Robbespierre - Terror und Tugend

4 Antworten

Tugend

Tugend bedeutet, gute Charaktereigenschaften zu haben und sich moralisch/sittlich gut zu verhalten. Die Tugend ist für Robespierre eine gute Einstellung, die Menschen zu einem guten Verhalten führt, den Staat voranbringt und für das Zustandekommen guter Verhältnisse sorgt. Sie ist ein Prinzip, von dem eine gelingende Demokratie lebt (treibende Kraft). Terror ist seiner Meinung nach ein Gewaltmittel und ohne eine Kontrolle über dieses Instrument durch die Tugend, die seine Gerechtigkeit garantiert, etwas Schlimmes.

Robespierre war ein politischer Moralist. Er glaubte an eine sich in einem Allgemeinwillen ausdrückende Vernunft. An Jean-Jacques Rousseau orientierte aufklärerische Ideale waren sein Leitbild. Tugend, Gerechtigkeit, Liebe zur Gleichheit (Gleichheit vor dem Gesetz und gleiche Chancen, aber nicht völlige Besitzgleichheit) sollten verwirklicht werden. Robespierre trat für die Revolution und eine demokratische Republik mit allgemeinem Wahlrecht ein. Er wollte sie in der schwierigen Bedrängnis (Krieg und innere Unsicherheit/Bürgerkrieg) erhalten und wirtschaftliche Probleme (Nahrungsmittelknappheit, Preisanstieg) bewältigen.

Wer mit Privatinteressen nach seiner Meinung das Allgemeinwohl gefährdete, sollte überzeugt und bei Weigerung bestraft werden. Terror ohne Tugend hielt er für unheilvoll, rechtfertigte ihn („Terror ist nichts anderes als Gerechtigkeit, sofortige, unnachsichtige und unbeugsame Gerechtigkeit; er stellt daher eine Ausdrucksform der Tugend dar.“) aber als Mittel in Notlagen, in den die Tugend ohne ihn hilflos sei. Er wollte öffentliche Erziehung/Bildung und versuchte durch kultische Feiern eine patriotische Einheit zu fördern.

Hintergrund und Rahmenbedingungen

Ein Hauptgrund für die „Schreckensherrschaft“ war die starke Bedrohung der Französischen Revolution zu dieser Zeit, durch die energische Maßnahmen zu ihrer Erhaltung erforderlich waren. Hinzu kam eine Weltanschauung, die eine Neigung hatte, das Verhalten in politischer Hinsicht in starkem Ausmaß zu einer Frage der Tugendhaftigkeit zu erheben und grundsätzlich abweichenden politischen Standpunkten wenig Spielraum zu geben.

Die Französische Revolution war zu dieser Zeit sowohl von innen (Aufstände und gegenrevolutionäre Bewegungen, z. B. in der Vendée) als auch von außen (Erster Koalitionskrieg) bedroht. Außerdem war die Wirtschaftslage sehr schwierig (Inflation mit ansteigenden Preisen, zunehmendes Haushaltsdefizit). Im Sommer 1793 drangen Armeen gegnerischer Monarchen von Norden und Osten vor, Aufstände und gegenrevolutionäre Bewegungen hatten 60 von 83 Départements erfasst, im Westen und Süden gab es britische Angriffe.

Zusammenhang von Tugend und Terror nach Robespierre

Robespierre versucht ein hartes Vorgehen, die sogenannte Schreckensherrschaft (terreur = Terror, Schrecken) zu legitimieren (rechtfertigen), indem er es als zur Verteidigung und Durchsetzung der Freiheit und Demokratie in einer Notlage notwendig darstellt. Frankreich und seine Revolution seien vor der Tyrannei der Gegenrevolution zu schützen. Schrecken angesichts einer Notlage bezeichnete er als rasche, strenge und unbeugsame Gerechtigkeit.

Maximilien de Robespierre, Vorsitzender des Klubs der Jakobiner und ein führender Politiker (zur Gruppierung der Montagnards [Berg-Partei] gehörend) dieser Zeit (vom 27. Juli 1793 - 27. Juli 1794 ein Mitglied des Wohlfahrtsausschusses unter 12 Mitgliedern) hat am 5. Februar 1794 vor dem Nationalkonvent (Convention nationale) eine Rede über die Prinzipien der politischen Moral gehalten hat.

Es werde gesagt, Schrecken sei Antriebskraft der despotischen Regierungsform. Wenn die Abgeordneten durch den Schrecken (ein Schwert in der Hand der Freiheitshelden) die Feinde der Freiheit bezwingen, werden sie als Gründer der Republik Recht haben. Die für eine Revolution geeignete Regierungsform sei der Despotismus der Freiheit gegen die Tyrannei.

Die Gegner der Revolution beabsichtigen nach Robespierre die Tyrannei, was besondere Maßnahmen erfordert. Die wichtigste Antriebskraft/Kraftquelle der Demokratie (Volksherrschaft) ist nach Auffassung von Robespierre die öffentliche Tugend. In friedlichen Zeiten reiche sie allein aus. In stürmischen Zeiten wie einer Revolution komme der Schrecken hinzu, ohne den die Tugend ohnmächtig sei. Der Schrecken sei nichts anderes als eine schnelle, strenge und unbeugsame Gerechtigkeit. Also sei er kein besonderes Prinzip, sondern eine Folge aus dem Hauptprinzip der Demokratie, auf die dringendsten Bedürfnisse des Vaterlandes angewendet.

Albrecht  08.10.2013, 21:36

Ein „Despotismus der Freiheit“ ist eine paradoxe Wortformel (ein Paradoxon ist ein unerwartet auftretender scheinbarer oder tatsächlicher Widerspruch). Despotismus ist eine schrankenlose Herrschaft (Despot = Herr [vor allem gegenüber Sklaven]), die unbedingten Gehorsam verlangt, keine freie Diskussion duldet und Gegner verfolgt. Eine solche Herrschaftsform steht im Gegensatz zu Freiheit und gleicht der Tyrannis, einer Alleinherrschaft, die durch Gewalt begründet und unrechtmäßig ist und den persönlichen Eigennutz verfolgt.

Zur Auffassung des tugendhaften States durch Robespierre gehörte ein Ende der Gewalt des Schreckens (terreur), sobald die bedrohliche Notlage erfolgreich abgewendet war. Dieses Ende konnte es nach seinen Äußerungen erst in ruhigeren Zeiten geben, also wenn die neuen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse gefestigt und in ihren Grundlagen gesichert sind.

Die Argumentation ist problematisch, weil eine Neigung auftreten kann, unter Berufung auf einen Notstand oder eine Bedrohung Grundrechte und wichtige Freiheiten einschränken oder aufheben zu wollen. Dann kommt es zu leicht zu einem überzogenen Vorgehen.

Bücher über die Französische Revolution enthalten Erläuterungen und Deutungen.

Ernst Schulin, Die Französische Revolution. 4., überarbeitete Auflage. München : Beck, 2004 (Beck's historische Bibliothek), S. 216 - 237

S. 222: „Die Terreur ist nur zu verstehen als Antwort auf die innere und äußere Bedrohung der Revolution. Es war eine schreckliche Antwort. Man mußte schon stark an den Sinn der Revolution glauben, sich in sie hineinfanatisieren, wenn man diese Antwort geben konnte. Aber die Krise war 1793 so, daß jede andere Antwort das Scheitern der Revolution bedeutet hätte.“

Hans-Ulrich Thamer, Die Französische Revolution. 3. Auflage, Originalausgabe. München : Beck, 2009 (Beck'sche Reihe : C.-H.-Beck-Wissen ; 2347), S. 78 - 89

S. 77: „Der Rumpfkonvent, der sich von allen Seiten eingekesselt und bedroht sah, reagierte nun mit Härte und entschlossener republikanischer Einmütigkeit. Nur unter Anspannung aller Kräfte, unter Verschärfung des revolutionären Drucks und auch mit Zugeständnissen an diejenigen, deren Unterstützung man brauchte, ließ sich die Revolution retten.“

S. 86 – 87 (zum Regierungssystem): „Robespierre hatte diesem ein doppeltes Ziel gesetzt: die Revolution zu retten und eine neue Gesellschaft zu schaffen. Das erste Ziel wurde durch die Zentralisierung der politischen Entscheidung und durch brutale Einschüchterung bzw. Zwang erreicht. Allerdings war der Preis dafür hoch. Die Terreur verursachte immenses menschliches Leid und forderte Zehntausende von Todesopfern; sie belastete die jakobinische Politik mit hohen moralischen Kosten, das zweite Ziel einer tugendhaften, selbstgenügsamen Gesellschaft war an dem Machbarkeitswahn und der Praxisferne des Projekts gescheitert und hatte auch für die politischen Eliten der Revolution jeden Reiz verloren und nur Schrecken provoziert.

Gleichwohl läßt sich die schrittweise Entfaltung des Terreur von einzelnen Sondermaßnahmen und Säuberungsforderungen der Volksbewegung bis zur legalen Terreur nicht als Produkt einer revolutionären Ideologie erklären. Vielmehr diente die Ideologie der Einheit, der Tugendhaftigkeit und der Reinheit der Revolution immer nur zur nachträglichen Rechtfertigung von Gewaltakten bzw. von Gewaltandrohung, die ihre Wurzel in der kollektiven archaischen Gewalt des Volkes hatte und dann schrittweise in die revolutionäre, d. h. bewußt als Mittel der Politik eingesetzte Gewalt seit 1789 überging. Die revolutionäre Gewalt wurde nicht von den krisenhaften Umständen der weiteren politischen Entwicklung im Inneren und Äußeren freigesetzt, sondern ihre Entfaltung war Produkt der politischen Auseinandersetzung und des politischen Handelns, mit denen die jeweils politisch führenden Gruppen auf diese Herausforderung reagierten. Ihr Reden und Handeln, das sich als Umsetzung und Verwirklichung der Revolution darstellte, erzeugte eine politische Dynamik, durch die gemäßigte Positionen und Entscheidungen durch institutionelle Vorkehrungen der Repräsentativverfassung und der Gewaltenteilung an den Rand gedrängt wurden und umgekehrt die Radikalisierung der Revolution zunahm. In den Machtkämpfen des Jahres 1793/4, die zu einer Systematisierung der Terreur führten, war es eine Gemengelage von äußeren, militärischen und wirtschaftlichen Umständen wie von diskursiven und symbolischen Reden und Handeln, die die Radikalisierung und damit die Institutionalisierung der Terreur vorantrieb.

Dabei veränderte die Politik […] ihre Funktion: war sie in den Machtkämpfen vom März bis zum Dezember 1793 «Symptom der Anarchie», so wurde sei im Frühjahr 1794 zu einem «Instrument der Stabilisierung des Staates», zu einem Machtsystem, das sich eine theoretische Rechtfertigung gab. Nicht eine Ideologie hat zur Terreur geführt, sondern die Praxis der Terreur hat am Ende zur vorübergehenden Herrschaft einer Ideologie geführt.“

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Albrecht  08.10.2013, 21:36

Wolfgang Kruse, Die Französische Revolution. Paderborn , München : Wien ; Zürich : Schöningh, 2005 (UTB : Uni-Taschenbücher : Geschichte ; 2639), S. 36 – 37 verweist neben einer Darlegung der Lage auf einen Aufstand der Pariser Sektionen im September 1792, der den Konvent nötigte, den revolutionären Terror gegen den inneren Feind als Regierungsprogramm auf die Tagesordnung zu setzen (nach S. 37 ist der revolutionäre Terror „ursprünglich entstanden aus der Verbindung atavistischer Instinkte mit dem politischen Programm, durch exemplarische Gewaltmaßnahmen die Gegner der Revolution in die Schranken zu weisen.“).

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Julia849  28.12.2018, 12:24

Hei, Ihre Antwort ist echt detailliert und ich muss eine Gfs zum Thema französische Revolution halten. Haben sie vllt irgendwelche Quellen Angaben zu dieser Antwort oder so?

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Albrecht  29.12.2018, 13:20
@Julia849

In meine Antwort sind eigene Gedanken und Kenntnisse eingeflossen.

Quellengrundlage ist die Rede über die Prinzipien (Grundsätze) der politischen Moral die Robespierre am 5. Februar 1794 vor dem Nationalkonvent gehalten hat.

Es gibt sie deutscher Übersetzung in Büchern:

Maximilien Robespierre, Über die Prinzipien der politischen Moral : Rede am 5. Februar 1794 vor dem Konvent. Mit einem Essay von Uwe Schultz. Hamburg : Europäische Verlagsanstalt, 2000 (EVA-Reden ; Band 28). ISBN 978-3-434-50129-9

Reden der Französischen Revolution. Herausgegeben von von Peter Fischer. München : Deutscher Taschenbuch-Verlag, 1974 (dtv ; 6029 : text-bibliothek). ISBN 3-423-06029-8

Auch im Internet ist dies (zumindest in Auszügen zu finden), z. B.:

http://www.abitur-geschichte.de/g12/moralundgewalt.pdff

https://www.geschichte-abitur.de/quellenmaterial/quellen-franzoesische-revolution/robespierre-ueber-die-prinzipien-der-revolutionaeren-moral

Auch in französischer Originalsprache ist sie zu finden, z. B.:

https://fr.wikisource.org/wiki/%C5%92uvres_de_Robespierre/Sur_les_principes_de_morale_politique

Informationsquellen waren außerdem Darstellungen in Büchern über die Französische Revolution (in Kommentaren angegeben).

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Robespierre träumte von einer Gesellschafft voller tugendhafter Bürger. Das heißt, dass alle aktiv den Staat unterstützen, indem man Pflichten erfüllt, wie die Revolution zu unterstützen

Er hält Terror für ein Werkzeug um Tugend zu schaffen.

Tugend hingegen sei nötig um den Terror zu bremsen.

Robbespierre wollte durch seine "Terrorherrschaft" alle kontrarevolutionären Aktionen verhindern, sein Ziel war Tugend - aber im Sinne von Vernunft und Gleichheit - also hat er einfach alle Andersdenkenden umgebracht. Wenn dir das nicht weiterhilft kannst Du auch mal bei Wikipedia nachgucken, ich finde den Artikel eigentlich ganz gut, er ist zwar auch nicht so einfach und verständlich geschrieben, aber besser als meine Erklärung. :D

Viel Glück bei Deiner Klausur!