Lohnt sich eine Selbständigkeit für 3000€ Netto monatlich abzüglich Materialkosten?

5 Antworten

Deine aufgeführte Situation weist die ein oder andere Unstimmigkeit auf.

  1. bei zwei "Aufträgen pro Tag kommst du bei 21 Tagen im Monat (normale 5 Tage Woche) 42 Aufträgen pro Monat, das entspricht bei 40€ pro Auftrag 1680 € und nicht 3000 € Einnahmen.
  2. bei 3 Aufträgen täglich wärst du immer noch bei nur 63 Aufträgen und damit 2520 € pro Monat
  3. Wie willst du denn die bestenfalls angenommenen 100 Aufträge überhaupt alleine fertigen ? Das funktioniert nichtmal bei einer 6 Tage Woche.
  4. Wenn alle Kunden zu dir kommen müssen, dann benötigst du dafür Räumlichkeiten. Da wird ein einziges Arbeitszimmer nicht reichen. Zudem musst du auch die Zeit für den Kundenkontakt mit einberechnen. Gehen wir von den 63 Aufträgen aus, und du brauchst für jeden Kunden 10 Minuten, dann sind das alleine schon 630 Minuten, also 10,5 Stunden im Monat, die du nicht produzierst, sondern nur mit Kunden redest.
  5. Nicht berücksichtigt ist die Zeit für Verpacken, Versenden, Rechnung schreiben, Zahlungsen überwachen, Materialeinkauf und Buchführung.
  6. Selbst wenn du die Einnahmen von 3600 € pro Monat generierst, musst du davon Steuern und auch die Sozialversicherung, allem voran die Krankenversicherung zahlen.
  7. Um von Brutto auf Netto zu kommen, musst du von den Einnahmen (3600 €) zunächst deine Ausgaben (Material, anteilig Miete, Strom, Heizung, Büromaterial, Versandkosten, Versicherung etc) abziehen. Damit erhältst du deinen Nettogewinn (Ertrag), von dem dann am Ende das Finanzamt die Steuern berechnet.

Ich halte Einnahmen von 3600 € pro Monat abzüglich der genannten Steuern und Kosten für viel zu wenig, um davon vernünftig leben zu können.


Bikepacking  11.12.2024, 14:36

Danke, noch präziser erklärt.

StefanKlKu  11.12.2024, 14:48
@Bikepacking

Vergessen habe ich noch die Reklamationsbearbeitung aufzuführen.

Kunden, die berechtigt oder nicht, mit dem Produkt nicht zufrieden sind. Darum musst du dich kümmern, die Fälle bearbeiten, Kunden zufriedenstellen, damit sie keine negative Werbung machen. Auch das kostet Geld. Geh mal realistisch von etwa 10% zumindest in der Anfangszeit aus. Heisst vom 50 Teilen kommen 5 zurück, die du überarbeiten, neu produzieren und gutschreiben musst.

Zahlungsverzögerungen und Zahlungsausfälle sind auch nicht zu vernachlässigen.

All diese Punkte müssen in einer seriösen Kalkulation berücksichtigt werden.

Bikepacking  11.12.2024, 15:55
@StefanKlKu

Ich hatte einen recht erfolgreichen Im- und Export, Groß- und Einzelhandel für PA-Anlagen aufgebaut und hochgekurbelt. Mein Arbeitstag betrug bis 16 Stunden in meiner 7-Tage Arbeitswoche. Und das, obwohl ich nur Elektriker/Elektroniker gelernt hatte und 3x durch die Kaufmannsprüfung fiel.

Hab aber alles meist alleine gemacht, mir nach und nach das Wissen angeeignet, was dafür nötig war.

Nach etwa 3 Jahren schrieb ich endlich schwarze Zahlen.

Oh ja, das macht wirklich Arbeit und die meiste Zeit davon ging im Büro dafür drauf.

Stimmt, man hatte nicht mehr einen Chef, man hatte hunderte.

Ich hatte viele Jahre lang ein eigenes Unternehmen. Aber mehr im Bereich Handel.

Folgende Daten basieren auf meinen Erfahrungen als Gewerbetreibender.

Auf so einer Anzeige würde ich ohnehin nicht reagieren. Das sind m.E. Milchmädchenrechnungen. 3000€ hören sich toll an, aber wer sich ein klein wenig damit aus kennt, weiß, 3000 sind viel zu wenig, und nur mit mindestens 10.000 deckt man alle wichtigen Kosten.

Die Kraft, die deine Steuererklärung macht und alles beaufsichtigt, daß dein Gewerbe mit rechten Dingen zu geht, wenn du dich mit den zugehörigen Gesetzen nicht aus kennst, arbeitet auch nicht gratis. Versichert mußt du auch sein und so vieles mehr im Monat an Kosten, die du berücksichtigen mußt.

Dazu brauchst du vom Vermieter die Genehmigung, ein Gewerbe in deiner Wohnung zu führen. Bekommst du die nicht, mußt du dir eine Gewerberäumlichkeit extra mieten oder pachten. Und das ist nicht billig.

Alles in Allem zahlst du bei 3000€, brutto und abzüglich Material kräftig drauf, also ein reines Verlustgeschäft bei dem du mehr rein zahlst als raus bekommst.

Umsatz 3.000 Euro abzüglich Material, ist zum Überleben viel zu wenig.

Schließlich musst du auch so viel verdienen dass du auch deine Sozialversicherung (Arbeitgeber + Arbeitnehmeranteil) problemlos monatlich überweisen kannst, und dass dir zum Leben noch ein ordentlicher Etat verbleibt.


sayHellogorgio 
Beitragsersteller
 11.12.2024, 14:14

Die 3000€ hätte ich für mich allein, Miete würde auch nur 300-400€ kosten, und wenn ich es ganz sportlich machen würde bräuchte ich für 3 Produkte und 3 Kunden pro Tag 5 stunden Arbeitszeit und netto blieben ca. 3600€ über, bei einem Preis von 50€ für das Produkt. Wenn ich das automatisiert machen liese, und dafür bräuchte ich eine Maschine, dann könnte ich bestimmt auch 10-15 Produkte erledigen mit einer gesamten Arbeitszeit von 8 stunden, also ich sehe da spielraum. Also es besteht eine hohe Nachfrage deshalb denke ich sollte man es versuchen auch wenn man vielleicht in der anfangszeit sehr sportlich sein muss und klein anfinge, Ziel wäre eine Maschine einzukaufen die das automatisiert macht und dann ist das ein perfektes Geschäft denke ich. Ich bin 30 habe weder eine Ausbildung gemacht noch studiert.

Bikepacking  11.12.2024, 14:33
@sayHellogorgio

Du brauchst einen festen Kundenstamm oder zumindest mußt du so bekannt sein, daß dich auch wirklich real ab sofort so viele Kunden besuchen.

Also, Werbung schalten. Und das ist in den ersten Jahren mit der höchste Kostenfaktor, wenn nicht gar der höchste Kostenfaktor.

Ich brauchte mit sehr viel Hilfe ein Jahr, um so unterm Strich bei null € angelangt zu sein, also ziemlich schnell. Erst im 3. Jahr konnte ich davon leben. Und das nur, weil ich in den Gesetzen so einige Schlupflöcher fand, die ich legal in Anspruch nehmen konnte.

Deine ganzen Rechnungen basieren auf einen Idealfall, der jedoch real nie existieren wird.

Wohl kaum ein Produkt, was das auch immer sein mag, wird so repräsentativ sein, damit sofort viel bzw den gewünschten Umsatz machen zu können.

Glaub mir, wenn du das machst, hast du sehr schnell viele Schulden, und aus der Falle kommst du nicht mehr so schnell raus.

Sag hinterher nicht, man hätte dich nicht vorher gewarnt.

StefanKlKu  11.12.2024, 14:44
@sayHellogorgio

Woher erfahren denn deine Kunden, dass es dich gibt ? dass du dieses Produkt anbietest ?? Du musst Werbung schalten und die kostet immens viel Geld, oder wenn es kostengünstig sein soll Zeit. Zeit die du nicht hast, weil du arbeiten musst.

Auch die Maschine kostet Geld. Musst du die finanzieren ? Dann kommt noch die monatliche Rate auf die Kostenseite und geht damit von deinem Gewinn ab.

Hinzu kommt, dass du vom Idealfall ausgehst. Du startest und ab dem ersten Tag hast du genügend Kunden die deine Produkte kaufen. Sehr unrealistisch.

sayHellogorgio 
Beitragsersteller
 11.12.2024, 15:00
@Bikepacking

Also du siehst einen grund zum scheitern wegen Werbung machen? wieso fällt man eigentlich in Schulden? ich wär doch von niemanden abhängig den ich dann nicht mehr bezahlen könnte?

sayHellogorgio 
Beitragsersteller
 11.12.2024, 15:04
@StefanKlKu

Naja, für Werbung machen würde es doch genügen wenn ich einfach auf Ebay Kleinanzeigen hier und da einen Artikel Online stelle, es braucht einen Interessenten der das Produkt dann kauft und irgendwer aus seinem bekanntenkreis wird von dem Produkt mitkriegen und möchte es dann auch unbedingt bei mir kaufen, also wenn die Nachfrage besteht, wieso sollte man nicht so beginnen, man kann später immer noch die Werbung etwas professioneller gestalten wenn man möchte, ich denke aber es genüge bereits so Portale wie Etsy oder Ebay zu nutzen, vielleicht auch Tik Tok und Social Media, und Amazon, das zu machen entspreche vielleicht gerade mal nur 8 Stunden in zwei Wochen, und irgendwann wenn das seinen hype hat braucht man auch nicht groß mehr werbung zu machen sofern man nicht gerade eine riesen Firma aufbaut.

StefanKlKu  11.12.2024, 15:12
@sayHellogorgio

Gehen wir davon aus, dass es mit Kleinanzeigen ausreicht, dann kostet es zwar kein Geld, ABER du musst es eben machen. Die Anzeigen einstellen, bearbeiten und auch die Anfragen bearbeiten, Termine vereinbaren etc. Wenn das 4 Stunden pro Woche sind, dann ist das immerhin ein halber Arbeitstag, an dem du nicht produktiv bist, der dir zur Produktion nicht zur Verfügung steht.

Schulden können entstehen, weil du bevor du anfangen kannst, deinen Arbeitsplatz einrichten musst. Du brauchst Werkzeuge, Schreibtisch, Werkbank, Computer, Drucker Papier Büromaterial etc. Zudem musst du Material einkaufen, welches die Lieferanten bezahlt haben möchten. In der Anfangszeit auch oft gegen Vorkasse.

Das heisst du hast Ausgaben, bevor du überhaupt ein Teil fertigen kannst. Je nach deiner finanziellen Lage müsstest du dies (Kredit-)finanzieren

StefanKlKu  11.12.2024, 15:21
@StefanKlKu

Versteh mich nicht falsch, ich will das nicht schlechtreden oder es dir ausreden, aber ohne entsprechendes finanzielles Polster, wird das aus meiner Sicht schwierig, das in Gang zu bringen.

Anders könnte das z.B. aussehen, wenn du z.B. eine Partnerin hast, die erwerbstätig ist und in der Startphase (1-3 Jahre) für das "Überleben" sorgt.

Dann bist du nicht vom ersten Tag an darauf angewiesen, Gewinn in der kalkulierten Höhe zu erwirtschaften.

Bikepacking  11.12.2024, 15:43
@sayHellogorgio

Nein, nicht nur wegen Werbung.

Sonden in erster Linie, weil du in deinen Rechnungen immer vom Idealfall aus gehst. Also wenn immer alles 100% genau so abläuft, wie du es hier beschreibst.

Und glaub mir, ich verstehe dich mit deinem Wunsch sehr gut, durch ein eigenes Gewerbe schneller und besser zu mehr Einnahmen zu gelangen.

Schon alleine 8 Stunden Tag. Rechne mit dem doppelten, das ist realistischer.

Doch auch ich mußte, obwohl ich nur gelernter Elektriker war, etliche Gesetze studieren und bekam auch viel Nachhilfe darin. Aber das lohnte sich auch, denn nach 3 Jahren konnte ich endlich schwarze Zahlen schreiben.

Und auch meine fotografischen Kenntnisse mußte ich aufbessern, um möglichst ideale und ansprechende Fotos von meinen Waren zu machen. Dazu html und PHP lernen, und mit guten Texten in meinen Onlineshop, alles zu präsentieren. Kosten dafür waren auch nicht wenig.

Und damit dann meine Seiten bekannt machen, denn ich wollte nur per Versand verkaufen. Mein Vermieter erlaubte mir nur das Gewerbe von meiner Wohnung aus zu machen, wenn es keinen Puplikumsverkehr (Kunden) gibt, die durch das Haus trampeln.

Alleine die Werbung kostete mich anfangs monatlich ein paar hundert Euro.

Mein Service und dSupport mußte auch nahezu perfekt funktionieren, damit die Werbung ins Form von kostenloser Mundpropaganda funktionierte.

Ich hatte einen Im- und Export, Groß- und Einzelhandel für PA-Anlagen und meine Stammkunden waren zuletzt hauptsächlich Fernseh- und Radioanstalten.

Da ich mir keine festen Arbeiter/Angestellte leisten wollte, weil ich mich mit dieser "Materie" überhaupt nicht aus kannte, hab ich nahezu alles selber gemacht.

Die wenigsten Arbeit hatte ich in der Werkstadt, Geräte verbessern oder reparieren und Waren ausfahren. Nur maximal ca 6 Std täglich. Die restlichen Stunden von bis zu weiteren 8, in meiner 7-Tage-Woche, saß ich im Büro, zB bei der recht aufwendigen Buchführung, mit Kunden reden und viele andere Pflichten.

Wußtest du, daß man für eine fehlerhafte Steuererklärung sogar im Knast landen kann?

Einmal, ich hatte nur noch sehr wenig Zeit meine Steuererklärung beim Finanzamt einzureichen, fehlen mir im Soll und Haben 2 Cent. Ich rechnete in durchgehend fast 50 Stunden alles immer wieder durch, bis mir endlich Mal ein Rundungsfehler auf fiel. Den dann korrigiert, nachts zu Fuß um 23 Uhr zum Finanzamt, wenige Minuten vor Ablauf der Frist für die Steuerabgabe meine in deren Briefkasten geworfen. Danach hab ich 18 Stunden lang durch geschlafen.

Damals war eine Online-Steuererklärung noch nicht möglich.

Aufgehört hatte ich nach 5 Jahren, weil mir andere Ziele wichtiger wurden.

Also, wenn du meinst, deine Rechnungen sind alle korrekt, und alles wird genau so passieren, wie du dir das vor stellst, dann mußt du deine eigenen Erfahrungen machen.

Ich würde es jedenfalls nicht machen.

Und das, obwohl ich heute wieder Lust hätte, wieder ein Gewerbe aufzubauen.

2 Jobs á 40 €/Tag. Bei einer 5 Tage Woche sind das 1600 € im Monat. Wie bewältigt du 200 Interessenten im Monat? Bei so regen Publikumsverkehr brauchst du Gewerberäume.


sayHellogorgio 
Beitragsersteller
 11.12.2024, 14:16

Oder einfach nur eine Maschine die die Produkte erstellt, damit könnte ich 15 Produkte locker täglich produzieren bestimmt.

Ohmger  11.12.2024, 14:28
@sayHellogorgio

Maschine oder Angestellte. Kredite oder Mindestlohn übersteigen bereits deine Nettoeinkünfte. Verwaltungsaufwand und anderes kommen als Ausgaben noch hinzu.

Nee ganz ehrlich, für 3000 Netto würde ich mir das Risiko der Selbständigkeit ersparen.

Ausser du bist gewillt ein Unternehmen zu gründen und Menschen anzustellen, die für dich arbeiten.