Ist nach Auschwitz kein allmächtiger Gott mehr denkbar?
Ich muss einen Vortrag über die Theodizeeproblematik von Hans Jonas halten.
Ich habe Schwierigkeiten beim Verstehen des Textes. Kann mir vielleicht jemand beim Zusammenfassen der Grundgedanken dieses Textes helfen?
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"Und damit kommen wir zu dem, was vielleicht der kritischste Punkt in unserem spekulativen theologischen Wagnis ist: Dies ist nicht ein allmächtiger Gott. In der Tat behaupten wir, um unseres Gottesbildes willen […], daß wir die althergebrachte mittelalterliche Doktrin absoluter, unbegrenzter göttlicher Macht nicht aufrechterhalten können. Lassen Sie mich das zuerst auf rein logischer Ebene begründen. […] Absolute, totale Macht bedeutet Macht, die durch nichts begrenzt ist, nicht einmal durch die Existenz von etwas anderem überhaupt, etwas außer ihr selbst und von ihr Verschiedenem. Denn die bloße Existenz eines solchen anderen würde schon eine Begrenzung darstellen, und die eine Macht müßte dies andere vernichten, um ihre Absolutheit zu bewahren. Absolute Macht hat dann in ihrer Einsamkeit keinen Gegenstand, auf den sie wirken könnte. Als gegenstandslose Macht aber ist sie machtlose Macht, die sich selbst aufhebt. „All“ ist hier gleich „Null“. […]
Nach Auschwitz können wir mit größerer Entschiedenheit als je zuvor behaupten, daß eine allmächtige Gottheit entweder nicht allgütig oder (in ihrem Weltregiment, worin allein wir sie erfassen können) total unverständlich wäre. Wenn aber Gott auf gewisse Weise und in gewissem Grade verstehbar sein soll (und hieran müssen wir festhalten), dann muß sein Gutsein vereinbar sein mit der Existenz des Übels, und das ist es nur, wenn er nicht all-mächtig ist. Nur dann können wir aufrechterhalten, daß er verstehbar und gut ist und es dennoch Übel in der Welt gibt. Und da wir sowieso den Begriff der Allmacht als zweifelhaft in sich selbst befanden, so ist es dieses Attribut, das weichen muß.
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Vielen Dank und liebe Grüße
3 Antworten
Ja, also Jonas' Weltbild ist offenbar dualistisch, d.h. das Gute und das Böse schliessen sich gegenseitig aus. Demnach argumentiert er, dass Auschwitz gegen die Existenz eines allmächtigen und gütigen Gottes spricht. Gäbe es einen solchen Gott, meint der Autor, dann hätte er Auschwitz verhindert.
Das christliche Gottesbild ist nicht dualistisch. Gott ist gut und zugleich allmächtig. Am Ende aller Zeiten, heisst es, werden alle Toten auferstehen und jeder wird nach seinen Taten gerichtet werden. Das Böse ist daher durchaus vereinbar mit der Existenz eines allmächtigen Gottes, der das Gute über allem stellt. Jonas deutet also die christliche Vorstellung eines allmächtigen und gütigen Gottes um, um seine Argumentation zu entfalten.
Ein allmächtiger, guter Gott hätte z. B. Auschwitz niemals zugelassen. Also ist Gott entweder nicht gut oder nicht allmächtig.
Was soll mir das jetzt sagen? Ich hab nur die Kernaussage des Textes wiedergegeben.
Vertragsbruch zieht Vertragsstrafen nach sich - und Missachtung des Schöpfers, Sünde, bedeutet TOD. Wann begreift ihr das endlich? „Denn das Trachten des Fleisches ist Tod, das Trachten des Geistes aber Leben und Frieden, weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht; und die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt; wer aber den Geist des Christus nicht hat, der ist nicht sein. Denn wenn ihr gemäß dem Fleisch lebt, so müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Leibes tötet, so werdet ihr leben.“
Römer 8:6-9, 13 SCH2000 https://www.bible.com/157/rom.8.6-9,13.sch2000
Und wenn du weiteres Gerichtshandeln Gottes aufzählen willst, dann nimm die Sintflut - oder die Kreuzigung Jesu, der sein Leben geben musste, um die Sünden der ganzen Welt zu sühnen - und die zu erlösen, die ihm gehorchen.
Immer noch: Ich habe lediglich die Kernaussage des Textes wiedergegeben. Und die hat nichts damit zu tun, was ich glaube und was nicht.
Klare Sache: Entweder wollte ein allmächtiger Gott Auschwitz - dann ist er kein gütiger Gott, sondern ein schlimmer Menschenfeind. Oder er wollte Auschwitz nicht - dann ist er nicht allmächtig.
Die Frage ist also folgendermaßen zu beantworten: Nach Auschwitz ist kein Gott denkbar, der allmaächtig UND gütig ist.
Gruß, earnest
„Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Übeltäter seine Gedanken; und er kehre um zu dem Herrn, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr; sondern so hoch der Himmel über der Erde ist, so viel höher sind meine Wege als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“
pJesaja 55:7-9 SCH2000 https://www.bible.com/157/isa.55.7-9.sch2000