Mobbing - wie habt ihr Euch danach verändert?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Gemobbt im engeren Sinne wurde ich nicht, aber ich wurde von vielen als "Ausländer" abgetan und teilweise auch diffamiert. Das hat Spuren hinterlassen, ja. Ich war lang sehr misstrauisch und bin es manchmal heute noch, fasse nur langsam Vertrauen und bin allgemein ein sehr ruhiger Mensch. ich habe nicht selten gedacht, jeder schaut auf mich, jeder will was Schlechtes von mir in erster Linie, und ich fing an mich über Materielles zu definieren sobald ich es finanziell gekonnt habe - das ging rauf bis zum Siebener-BMW, in dem ich mich regelrecht versteckt habe und zu fast paranoiden Vorsichtsmaßnahmen.

Aber andererseits trage ich keinem das alles nach. Ich habe es zwar neutralisiert, wenngleich nicht vergeben, doch denke ich kaum noch dran.. ich bin jetzt 30 Jahre alt und diese Sachen sind fast alle in meiner Realschulzeit (2001 bis 2007) vorgefallen. Das ist lang her und ich bin auch umgezogen und habe dort keine Gefahr zu befürchten. Aber so wie ich noch in der Heimat gewohnt und gearbeitet habe, hatte ich oft (nicht ganz unberechtigte) Bedenken, ob wieder jemand die alten Sachen aufgräbt und wieder von vorne anfängt.

Hier bin ich viel entspannter, es frägt niemand nach meiner Herkunft und niemand will wissen oder weiß noch, was für 20 Jahren abgegangen ist. Ich habe viele zumindest beklemmende Situationen, Diffamierungen, unterschwellige Herabwürdigungen und später Sozialneid durch andere erfahren, weil ich dann einen besseren Job hatte, in den Gemeinderat gewählt wurde, mir einen Mercedes sowie später einen Siebener-BMW gekauft habe und durch Leistung wohl die Leute beeindrucken konnte. Das war auch nicht besser und führte zu mobbingähnlichen Grundsituationen, aber nicht zu Mobbing an sich -----> Mobbing ist fortlaufend/Chronisch und hat das Ziel jemanden wirklich fertig zu machen, ich glaube nicht dass es bei mir so war, auch wenn es tatsächlich mal eine gegen meine Freundin und mich gerichtete Morddrohung aus Hass gab.

Ansonsten habe ich auch so eine Form von "Tabula rasa" gemacht wie du und mich echt von allem (!) getrennt, was mir nicht gut getan hat, in der Hauptsache von Vereinen, meiner Arbeitsstätte, meiner Heimat und etlichen Bekannten. Es hat richtig gut getan und ich wäre laut anderen und vor allem laut meiner Freundin in den letzten zwei Jahren etwa deutlich selbstbewusster geworden und auch offener und entspannter.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
PepiamStart 
Fragesteller
 11.07.2021, 18:33

Genau das, was du im letzten Absatz geschrieben hast, ist der Zustand, in dem ich jetzt bin. 2.0 Version von mir mit Upgrade. :)

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rotesand  11.07.2021, 18:54
@PepiamStart

Und es ist total befreiend - ich habe von dem Ganzen doch viel profitiert wenn ich so drüber nachdenke - und es hat mir gut getan. Mach weiter so ... aus dir wird noch viel mehr als dass du denkst ;-)

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Ich sag mal so, ich wäre nicht der, der ich heute bin wäre ich nicht gemobbt woren. Damals war ich ein Opfer und ein Weichei etc. Das Mobbing hat mich so abgehärtet und mental kalt gemacht dass ich keinen shit mehr auf Leute gebe die irgendwas gegen mich haben, mich juckt die Meinung anderer nicht die mich nicht mögen und ich habe realisiert in der Zeit des Mobbings dass ich etwas ändern musste. Deshalb habe ich calisthenics angefangen und wurde mit den Schuljahren eine ziemliche "Maschine" kann man sagen. Ich gebe jetzt viel mehr Wert auf Dinge wie innere Stärke, Disziplin, Männlichkeit etc. Anfangs wusste ich nicht einmal dass diese Dinge existieren und war wortwörtlich ein Versager und dass wurde mir von den Mobbern deutlich klargemacht bis ich mich mit der Zeit veränderte.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
PepiamStart 
Fragesteller
 20.01.2022, 18:44

Ich danke dir für die Antwort. Als ich die Worte Stärke, Disziplin und Männlichkeit gelesen habe, musste ich kurz daran denken, dass das die Attribute sind, die der Typ (Chef) nicht besaß, der bei mir zugeguckt hat und auch aktiv mitgemacht hat. Bei dir hat praktisch auch so eine Art Upgrade stattgefunden. Version 2.0. Fühle ich total. 💪🏻

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Durch meine Erfahrung, als das Opfer und dem Täter, kann ich dir sagen, dass ich daraus sehr viel gelernt habe. Ich war zuerst ein Täter und danach das Opfer, da ich mich nicht gewehrt habe. Ich habe Nächte, da denke ich sehr viel drüber nach, und um ehrlich zu sein, bereue ich es irgendwie nicht.

1. Weil ich gelernt habe, dass Menschen die einen so schlecht behandeln, selber Komplexe haben und sich in das bessere Licht stellen möchten.

2. Ich muss zu meiner Verteidigung sagen, dass ich sehr jung war (10y/o) und es als ein Spiel gesehen habe. (Ich war mit 12-14 das Opfer)

Jetzt kommen wir zu deiner Frage: Ja! Durch das Mobbing habe ich meine Grenzen und den Anderen verstanden, und bin Verständnisvoller geworden.

Mit freundlichen Grüßen :)

PepiamStart 
Fragesteller
 11.07.2021, 18:07

Du hast reflektiert, finde ich absolut Klasse von dir. :)

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Ja. Das kann sein. Ich wurde auch 2 Jahre lang gemobbt und von den Mobbern geschlagen. Wir haben immer ein klärendes Gespräch mit den Mobbern gesucht und danach war immer wieder alles gut. Ich habe meine Lehrer und meine Eltern informiert und dann hab wir uns alle mit den Mobbern hingesetzt, ein klärendes Gespräch geführt und die Sache war gegessen.

Manche werden durch Mobbing selbstbewusster, weil sie es nicht auf sich sitzen lassen wollen. Andere verlieren jedoch durch Mobbing ihr Selbstbewusstsein, weil die Mobber sie womöglich stigmatisiert haben.

Das heißt im soziologischen Sinne, die Mobber haben dem Opfer so lange eingeredet, dass er nichts kann, ein schlechter Mensch ist und für alles Schuld ist, dass er das nun wirklich glaubt. In Wirklichkeit stimmt das aber ganz und gar nicht.

Diesen Personen sollte man irgendwie das Gefühl geben, dass sie keine Selbstzweifel haben müssen und alles schaffen können, wenn sie nur wollen. Sie sollen sich von niemandem einreden lassen, dass sie nichts können. Sie sollen Selbstvertrauen gewinnen und sehen, dass sie klug sind, keine schlechten Menschen sind, alles schaffen können und für nichts Schuld sind.

PepiamStart 
Fragesteller
 11.07.2021, 17:54

Schlagen - das tut mir so leid für dich, das ist so low und übel. Mobber haben oft selber kein Selbstwertgefühl, fühlen sich dadurch stark, dass sie andere nieder machen. Ich glaube so ein bisschen an Karma, das regelt dann alles irgendwann von selber. :)

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mruniverse1  11.07.2021, 18:07
@PepiamStart

Ja. Hab ich selber erlebt. Aber nicht in Zusammenhang mit den Mobbern, sondern einer anderen Person.

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Oh ja, mir hat es ein dickes Fell gegeben und ich lasse mich schon lange nicht mehr dominieren.

Der weh war nicht einfach aber es macht dich stärker. Du wirst in Situationen die Ruhe bewahren, wo andere in Stress oder Panik verfallen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung