischen Homosexuellen. Er weist darauf hin, dass der Islam jahrhundertelang tolerant gegenüber homo- und transsexuellen Menschen war. Im Jahr 2016 sagte er, dass es weltweit etwa zehn offen schwule Imame gebe.

In Deutschland setzt sich vor allem der im Jahr 2010 gegründete Liberalislamische Bund für die Akzeptanz von LSBT*I-Muslimen ein. Zu diesem Zweck veranstaltete er im Dezember 2013 eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „Homosexualität und Gendervarianz im Islam“ und verfasste ein Positionspapier zu diesem Thema. Seit August 2018 ist in Deutschland der erste offen homosexuelle deutsche Imam Herr Christion A. Hermann in Berlin tätig.

Wobei schon klar sein dürfte, dass die Hadithe jede Form der Diskriminierung und Verfolgung von Sexualität außerhalb der Standardehe hergeben. Es also in diesem Glaubenskonstrukt keinen wirksamen Schutz für Homosexuelle gibt. Der kommt in Europa von außen, durch die säkulare Gesellschaft, die diesen Schutzraum bereitstellt.

Wo das nicht gegeben ist, wie in vielen rein islamischen Ländern, schlägt das Pendel sehr schnell in Richtung der konservativen Auffassung. Und da sind die Hadithe halt alles andere als Schwulenfreundlich.

Knochenjimmy 
Fragesteller
 25.12.2022, 14:00

Fazit: Also im Koran steht da nichts Exaktes, aber die Hadithe lehnen es klar ab (Wahrscheinlich stehen da auch die entsprechenden Aufrufe zum Mord an Schwulen).

Warum sollte ich diese Ideologie (Religion) dann respektieren? Wenn jemand sagt er ist ein Nazi, würde ich das ja auch ablehnen.

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heikemargret  25.12.2022, 14:27
@Knochenjimmy

Das Dilemma ist, dass zu fast nichts, was hiesige Moslems als islamisches Verhalten empfinden, konkret etwas im Koran steht. Aus dem Koran selbst kann ich weder die Kopftuchpflicht, die Beschneidung, die Pilgerschaft oder die Schahada entnehmen. Nur mal als ein paar Beispiele.

Das kommt dann alles aus diesen Hadithen, die mehr als hundert Jahre später irgendwie nach Kriterien, die man heute nicht mehr wirklich nachvollziehen kann zusammengetragen wurden. Von Leuten, die auch politische Interessen hatten.

Auch wenn es sogenannte Koranisten gibt, die diese Hadithe (wegen ihrer offensichtlichen Widersprüchlichkeit, und dem oftmals sehr ungezwungenen Umgang mit den Grundrechten der Menschlichkeit) ablehnen, funktionieren die meisten islamischen Schulen mehr auf Basis dieser Hadithe, als auf Basis des Korans.

Der Koran ist so eine Art kontextfreie Gebets- und Anekdotensammlung. Um daraus eine funktionierende Religion mit Weltmachtsphantasien zu basteln, geht es nicht ohne die Hadithe.

Das System im Ganzen ist unzusammenhängend, historisch nicht greifbar, und in jede beliebige Richtung interpretierbar. Was vermutlich den Erfolg mitbedingt. Weil man kann es je nach Lage so oder so einsetzen. Um Leute aufzuhetzen, oder zu beruhigen. Was auch immer gerade politisch gewünscht ist, ich kann es aus diesen Schriften begründen. Und die Masse lässt sich führen.

Meine Auffassung von göttlich inspirierter Offenbarung ist eine andere. Die ist nicht völlig beliebig, sondern setzt absolute Standards. Da bedeutet nicht töten halt nicht töten. Und den Nächsten lieben ist auch so gemeint.

Aber solange die Leute so an ihren islamischen Traditionen hängen, in die sie ja genauso hineingeboren werden, wie wir in unsere Traditionen, möchte sie anscheinend niemand kränken, und lässt alles ziemlich undiskutiert weiterlaufen. Ob man ihnen wirklich einen Gefallen damit tut, ist eine andere Frage. Meiner Meinung nach nicht.

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Knochenjimmy 
Fragesteller
 25.12.2022, 14:36
@heikemargret

Interessant finde ich auch, dass es eigentlich ein Thema der Rechten ist, den Islam abzulehnen.

Dabei müssten die Linken das doch viel mehr. Es sind schwulenfeindliche patriarchalische Strukturen die da propagiert werden.

Also die Linken müssten doch eigentlich viel stärker gegen den Islam vorgehen, warum passiert das nicht?

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heikemargret  25.12.2022, 14:59
@Knochenjimmy

Weil die Linken halt meinen, man müsse tolerant sein zu jedermann. Und wenn man dem Wolf sagt, er solle die Ziege respektieren, dann wird er das schon tun. Ein bisschen naiv, das Konzept, aber charmant. Auf so eine unschuldige Art.

Wobei es durchaus rechte Gruppen gibt, die prima mit dem Islam zurechtkommen. Islam passt einfach zu alles. Hab ich ja oben ausgeführt. Der Tschetschene zieht ja auch für einen Atheisten, der aus politischen Kalkül hat hunderte orthodoxe Kirchen in Russland bauen lassen, in den 'heiligen' Krieg.

Der Adolf hat prima mit islamischen Kriegern kooperiert, und die Grauen Wölfe sind ja wohl alles andere als links. Da gibt es durchaus Pakte. Nur, die sind halt so ehrlich, das gleich einen Pakt zu nennen, und nicht Freundschaft. Ist ja weit realistischer, als die Traumtänzerei vom anderen Ende. Aber Kooperationen gibt es da durchaus auch. Nur die gehen halt völlig anders damit um.

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Knochenjimmy 
Fragesteller
 25.12.2022, 15:05
@heikemargret

"Weil die Linken halt meinen, man müsse tolerant sein zu jedermann. Und wenn man dem Wolf sagt, er solle die Ziege respektieren, dann wird er das schon tun. Ein bisschen naiv, das Konzept, aber charmant. Auf so eine unschuldige Art."

Ich mein das nicht so überheblich, wie es klingt, aber wenn du noch einmal darüber nachdenkst, wirst du erkennen, dass das absoluter Unsinn ist.

Die Linken gehen demonstrieren, dass es kein Morgen gibt. "Hätte Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben!" und ähnliches.

Eigentlich sind es vor allem die rechten Parteien die man gegen den Islam demonstrieren sieht. Pegida usw..

Dass es eine Division bei der SS gab die aus Muslimen vom Balkan bestand, ist bekannt.

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Erstmal kenne ich die genaue Rechtslage in den jeweiligen Staaten nicht. Mir ist kein Land bewusst, was die Scharia korrekt ausübt und auch in diesem Fall werden die meisten Staaten es sicherlich anders handhaben, was nicht unbedingt Islamisch ist.

Es gibt dazu unterschiedliche Meinungen unter den Gelehrten, aber in der Regel wird die Ausübung von Homosexualität als Zina bewertet. Allein die Neigung zu besitzen ist nicht strafbar.

Zina beschreibt den unehelichen Geschlechtsverkehr unabhängig vom Geschlecht.

Als Voraussetzung für die Ausführung der Strafe gilt, dass sich mindestens 4 Zeugen finden, die den Akt genau bezeugen können. Dazu wäre es nicht mal ausreichend beide Parteien nackt in einem Bett zu erwischen, sondern man muss das Eindringen des Geschlechtsteils exakt sehen, unzwar von allen 4 Zeugen. Finden sich weniger als 4 Zeugen, die das behaupten, werden die Zeugen wegen falscher Aussage bestraft.

Das ist eigentlich schon praktisch unmöglich, wenn man es nicht gerade in der Öffentlichkeit treibt.

Zur Strafe: Ein verheirateter, der Zina begeht, wird gesteinigt und ein unverheirateter bekommt 100 Stockschläge.

Ja, Homosexualität ist im Islam verboten. Und ja, der Islam gibt zwar harte abschreckende Strafen vor, knüpft diese aber an solche Bedingungen fest, dass es praktisch fast unmöglich ist, dass die Strafe überhaupt angewandt wird. Leute, die es insgeheim praktizieren und die Öffentlichkeit nicht damit belästigen, bleiben somit (im Diesseits) ungestraft.

Als Muslim sollst du den Homosexuellen auch nicht den Tod wünschen, sondern die Rechtleitung Allahs!

Knochenjimmy 
Fragesteller
 25.12.2022, 16:24

"Als Voraussetzung für die Ausführung der Strafe gilt, dass sich mindestens 4 Zeugen finden, die den Akt genau bezeugen können. Dazu wäre es nicht mal ausreichend beide Parteien nackt in einem Bett zu erwischen, sondern man muss das Eindringen des Geschlechtsteils exakt sehen, unzwar von allen 4 Zeugen. Finden sich weniger als 4 Zeugen, die das behaupten, werden die Zeugen wegen falscher Aussage bestraft."

Es reicht ja schon, dass es verboten ist ...

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ItsJustMe38  25.12.2022, 16:25
@Knochenjimmy

Ich habe nur deine Frage beantwortet. Was du davon hältst, ist dir überlassen.

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Naja du musst halt es so sehen, dass der Glaube Generationsübergreifend betrieben wird. Deshalb bleiben die dem Islam treu und Kinder werden da halt reingezwungen. Auch in Deutschland, weil Deutschland und Kinderrechte nicht passt.

Also die Homophobie wird dann quasi weiter gegeben. Auch wenn manche behaupten, dass die Homosexuelle akzeptieren. Kurioser weise aber nicht die Sexualität, diese wird verabscheut.

Ich verstehe nicht mal, warum Deutschland die eigentlich für Vielfalt stehen wollen eine solch Homophob Kindergefährdende Religion legalisieren. Ach ja Religionsfreiheit.

Ist halt wie ich sagte, die werden da einfach noch als Kind reingezwungen bis zum geht nicht mehr manipuliert, irgendwann sagt dein normaler Verstand halt auf wiedersehen.

Leute die dem Islam als Erwachsene beitreten, sind dann schon von vorne rein Homophob und denken sich: Jo geil raus mit de Viecher Islam passt.

Ich persönlich finde Knabenbeschneidung schlimmer als alles andere. Da die Kinderrechte mit den Füssen treten und sich denken: Jo mein Sohn braucht keine Vorhaut. Egal was er dazu sagt.

Aber auch das ist wegen jahrelanger Manipulation. Religiöse Menschen sind halt oft leicht manipulierbar.

Knochenjimmy 
Fragesteller
 25.12.2022, 13:50

Warum macht man dann einen Unterschied zwischen dem Islam und z. B. Nazis. Wenn jemand von sich sagt, dass er ein Nazi ist, sag ich doch auch nicht, dass das okay ist ...?

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Der Islam ist mehr als tausend Jahre tolerant mit Homosexuellen umgegangen. In der arabisch-islamischen Kulturgeschichte zwischen 800 und 1800 befindet sich keine Spur von Homophobie. Aus der islamischen Literatur sind zahlreiche homoerotische Gedichte und Bilder ueberliefert. Erst im 19. Jahrhundert hat der Westen im Zuge der Kolonialisierung den Kampf gegen den "unordentlichen Sex“ im Nahen Osten eingefuehrt. Vor dem Jahr 1979 ist in tausend Jahren kein Fall im islamischen Nahen Osten und in Nordafrika bekannt, in dem ein Mann aufgrund einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs mit einem anderen Mann strafrechtlich angeklagt wurde. In Tunesien ist Homosexualitaet z.B.erst seit 1913 unter Strafe gestellt. Es waren die Franzosen, die den entsprechenden Paragraphen 230 einfuehrten. Als sie Tunesien kolonisierten, brachten sie ihre Homophobie mit. Dann sind sie wieder abgezogen, doch die Homophobie blieb.

Im Islam gibt es keinen einzigen authentischen religioesen Text, der Homosexualitaet unter eine konkrete Strafe stellt.