Konsumieren unzufriedene Menschen mehr?

22 Antworten

Kaufen macht nur zufrieden, wenn wir die Dinge auch benutzen. Forscher haben festgestellt, dass unser Kaufverhalten uns immer seltener glücklich macht, im schlimmsten Fall sogar immer unglücklicher. Bedenke: wir kaufen oft Dinge, die wir nicht brauchen, von Geld, das wir nicht haben, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen. Paradox oder?

Nicht werden, viele Menschen sind unzufrieden und wissen kaum mehr etwas zu schätzen. Und das bezieht sich auch auf Menschen. Denn für viele Menschen sind andere Menschen auch nur Gebrauchsgegenstände, die bei Nichtfunktionieren schnell ausgetauscht werden, beruflich, wie privat.

Es gibt doch diesen merkwürdigen Effekt: Mode wird im Schaufenster drapiert wie das 'siebte Weltwunder', wie etwas Anbetungswürdiges; teuer ist es dann natürlich auch noch. Dasselbe gilt für neue Handys usw.

Wenn man dasselbe Kleidungsstück zuhause auspackt, ist es nur noch das: ein schlapper Pulli, oder ein dunkler Mantel. Der 'Glanz' ist irgendwie weg, das Hochgefühl auch. Also muss man wieder was Neues kaufen gehen.

Also ich denke, dadurch, dass wir die Waren wie einen Fetisch behandeln, verschaffen wir uns beim Kauf erst die guten Gefühle, die dann dazu führen, dass es so etwas wie Frust-Shoppen überhaupt geben kann.

aida99  11.02.2018, 10:51

Hallo nochmal, ich hab gerade gesehen, das "Warenfetischismus" eine der Grundbegriffe des Marxismus ist... hatte ich vergessen.

Ein Tipp: Ich glaube, die Autoren der Frankfurter Schule sind was für Dich. Manche von deren Schriften sind sogar lesbar:

https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Schule

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user89467  11.02.2018, 10:54

Solche Gefühle hatte ich beim Klamottenkauf noch nie. Man zieht es doch im Laden schon drüber. Und wenn es einem passt und steht, warum sollte dann der Kauf im Nachhinein Frust verursachen?

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verreisterNutzer  11.02.2018, 11:35

"schlapper Pulli" , lol :-)) - aber wie Recht du doch hast -alles mehr Schein als Sein

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Absolut!

Frag mal einen Herz-über-Kopf-Verliebten (die Ultraform des Glücks), ob er lieber mit der/dem Liebsten kuschelt oder shoppen geht. Warum sollte sich ein (wunschlos) glücklicher Mensch aufmachen, um sich etwas zu kaufen (sich einen Wunsch zu erfüllen)?

Ich habe auch in der Hirnforschung volle Bestätigung gefunden. Hier ein Artikel dazu von Dr. Gerald Hüther:

http://www.wiwo.de/technologie/green/living/gehirnforschung-wer-gluecklich-ist-kauft-nicht/13551020.html

Ein Vortrag dazu auf youTube:

https://www.youtube.com/watch?v=BzfJ6itA3jw

Es ist einfach nur logisch. Wenn ich glücklich über etwas bin, dann will ich es nicht ersetzen - es reicht ja schon, einfach nur satt zu sein, um weniger Lebensmittel zu kaufen. Kaufen zu wollen ist Ausdruck einer Un-Zufriedenheit. Davon war und bin ich restlos überzeugt - und es ist längst ausführlich untersucht und bewiesen und wird erfolgreich in der Werbeindustrie umgesetzt. Erzähle mir niemand, dass Werbung ihn nicht beeinflusst, schon die Verbindung von glücklichen Menschen mit einem Produkt verankert in unserem Unterbewusstsein, dass es hilfreich ist, wenn man mal unzufriedener ist. Unglücklich? Schuhe kaufen! (nur ein Beispiel).

Ich würde sagen, ja, aber man muss dabei wohl zwischen zwei Arten von Unzufriedenheit unterscheiden:

Unzufriedenheit, die grundsätzlich besteht, z.B. aufgrund von Problemen, Ängsten, Überforderung und

Unzufriedenheit, die durch Werbung im weitesten Sinne (auch Produktplatzierung etc.) geschürrt wird.

Von den grundsätzlich unzufriedenen Menschen kaufen die einen mehr, die anderen reagieren sich an ihren Mitmenschen oder anderweitig ab oder meckern sehr viel.

Die zweite Kategorie der Käufer wäre an sich nicht unzufrieden, wenn man ihr das nicht immer wieder einreden würde. Hier besteht das Problem darin, dass nur wenige sich der Wirkung von Werbung im weitesten Sinne komplett entziehen können. Wie oft denken wir "mit dem Kauf diese Produkts wird vieles besser", auch vieles, das eigentlich vom Besitz des Produktes unbeeinflusst ist. Wenn einem das letzte Paar Schuhe einer bestimmten Kategorie (Pumps, Sportschuhe etc.) kaputt geht, braucht man neue und die erfüllen dann auch ihren Zweck. Wenn man glaubt, sich mit den neuen Schuhen so gut zu fühlen, das auch andere Lebensbereiche besser werden, man selbstbewusster wird, plötzlich bei etwas erfolgreicher (Flirten, mehr Sport machen etc.), dann enttäuscht das Produkt fast immer.

Ein Bereich, an dem man das mMn gut sehen kann, sind die alljährlichen Dekorationen. Die meisten Erwachsenen haben schon mal Oster- oder Weihnachtsdeko gekauft, trotzdem kaufen sehr viele davon jedes Jahr neue Deko, weil die anders ist, neu und man glaubt, sich damit besser zu fühlen. Die meisten dieser Käufer dürften von den Vorjahren ausreichend Deko für den Anlass zu Hause haben, kaufen aber, weil es im Geschäft oder in der Zeitschrift so schön dekoriert und ausgeleuchtet wurde und sie diesen Effekt gern für ihr eigenes Zuhause hätten - was selten funktioniert. Zuhause hat man nicht so viel Platz zur Präsentation und nicht die passenden Lichtquellen zum In-Szene-Setzen.

Ich war kürzlich auf einem Dauer-Flohmarkt, in dem Aussteller ein Regal mieten und ihre Sachen permanent dort lassen können. Das Gebäude ist recht groß und mindestens jeder zweite Anbieter verkauft mindestens ein Geschirrservice. Es reichte also nicht, einfach ein Geschirrservide zu Hause zu haben, man musste mehrere kaufen oder bekam sie geschenkt und behielt sie, obwohl man ja schon mindestens eines hatte, das normalerweise ja ausreichen sollte. Auch aufällig, wie viele Sammlerobjekte jeder Art angeboten wurden - man sammelte mal etwas mit Leidenschaft und verlor dann das Interesse, behielt die Sammlung aber trotzdem, da sie ja Geld gekostet hatte.

Sammeln mag ein erfüllendes Hobby sein, belastet aber, wenn der Kram nur noch rumsteht und Platz wegnimmt. Auf der anderen Seite ist Sammeln ein erfüllendes Hobby, weil man sich immer wieder über kleine neue Sachen freuen kann, meist wohl verbunden mit der Idee, dass man glücklicher ist, wenn die Sammlung "komplett" ist - und wenn die Sammlung komplett ist, verliert man wohl recht schnell das Interesse.

Die einen sammeln halt systematisch, die anderen chaotisch (alles mit Kükenmotiven, egal, was) und wieder andere sammeln nicht bewusst, kaufen aber trotzdem immer wieder Dinge, die dann im Haushalt schnell zu viel sind.

Ich denke, viele der Nachkriegsgenerationen (die Kriegsgenerationen hatten echten Mangel) haben nicht gelernt, zu viel Gekauftes auch wieder gehen zu lassen und bewusst nur das zu kaufen, was nötig ist. Uns wurde ja auch durch Werbung genau das Gegenteil beigebracht. Den meisten Menschen dürfte es sehr schwer fallen, mal ein Jahr nur das zu kaufen, was nötig ist und darüber gibt es sehr viele Bücher (bewusstes Einkaufen, Minimalismus, bewusster Verzicht usw.). Streng genommen müssten wir nur ersetzen, was kaputt ist und kaufen, was benötigt wird (vielleicht auch mal etwas ganz Neues, aber selten) - das schafft fast keiner. Und wer das schafft, wird oft als arm angesehen.