Lebensquantität vor Lebensqualität?
Mir kommt es manchmal so vor, als ob bestimmte Kreise in unserer Gesellschaft einen Kreuzzug gegen Genuss führen möchten. Bitte versteht mich nicht falsch, es handelt sich hierbei um ein hochkomplexes Thema und ich möchte niemanden persönlich angreifen, aber ich finde, dass manchmal über das Ziel hinausgeschossen wird.
Der Mensch hat schon seit ewigen Zeiten Genussmittel konsumiert. Schon die Azteken haben sich aus Kakaobohnen ein, für ihre Verhältnisse, schmackhaftes Getränk gemacht und somit die heiße Schokolade erfunden. Zu biblischen Zeiten hat man schon Wein getrunken und auch Räucherstäbe genutzt, um Geruch zu verbreiten.
Genuss gehört also schon immer mit dazu. Heute wird sich mancherorts über die Jugendlichen echauffiert, die Shisha (Wasserpfeife) rauchen. Vor hundert Jahren haben die Jungs in den Bergen, als sie die Schafe gehütet haben, Pfeife geraucht.
Heute haben wir natürlich wissenschaftliche Untersuchungen, die uns zeigen, wie gefährlich bestimmte Dinge sind. Und ich bin bestimmt nicht der, der will, dass sich die Leute zu Tode rauchen und saufen. Ich muss bei meinem Onkel mitansehen, was übermäßiges Rauchen anstellen kann. Man muss bei jedem Genuss Maß halten!!
Und doch finde ich es falsch, jeden Genuss zu verteufeln oder Angst davor zu haben. Man sollte einfach sein Leben leben und genießen - mit Verstand - aber auch nicht mit Überängstlichkeit. Wir hatten in der 8. Klasse mal vor, als Klassenausflug in einer Scheune zu übernachten. Wir durften es nicht machen. Einige Eltern haben sich quer gestellt, weil es könnte ja vielleicht ein bisschen Ungeziefer im Heu und Stroh geben. Oder wenn jeden Sommer davor gewarnt wird, wie gefährlich doch die Sonne ist. Natürlich sollte man Sonnencreme nehmen und Schatten suchen. Aber ich bin als Kind immer nackt oder mit Badehose am Strand rumgelaufen und musste nie Sonnenhüte und Neoprenanzüge anziehen. Oder wenn es darum geht, dass das Kind mal einen Schluck Bier probieren darf, da gibt es ja schon Leute, die da Amok laufen.
In unserer Schulzeit wurde Genuss sowas von verteufelt, dagegen ist die Kirche ein Freudenhaus. Als ich das erste Mal einen Likör gekauft habe mit 19 kam ich mir vor wie ein Schwerverbrecher, so sehr wurden Genussmittel in der Schulzeit verteufelt.
Ich finde, man muss da auch immer etwas relativieren. Es gibt wahrscheinlich einfach ein Alter, wo der Körper Schluss macht. Viel älter als hundert werden wir nicht, auch wenn wir noch so gesund leben. Natürlich sollte man seinen Körper nicht ruinieren!! Aber ich finde es auch falsch, Genuss komplett zu verteufeln. Tabak und Alkohol sind ja mancherorts schon fast sowas wie Schwerverbrechen. Man sollte sich auch einfach mal zurücklehnen können und sein Leben genießen. Genauso wie Tom Sawyer, der in der Sonne auf der Wiese liegt und seine Pfeife raucht. Früher haben die Leute auch konsumiert und sind auch nicht wie die Fliegen gestorben.
Ein Bild früherer Tage: Geißenjunge mit Pfeife.
Wie denkt ihr darüber?
6 Antworten
Ich denke nicht, dass jemand wirklich etwas gegen Genuss einzuwenden hat, von irgendwelchen durchgeknallten Religionsfanatikern mal abgesehen. Wenn aber z.B. 16jährige Jugendliche ein Komasaufen veranstalten, hat das nichts mehr mit Genuss zu tun. Da ist dann die Grenze dessen erreicht, was eine Gesellschaft tolerieren soll. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Durch die ständige Verfügbarkeit aller möglichen Genussmittel ist die Grenze zur Sucht schnell überschritten. Im Bestreben, die Sucht einzudämmen, fallen die Menschen oft von einem Extrem ins andere. Zum Teil auch zu Recht, denn die Selbstkontrolle ist äußerst zweifelhaft. Wenn jemand nicht in der Lage ist, seinen Alkoholkonsum in vernünftigen Bahnen zu halten, ist die einzige Möglichkeit, nicht in die Sucht zu fallen, die Abstinenz. Leider steht niemandem auf der Stirn geschrieben, ob er zu den gefährden Menschen gehört oder eben nicht.
Es wird ja nicht jeder der Alkohol trinkt zum Alkoholiker. Es wird schwierig eine Grenze zu ziehen, was das Alter anbelangt. durch diese Gesetze ist es meiner Meinung nach auch nicht besser geworden. Aufklärung in der Schule über die Gefährlichkeit von "zuviel" davon wäre sinnvoller. Meine Mutter hat mir erzählt, dass es in ihrer Kindheit manchmal üblich war, den Babys etwas Wein auf den Schnuller zu geben, damit sie endlich schlafen. Eine rigorose Methode wo man heute nur den Kopf schütteln kann. Die sind sicher auch nicht alle zum Alkoholiker geworden. Heute rennen doch alle gleich an ihrem Geburtstag zum Supermarkt, zeigen stolz ihren Ausweis und decken sich mit Alkohol ein, weil sie es endlich dürfen.
Hallo,
die Welt ist eine andere als vor 100 Jahren oder zu deiner Kindheit. Ich bin als Kind auch ohne Sonnencreme rumgelaufen, da war die Ozonschicht aber auch anders. Shisha ist viel künstlicher und chemischer als das was es früher war. Der Junge mit der Pfeife und Shisha haben doch null miteinander zu tun. Da vergleichst du Äpfel mit Birnen.
Und auch bei meinen Eltern hab es Jugendliche, die nicht beim ersten Bier geblieben sind - einer bleibt meist hängen und der ist dann beim 30. Klassentreffen nicht mehr dabei. Ein Kumpel in der Schulzeit mit uns allen in den Fluss gesprungen, wie viele andere auch. Er hat sich aber Streptokokken eingefangen, widerlichen Ausschlag und war dann 6 Wochen außer Gefecht. Muss alles nicht sein, man kann auch den Kopf einschalten und vor sowas warnen. Ein anderer ist angetrunken mit dem Fahrrad von der Party gefahren - total üblich auf Dorffesten. Er ist gestützt, auf den Kopf - tot. Das alles ist mit Alkohol schon immer passiert, auch vor 30 Jahren. Und auch vor 50 Jahren.
Ich finde du verherrlichst da eher die Sachen. Ich rauche selbst, aber ich würde Rauchen nie so verherrlichen. Es ist und bleibt ungesund und gefährlich. Und wieso rauche ich? Weil ich mit 14 eben die erste Zigarette probiert habe. DAS ist die Gefahr und die war schon immer da.
Ich denke darüber, dass dir mal wieder was so vorkommt.
"Oder wenn es darum geht, dass das Kind mal einen Schluck Bier probieren darf, da gibt es ja schon Leute, die da Amok laufen. "
Das hat überhaupt nichts mit Genuß zu tun.
Das ist zur Belustigung der Erwachsenen und das Kind sucht nur die Anerkennung, bzw. befriedigt seine Neugier. Keinem Kind auf der Welt schmeckt der erste Schluck bitteres Bier!
Aber wenn man da eine Erinnerung setzt, dass der Vater bei dem schönen Fest einen "gewürdigt" hat mit diesem Erwachsenen-Ritual, dann kann das bei diesem Kind den Alkohol für immer positiv besetzen und es später in eine Abhängigkeit führen.
Das ist einfach unverantwortlich. Genuss am Arsch.
Und wieso setzt du eigentlich Genuß im Grunde gleich mit Konsum ?
Erstaunlicherweise gibt es viele genießbare Dinge, die gesund sind!
"Genußmittel" ist ein Euphemismus.
Und zwischen den Risiken von Schokolade und Alkohol liegen Welten.